Bundesgerichtshof, Urteil vom 16.11.2012, Az. V ZR 246/11

5. Zivilsenat | REWIS RS 2012, 1300

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Gegenstand

Wohnungseigentum: Reichweite der Bezeichnungen des Architekten im Aufteilungsplan; Betrieb einer Speisegaststätte in einer als "Laden" bezeichneten Teileigentumseinheit


Tenor

Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil der [X.] des [X.] vom 10. Juni 2011 aufgehoben.

Die Berufung der Kläger gegen das Urteil des [X.] vom 25. März 2010 wird zurückgewiesen.

Die Kläger tragen die Kosten der Rechtsmittelverfahren.

Tatbestand

1

Die Parteien sind Mitglieder einer Wohnungseigentümergemeinschaft. Die Beklagte ist Eigentümerin der [X.] Nr. 2 und [X.] im Erdgeschoss links, deren jeweils größter Raum in dem Aufteilungsplan als „Laden 2“ bzw. „Laden 3“ bezeichnet wird. Die Kläger, die Eigentümer der darüber gelegenen Wohnung sind, verlangen von der [X.], den Betrieb einer [X.] in diesen [X.] zu unterlassen. Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung der Kläger hat das [X.] das Urteil des Amtsgerichts geändert und der Klage stattgegeben. Mit der zugelassenen Revision, deren Zurückweisung die Kläger beantragen, will die Beklagte die Zurückweisung der Berufung erreichen.

Entscheidungsgründe

2

Das Berufungsgericht meint, aus der Kennzeichnung in dem Aufteilungsplan ergebe sich für die [X.] Nr. 2 und 3 eine Zweckbestimmung der Räumlichkeiten als Laden. Aus diesem Grund dürften sie nicht als [X.] genutzt werden. Es handele sich nicht um eine unverbindliche Raumbezeichnung im Sinne eines Nutzungsvorschlags. Denn die Teileigentumseinheit [X.] sei anders als die Einheiten Nr. 2 und [X.] als „Gaststätte“ bezeichnet.

II.

3

Die Revision hat Erfolg. Der von den Klägern geltend gemachte Unterlassungsanspruch gemäß § 15 Abs. 3 WEG, § 1004 BGB besteht nicht. Die Bezeichnung der [X.] als „Laden“ in dem Aufteilungsplan stellt keine Nutzungsbeschränkung dar, die dem Betrieb einer [X.] entgegensteht.

4

1. Ob die Teilungserklärung Nutzungsbeschränkungen enthält, ist durch Auslegung nach objektiven Gesichtspunkten zu ermitteln. Weil die Teilungserklärung und der darin in Bezug genommene Aufteilungsplan Bestandteil der Grundbucheintragung sind, kann das Revisionsgericht die Auslegung in vollem Umfang nachprüfen (Senat, Urteil vom 15. Januar 2010 - [X.], NJW-RR 2010, 667 Rn. 6 mwN).

5

Wie der Senat im Einklang mit der auch zuvor nahezu einhelligen Ansicht in der Rechtsprechung bereits entschieden hat, enthalten Bezeichnungen des planenden Architekten, die in dem Aufteilungsplan enthalten sind, grundsätzlich keine Beschränkung der Nutzungsmöglichkeit. Denn Aufgabe des [X.] ist es nach § 7 Abs. 4 [X.] WEG, die Aufteilung des Gebäudes sowie die Lage und Größe der im Sondereigentum und der im gemeinschaftlichen Eigentum stehenden Gebäudeteile ersichtlich zu machen, und nicht, die Rechte der Wohnungs- und Teileigentümer über die Bestimmung der Grenzen des jeweiligen Eigentums hinaus zu erweitern oder zu beschränken (Senat, aaO, Rn. 8 ff.; [X.] in Bärmann, WEG, 11. Aufl., § 15 Rn. 9 jeweils mwN). Soll der Aufteilungsplan ausnahmsweise auch die Nutzung verbindlich regeln, muss dies eindeutig aus der Bezugnahme in der Teilungserklärung oder der Gemeinschaftsordnung hervorgehen (näher [X.], aaO; [X.]/[X.], WEG, § 15 Rn. 15).

