Bundessozialgericht, Beschluss vom 07.02.2017, Az. B 13 R 389/16 B

13. Senat | REWIS RS 2017, 16083

© Bundessozialgericht, Dirk Felmeden

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Gegenstand

Nichtzulassungsbeschwerde - Verfahrensmangel - Bezeichnung eines prozessordnungsgerechten Beweisantrags - Rentenstreitverfahren


Tenor

Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision im Beschluss des [X.] vom 21. November 2016 wird als unzulässig verworfen.

Die Beteiligten haben einander für das Beschwerdeverfahren keine außergerichtlichen Kosten zu erstatten.

Gründe

1

I. Die Klägerin wendet sich mit ihrer Beschwerde vom 19.12.2016 vor dem BSG gegen die Nichtzulassung der Revision im Beschluss des [X.] vom [X.] Sie rügt einen Verfahrensfehler des [X.] (§ 163 Abs 2 [X.] [X.]). Das [X.] sei den zehn [X.] im Schriftsatz vom [X.] nicht nachgegangen und habe dafür keine hinreichende Begründung abgegeben.

2

II. Die Nichtzulassungsbeschwerde ist unzulässig. Ihre Beschwerdebegründung vom [X.] genügt nicht der vorgeschriebenen Form, denn der geltend gemachte Verfahrensmangel ist nicht formgerecht bezeichnet (§ 160a Abs 2 S 3 [X.]).

3

Für die Rüge eines [X.] müssen die tatsächlichen Umstände, welche den geltend gemachten [X.] begründen sollen, substantiiert und schlüssig dargelegt sowie darüber hinaus aufgezeigt werden, inwiefern die angefochtene Entscheidung auf diesem Verfahrensmangel beruhen kann (vgl BSG Senatsbeschluss vom 12.12.2003 - [X.] RJ 179/03 B - [X.] 4-1500 § 160a [X.] Rd[X.] 4; [X.] 19.11.2007 - [X.]/5 R 382/06 B - [X.] 4-1500 § 160a [X.] Rd[X.] 4; [X.] in [X.]/[X.]/[X.], Handbuch des sozialgerichtlichen Verfahrens, 7. Aufl 2016, [X.] Rd[X.] 202 ff). Dabei ist zu beachten, dass der Verfahrensmangel nicht auf eine Verletzung der §§ 109 und 128 Abs 1 S 1 [X.] gestützt werden kann (§ 160 Abs 2 [X.] Teils 3 [X.]).

4

Die Klägerin versäumt es bereits, den Sachverhalt (iS einer Gesamtheit rechtlich maßgeblicher Umstände) mitzuteilen, der dem Beschluss des [X.] zugrunde liegt; ihren Schilderungen können allenfalls Fragmente der entscheidungserheblichen Tatsachen entnommen werden. Eine verständliche Sachverhaltsschilderung gehört jedoch zu den Mindestanforderungen der Darlegungen bzw Bezeichnung eines [X.]; denn es ist nicht Aufgabe des [X.], sich im Rahmen des Nichtzulassungsbeschwerdeverfahrens die maßgeblichen Tatsachen aus dem angegriffenen Beschluss selbst herauszusuchen (vgl [X.] 9.4.2015 - B 12 KR 106/14 B - Juris Rd[X.] 6; [X.] 20.6.2013 - B 5 R 462/12 B - BeckRS 2013, 70651, Rd[X.] 12; [X.] 12.5.1999 - [X.] RA 181/98 B - [X.] 3-1500 § 160a [X.] 26 S 98 f). Ohne Sachverhaltswiedergabe kann das BSG nicht beurteilen, ob die Entscheidung des [X.] auf dessen vermeintlich verfahrensfehlerhaftem Verhalten beruht.

