Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 29.07.2009, Az. I ZR 77/07

I. Zivilsenat | REWIS RS 2009, 2301

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[X.]IM NAMEN DES VOLKES URTEIL [X.] Verkündet am: 29. Juli 2009 [X.] Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja [X.]: nein [X.]R: ja [X.] § 4 Nr. 11; StBerG § 57a, [X.] § 10 Abs. 2 a) Mittel der Aufmerksamkeitswerbung sind einem Steuerberater in einem [X.], das insgesamt sachlicher Unterrichtung über die berufli-che Tätigkeit dient, nur dann verboten, wenn sie Gemeinwohlbelange [X.]. b) Es überschreitet den berufsrechtlich zulässigen Rahmen sachbezogener Werbung und verstößt gegen § 4 Nr. 11 UWG i.V. mit § 57a StBerG, wenn in der Werbung eines Steuerberaters die Preiswürdigkeit und die fachliche Qualität der Leistung von Wettbewerbern in unlauterer Weise pauschal her-abgesetzt werden. [X.], [X.]eil vom 29. Juli 2009 - [X.] - [X.]
- 2 - Der I. Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhand-lung vom 29. Juli 2009 durch [X.] [X.] und [X.], Dr. Schaffert, [X.] und [X.] für Recht erkannt: Auf die Revision der [X.] wird das [X.]eil des 13. Zivilsenats des [X.] vom 19. April 2007 unter Zurück-weisung des weitergehenden Rechtsmittels im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als die [X.] hinsichtlich des Schreibens vom 6. Februar 2006 zur Unterlassung verurteilt worden ist. Das genannte [X.]eil wird insgesamt wie folgt neu gefasst: Auf die Berufung der Klägerin wird das [X.]eil der [X.] für Handelssachen des [X.] vom 18. Dezember 2006 unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels ab-geändert. Die [X.] wird verurteilt, es zu unterlassen, zu werblichen Zwecken Briefe an [X.] mit folgendem Wortlaut zu versenden: Mit Schreiben vom 6. Februar 2006 haben wir Ihnen eine kostenlose Beratung zur Gewinnmaximierung angeboten. Sie haben bisher nicht auf unser Angebot reagiert. Verschenken Sie kein Geld! For-dern Sie Ihren Beratungsanspruch! Scheuen Sie sich nicht einen Termin mit uns zu vereinbaren (Tel. –). Wir zeigen Ihnen, wie Sie die zuviel gezahlten [X.] sowie Steuern und Ab-gaben zumindest für die Zukunft einsparen. Der [X.] wird für jeden Fall der Zuwiderhandlung gegen die vorstehende Verpflichtung ein Ordnungsgeld bis zur Höhe von - 3 - 250.000 • und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten [X.]. Die Kosten des Rechtsstreits werden gegeneinander aufgehoben.
Von Rechts wegen

Tatbestand: Die Parteien sind Steuerberatungsgesellschaften, zu deren Mandanten [X.] gehören, die ein bestimmtes Abrechnungssystem ("EKW-System") verwenden. Die [X.] wandte sich mit [X.] vom 6. und 13. Februar 2006 wie folgt an [X.], darunter auch Mandanten der Klägerin. 1 6. Februar 2006 Wir helfen Ihnen, Ihren Gewinn zu steigern
