Bundesgerichtshof, Beschluss vom 25.07.2017, Az. 3 StR 174/17

3. Strafsenat | REWIS RS 2017, 7442

© REWIS UG (haftungsbeschränkt)

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Gegenstand

Verstoß gegen Doppelverwertungsverbot durch strafschärfende Berücksichtigung der gemeinsamen Tatbegehung beim schweren Bandendiebstahl


Tenor

1. Auf die Revisionen der Angeklagten [X.]und [X.]wird das Urteil der auswärtigen Strafkammer des [X.] in [X.] vom 14. Dezember 2016

a) soweit es sie betrifft, im Schuldspruch im Fall II. 13 der Urteilsgründe dahin neu gefasst, dass die Angeklagten der Verabredung zum schweren Raub schuldig sind,

b) aufgehoben

aa) betreffend den Angeklagten L.

(1) in den Aussprüchen über die in den Fällen [X.], 10, 11, 12 und 13 der Urteilsgründe verhängten Einzelstrafen sowie über die Gesamtstrafe; jedoch bleiben die zugehörigen Feststellungen aufrechterhalten,

(2) im Ausspruch über die Einziehungsentscheidung mit den zugehörigen Feststellungen,

bb) bezüglich des Angeklagten [X.]im gesamten Strafausspruch; jedoch bleiben die zugehörigen Feststellungen aufrechterhalten.

Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittel, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

2. Die weitergehenden Revisionen werden verworfen.

Gründe

1

Das [X.] hat den Angeklagten [X.]unter Freispruch im Übrigen wegen Raubes, schweren Bandendiebstahls in drei Fällen, versuchten schweren Bandendiebstahls, [X.] in zwei Fällen, Diebstahls in fünf Fällen und "Verabredung zu einem Verbrechen" zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sechs Jahren verurteilt sowie eine Vielzahl bei ihm sichergestellter Gegenstände eingezogen; gegen den Angeklagten [X.]hat das [X.] wegen schweren Bandendiebstahls in drei Fällen, versuchten schweren Bandendiebstahls, Diebstahls und "Verabredung zu einem Verbrechen" auf eine Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten erkannt. Die Revisionen der Angeklagten haben jeweils mit der Sachrüge den aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Teilerfolg; im Übrigen sind die Rechtsmittel unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 [X.].

2

1. Nach den Feststellungen des [X.]s beging der Angeklagte [X.]zunächst gemeinsam mit dem nicht revidierenden Angeklagten [X.]und weiteren, unbekannt gebliebenen Beteiligten diverse [X.], bei denen sie in Geschäfts- oder Wohnräume einbrachen. In der Nacht vom 7. auf den 8. Januar 2016 brach [X.]gemeinsam mit dem Angeklagten [X.]in einen Kiosk ein, aus dem sie diverse Wertgegenstände entwendeten ([X.] 8 der Urteilsgründe). Spätestens im Februar 2016 schlossen sich [X.]  , [X.]  und [X.]zur fortgesetzten Begehung von im Einzelnen noch ungewissen [X.] und Raubtaten - vornehmlich Einbruchdiebstähle in Geschäftsräume - als Bande zusammen. Entsprechend der [X.] drangen sie am 23. Februar 2016, am 10. März 2016 sowie am 16. März 2016 jeweils in Geschäftsräume ein und entwendeten Bargeld bzw. sonstige Wertgegenstände (Fälle [X.], 10 und 11 der Urteilsgründe). Am 5. April 2016 brachen sie in [X.] des [X.]    ein, um dessen in [X.] befindlichen Tresor zu entwenden, weil sie davon ausgingen, dass [X.]darin Bargeld in sechsstelliger Höhe sowie Gold und Diamanten verwahrte. Als sie feststellten, dass [X.] nicht weggetragen werden konnte und auch nicht ohne größere Geräuschentwicklung vor Ort zu öffnen war, verließen sie [X.] wieder und verwischten ihre Spuren, um ihr Vorhaben zu einem späteren Zeitpunkt fortzuführen ([X.] 12 der Urteilsgründe). In der Folgezeit planten sie, [X.]   zu überwältigen, mit Klebeband zu fesseln und so zur Herausgabe des Tresorschlüssels zu nötigen. Einen ersten Anlauf, dieses Vorhaben in die Tat umzusetzen, brachen sie ab, weil sie sich durch einen Nachbarn von [X.] beobachtet fühlten ([X.] 13 der Urteilsgründe).