5

Selbst wenn dies dahingestellt bliebe, fehlt es an der Bezeichnung eines prozessordnungsgerechten [X.]. Allein der Verweis auf die zehn Beweisangebote im Schriftsatz vom [X.] bezeichnet einen solchen ebenso wenig hinreichend wie das Vorbringen, das [X.] habe fälschlicherweise das Ziel der Beweisanträge so zusammengefasst, dass die Klägerin belegen wolle, ausgehend von den behaupteten Diagnosen sei auf eine rentenberechtigende Leistungseinschränkung schon zu einem Zeitpunkt zu schließen, zu dem die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen noch vorlagen. Dies gilt auch, soweit die Klägerin weiter darauf hinweist, dass nicht Diagnosen, sondern die nachfolgenden Befunde erhoben worden seien: Gleichgewichtsstörungen, Fieberanfälle, Anfälle von Übelkeit und erhebliche Beeinträchtigung der Konzentrationsfähigkeit sowie zwei Schlaganfälle und HWS-Beschwerden. Diese Befunde bleiben isoliert im Raum stehen, ohne dass sie in der Beschwerdebegründung in Beziehung zum deswegen ggf reduzierten Leistungsvermögen gesetzt würden. Es muss jedoch - soll es sich um die Bezeichnung eines prozessordnungsgerechten [X.] handeln - dargelegt werden, mit welchem Ziel Beweis erhoben werden sollte. Denn im Rahmen eines [X.] kommt es nicht nur auf eine ggf andere Diagnosestellung oder die Erhebung oder Bezeichnung von Befunden an, sondern es muss die negative Beeinflussung von - dauerhaften - Gesundheitsbeeinträchtigungen auf das verbliebene Leistungsvermögen behauptet und möglichst genau dargetan werden. Merkmal eines [X.] ist eine bestimmte Tatsachenbehauptung und die Angabe des Beweismittels für die Tatsache (vgl Senatsbeschluss vom 12.12.2003 - [X.] RJ 179/03 B - [X.] 4-1500 § 160a [X.] Rd[X.] 6 mwN). Die Klägerin bleibt jedoch nicht nur Ausgangspunkt und Ziel eines potenziellen [X.] schuldig, sondern auch die Angabe des Beweismittels. Das Verlangen nach Einholung eines Sachverständigengutachtens reicht insoweit nicht aus, um der Warnfunktion des [X.] gegenüber dem [X.] gerecht zu werden.

6

Ferner hat sie auch nicht ausreichend dargelegt, weshalb das [X.] sich von seinem sachlich-rechtlichen Standpunkt aus hätte gedrängt fühlen müssen, den von ihr angebotenen Beweis zu erheben. Hierzu hätte die Klägerin näher ausführen müssen, weshalb das Berufungsgericht sich auf die von ihm erhobenen Beweise nicht hätte stützen dürfen, weil etwa die vorliegenden Gutachten grobe Mängel oder unlösbare Widersprüche enthalten oder von unzutreffenden sachlichen Voraussetzungen ausgehen oder Anlass zu Zweifeln an der Sachkunde des Gutachters besteht oder wenn die in verschiedenen Gutachten enthaltenen sich widersprechenden Schlussfolgerungen mit entsprechenden Feststellungen einhergehen (Senatsbeschluss vom 12.12.2003 - [X.] RJ 179/03 B - [X.] 4-1500 § 160a [X.] Rd[X.] 9 mwN). Allein die Begründung, dass zu prüfen gewesen wäre, ob die Befunde - ggf in einer Gesamtschau mit anderen Tatsachen - für ein Sachverständigengutachten ausreichten, wofür dem [X.] die Sachkunde fehle, genügt dem jedenfalls nicht.

7

Im Übrigen hat die Klägerin auch nicht ausreichend dargelegt, dass das [X.] bei erfolgter Beweiserhebung zu einer anderen Entscheidung hätte kommen müssen, sein Beschluss mithin auf der unterbliebenen Beweiswürdigung beruhe. Die Klägerin verweist zum Ziel der Beweiserhebung allein die Überlegung des [X.], ob ein weiteres Sachverständigengutachten einzuholen sei. Im Wesentlichen erschöpft sich ihr Vortrag ansonsten in der Kritik, dass die vom [X.] abgegebene Begründung dafür, den [X.] nicht nachzugehen, medizinisch nicht haltbar sei.

8

Der Vorwurf der Klägerin, das [X.] habe das Ergebnis des Sachverständigengutachtens vorweggenommen, indem es kein weiteres eingeholt habe, unterstellt, dass ein solches einzuholen gewesen wäre. Warum dies jedoch hätte erforderlich sein sollen, legt sie - wie zuvor ausgeführt - nicht dar. Aus der bloßen [X.] allein kann nicht auf eine vorweggenommene Beweiswürdigung geschlossen werden.

