Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 10.05.2007, Az. IX ZR 146/05

IX. Zivilsenat | REWIS RS 2007, 3869

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[X.]IM NAMEN DES VOLKES URTEIL [X.] Verkündet am: 10. Mai 2007 [X.] Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja [X.]: nein [X.]R: ja [X.] §§ 131, 142; BGB § 648a a) Eine zwischen den Vertragsparteien nicht vereinbarte Direktzahlung des Auftrag-gebers des Bestellers an den Werkunternehmer ist auch dann inkongruent, wenn diesem ein Leistungsverweigerungsrecht aus § 648a BGB zustand. b) Wird ein Vertrag geändert, bevor Leistungen erbracht worden sind, steht die [X.] allein der Annahme einer Bardeckung nicht entgegen. [X.], Urteil vom 10. Mai 2007 - [X.] - [X.] [X.] - 2 - Der [X.]. Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom 10. Mai 2007 durch [X.] [X.], [X.] Ganter und [X.], die Richterin [X.] und [X.] [X.] für Recht erkannt: Auf die Revision des [X.] wird das Urteil des 11. Zivilsenats des [X.] vom 18. Juli 2005 aufgehoben. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten des Revisionsverfahrens - an das Berufungsge-richt zurückverwiesen. Von Rechts wegen

Tatbestand: Der Kläger ist Verwalter in dem Insolvenzverfahren über das Vermögen der

AG (fortan: Schuldnerin). Die Schuldnerin beauftragte als Generalunternehmerin für die