Sehr geehrte im [X.] wird der Kostendruck stärker, die Umsätze sinken und die Erträge verringern sich. Eine gute Möglichkeit, diesem Trend entgegen zu wirken und höhere Umsätze, niedrigere Kosten und weniger Steuern und Abga-ben zu erzielen, bietet Ihr [X.]. Doch auch das beste Ab-rechnungssystem nützt Ihnen nichts, ohne einen kompetenten Partner an Ihrer Seite. - 4 - Wir verbinden langjähriges Know-how im [X.] mit individuell auf Ihre Bedürfnisse zugeschnittenen Lösungen in Steuerangelegenheiten. Prüfen Sie anhand der folgenden Fragen selbst, ob Sie bereits optimal betreut werden: 1. Bietet Ihnen Ihr [X.] keine Standardlösungen, sondern [X.] Betreuung? 2. Können Sie die Höhe Ihrer Steuerberatungsgebühren selbst bestimmen? 3. Hat Ihr Steuerbüro einen Abhol- und Bringdienst für Ihre Buchführung? 4. Ist Ihr EKW-Berater gesetzlich zugelassener Steuerberater? 5. Sind Sie mit der Höhe Ihrer Steuerabgaben zufrieden? Wenn Sie eine der Fragen mit "Nein" beantwortet haben, gibt es noch Verbes-serungspotenzial. Wir informieren Sie gern im Rahmen eines kostenlosen und unverbindlichen [X.]s mit anschließender Weinprobe und klei-nem Imbiss über Möglichkeiten, Ihren Gewinn zu erhöhen. Für eine Terminabsprache stehe ich Ihnen unter Tel.: – zur Verfügung. Mit freundlichen Grüßen

13. Februar 2006 Gewinnmaximierung mit Geld-zurück-Garantie
Sehr geehrte mit Schreiben vom 7. Februar 2006 haben wir Ihnen eine kostenlose Beratung zur Gewinnmaximierung angeboten. Sie haben bisher nicht auf unser Angebot reagiert. Verschenken Sie kein Geld! Fordern Sie Ihren Beratungsanspruch! Scheuen Sie sich nicht, einen Termin mit uns zu vereinbaren (Tel.: –). Wir zei-gen Ihnen, wie Sie die zuviel gezahlten [X.] sowie Steuern und Abgaben zumindest für die Zukunft einsparen. Mit freundlichen Grüßen 2 Die Klägerin hält eine Vielzahl von Aussagen in diesen Rundschreiben für standes- und damit wettbewerbswidrig. Ihre auf Unterlassung gerichtete Klage hatte vor dem [X.] keinen Erfolg. Das Berufungsgericht hat die [X.] unter Androhung von [X.] verurteilt, - 5 - es zu unterlassen, zu werblichen Zwecken Briefe an [X.] mit fol-gendem Wortlaut zu versenden: Prüfen Sie anhand der folgenden Fragen selbst, ob Sie bereits optimal betreut werden: 1. Bietet Ihnen Ihr [X.] keine Standardlösungen, sondern individuelle Betreuung? und bzw. oder 2. Können Sie die Höhe Ihrer Steuerberatungsgebühren selbst bestimmen? und bzw. oder 3. Hat Ihr Steuerbüro einen Abhol- und Bringdienst für Ihre Buch-führung? und bzw. oder 4. Ist Ihr EKW-Berater gesetzlich zugelassener Steuerberater? und bzw. oder 5. Sind Sie mit der Höhe Ihrer Steuerabgaben zufrieden? jeweils verknüpft mit dem Satz: Wenn Sie eine der Fragen mit nein beantwortet haben, gibt es noch Verbesserungspotential, und bzw. oder sich unter Bezugnahme auf ein solches Schreiben in einem weiteren Schreiben an [X.] zu wenden mit folgendem Inhalt: – haben wir Ihnen eine kostenlose Beratung zur Gewinnmaximie-rung angeboten. Sie haben bisher nicht auf unser Angebot rea-giert. Verschenken Sie kein Geld! Fordern Sie Ihren Beratungsan-spruch! Scheuen Sie nicht, einen Termin mit uns zu vereinbaren (Tel. –). Wir zeigen Ihnen, wie Sie die zuviel gezahlten Steuerbe-raterhonorare sowie Steuern und Abgaben zumindest für die Zu-kunft einsparen. Mit ihrer vom [X.] zugelassenen Revision verfolgt die [X.] ihren Klageabweisungsantrag weiter. Die Klägerin beantragt, die Revision [X.]. 