9

Ungeachtet dessen fehlt es schließlich an der nach ständiger Rechtsprechung des BSG geforderten Darlegung, dass ein anwaltlich vertretener Beteiligter einen Beweisantrag bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung vor dem [X.] gestellt und noch zumindest hilfsweise aufrechterhalten hat (vgl zB [X.] 14.6.2005 - B 1 KR 38/04 B - Juris Rd[X.] 5; [X.] [X.] - B 1 KR 97/05 B - Juris Rd[X.] 6; [X.] [X.] - B 9a [X.]/06 B - [X.] 4-1500 § 160 [X.] 13 Rd[X.] 11 mwN). Diese Grundsätze gelten auch dann, wenn - wie hier - das [X.] von der ihm durch § 153 Abs 4 [X.] eingeräumten Möglichkeit Gebrauch gemacht hat, die Berufung ohne mündliche Verhandlung durch Beschluss zurückzuweisen, wenn es sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Der in einem solchen Fall den Beteiligten zugestellten Anhörungsmitteilung nach § 153 Abs 4 [X.] muss jedenfalls ein rechtskundig vertretener Beteiligter auch entnehmen, dass das Berufungsgericht keine weitere Sachaufklärung mehr beabsichtigt und dass es etwaige schriftsätzlich gestellte Beweisanträge lediglich als Beweisanregungen, nicht aber als förmliche Beweisanträge iS des § 160 Abs 2 [X.] [X.] ansieht. Nach Zugang der Anhörungsmitteilung muss daher der Beteiligte, der schriftsätzlich gestellte Beweisanträge aufrechterhalten oder neue Beweisanträge stellen will, dem [X.] ausdrücklich die Aufrechterhaltung dieser Anträge mitteilen oder neue förmliche Beweisanträge stellen (vgl [X.] [X.] - B 1 KR 6/16 B - Juris Rd[X.] 4 f mwN). Die Klägerin benennt vorliegend nur den Schriftsatz, mit dem sie ihre Beweisangebote dargebracht haben will. An Ausführungen dazu, ob die "Beweisangebote" - weil zuvor bereits gestellt - gegenüber dem [X.] nach dem Zugang der Anhörungsmitteilung wiederholt oder gar erstmals angebracht worden sind, mangelt es jedoch.

Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab (§ 160a Abs 4 S 2 Halbs 2 [X.]).

Die Verwerfung der danach nicht formgerecht begründeten und somit unzulässigen Beschwerde erfolgt gemäß § 160a Abs 4 S 1 Halbs 2 iVm § 169 [X.] durch Beschluss ohne Zuziehung der ehrenamtlichen Richter.

Die Kostenentscheidung beruht auf entsprechender Anwendung des § 193 [X.].

Meta

B 13 R 389/16 B

07.02.2017

Bundessozialgericht 13. Senat

Beschluss

Sachgebiet: R

vorgehend SG Stuttgart, 22. Januar 2015, Az: S 17 R 283/12, Urteil

§ 160 Abs 2 Nr 3 SGG, § 160a Abs 2 S 3 SGG, § 153 Abs 4 SGG

Zitier­vorschlag: Bundessozialgericht, Beschluss vom 07.02.2017, Az. B 13 R 389/16 B (REWIS RS 2017, 16083)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2017, 16083

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

B 13 R 359/16 B (Bundessozialgericht)

Sozialgerichtliches Verfahren - Nichtzulassungsbeschwerde - Verfahrensmangel - Beweisantrag im Rentenstreitverfahren - Beweisthema


B 13 R 267/16 B (Bundessozialgericht)

Nichtzulassungsbeschwerde - Verfahrensmangel - Beweisantrag im Streit um eine Erwerbsminderungsrente - Beweisthema


B 13 R 337/16 B (Bundessozialgericht)

Sozialgerichtliches Verfahren - Nichtzulassungsbeschwerde - Verfahrensmangel - Sachaufklärungsrüge - Anforderungen an einen Beweisantrag im Rentenstreitverfahren


B 1 KR 50/15 B (Bundessozialgericht)

Sozialgerichtliches Verfahren - Nichtzulassungsbeschwerde - Zulassungsgrund - Verfahrensmangel - Amtsermittlungsgrundsatz - Beweisanregung - Beweisantrag - …


B 13 R 253/11 B (Bundessozialgericht)

Nichtzulassungsbeschwerde - Verfahrensmangel - Amtsermittlungspflicht - Entscheidung über Berufung durch Beschluss - rechtliches Gehör


Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

Keine Referenz gefunden.

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.