3

2. Die auf die Sachrügen gebotene umfassende Überprüfung des Urteils hat zu den Schuldsprüchen keinen Rechtsfehler zum Nachteil der Angeklagten ergeben. Sie führt allerdings zu der aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Schuldspruchberichtigung.

4

Da § 30 StGB kein selbständiger Straftatbestand ist, sondern an den gesetzlichen Tatbestand eines Verbrechens sowie an dessen Rechtsfolgen anknüpft und lediglich die Strafdrohung auf einzelne Vorbereitungshandlungen ausdehnt, ist es geboten, die Bezeichnung des Verbrechens in der Urteilsformel zum Ausdruck zu bringen ([X.], Urteil vom 10. September 1986 - 3 StR 287/86, [X.]R [X.] § 260 Abs. 4 Satz 1 Tatbezeichnung 1; Beschluss vom 10. Februar 1989 - 4 StR 3/89, [X.]R [X.] § 260 Abs. 4 Satz 1 Tatbezeichnung 4). Der [X.] hat die Schuldsprüche gegen die Angeklagten ent-sprechend neu gefasst.

5

Dies war auch im Hinblick auf den Angeklagten [X.]geboten. Denn er hat sein Rechtsmittel entgegen der vom [X.] in seiner Antragsschrift vertretenen Auffassung nicht auf den Strafausspruch beschränkt. Eine derartige Beschränkung der Revision lässt sich insbesondere nicht daraus ableiten, dass die von dem Angeklagten [X.]erhobene Sachrüge in der Revisionsbegründung nur in Bezug auf den Strafausspruch näher ausgeführt worden ist. Darin kommt nicht mit der erforderlichen Deutlichkeit (vgl. dazu [X.], Urteil vom 16. Februar 1956 - 3 StR 473/55, NJW 1956, 756, 757; KK-Gericke, [X.], 7. Aufl., § 344 Rn. 5) zum Ausdruck, dass er das angefochtene Urteil nur teilweise nachprüfen lassen wollte. Denn er hat zugleich ohne jede Einschränkung beantragt, das angefochtene Urteil aufzuheben.

6

3. Die Strafaussprüche haben bezüglich des Angeklagten [X.]teilweise und hinsichtlich des Angeklagten [X.]insgesamt keinen Bestand.

7

a) In Bezug auf den Angeklagten [X.]hat die [X.] in den Fällen [X.], 10, 11 und 12 der Urteilsgründe das Vorliegen eines minder schweren Falls des schweren Bandendiebstahls (§ 244a Abs. 2 [X.]) insbesondere aufgrund der Erwägung verneint, dass er die Taten "gemeinsam mit den Mitangeklagten" begangen habe. Gestützt auf diesen Gesichtspunkt hat sie auch im [X.] 13 der Urteilsgründe, in dem sie rechtsfehlerfrei die Verabredung eines schweren Raubes gemäß § 250 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b, [X.], § 30 Abs. 2 StGB gesehen hat, die Annahme eines minder schweren Falls im Sinne des § 250 Abs. 3 StGB abgelehnt. Die gemeinsame Tatbegehung in den Fällen [X.], 10, 11 und 12 der Urteilsgründe bzw. die verabredete gemeinsame Tatausführung im [X.] 13 der Urteilsgründe hat sie auch bei der Bemessung der jeweiligen Einzelstrafen zu Lasten des Angeklagten [X.]gewertet.

8

Das begegnet im Hinblick auf das [X.] (§ 46 Abs. 3 StGB) durchgreifenden rechtlichen Bedenken, weil die Tatbegehung unter Mitwirkung eines anderen [X.] bereits ein Tatbestandsmerkmal sowohl des schweren Bandendiebstahls gemäß § 244a Abs. 1 StGB sowie des schweren Raubes im Sinne von § 250 Abs. 1 [X.] StGB bildet (vgl. dazu [X.], Beschluss vom 12. Mai 2011 - 3 [X.], juris Rn. 3).