3 - 6 - Entscheidungsgründe: 4 I. Das Berufungsgericht hat einen Verstoß der beanstandeten [X.] gegen §§ 3, 4 Nr. 11 UWG i.V. mit § 57a StBerG, § 10 Abs. 2 Be-rufsordnung der [X.] (im Folgenden: [X.]) ange-nommen. Zur Begründung hat es ausgeführt: Die [X.] habe mit den (im Unterlassungstenor wiedergegebenen) Fragen im Schreiben vom 6. Februar 2006 unzulässig in reklamehafter Weise geworben. Bei den Fragen 2 und 5 handele es sich um [X.] ohne sachlichen Gehalt. Die in Frage 2 enthaltene Aussage, die Mandanten könnten die Höhe der Steuerberatergebühren bei der [X.] beeinflussen, sei auch irreführend, weil die suggerierte freie Vereinbarkeit von Honoraren nicht der Rechtslage entspreche. Frage 5 nach der Zufriedenheit und der Höhe der Steuerabgaben spreche lediglich Emotionen an und habe ausschließlich [X.]. Soweit den Fragen 1, 3 und 4 indirekt Informationen entnommen werden könnten, trete der informatorische Gehalt gegenüber der Anlockwirkung in den Hintergrund. Die Fragen beträfen Selbstverständlichkeiten oder "[X.] am Rande". Es sei eine mit dem [X.], solche Selbstverständlichkeiten in Frageform zu verkleiden, um die Leser zu einer bestimmten Meinung zu bringen. 5 Auch das Schreiben vom 13. Februar 2006 enthalte keine sachliche Un-terrichtung, sondern suggeriere den Adressaten, sie könnten Steuern und [X.] einsparen. Dem Empfängerkreis werde zudem ein [X.]- und Handlungsdruck vorgetäuscht. 6 - 7 - [X.] Die Revision hat zum Teil Erfolg. Der Klägerin steht wegen des [X.] vom 6. Februar 2006 kein Unterlassungsanspruch gegen die [X.] zu (unten zu 2). Dagegen erweist sich der Unterlassungsantrag hinsicht-lich des [X.]s vom 13. Februar 2006 unter dem Aspekt der Irrefüh-rung (§ 5 UWG) und der unlauteren pauschalen Herabsetzung von Mitbewer-bern (§ 4 Nr. 7 und 10 UWG) als begründet (unten zu 3). 7 1. Auf den in die Zukunft gerichteten Unterlassungsanspruch sind die Bestimmungen des am 30. Dezember 2008 in [X.] getretenen Gesetzes zur Änderung des [X.] vom 22. Dezember 2008 ([X.] I S. 2949) anzuwenden, mit dem die Richtlinie 2005/29/[X.] über unlautere Geschäftspraktiken umgesetzt worden ist. Der im Streitfall auf [X.] gestützte Unterlassungsanspruch besteht allerdings nur, wenn das beanstandete Verhalten auch schon zum [X.]punkt seiner Begehung wettbewerbswidrig war (st. Rspr.; vgl. [X.], [X.]. v. [X.] - I ZR 96/02, [X.], 442 = [X.], 474 - Direkt ab Werk; [X.]. v. 28.6.2007 - I ZR 153/04, [X.], 186 [X.]. 17 = [X.], 220 - Telefonaktion). Das von der Klägerin beanstandete Verhalten der [X.] fällt in die [X.] nach Inkrafttreten des [X.] vom 3. Juli 2004 ([X.] I S. 1414, im Folgenden: UWG 2004). Der Unterlassungsanspruch setzt daher voraus, dass das beanstandete Verhalten auch auf der Grundlage des UWG 2004 wettbewerbswidrig war. 8 Eine für die Beurteilung des Streitfalls maßgebliche Änderung der Rechtslage ist jedoch nicht eingetreten. Die Vorschrift des § 4 Nr. 11 UWG hat durch die Umsetzung der Richtlinie 2005/29/[X.] über unlautere Geschäftsprak-tiken keine Änderung erfahren und wird im Streitfall durch die Regelungen der Richtlinie 2005/29/[X.] auch nicht berührt (vgl. Art. 3 Abs. 1, 8 der Richtlinie). Die Änderungen in § 2 Abs. 1 Nr. 1 und den §§ 3, 5 UWG sind vorliegend ohne 9 - 8 - Bedeutung. Das beanstandete Verhalten der [X.] stellt eine Handlung gegenüber Gewerbetreibenden dar, die sowohl die Voraussetzungen einer [X.]handlung nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 UWG 2004 als auch diejenigen einer geschäftlichen Handlung i.S. von § 2 Abs. 1 Nr. 1 UWG erfüllt. Die [X.] des § 4 Nr. 7 und 10 UWG sind unverändert geblieben. 