Bundespatentgericht, Beschluss vom 11.12.2013, Az. 28 W (pat) 63/12

28. Senat | REWIS RS 2013, 429

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Gegenstand

Markenbeschwerdeverfahren – "Love Love/Love de toi (IR-Marke, Wort-Bild-Marke)" – unterstellte rechtserhaltende Benutzung - Warenidentität – keine unmittelbare Verwechslungsgefahr


Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Marke 30 2009 006 858

hat der 28. Senat ([X.]) des [X.] auf die mündliche Verhandlung vom 24. Juli 2013 durch die Vorsitzende Richterin [X.] sowie die Richterin [X.] und [X.] Paetzold

beschlossen:

Die Beschwerde der Widersprechenden wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

1

Die Wortmarke 30 2009 006 858

2

„[X.]“

3

ist am 28. Mai 2009 für die Waren der Klassen

4

03 „[X.]n, Mittel zur Körper- und Schönheitspflege;

5

14 Juwelierwaren und Schmuckwaren, Uhren und Zeitmessinstrumente;

6

25 Bekleidungsstücke, Schuhwaren, Kopfbedeckungen“

7

eingetragen worden, was am 3. Juli 2009 veröffentlicht worden i[X.]

8

Dagegen ist Widerspruch eingelegt worden aus der international registrierten [X.] 858 449

Abbildung

9

die seit dem 24. November 2005 für die Waren der Klasse 3

„préparations pour blanchir et autres substances pour lessiver; [X.], [X.], [X.]; [X.], produits de parfumerie, huiles essentielles, cosmétiques, lotions pour les cheveux; dentifrices“

als Gemeinschaftsmarke eingetragen ist, was am 14 September 2006 veröffentlicht worden i[X.] Gegen diese Eintragung ist kein Widerspruch erhoben worden.

Die Markenstelle für Klasse 14 des [X.] hat durch zwei Beschlüsse, nämlich einmal am 5. August 2010 durch einen Beamten des gehobenen Dienstes und zum andern im Erinnerungsverfahren am 10. April 2012 durch einen Beamten des höheren Dienstes, den Widerspruch zurückgewiesen. Zur Begründung ist ausgeführt, dass selbst bei der teilweisen Warenidentität in der Klasse 3 die beiderseitigen Marken einen ausreichenden Abstand zueinander einhielten. Dies gelte auch in klanglicher Hinsicht, da man die Widerspruchsmarke nicht auf „[X.]“ verkürzen dürfe. Die in der Erinnerung von der Markeninhaberin erhobene Einrede der Nichtbenutzung der Widerspruchsmarke hat der [X.] als unbeachtlich zurückgewiesen, da sich die Widerspruchsmarke noch in der Benutzungsschonfrist befunden habe.

Dagegen richtet sich die Beschwerde der Widersprechenden. Sie hält eine Verwechslungsgefahr für gegeben. Bei identischen Waren bzw. hochgradiger Ähnlichkeit der angegriffenen Waren mit den [X.] könnten angesichts des in den Vergleichsmarken gemeinsamen [X.] und Merkwortes „LOVE LOVE“ die grafischen Unterschiede der Marken keinen ausreichenden Abstand herstellen, da er sich zumindest in klanglicher Hinsicht nicht bemerkbar mache.

Die Widersprechende beantragt (sinngemäß),

die Beschlüsse des [X.], Markenstelle für Klasse 14, vom 5. August 2010 und 10. April 2012 aufzuheben und die Löschung der angegriffenen Marke anzuordnen.

Die Markeninhaberin beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Ihren Antrag auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung hat sie mit Schriftsatz vom 10. Juli 2013 zurückgenommen. Zu der anberaumten mündlichen Verhandlung ist sie, wie schriftsätzlich angekündigt, nicht erschienen.

