Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 10.11.2009, Az. XI ZR 163/09

XI. Zivilsenat | REWIS RS 2009, 673

© REWIS UG (haftungsbeschränkt)

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Entscheidungstext


Formatierung

Dieses Urteil liegt noch nicht ordentlich formatiert vor. Bitte nutzen Sie das PDF für eine ordentliche Formatierung.

PDF anzeigen

[X.]IM NAMEN DES VOLKES URTEIL [X.] ZR 163/09 Verkündet am: 10. November 2009 [X.], Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit - 2 - Der [X.]. Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom 10. November 2009 durch [X.] [X.] und [X.], [X.], [X.] und [X.] für Recht erkannt: Die Revision des [X.] gegen das Urteil des 6. Zivilsenats des [X.] vom 28. April 2009 wird auf seine Kosten zurückgewiesen. Von Rechts wegen Tatbestand: Die Parteien streiten über die Rückabwicklung eines erfüllten [X.] wegen Widerrufs nach dem [X.]. Dem liegt fol-gender Sachverhalt zugrunde: 1 Der Kläger, ein Schmiedemeister, und seine Ehefrau traten zur [X.] dem geschlossenen Immobilienfonds [X.]

( Fonds Nr. ) als Gesellschafter bei. Zur Finanzierung der [X.] Fondsbeteiligung nahmen die Eheleute zeitgleich bei der Rechts-vorgängerin der Beklagten (im Folgenden: Beklagte) im August 1990 ein Darle-hen über nominal 35.128 DM auf, das durch die Zuteilung einer noch anzuspa-renden Lebensversicherung getilgt werden sollte. Zur Sicherung des Kredits traten die Ehepartner die Lebensversicherung sowie die künftigen Lohn-, [X.] - 3 - halts- und Sozialansprüche des [X.] ab und verpfändeten außerdem den finanzierten Fondsanteil. Der Darlehensvertrag der Parteien enthielt keine [X.]. 3 Im März 1998 kündigten die Eheleute das Darlehen und zahlten [X.] danach den Kredit einschließlich Zinsen vollständig zurück. Aufgrund der [X.] gab die Beklagte die gestellten Sicherheiten bis auf die ab-getretenen Lohn-, Gehalts- und Sozialansprüche frei. In der Klageschrift vom August 2008 erklärten die Eheleute unter Berufung auf das [X.] den Widerruf ihrer auf den Abschluss des Darlehensvertrages gerichte-ten Willenserklärungen. Gestützt hierauf verlangt der Kläger aus eigenem und abgetretenem Recht seiner Ehefrau die Rückzahlung von [X.] • zuzüglich Verzugszinsen, Zug um Zug gegen Abtretung sämtlicher Ansprüche gegen die [X.]. Das [X.] hat die Klage abgewiesen. Die Berufung des [X.] ist erfolglos geblieben. Mit der - vom Berufungsgericht zugelassenen - Revision verfolgt er seinen Klageantrag weiter. 4 Entscheidungsgründe: Die Revision ist nicht begründet. 5 I. Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung im [X.] ausgeführt: 6 - 4 - Dem Kläger stehe kein Anspruch auf Rückzahlung des [X.] gemäß § 3 [X.] in der bis zum 30. September 2000 gel-tenden Fassung (nachfolgend: [X.]) zu, weil ein etwaiges Widerrufsrecht nach § 2 Abs. 1 Satz 4 [X.] erloschen sei. 7 8 Die Frage, ob zum "Leistungsprogramm" gemäß § 2 Abs. 1 Satz 4 [X.] nicht nur die Erfüllung der gegenseitigen Hauptleistungspflichten - also die [X.] und Rückerstattung des Darlehens sowie die Zahlung der Darlehenszin-sen - gehöre, sondern auch die Freigabe der gestellten Kreditsicherheiten, kön-ne im vorliegenden Streitfall offen bleiben. Da die Vertragsparteien bis zur mündlichen Verhandlung am 17. März 2009 - also rund 11 Jahre lang - einver-nehmlich von einer vollständigen Vertragsabwicklung ausgegangen seien, sei der Kläger nämlich nach dem allgemeinen Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 [X.]) daran gehindert, sich gegenüber der Beklagten auf die nicht rück-gängig gemachte Abtretung der Lohn-, Gehalts- und Sozialansprüche zu beru-fen. Zudem sei der Kläger ausweislich der Abtretungsurkunde als selbständiger Schmiedemeister tätig gewesen, so dass die Abtretung jedenfalls bei ihrer [X.] offenkundig gegenstandslos gewesen sei. Der Umstand, dass Darlehensvertrag und [X.] möglicherweise verbundene Geschäfte im Sinne von § 9 VerbrKrG seien, schließe die Anwen-dung des § 2 Abs. 1 Satz 4 [X.] nicht aus. Zwar gehörten zu den im [X.] versprochenen Leistungen auch die mit der Gesellschaftsbeteiligung angestrebten wirtschaftlichen Vorteile, insbesondere die Auszahlung von [X.] oder die Zuweisung steuerlicher Verluste. Das Erlöschen des [X.] gemäß § 2 Abs. 1 Satz 4 [X.] werde aber bereits durch die voll-ständige Erbringung der gegenseitigen Leistungen in demjenigen [X.], der widerrufen werden solle, vorliegend also dem Darlehensvertrag. 9 - 5 - Die Formulierung "beiderseits" in § 2 Abs. 1 Satz 4 [X.] beziehe sich auf ein nur zweiseitiges Vertragsverhältnis. Die Rechtsfigur des verbundenen Geschäfts kenne das [X.] im Gegensatz zum Verbraucher-kreditgesetz nicht. Außerdem zeige sich an den Regeln des § 9 VerbrKrG, dass die wirtschaftlich verbundenen Geschäfte im Ausgangspunkt selbständig ne-beneinander stünden. Den sich daraus für den Verbraucher ergebenden Risi-ken begegne das Gesetz durch die Erstreckung des Widerrufs auf den [X.] (Abs. 2) und durch die Rechtsfigur des Einwendungsdurchgriffs (Abs. 3). Dagegen wäre es mit der grundsätzlichen rechtlichen Trennung der wirtschaftlich verbundenen Geschäfte unvereinbar, die Leistungen der Parteien in dem einen Vertrag erst dann als vollständig erbracht anzusehen, wenn sie es auch in dem anderen Vertrag seien. 10 Ebenso bestehe unter Schutzzweckgesichtspunkten für eine erweiternde Auslegung des § 2 Abs. 1 Satz 4 [X.] keine Notwendigkeit. Im Fall der Über-rumpelung in einer Haustürsituation schütze das Widerrufsrecht den Verbrau-cher in jedem einzelnen der im Verbund stehenden Vertragsverhältnisse. [X.] habe der Gesetzgeber im [X.] das Widerrufsrecht nach dem [X.] vorgesehen. Ein Bedürfnis, den so geschaffenen Verbraucherschutz auszudehnen, bestehe nicht. Nach der Entscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften vom 10. April 2008 ([X.]. [X.]/06, [X.], 869) stehe auch fest, dass der nationale Verbrau-cherschutz unter den hier gegebenen Umständen und Verhältnissen nicht hinter den Vorgaben des Gemeinschaftsrechts [X.]. 11 - 6 - II. 12 Diese Ausführungen halten revisionsrechtlicher Nachprüfung stand, so dass die Revision des [X.] zurückzuweisen ist. 13 Das Berufungsgericht hat rechtsfehlerfrei und mit überzeugender Be-gründung einen Rückabwicklungsanspruch des [X.] aus § 3 [X.] verneint. Ein solcher besteht nicht, weil ein etwaiges Widerrufsrecht des [X.] und [X.] Ehefrau nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 [X.] bei Erklärung des Widerrufs im August 2008 wegen der vorangegangenen vollständigen Ablösung des Darlehens der [X.] gemäß § 2 Abs. 1 Satz 4 [X.] jedenfalls bereits erlo-schen war. 