2. Die Revision ist begründet, soweit sie sich dagegen wendet, dass die [X.] zur Unterlassung der Äußerungen im Rundschreiben vom 6. Februar 2006 verurteilt worden ist. 10 a) Dieses Schreiben enthält keine unlautere Herabsetzung der Leistung von Mitbewerbern (§ 4 Nr. 7, 10 UWG). Die Fragen 1 bis 4 fordern die [X.] nur zu einer Prüfung des Umfangs der von ihren gegenwärtigen Steuerberatern erbrachten Leistungen auf. Frage 5 ist nicht herabsetzend, weil Unzufriedenheit mit der Höhe der Steuerabgaben unabhängig von der Leistung der Wettbewerber der [X.] bestehen kann. 11 b) Das Schreiben vom 6. Februar 2006 kann auch nicht unter dem Ge-sichtspunkt einer Irreführung (§ 5 UWG) beanstandet werden. 12 Frage 1 (Bietet Ihnen Ihr [X.] keine Standardlösungen, sondern individuelle Betreuung?) verstößt nicht gegen das [X.]. Zwar ist die individuelle Betreuung selbstverständlicher Bestandteil einer Steu-erberatung. Die Frage ist aber im Zusammenhang mit der vorherigen Aussage des [X.]s zu verstehen, dass die [X.] langjähriges Know-how im [X.] mit individuell auf die Bedürfnisse der Tankstellenpäch-ter zugeschnittenen Lösungen in Steuerangelegenheiten verbinde. Die [X.] bringt damit zum Ausdruck, dass der Steuerberatungsbedarf der [X.] [X.] im Zusammenhang mit dem [X.] 13 - 9 - unterschiedlich sein kann, und stellt im Hinblick darauf individuelle Lösungen in Aussicht, die etwa unterschiedliche Eigenleistungen der [X.] berücksichtigen können. Darin liegt keine Irreführung. 14 Frage 2 (Können Sie die Höhe Ihrer Steuerberatungsgebühren selbst bestimmen?) kann keinen Irrtum hervorrufen. [X.]n ist als Unter-nehmern bewusst, dass sie das Honorar für eine Steuerberaterleistung keines-falls allein bestimmen können. Denn es ist entweder gesetzlich fixiert oder mit dem Steuerberater zu vereinbaren. Der Frage lässt sich allenfalls die Aussage entnehmen, der Mandant könne mittelbar über den Umfang der Beauftragung des Steuerberaters die [X.] bestimmen. Das trifft aber zu. Frage 3 (Hat Ihr Steuerbüro einen Abhol- und Bringdienst für Ihre Buch-führung?) ist nicht irreführend, selbst wenn nahezu jeder andere Steuerberater einen solchen Service anbieten sollte. Die [X.] ist nicht gehindert, mit die-ser zusätzlichen Nebenleistung zu werben (vgl. [X.], [X.]. v. 9.10.2003 - I ZR 167/01, [X.], 164, 166 = [X.], 221 - Arztwerbung im [X.]). 15 Keine Irreführung enthält auch Frage 4 (Ist Ihr EKW-Berater gesetzlich zugelassener Steuerberater?). Sie könnte nur irreführend sein, wenn alle EKW-Berater gesetzlich zugelassene Steuerberater wären. Das ist jedoch nicht der Fall. Wie sich aus dem Zusammenhang des Rundschreibens ergibt, ist der EKW-Berater eine Person, die den [X.] bei der Anwendung des [X.]s unterstützt. Dabei kann es sich etwa um [X.] Berater oder Buchhalter handeln, die nur ausnahmsweise auch zugelassene Steuerberater sein werden. Es kann daher EKW-Berater geben, die nicht zugleich Steuerberater sind. 16 - 10 - [X.] (Sind Sie mit der Höhe Ihrer Steuerabgaben zufrieden?) ist von vornherein nicht geeignet, bei den angesprochenen [X.]n einen Irrtum zu erregen. 