Bundesfinanzhof, Urteil vom 13.07.2016, Az. VIII R 47/13

8. Senat | REWIS RS 2016, 8262

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Gegenstand

Besteuerung eines ausländischen sog. "Spin-off" - Besteuerung der Einlagenrückgewähr einer Drittstaatengesellschaft verstößt gegen Unionsrecht


Leitsatz

1. Die Übertragung von Aktien im Rahmen eines US-amerikanischen "Spin-off" führt grundsätzlich zu Kapitaleinkünften i.S. des § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 EStG .

2. § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 3 EStG ist unter Fortführung der Rechtsprechung des BFH-Urteils vom 20. Oktober 2010 I R 117/08 (BFHE 232, 15) unionsrechtskonform dahingehend auszulegen, dass eine Einlagenrückgewähr auch von einer Gesellschaft getätigt werden kann, die in einem Drittstaat ansässig ist und für die kein steuerliches Einlagekonto i.S. des § 27 KStG geführt wird .

Tenor

Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des [X.] vom 12. Juni 2013  5 K 1552/11 aufgehoben.

Die Sache wird an das [X.] zurückverwiesen.

Diesem wird die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens übertragen.

Tatbestand

1

I. Die Kläger und Revisionsbeklagten (Kläger) werden zusammen zur Einkommensteuer veranlagt.

2

Die Klägerin erwarb im Jahr 2006  500 Aktien der A zu [X.] von 59,75 € je Aktie. [X.], die ihren Sitz in den [X.] ([X.]) hat, löste aufgrund eines [X.]eschlusses des Verwaltungsrats ([X.]) vom 30. Januar 2008 ihre [X.]eteiligung an der [X.] zu 100 % aus ihrem Unternehmen heraus. [X.]usgliederung (sog. "Spin-off") erfolgte zum Stichtag 19. März 2008. Mit Zuteilung vom 28. März 2008 erhielt jeder Anteilseigner für jede [X.] eine [X.] Aktie.

3

Zum 31. März 2008 wurden in das Depot der Klägerin 500 [X.] Aktien zum Wert von je 31,30 € pro Aktie eingebucht. Der Kurswert der [X.] sank am 31. März 2008 von 47,22 € auf 14,39 €.

4

Der [X.]eklagte und Revisionskläger (das Finanzamt --[X.]--) legte in dem Einkommensteuerbescheid für das Streitjahr (2008) den Wert der eingebuchten [X.] Aktien in Höhe von insgesamt 15.650 € der [X.]esteuerung als Einnahmen aus Kapitalvermögen zugrunde. Es wies den hiergegen erhobenen Einspruch der Kläger als unbegründet zurück.

5

Das Finanzgericht ([X.]) hat der Klage mit seinem in Entscheidungen der Finanzgerichte (E[X.]) 2014, 188 veröffentlichten Urteil vom 12. Juni 2013  5 K 1552/11 stattgegeben.

6

Hiergegen wendet sich die Revision des [X.], der das [X.]undeministerium der Finanzen ([X.]MF) beigetreten ist.

7

Das [X.] beantragt,
das angefochtene Urteil der Vorinstanz aufzuheben und die Klage abzuweisen.

8

Die Kläger beantragen,
die Revision des [X.] als unbegründet zurückzuverweisen.

Entscheidungsgründe

9

I[X.] Die Revision des [X.] ist begründet. Die Vorentscheidung ist aufzuheben und die Sache mangels Spruchreife zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das [X.] zurückzuverweisen (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung --[X.]O--).

Entgegen der Auffassung des [X.] handelt es sich bei der Zuteilung der [X.] um Kapitaleinkünfte i.S. des § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 des Einkommensteuergesetzes in der im Streitjahr geltenden Fassung (EStG). Die Feststellungen des [X.] erlauben jedoch keine abschließende Beurteilung der Frage, ob eine der Regelung des § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 3 EStG vergleichbare Einlagenrückgewähr vorliegt.

1. Die Übertragung der 500 [X.] am 31. März 2008 führte, sofern § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 3 EStG nicht greift, zu im Inland steuerbaren Einkünften aus Kapitalvermögen nach § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 EStG in Höhe von 15.650 €.

a) Der [X.] Bundesfinanzhofs ([X.]) hat in seinem Urteil vom 20. Oktober 2010 I R 117/08 ([X.]E 232, 15) entschieden, dass unter die Einkünfte aus Kapitalvermögen gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG alle Zuwendungen in Geld oder Geldeswert (§ 8 Abs. 1 EStG) fallen, die dem [X.]er von der Kapitalgesellschaft selbst oder von einem Dritten zufließen, soweit die Vorteilszuwendung nicht als Einlagenrückgewähr zu werten ist. Unerheblich ist dabei, ob die Bezüge zu Lasten des Gewinns oder zu Lasten der Vermögenssubstanz der [X.] geleistet werden und in welcher Form die Vorteilszuwendung ausgestaltet ist. Die Kläger können danach gegen die Möglichkeit der Erfassung der zugeteilten [X.] als Kapitaleinkünfte nicht mit Erfolg einwenden, es habe, wie die Entwicklung der Börsenwerte zeige, nur eine Vermögensumverteilung stattgefunden. Mit der Übertragung der [X.] wurden der Klägerin nicht von ihrem bisherigen Aktienbestand abgespaltene Mitgliedschaftsrechte, sondern neue, eigenständige Anteilsrechte eingeräumt ([X.]-Urteil in [X.]E 232, 15, Rz 17, m.w.N.).