GmbH (fortan: Auftraggeberin) die Beklagte als Subunternehmerin mit dem Gewerk "Mobile Trennwandanlagen". Mit Schreiben vom 7. Februar 2001 bestätigte die [X.] den Auftrag und bat zugleich um Stellung einer Bankbürgschaft in Höhe der [X.]. Unter dem 22. Mai 2001 forderte die Beklagte die Schuldnerin zur Leistung einer Sicherheit gemäß § 648a BGB bis zum 5. Juni 2001 auf und kündigte an, nach fruchtlosem Ablauf der Frist von ihrem [X.] Gebrauch zu machen. Die Schuldnerin leistete keine 1 - 3 - Sicherheit. Die Beklagte weigerte sich in der Folgezeit, die bereits gefertigten, aber noch auf ihrem Betriebsgelände befindlichen Trennwände einzubauen. 2 Am 13. Juli 2001 vereinbarte die Schuldnerin mit der Auftraggeberin, dass diese bestimmte, im Einzelnen aufgeführte Forderungen von [X.] gegen die Schuldnerin unmittelbar begleichen solle. Die Auftraggebe-rin teilte dies der [X.] mit, wobei sie die offene Forderung der [X.] mit 70.130,41 Euro netto bezifferte. Die Beklagte antwortete, sie werde die Trennwände erst nach Zahlung von 161.166,73 DM, also der gesamten Ange-botssumme, montieren. Die Auftraggeberin zahlte einen Betrag von brutto 148.515,36 DM (75.934,70 Euro); daraufhin baute die Beklagte die Montage-wände mangelfrei ein. Am 8. Oktober 2001 beantragte die Schuldnerin die Eröffnung des [X.] über ihr Vermögen. Am 14. Januar 2002 wurde das [X.] eröffnet. 3 Im vorliegenden Rechtsstreit verlangt der Kläger Rückgewähr der von der Auftraggeberin gezahlten netto 65.460,95 Euro. Das [X.] hat die Beklagte antragsgemäß verurteilt; das [X.] hat die Klage [X.]. Mit seiner vom [X.] zugelassenen Revision begehrt der Kläger die Wiederherstellung des Urteils des [X.]s. 4 Entscheidungsgründe: Die Revision hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Ur-teils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht. 5 - 4 - [X.] 6 Das Berufungsgericht hat ausgeführt, die Beklagte habe keine inkon-gruente Deckung erhalten. Außerdem fehle es an einer unmittelbaren oder mit-telbaren Gläubigerbenachteiligung. Die Beklagte habe den Werklohn bekom-men, welcher dem Wert der montierten Trennwände entsprochen habe. Der Werklohnanspruch sei fällig gewesen. Nachdem die Beklagte vergeblich unter Ablehnungsandrohung Sicherheitsleistung verlangt habe, sei sie zu [X.] nicht mehr verpflichtet gewesen. Nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens hätte ein Insolvenzverwalter den Anspruch auf Lieferung der Trennwände nur nach einer Erfüllungswahl durchsetzen können; dann jedoch wäre die Werk-lohnforderung zu einer Masseforderung geworden. Ob die Voraussetzungen eines [X.] vorlägen, sei nicht entscheidungserheblich.
I[X.] Diese Ausführungen halten einer rechtlichen Überprüfung nicht stand. Nach derzeitiger Sach- und Rechtslage kann ein Anspruch aus § 131 Abs. 1 Nr. 2, § 143 Abs. 1 [X.] nicht ausgeschlossen werden. 7 1. Ist der Werklohnanspruch der [X.], wie der Kläger vorträgt, auf-grund einer Vereinbarung zwischen der Auftraggeberin und der Schuldnerin unmittelbar durch die Auftraggeberin befriedigt worden, hat die Beklagte eine inkongruente Deckung erhalten. Erfüllt ein Dritter auf Anweisung des [X.] dessen Verbindlichkeit, ohne dass eine insolvenzfeste Vereinbarung zwi-schen Gläubiger und Schuldner vorgelegen hat, ist die Befriedigung inkon-8 - 5 - gruent ([X.], Urt. v. 8. Oktober 1998 - [X.] ZR 337/97, [X.], 2345, 2348; v. 9. Januar 2003 - [X.] ZR 85/02, [X.], 398, 400; v. 21. April 2005 - [X.] ZR 24/04, [X.], 1033, 1034). Der fruchtlose Ablauf der von der [X.] ge-setzten Frist zur Beibringung einer Sicherheit ändert daran nichts. Die Vorschrift des § 648a BGB gibt dem Unternehmer ein Leistungsverweigerungsrecht, [X.] keinen durchsetzbaren Anspruch auf Gewährung einer Sicherheit ([X.] 146, 24, 28). Wie der [X.] bereits entschieden hat, begründet § 648a BGB nicht einmal die Kongruenz einer nachträglichen Vereinbarung über die Abtre-tung einer [X.] des [X.] gegen den Bauherrn an den Subunternehmer ([X.], Urt. v. 18. November 2004 - [X.] ZR 299/00, [X.], 804, 806). Für Direktzahlungen des Bauherrn an den Subunternehmer gilt das erst recht. Die (vorzeitige) Erfüllung des Werklohnanspruchs durch [X.] ist in § 648a Abs. 1 BGB nicht vorgesehen und daher schon deshalb grund-sätzlich inkongruent.