17 18 c) Der Klägerin steht wegen des [X.]s vom 6. Februar 2006 auch kein Unterlassungsanspruch aus §§ 3, 4 Nr. 11 UWG i.V. mit § 57a StBerG, § 10 Abs. 2 [X.] zu. [X.]) Die Vorschriften der § 57a StBerG, § 10 Abs. 2 [X.] sind Markt-verhaltensregelungen i.S. von § 4 Nr. 11 UWG. Den Bestimmungen in den Be-rufsordnungen der freien Berufe, die sich ausdrücklich mit der Zulässigkeit von Werbung befassen, kommt eine auf die Lauterkeit des [X.] bezogene Schutzfunktion zu; sie sind auch [X.] von § 4 Nr. 11 UWG (vgl. [X.], [X.]. v. 27.1.2005 - I ZR 202/02, [X.], 520, 521 = [X.], 738 - Optimale Interessenvertretung, zu § 43b [X.], § 6 [X.]). 19 bb) Nach § 72 Abs. 1 StBerG, § 1 Abs. 1 [X.] gelten für die [X.] als Steuerberatungsgesellschaft die [X.], § 10 [X.] sinngemäß. Das Berufungsgericht hat zwar zutreffend angenom-men, dass diese Vorschriften Werbung erlauben, die in Form und Inhalt über die berufliche Tätigkeit sachlich unterrichtet. Seine Auffassung, die beanstande-ten [X.] überschritten die Grenze berufsrechtlich zulässiger [X.], beachtet jedoch nicht die Schranken, die nach der Rechtsprechung des [X.] gemäß Art. 12 Abs. 1 GG für berufsrechtliche Wer-beverbote bestehen. 20 (1) Nach § 57a StBerG ist dem Steuerberater Werbung erlaubt, soweit sie über die berufliche Tätigkeit in Form und Inhalt sachlich unterrichtet und nicht auf die Erteilung eines Auftrags im Einzelfall gerichtet ist. Die Bestimmung 21 - 11 - wird inhaltlich teilweise konkretisiert durch § 10 [X.]. Danach darf der [X.] über seine berufliche Tätigkeit informieren, soweit die Unterrichtung sachlich zutreffend, objektiv nachprüfbar und nicht reklamehaft ist. 22 Die Vorschrift des § 57a StBerG eröffnet nicht eine ansonsten verschlos-sene Werbemöglichkeit, sondern konkretisiert die verfassungsrechtlich garan-tierte Werbefreiheit. Deshalb bedarf nicht die Gestattung der Steuerberaterwer-bung der Rechtfertigung, sondern ihre Einschränkung. Sie ist nur dann mit Art. 12 Abs. 1 GG vereinbar, wenn sie im Einzelfall durch ausreichende Gründe des Gemeinwohls gerechtfertigt ist sowie dem Grundsatz der [X.] entspricht (vgl. [X.], [X.]. v. 12.9.2001 - 1 BvR 2265/00, [X.], 1284, 1285; [X.]. v. 4.8.2003 - 1 BvR 2108/02, [X.], 965 f. = [X.], 1213; [X.] 147, 71, 74 f. - [X.]; [X.], [X.]. v. 27.1.2005 - I ZR 202/02, [X.], 521 - Optimale Interessen-vertretung). Das von den Angehörigen eines freien Berufs zu beachtende Sach-lichkeitsgebot verlangt keine auf die Mitteilung nüchterner Fakten beschränkte Werbung (vgl. [X.], [X.]. v. 26.8.2003 - 1 BvR 1003/02, [X.], 966, 968 = [X.], 1209; [X.]E 111, 366, 379 f.; [X.] [X.], 520, 521 - Optimale Interessenvertretung). Zudem ist es gerade legitimer Zweck der auch Steuerberatern grundsätzlich erlaubten Werbung, Kunden zu-lasten der Konkurrenz zu gewinnen ([X.], [X.]. v. 26.9.2003 - 1 BvR 1608/02, [X.], 68, 69; [X.]E 111, 366, 378). Soweit § 10 [X.] generell Steuerberatern reklamehafte Darstellungen in der Werbung untersagt, bedarf dies vor dem Hintergrund der Rechtsprechung des Bundes-verfassungsgerichts einer einschränkenden Auslegung. Nach diesem Maßstab ist der beanstandete Inhalt des [X.]s vom 6. Februar 2006 noch als in Form und Inhalt sachliche Unterrichtung über die berufliche Tätigkeit der [X.] anzusehen. Dabei ist zu berücksichtigen, 23 - 12 - dass die einzelnen Fragen dieses Schreibens im Kontext der gesamten [X.] zu verstehen sind ([X.] [X.], 520, 521 - Optimale Interessen-vertretung). 