1. Wie das Berufungsgericht zu Recht ausgeführt hat, ist für die Frage der beiderseits vollständigen Erbringung der Leistung entgegen der Ansicht der Revision auch bei einem verbundenen Geschäft allein auf das Rechtsgeschäft abzustellen, in welchem ein Widerrufsrecht nach dem [X.] begründet ist, hier mithin der Darlehensvertrag, und nicht auch auf das verbun-dene Geschäft, hier also die Fondsbeteiligung (vgl. bereits Senat, Urteile vom 14. Oktober 2003 - [X.] ZR 134/02, [X.], 2328, 2331 und vom 23. [X.] 2008 - [X.] ZR 266/07, [X.], 2162, [X.]. 27). 14 a) Durch die Entscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Gemein-schaften ([X.]) vom 10. April 2008 ([X.], 869, [X.]. 49) ist geklärt, dass die Regelung in § 2 Abs. 1 Satz 4 [X.] nicht gegen die Vorgaben des [X.] verstößt. § 2 Abs. 1 Satz 4 [X.] ist vielmehr vom [X.] gerade in einem dem vorliegenden Fall vergleichbaren Sachverhalt für richtli-nienkonform erachtet worden, in dem das mit dem widerrufenen [X.] verbundene Geschäft, die Fondsbeteiligung, nicht vollständig abgewickelt und das Darlehen mit Hilfe eines neuen Darlehensvertrags abgelöst worden ist. 15 - 7 - b) Ohne Erfolg macht die Revision geltend, das nationale Recht gebiete entgegen den bislang ergangenen Entscheidungen des erkennenden Senats eine erweiternde Auslegung des § 2 Abs. 1 Satz 4 [X.]. Der Senat hat die Argumente der Revision geprüft, sieht jedoch keinen Anlass zu einer Änderung seiner Rechtsprechung. 16 17 Maßgeblich ist der eindeutige Wortlaut des § 2 Abs. 1 Satz 4 [X.], der ein Abstellen auch auf das verbundene Geschäft nicht vorsieht. Aus der [X.] des Begriffs "beiderseits" in § 2 Abs. 1 Satz 4 [X.] folgt vielmehr, dass für das Erlöschen des Widerrufsrechts allein das Vertragsverhältnis maß-geblich ist, in dem das Widerrufsrecht entstanden ist, so dass - anders als die Revision meint - im Rahmen von mehrseitigen Verhältnissen eine Erstreckung auf das verbundene Geschäft ausscheidet. Entgegen der Auffassung der Revi-sion ergibt sich daraus, dass sich nach der Rechtsprechung die Wirkungen ei-nes wirksamen Widerrufs auch auf das verbundene Geschäft erstrecken ([X.]Z 167, 252, [X.]. 12 ff. m.w.[X.]), nichts Abweichendes. Diese [X.] knüpft an ein wirksam bestehendes Widerrufsrecht des aufgrund einer Haustürsituation zustande gekommenen Vertrags an, das jedoch nach dem eindeutigen Wortlaut der Norm im Falle des § 2 Abs. 1 Satz 4 [X.] gerade nicht mehr eröffnet ist. Ohne Erfolg bleibt auch der Einwand der Revision, der Gesetzgeber ha-be die Rechtfertigung des [X.] des § 2 Abs. 1 Satz 4 [X.] in der Erledigung der wirtschaftlichen Belastung des Verbrauchers bei vollstän-diger Zahlung gesehen, eine solche trete bei einem finanzierten Gesellschafts-beitritt jedoch erst mit Beendigung der Gesellschaftsbeteiligung ein (vgl. [X.], Urteil vom 18. Oktober 2004 - [X.], [X.], 2491, 2493 zum Haus-türwiderruf einer Kommanditbeteiligung). Die Revision übersieht, dass auch der Gesetzgeber allein auf das Rechtsverhältnis abgestellt hat, aus dem das [X.] - 8 - rufsrecht resultiert (BT-Drucksache 10/2876 S. 13 zu § 2), im Streitfall also der Darlehensvertrag, nicht hingegen auf etwaige weitere Belastungen aus einem solchen Geschäft. Nur dies führt auch zu sachgerechten Ergebnissen, da [X.] in den Fällen kreditfinanzierter