2. Die Zahlung der Auftraggeberin hat auch zu einer Benachteiligung der Gesamtheit der Gläubiger geführt. Nach Darstellung des [X.] sollte die [X.] der Auftraggeberin unmittelbar auf eine unabhängig von den Leistungen, welche die Beklagte zu erbringen hatte, begründete [X.] der Schuldnerin gegen die Auftraggeberin angerechnet werden. Damit hätte die Schuldnerin für die Befriedigung der [X.] einen Vermögensgegenstand aufgegeben, der andernfalls den Gläubigern zur Verfügung gestanden hätte. 9 3. Nach der revisionsrechtlich zugrunde zu legenden Darstellung des [X.] ist eine Anfechtung schließlich nicht nach § 142 [X.] ausgeschlossen. Ein Bargeschäft setzt eine Vereinbarung zwischen Schuldner und [X.] über die beiderseits zu erbringenden Leistungen voraus, die im Falle einer inkongruenten Deckung - einer Leistung, die so nicht geschuldet war 10 - 6 - (§ 131 Abs. 1 [X.]) - gerade fehlt ([X.] 123, 320, 328 f; 150, 122, 130; 157, 350, 360; 167, 190, 199; [X.], Urt. v. 9. Juni 2005 - [X.] ZR 152/03, [X.], 1243, 1245). II[X.] Das angefochtene Urteil kann daher keinen Bestand haben. Es ist auf-zuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Da die Sache nicht zur Endentscheidung reif ist (§ 563 Abs. 3 ZPO), muss die Sache an das Berufungsgericht zurückverwiesen werden (§ 563 Abs. 1 ZPO). Für das weitere Verfahren weist der [X.] auf fol-genden rechtlichen Gesichtspunkt hin: 11 1. Legt man den Vortrag der [X.] zugrunde, sind die Vorausset-zungen eines unanfechtbaren [X.] (§ 142 [X.]) erfüllt. 12 a) Nach Darstellung der [X.] hat es nach fruchtlosem Ablauf der gemäß § 648a Abs. 1 BGB gesetzten Frist zur Beibringung einer Sicherheit und nach der —[X.] vom 13. Juli 2001 zwischen der Auftraggeberin und der Schuldnerin über Direktzahlungen an bestimmte Subunternehmer eine drei-seitige Vereinbarung zwischen ihr, der Schuldnerin und der Auftraggeberin da-hingehend gegeben, dass die von ihr zu liefernden Trennwände insgesamt von der Auftraggeberin bezahlt werden sollten. Ist das richtig, so war die Zahlung der 148.515,36 DM durch die Auftraggeberin an die Beklagte - bezogen auf die behauptete Vereinbarung - kongruent. 13 b) [X.] Zeitpunkt für das Vorliegen eines [X.] ist der-jenige, in dem die zeitlich erste Leistung eines Vertragsteils erbracht wird. Bis 14 - 7 - dahin können die Beteiligten den Inhalt ihrer Vereinbarungen noch abändern, ohne den Charakter der Bardeckung zu gefährden ([X.] 123, 320, 328; MünchKomm-[X.]/Kirchhof, § 142 Rn. 8). Als die behauptete Vereinbarung getroffen worden sein soll, hatte die Schuldnerin noch keinerlei Zahlungen ge-leistet. Die Beklagte hatte die fraglichen Trennwände zwar bereits gefertigt, [X.] noch nicht ausgeliefert und eingebaut. Die Schuldnerin hatte also [X.] noch keine Leistungen von der [X.] erhalten. c) Der für die Anwendung des § 142 [X.] erforderliche enge zeitliche Zusammenhang zwischen den beiderseitigen Leistungen ist nach derzeitigem Sach- und Streitstand ebenfalls erfüllt. Der neueren Rechtsprechung des [X.] zufolge ist ein solcher Zusammenhang auch dann erforderlich, wenn nicht der Gläubiger, sondern der Schuldner vorleistet ([X.] 167, 190, 202). Nach Darstellung des [X.] sind die Zahlungen "nach dem 7. Juli 2001" geleistet worden; nach Darstellung der [X.] ist erst nach Erstellung eines neuen Angebots und dessen Annahme durch die Schuldnerin am 24. Juli 2001 gezahlt worden. Eingebaut wurden die Trennwände im August 2001. Die [X.] fand am 29. August 2001 statt. Die Beklagte hat überdies unwiderspro-chen vorgetragen, ihre Leistungen "unmittelbar" nach Eingang der von der Auf-traggeberin gezahlten 148.515,36 DM erbracht zu haben. 15 d) Die Schuldnerin hat schließlich auch eine gleichwertige Gegenleistung für die von ihr erbrachte Leistung - die Zahlung durch die Auftraggeberin unter Anrechnung auf deren Verbindlichkeiten - erhalten. Sie konnte die von der [X.] erbrachten Werkleistungen nämlich ihrerseits gegenüber der Auftrag-geberin abrechnen. Dass insoweit geringere Preise als im Verhältnis zur [X.] vereinbart gewesen wären, hat keine [X.] behauptet. Die Beklagte hat vielmehr unwidersprochen auf den Unternehmeraufschlag hingewiesen, der in 16 - 8 - den zwischen der Schuldnerin und der Auftraggeberin vereinbarten Preisen enthalten war und den die Schuldnerin so zusätzlich erhielt. Leistungsfähig war die Auftraggeberin ebenfalls. 17 2. Der Kläger hat das Vorliegen einer dreiseitigen Vereinbarung über die Direktzahlungen bestritten. Darlegungs- und beweispflichtig für die tatsächli-chen Voraussetzungen des § 142 [X.] ist der [X.] ([X.], Urt. v. 1. Oktober 2002 - [X.] ZR 360/99, [X.], 2369, 2372; [X.], ZIP 2007, 49, 50). Das Berufungsgericht wird den von der [X.] angetretenen [X.] zu erheben haben. Dr. [X.] Richter am [X.] [X.]

[X.] ist in Urlaub

und daher verhindert zu

unterschreiben. Dr. [X.]

[X.] Dr. [X.]
Vorinstanzen: [X.], Entscheidung vom 24.02.2005 - 15 O 3338/04 - [X.], Entscheidung vom 18.07.2005 - 11 U 33/05 -

Meta

IX ZR 146/05

10.05.2007

Bundesgerichtshof IX. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 10.05.2007, Az. IX ZR 146/05 (REWIS RS 2007, 3869)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2007, 3869

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