24 (2) Das Berufungsgericht hat die Unzulässigkeit der Fragen 1, 3 und 4 damit begründet, dass diese zwar in indirekter Form Informationen enthielten, ihr informatorischer Gehalt aber gegenüber der Anlockwirkung in den [X.] trete. Dem vermag der [X.] nicht zuzustimmen. Die Anlockwirkung ist jeder Werbung immanent. Das Sachlichkeitsgebot verlangt weder eine auf die Mitteilung nüchterner Fakten beschränkte Werbung ([X.] [X.], 520, 521 - Optimale Interessenvertretung) noch einen Überschuss der Sachinformation gegenüber der Anlockwirkung (vgl. [X.] [X.], 68, 69). Verboten und eingeschränkt werden kann die Werbung eines Steuerberaters nur, um das Vertrauen der steuerliche Beratung suchen-den Personen darauf zu erhalten, dass der Steuerberater seine Dienste nicht rein gewerblich und gewinnorientiert anbietet und seine Leistungen an den In-teressen des Mandanten, nicht aber am eigenen wirtschaftlichen Vorteil [X.] (vgl. [X.]E 111, 366, 379). 25 Danach begegnet zunächst die Frage 3 (Hat Ihr Steuerbüro einen Abhol- und Bringdienst für Ihre Buchführung?) auch unter diesem rechtlichen Ge-sichtspunkt keinen Bedenken. Unabhängig davon, ob nahezu jeder andere Steuerberater einen solchen Service ebenfalls anbietet, darf die [X.] mit dieser zusätzlichen Nebenleistung werben (vgl. [X.] [X.], 164, 166 - Arztwerbung im [X.]). 26 Nicht als berufsrechtswidrig zu beanstanden ist auch die Frage 4 (Ist Ihr EKW-Berater gesetzlich zugelassener Steuerberater?). Die in der Frage mittel-27 - 13 - bar getroffene Aussage, dass der EKW-Berater bei der [X.] zugelassener Steuerberater ist, hat einen berufsbezogenen, sachlichen Gehalt. Denn bei dem EKW-Berater kann es sich - wie dargelegt - auch um einen betriebswirtschaftli-chen Berater oder Buchhalter handeln. 28 Frage 1 (Bietet Ihnen Ihr [X.] keine Standardlösungen, sondern individuelle Betreuung?) verstößt ebenfalls nicht gegen Berufsrecht. Wie oben zu [X.]) bereits ausgeführt, verweist diese Frage nach dem Gesamt-zusammenhang des [X.]s auf einen möglichen unterschiedlichen Steuerberatungsbedarf der einzelnen [X.] beim EKW-Abrech-nungssystem und stellt im Hinblick darauf individuelle Lösungen in Aussicht, die etwa unterschiedliche Eigenleistungen der [X.] berücksichtigen können. Auch das ist eine auf die Tätigkeit der [X.] bezogene sachliche Information. Frage 2 (Können Sie die Höhe Ihrer Steuerberatungsgebühren selbst bestimmen?) und Frage 5 (Sind Sie mit der Höhe Ihrer Steuerabgaben zufrie-den?) stellen sich bei der gebotenen grundrechtskonformen Auslegung im Ge-samtkontext des Schreibens vom 6. Februar 2006 noch als zulässige Mittel der Aufmerksamkeitswerbung dar. 29 Mit dem Schreiben weist die [X.] auf ihre Beratungskompetenz im Zusammenhang mit dem [X.] im [X.] hin und bemüht sich um die Gelegenheit, sich auch persönlich potentiellen [X.] vorstellen zu können. Damit dient das Schreiben insgesamt einer sach-lichen Unterrichtung über die berufliche Tätigkeit der [X.]