In der Sache hat sie auf ihre Stellungnahmen im Amtsverfahren vom 25. Januar 2010 und 30. März 2012 verwiesen. Mit Schriftsatz vom 5. Dezember 2012 hat sie erneut die Einrede der Nichtbenutzung der Widerspruchsmarke erhoben. Daraufhin hat die Widersprechende mit Schriftsatz vom 15.  Juli 2013 umfangreiche Benutzungsunterlagen, u. a. Prospekte, Rechnungen, Verpackungen und zwei eidesstattliche Versicherungen eingereicht.

Wegen der sonstigen Einzelheiten wird auf den Akteninhalt verwiesen.

II.

Die Beschwerde der Widersprechenden ist zulässig, hat aber in der Sache keinen Erfolg.

Selbst wenn man zugunsten der Widersprechenden von einer erfolgreichen Glaubhaftmachung der rechtserhaltenden Benutzung und einer durchschnittlichen Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke ausgeht, ist auch im Verhältnis zu identischen Waren eine Verwechslungsgefahr mangels hinreichender Markenähnlichkeit zu verneinen.

Die Verwechslungsgefahr nach §§ 119, 124, 114, 43 Abs. 2, 42 Abs. 2 Nr. 1, 9 Abs. 1 Nr. 2 [X.] in Verbindung mit Art. 5 PMMA, Art. 6 quinquies B [X.] ist unter Berücksichtigung aller Umstände, insbesondere der zueinander in Wechselbeziehung stehenden Faktoren der Ähnlichkeit der Marken, der Ähnlichkeit der damit gekennzeichneten Waren sowie der Kennzeichnungskraft der prioritätsälteren Marke zu beurteilen, wobei insbesondere ein geringerer Grad der Ähnlichkeit der Marken durch einen höheren Grad der Ähnlichkeit der Waren ausgeglichen werden kann und umgekehrt ([X.] in [X.] Rspr., vgl. [X.], 1281 - [X.]; [X.], 907 - Kleiner Feigling; [X.], 1043 - [X.]/[X.]; GRUR 2008, 906 - Pantohexal).

In Anwendung dieser Grundsätze ist eine Verwechslungsgefahr vorliegend zu verneinen.

Dies gilt zunächst in schriftbildlicher Hinsicht. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass die Widerspruchsmarke zu ihren Wortbestandteilen noch Bildelemente aufweist, die sie bei optischer Gegenüberstellung deutlich unterscheidbar macht. Denn weder das farbige Hintergrundquadrat für die Worte der Widerspruchsmarke noch die am unteren Rand angeordnete Schmetterlingszeichnung  haben in der angegriffenen reinen Wortmarke irgendein Gegenstück. Auf die Übereinstimmung der Wortbestandteile mit „LOVE“ kann in bildlicher Hinsicht nicht abgestellt werden. Denn erfahrungsgemäß wird der Verkehr bei optischer Wahrnehmung der Marke einen Bildbestandteil, ausgenommen von belanglosen Verzierungen, nicht völlig aus seinem Erinnerungsbild ausblenden (vgl. Hacker in [X.]/Hacker [X.], 10. Aufl., § 9 Rn. 396 f. [X.]). Dies trifft im vorliegenden Fall jedenfalls auf die gegenüber dem Wort größenmäßig erhebliche Schmetterlingsdarstellung zu.

Aber auch in klanglicher Hinsicht halten die Vergleichsmarken einen ausreichenden Abstand zueinander ein.

Zwar gilt insoweit der Erfahrungssatz, dass der Verkehr sich bei der klanglichen Wiedergabe von Wort-Bild-Marken in der Regel an den Wortbestandteilen orientiert, weil diese ihm am einfachsten und schnellsten die Benennung der Marke ermöglichen (vgl. Hacker a. a. [X.] Rn. 392 [X.]). Aber auch insoweit stehen sich in den [X.] Wortfolgen gegenüber, die aufgrund abweichender Wörter ohne Weiteres auseinander zu halten sind. Insbesondere in der Widerspruchsmarke kann der Zusatz „de toi“ nicht unberücksichtigt bleiben. Denn er ist nicht völlig klein und am Rande angeordnet, sondern mit intensivem Farbstrich, wenn auch in geringerer Schriftgröße wiedergegeben und hat auch keinen ersichtlich beschreibenden Sinngehalt, der eine prägende Bedeutung für das [X.] ausschließen würde.