9

Dies führt zur Aufhebung der in den Fällen [X.], 10, 11, 12 und 13 der Urteilsgründe gegen den Angeklagten [X.]verhängten Einzelstrafen. Deren Wegfall bedingt die Aufhebung der Gesamtstrafe. Die den Strafaussprüchen zugrunde liegenden Feststellungen können indes bestehen bleiben, weil sie von dem aufgezeigten Rechtsfehler nicht berührt werden (§ 353 Abs. 2 [X.]).

b) Bezüglich des Angeklagten [X.]leiden die Aussprüche über die Einzelstrafen in den Fällen [X.], 10, 11, 12 und 13 der Urteilsgründe unter demselben Rechtsmangel wie bei dem Angeklagten [X.]  , weil die [X.] auch insoweit mit Blick auf die "gemeinsame" Tatbegehung unter Mitwirkung eines anderen [X.] die Annahme minder schwerer Fälle abgelehnt hat. Ungeachtet dessen sind die Aussprüche über die Einzelstrafen in diesen Fällen sowie darüber hinaus im [X.] 8 der Urteilsgründe aus einem weiteren Grund durchgreifend rechtsfehlerhaft.

Das [X.] hat das Vorliegen eines minder schweren Falls in den Fällen [X.], 10, 11, 12 und 13 der Urteilsgründe "auch unter weiterer Berücksichtigung der vom Angeklagten [X.]im Ermittlungsverfahren geleisteten Aufklärungshilfe" (§ 46b StGB) verneint; darin ist für sich genommen kein Rechtsfehler zu sehen, wenngleich die von der [X.] gewählte Formulierung, wonach die Aufklärungshilfe des Angeklagten [X.]in den betreffenden Fällen "nicht von ausschlaggebender Bedeutung" gewesen sei, besorgen lassen könnte, dass sie insoweit von überzogenen Anforderungen ausgegangen ist. [X.] rechtsfehlerhaft ist dagegen, dass die [X.] nicht geprüft hat, ob im Hinblick auf die von dem Angeklagten [X.]geleistete Aufklärungshilfe eine Milderung des von ihr jeweils der Strafzumessung zugrunde gelegten Strafrahmens gemäß § 46b Abs. 1 Satz 1, § 49 Abs. 1 StGB in Betracht kommt.

Dieser Mangel führt zur Aufhebung der Aussprüche über sämtliche gegen den Angeklagten [X.]verhängten Einzelstrafen sowie der Gesamtstrafe; auch insoweit können die den Strafaussprüchen zugrunde liegenden Feststellungen indes bestehen bleiben, weil sie von dem Rechtsfehler nicht berührt werden (§ 353 Abs. 2 [X.]).

4. Schließlich kann auch die Einziehungsentscheidung keinen Bestand haben. Das [X.] hat die Entscheidung allein mit einem Hinweis auf § 74 StGB begründet. Mangels entsprechender Feststellungen lässt sich den Urteilsgründen indes nicht entnehmen, dass die [X.] erfüllt sind; das versteht sich insbesondere in Anbetracht der Vielzahl der eingezogenen Gegenstände hinsichtlich jedes einzelnen Gegenstandes nicht von selbst.

[X.]     

       

Schäfer     

       

Gericke

       

Tiemann     

       

Hoch     

       

Meta

3 StR 174/17

25.07.2017

Bundesgerichtshof 3. Strafsenat

Beschluss

Sachgebiet: StR

vorgehend LG Kleve, 14. Dezember 2016, Az: 223 KLs 16/16

§ 30 StGB, § 46 Abs 3 StGB, § 46b Abs 1 S 1 StGB, § 49 Abs 1 StGB, § 244a Abs 1 StGB, § 250 Abs 1 Nr 2 StGB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 25.07.2017, Az. 3 StR 174/17 (REWIS RS 2017, 7442)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2017, 7442

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

3 StR 174/17 (Bundesgerichtshof)


1 StR 202/16 (Bundesgerichtshof)

Verabredung zum schweren Bandendiebstahl: Tatverhinderung; Rücktritt von der Verbrechensverabredung; Prüfung von Strafmilderungsgründen


2 StR 313/20 (Bundesgerichtshof)

Strafmilderungsgründe: Aufklärungshilfe; ausländerrechtliche Tatfolgen; Untersuchungshaftvollzug; Trennung von der Familie; Vermögenseinbuße durch Einziehung


2 StR 346/22 (Bundesgerichtshof)


4 StR 193/15 (Bundesgerichtshof)

Bandendiebstahl: Beschränkung der verabredeten Diebstahlstaten nach Ort und zu erbeutenden Gegenständen


Referenzen
Wird zitiert von

3 StR 174/17

Zitiert

3 StR 82/11

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.