. Die Fragen 2 und 5 sollen - für die Adressaten erkennbar - bewirken, Interesse an einem sol-chen [X.] zu wecken. Frage 2 kann außerdem noch die Aussage entnommen werden, der Mandant könne mittelbar über den Umfang 30 - 14 - der Beauftragung des Steuerberaters die [X.] bestimmen (vgl. oben zu [X.]). Obwohl das offenkundig ist, hat diese Frage damit einen, wenn auch geringen, sachlichen Gehalt. 31 Mit Frage 5 erfolgt dagegen keine sachliche Unterrichtung. Sie hat einen ausschließlich suggestiven Charakter ohne sachliche Aussage. Das Sachlich-keitsgebot verlangt indes keine auf die Mitteilung nüchterner Fakten beschränk-te Werbung. Mittel der Aufmerksamkeitswerbung sind einem Steuerberater im Rahmen eines [X.]s, das insgesamt sachlicher Unterrichtung über die berufliche Tätigkeit dient, daher nur dann verboten, wenn sie Gemeinwohl-belange beeinträchtigen. Dafür ist im Streitfall nichts ersichtlich. [X.]) Die [X.] hat mit dem [X.] auch nicht gegen § 10 Abs. 2 [X.] verstoßen. Soweit diese Vorschrift eine reklamehafte Darstellung für die Werbung von Steuerberatern untersagt, ist dieses Verbot bei der im Hin-blick auf Art. 12 Abs. 1 GG gebotenen einschränkenden Auslegung allein auf die äußere Gesamtanmutung einer Werbung zu beziehen. Das beanstandete [X.] entspricht in seiner äußeren Gestalt aber üblichen Geschäfts-briefen und ist deshalb nicht reklamehaft. 32 3. Ohne Erfolg bleibt die Revision der [X.] dagegen, soweit sie sich gegen deren Verurteilung wegen des [X.]s vom 13. Februar 2006 wendet. 33 a) Allerdings enthält dieses Schreiben in den ersten vier Sätzen bis zur Angabe der Telefonnummer für die Terminvereinbarung noch keine unlautere Werbung. Dieser Teil ist, isoliert betrachtet, weder irreführend noch setzt er Wettbewerber pauschal herab. Er ist, für sich betrachtet, auch berufsrechtlich nicht zu beanstanden. 34 - 15 - 35 Insoweit handelt es sich um eine eindringliche und - im Rahmen des Zu-lässigen - aufdringliche Erinnerungswerbung für das im ersten [X.] vom 6. Februar 2006 angebotene [X.]. Dieses Gespräch, für das die angeschriebenen [X.] gewonnen werden sollen, soll der [X.] die Möglichkeit geben, ihre berufliche Tätigkeit vorzustellen. [X.] dafür, dass die [X.] die [X.]e mit einem berufsrecht-lich unzulässigen, unsachlichen Inhalt geführt hat oder führen wollte, sind weder vorgetragen noch sonst ersichtlich. Es ist deshalb davon auszugehen, dass die Gespräche einer in Form und Inhalt sachlichen Information über die berufliche Tätigkeit der [X.] dienten. Damit ist grundsätzlich auch ein ausreichender sachlicher Bezug des zweiten [X.]s hergestellt. Die [X.] war berufsrechtlich nicht gehindert, durch Werbung auf die Möglichkeit eines Bera-tungsgesprächs hinzuweisen, solange sie damit keine Gemeinwohlinteressen beeinträchtigte. Davon ausgehend ist auch der Hinweis auf eine kostenlose Beratung zur Gewinnmaximierung nicht zu beanstanden. Es entspricht der Berufspflicht des Steuerberaters, in rechtlich zulässiger Weise die Abgabenlast des steuerpflich-tigen Unternehmens zu minimieren und dadurch dessen Gewinn zu optimieren. Die anschließenden drei Sätze ("Sie haben bisher nicht auf unser Angebot rea-giert. Verschenken Sie kein Geld! Fordern Sie Ihren Beratungsanspruch!") ge-hören zu den in der allgemeinen Erinnerungs- und Aufmerksamkeitswerbung üblichen Stilmitteln. Die Aufforderungen sollen den [X.], mit Hilfe der [X.] seine Steuerbelastung zu verringern. Da das die Berufspflicht des Steuerberaters ist, sind sie nicht geeignet, das Vertrauen der steuerlichen Rat suchenden Personen auf eine an ihren Interessen ausgerichte-te und nicht ausschließlich am eigenen Gewinn orientierte Tätigkeit des [X.] zu beeinträchtigen (vgl. [X.]E 111, 366, 379). 