Dementsprechend kann der Widersprechenden nicht darin gefolgt werden, dass in der Widerspruchsmarke lediglich  „[X.]“ kollisionsbegründend sei.

Hiergegen spricht zunächst, dass der Verkehr die Marke lediglich mit „[X.]“ ohne Wortwiederholung wahrnehmen und deshalb entsprechend aussprechen wird. Denn das zweite „[X.]“ ist in sehr schwachem Farbschimmer wiedergegeben,  so dass es wie ein Schatten oder wie in einem Hologramm wirkt. Jedenfalls heben sich die übrigen Worte von der Erkennbarkeit so stark davon ab, dass die Wortverdoppelung „[X.]“ als nicht zur Kennzeichnung gehörig aufgefasst wird.

Ebensowenig kann der Widersprechenden darin gefolgt werden, dass die Widerspruchsmarke kollisionsrechtlich auf „[X.] ([X.])“ zu verkürzen sei, weil der Verkehr die Endung „de toi“ als reinen Firmenhinweis auffassen werde, also im Sinne von „von Toi“. Für diese Sichtweise sprechen aber keine belastbaren Gesichtspunkte. Zunächst ist fraglich, warum der [X.] Verkehr in einer Wortfolge mit englischsprachigem Beginn nun einen Firmenhinweis in [X.] erwarten sollte, wobei er es dann auch konsequenterweise mit „von dir“ übersetzen und der gesamten Wortfolge eher einen anpreisenden Charakter zuordnen würde, dass nämlich mit der [X.] „[X.] (dem [X.]) verbunden sei. Weit näher liegt das Verständnis der Verkehrskreise, wie es im Amtsverfahren ausgeführt wurde, dass nämlich die Wortfolge eine fantasievolle Aneinanderreihung von Worten darstellt oder dass sie zumindest einen einheitlichen Gesamtbegriff darstellt, denn dass die Liebe „von dir“ kommt, ist wohl nicht unbedeutend. Aus einem solchen lassen sich keine Bestandteile kollisionsrechtlich herauslösen, auch wenn dieser durch beschreibende Begriffe vermittelt wird (vgl. Hacker a. a. [X.], Rn. 369 f.).

Damit stehen sich kollisionsbegründend die Wortfolgen „[X.]“ und „[X.] de toi“ gegenüber, die sich in ihrem Ende klanglich ohne Weiteres unterscheiden. Die Übereinstimmung am Anfang der Wortfolgen schlägt dagegen nicht durch, da es sich bei der naheliegenden [X.] Aussprache um eine sehr kurze Silbe handelt.

Auch begrifflich liegt keine Verwechslungsgefahr vor, da für eine solche insbesondere dann kein Anlass besteht, wenn Begriffe von (verschiedenen) Fremdsprachen verwendet werden wie hier (vgl. Hacker a. a. [X.] Rn. 256 f.); letztlich ist in der angegriffenen Marke nicht derselbe Sinngehalt der Widerspruchsmarke verkörpert.

Nach alledem war die Verwechslungsgefahr zwischen der angegriffenen Marke und der Widerspruchsmarke zu verneinen und der Widerspruch zurückzuweisen.

Die Beschwerde musste daher erfolglos bleiben.

Zu einer einseitigen Kostenauferlegung zu Lasten einer der Verfahrensbeteiligten bestand kein Anlass, so dass es bei der Grundregel des § 71 Abs. 1 S. 2 [X.] bleibt und jeder Verfahrensbeteiligte seine Kosten selbst trägt.

Meta

28 W (pat) 63/12

11.12.2013

Bundespatentgericht 28. Senat

Beschluss

Sachgebiet: W (pat)

Zitier­vorschlag: Bundespatentgericht, Beschluss vom 11.12.2013, Az. 28 W (pat) 63/12 (REWIS RS 2013, 429)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2013, 429

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