Gesellschaftsbeteiligungen die Be-schränkung des Widerrufsrechts nach § 2 Abs. 1 Satz 4 [X.] nahezu leer [X.] würde. [X.]er könnten - von den Fällen einer Verwirkung ab-gesehen - bei unterbliebener oder fehlerhafter Widerrufsbelehrung im [X.] zeitlich nahezu unbegrenzt die Rückabwicklung des Darlehensvertrags durchsetzen, obwohl dieser längst von beiden Seiten vollständig erfüllt war. Soweit die Revision auf [X.] zu dem mit § 2 Abs. 1 Satz 4 [X.] wortgleichen § 7 Abs. 2 Satz 3 VerbrKrG verweist (etwa [X.] [X.], [X.], 3. Aufl., § 9 VerbrKrG Rn. 54), nach welchen der Verbraucher bei Abschluss eines verbundenen Geschäfts nicht schlechter als bei einem Teilzahlungsgeschäft stehen solle, rechtfertigt auch das kein vom Wortlaut der Norm abweichendes Ergebnis. Nach dem Willen des Gesetzgebers sollen die Regelungen des verbundenen Geschäfts den Verbraucher lediglich davor schützen, den Kredit in voller Höhe zurückzahlen zu müssen, wenn er dem Partner des finanzierten Geschäfts zugeflossen ist, und dieser an ihn keine oder keine vertragsgemäße Leistung erbracht hat (BT-Drucksache 11/5462 S. 23 zu § 8), nicht hingegen ihm auch noch nach vollständiger Zahlung des Kredits Ansprüche gegen den Darlehensgeber verschaffen. Entscheidend ist, dass das Gesetz das verbundene Kauf- oder Leistungsgeschäft nur an den Folgen eines bestehenden Widerrufsrechts des Kreditvertrags teilhaben lassen, nicht hingegen das Bestehen eines Widerrufsrechts nach den Verhältnissen innerhalb der mit dem Kreditvertrag verbundenen [X.] will ([X.]/[X.], [X.] (2001), § 9 VerbrKrG Rn. 48). 19 - 9 - 2. Entgegen der Auffassung der Revision sind die Voraussetzungen des § 2 Abs. 1 Satz 4 [X.] trotz der unterbliebenen Rückabtretung der siche-rungshalber übertragenen künftigen Lohn-, Gehalts- und Sozialansprüche des [X.] erfüllt. Nach dieser Vorschrift erlischt das Widerrufsrecht des Verbrau-chers bei unterbliebener Belehrung einen Monat nach beiderseits vollständiger Erbringung "der Leistung". Sie knüpft damit an § 1 Abs. 1 [X.] an, der eine auf den Abschluss eines Vertrages über eine "entgeltliche Leistung" gerichtete Willenserklärung erfasst. Die in § 2 Abs. 1 Satz 4 [X.] genannte "Leistung" ist daher allein die jeweilige (Haupt-)Leistung, die Gegenstand des Haustürge-schäfts ist, hingegen nicht eine Nebenleistung wie etwa die hier in Rede ste-hende Freigabe von Sicherheiten (vgl. [X.], [X.], 12. Aufl., § 2 [X.] Rn. 6). 20 [X.] Joeres

Ellenberger [X.] [X.]: [X.], Entscheidung vom 13.10.2008 - 21 O 328/08 - [X.], Entscheidung vom 28.04.2009 - 6 U 227/08 -

Meta

XI ZR 163/09

10.11.2009

Bundesgerichtshof XI. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 10.11.2009, Az. XI ZR 163/09 (REWIS RS 2009, 673)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2009, 673

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

XI ZR 232/08 (Bundesgerichtshof)


XI ZR 367/07 (Bundesgerichtshof)

Finanzierter Fondsbeitritt im Haustürgeschäft: Voraussetzungen für die Wertung einer Widerrufsbelehrung in einer Prolongationsvereinbarung als Nachbelehrung …


XI ZR 54/08 (Bundesgerichtshof)


XI ZR 118/08 (Bundesgerichtshof)


XI ZR 367/07 (Bundesgerichtshof)


Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

Keine Referenz gefunden.

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.