36 - 16 - 37 b) Mit dem letzten Satz des [X.]s vom 13. Februar 2006 bie-tet die [X.] an, den angeschriebenen [X.]n zu zeigen, wie sie die zuviel gezahlten [X.] sowie Steuern und Abgaben zumindest für die Zukunft einsparen. Diese Werbung ist unlauter unter dem Aspekt der Irreführung (§ 5 UWG) und der unlauteren pauschalen [X.] (§ 4 Nr. 7 und 10 UWG). Sie überschreitet damit auch den berufsrechtlich zulässigen Rahmen sachbezogener Werbung und verstößt daher auch gegen § 4 Nr. 11 UWG i.V. mit § 57a StBerG. [X.]) Wie sich bereits in der Bezugnahme auf - angeblich zuviel - gezahlte [X.] zeigt, geht die [X.] in dem Schreiben vom 13. [X.] 2006 erkennbar davon aus, dass die angeschriebenen [X.] bereits von Mitbewerbern der [X.] steuerlich beraten werden. Es ist nichts dafür ersichtlich, dass diese Annahme unzutreffend ist. Die [X.] teilt den umworbenen [X.]n mit, sie hätten ihren bisherigen Steuerbera-tern zuviel Honorar gezahlt und zudem mehr Steuern und Abgaben als notwen-dig entrichtet. Damit werden die Preiswürdigkeit und die fachliche Qualität der Leistung der Wettbewerber der [X.] in unlauterer Weise pauschal herab-gesetzt. Die [X.] hat nichts für die Richtigkeit ihrer pauschalen Kritik an den Mitbewerbern geltend gemacht. Deren Beratungsleistungen und Honorar-forderungen im Einzelfall können ihr auch kaum und jedenfalls nicht für alle an-geschriebenen [X.] bekannt gewesen sein. Da die Herabset-zung eines Mitbewerbers nach § 4 Nr. 7 UWG letztlich ein Unterfall der geziel-ten Behinderung i.S. des § 4 Nr. 10 UWG ist, ist auch dieser Behinderungstat-bestand erfüllt. 38 bb) [X.] vom 13. Februar 2006 ist darüber hinaus irreführend i.S. des § 5 Abs. 1 UWG. Die [X.] gibt vor, den [X.] - 17 - stellenpächtern sicher mitteilen zu können, sie hätten bisher zuviel Steuerbera-terhonorare und Steuern gezahlt. Eine solche Aussage kann sie jedoch nicht treffen. Die [X.] hat keine Kenntnis der von den [X.]n ge-zahlten Steuern und Honorare sowie ihrer Berechnungsgrundlagen und kann deshalb nicht wissen, ob sie tatsächlich zuviel gezahlt haben. Ein solches Wis-sen hat die [X.] auch nicht behauptet. [X.]) Eine Werbung, die gegen § 4 Nr. 7, 10 und § 5 Abs. 1 UWG verstößt, verlässt zudem den Rahmen berufsrechtlich zulässiger Werbung. Sie verletzt das Sachlichkeitsgebot und ist daher auch gemäß § 4 Nr. 11 UWG i.V. mit § 57a StBerG unlauter. 40 - 18 - I[X.] [X.] beruht auf § 92 Abs. 1, § 97 Abs. 1 ZPO. 41 [X.]Büscher

Schaffert

Bergmann [X.] Vorinstanzen: [X.], Entscheidung vom [X.], Entscheidung vom [X.] -

Meta

I ZR 77/07

29.07.2009

Bundesgerichtshof I. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 29.07.2009, Az. I ZR 77/07 (REWIS RS 2009, 2301)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2009, 2301

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