6

Aus diesem Grund liegt es neben der Sache, wenn das Berufungsgericht die Nutzungsbeschränkung auf die rechtliche Verbindlichkeit des [X.] stützt. Richtig ist, dass der Aufteilungsplan rechtlich verbindlich ist; seiner sachenrechtlichen Abgrenzungsfunktion entsprechend regelt er aber grundsätzlich nur die räumliche Abgrenzung und nicht die Nutzung der Räumlichkeiten. Auch die an dem Senatsurteil vom 15. Januar 2010 (aaO) vereinzelt geäußerte Kritik, die das Vertrauen der Wohnungseigentümer auf die Bezeichnungen im Aufteilungsplan für schutzwürdig hält [X.], [X.], 852 f.; [X.], [X.], 541 f.), verkennt diese Zweckrichtung des [X.].

7

2. Daran gemessen ist die Auslegung des Berufungsgerichts rechtsfehlerhaft.

8

Die Teilungserklärung enthält ohne weitere Unterscheidung zwischen den drei Einheiten nur die allgemeine Zweckbestimmung, dass die den [X.] zugeordneten Räume nicht zu Wohnzwecken dienen. Die Gemeinschaftsordnung regelt unter der Überschrift Nutzung (§ 4) lediglich die Nutzung der Wohnungen und nicht die der [X.]. Danach dürfen die Einheiten zwar nicht zum Wohnen, aber zu jedem anderen Zweck genutzt werden.

9

Dafür, dass die nur in dem Aufteilungsplan enthaltenen Bezeichnungen als „Laden“ bzw. „Gaststätte“ ausnahmsweise nicht nur reine Nutzungsvorschläge, sondern eine bindende Beschränkung der Nutzungsmöglichkeit enthalten, gibt es keine Anhaltspunkte. Warum das Berufungsgericht meint, es handele sich im Unterschied zu dem von dem Senat bereits entschiedenen Sachverhalt nicht um die unveränderte Übernahme eines Bauplans, erschließt sich nicht; aus dem Aufteilungsplan geht hervor, dass der Plan für den Antrag auf die Abgeschlossenheitsbescheinigung erstellt wurde. Gegen eine Nutzungsbeschränkung spricht auch, dass nur die jeweils vorderen Räume der [X.] als „Gaststätte“ ([X.]) bzw. als „Laden 2“ (Nr. 2) und „Laden 3“ ([X.]) bezeichnet sind. Darüber hinaus sind die den Wohnungseigentumseinheiten zugeordneten Räume in vergleichbarer Weise mit „Kind“, „Schlafen“, „Wohnen“ etc. gekennzeichnet. Dass eine diesen Bezeichnungen entsprechende Nutzung der jeweiligen Räume nicht zwingend vorgeschrieben ist, liegt auf der Hand. Auch die Bezeichnungen als „Laden“ bzw. „Gaststätte“ heben nur beispielhaft hervor, dass es sich um gewerblich zu nutzende und nicht Wohnzwecken dienende Einheiten handelt.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

Stresemann                                 Schmidt-Räntsch                                  Roth

                        Brückner                                           Weinland

Meta

V ZR 246/11

16.11.2012

Bundesgerichtshof 5. Zivilsenat

Urteil

Sachgebiet: ZR

vorgehend LG Berlin, 10. Juni 2011, Az: 85 S 96/10 WEG

§ 1004 BGB, § 7 Abs 4 Nr 1 WoEigG, § 15 Abs 3 WoEigG

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Urteil vom 16.11.2012, Az. V ZR 246/11 (REWIS RS 2012, 1300)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2012, 1300

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