b) Danach führt die Zuteilung der 500 [X.] durch die A zu Kapitaleinkünften der Klägerin in Höhe des [X.] von 31,30 € pro zugeteilter Aktie. Dies gilt auch dann, wenn es an einem dem [X.]S. des § 20 Abs. 5 Satz 2 EStG vergleichbaren Rechtsakt fehlt, da die Gewährung der [X.] unmittelbare Folge der im Wege des "Spin-off" erfolgten Zuteilung war und die Klägerin im Zeitpunkt der Übertragung der [X.] [X.] der A war ([X.]-Urteil in [X.]E 232, 15, Rz 16).

c) [X.] der in den [X.] ansässigen A ist auch im Inland zu besteuern. Die Klägerin war im Zeitpunkt der Ausschüttung im Inland ansässig und danach mit ihren sämtlichen Einkünften unbeschränkt steuerpflichtig (§ 1 Abs. 1 EStG). Dazu gehören gemäß § 20 EStG auch Kapitaleinkünfte aus ausländischen Quellen. Das Abkommen zwischen der [X.] und den [X.] zur Vermeidung der Doppelbesteuerung und zur Verhinderung der Steuerverkürzung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen und einiger anderer Steuern vom 29. August 1989 i.d.[X.] vom 1. Juni 2006 ([X.] 2006, 1186, [X.], 767) --DBA-[X.]-- steht der Besteuerung in der [X.] nicht entgegen. Es weist das Besteuerungsrecht für Bezüge aus Aktien, die eine in den [X.] ansässige Kapitalgesellschaft an eine im Inland ansässige Person zahlt, nach Art. 10 Abs. 1 DBA-[X.] dem Ansässigkeitsstaat des [X.] zu.

2. Die Bezüge gehören allerdings dann nicht zu den im Inland steuerpflichtigen [X.], wenn unter Heranziehung des ausländischen Rechts eine Einlagenrückgewähr i.S. des § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 3 EStG vorliegt.

a) Gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 3 EStG gehören Bezüge i.S. des § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 EStG nicht zu den Einnahmen, soweit sie aus Ausschüttungen einer Körperschaft stammen, für die Beträge aus dem steuerlichen [X.] § 27 des Körperschaftsteuergesetzes in der im Streitjahr geltenden Fassung ([X.]) als verwendet gelten. Zwar beschränkt sich der Anwendungsbereich dieser Regelung für die Abgrenzung einer nicht steuerbaren Einlagenrückgewähr von einer steuerpflichtigen Gewinnausschüttung nach dem Wortlaut des § 27 Abs. 1 [X.] auf im Inland unbeschränkt steuerpflichtige Kapitalgesellschaften und nach § 27 Abs. 8 [X.] auf Körperschaften, die in einem anderen Mitgliedstaat der [X.] ([X.]) der unbeschränkten Steuerpflicht unterliegen. Der Wortlaut des § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 3 EStG, der lediglich "sinngemäß" auf die Regelung des § 27 [X.] verweist, und die Regelung des § 27 [X.] selbst schließen eine Einlagenrückgewähr bei einer in einem [X.] ansässigen Körperschaft jedoch nicht ausdrücklich aus (a.[X.] in Dötsch/Pung/Möhlenbrock, Kommentar zum [X.] und EStG, § 27 [X.] Rz 267; [X.] in [X.]/[X.], [X.]/[X.]/[X.], § 27 [X.] Rz 128; Blümich/Oellerich, § 27 [X.] Rz 81). Auch der Gesetzgeber hat im Rahmen der Neuregelung des § 27 [X.] durch das Gesetz zur Senkung der Steuersätze und zur Reform der Unternehmensbesteuerung (Steuersenkungsgesetz) --[X.]-- vom 23. Oktober 2000 ([X.], 1433) und das Gesetz über steuerliche Begleitmaßnahmen zur Einführung der Europäischen [X.] und zur Änderung weiterer steuerrechtlicher Vorschriften ([X.]) vom 7. Dezember 2006 ([X.], 2782) den Willen, eine nicht steuerbare Einlagenrückgewähr durch eine in einem [X.] ansässige Kapitalgesellschaft gänzlich ausschließen zu wollen, nicht klar zum Ausdruck gebracht (s. [X.] 542/1/06, S. 2 f., BTDrucks 16/2710, [X.]1 f.).

b) Der [X.] hat bereits in seinem Urteil in [X.]E 232, 15 die Auffassung vertreten, dass eine Einlagenrückgewähr auch bei einer Kapitalrückzahlung vorliegen kann, die von einem Rechtssubjekt gewährt wird, das nicht im Inland oder in einem Mitgliedstaat der [X.], sondern in einem [X.] ansässig ist. Zwar ist die Entscheidung zur alten Rechtslage, d.h. vor der Neuregelung des § 27 [X.] durch das [X.] und das [X.] ergangen. Jedoch sah auch die Regelung des § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 3 EStG i.d.F. vom 16. April 1997, die der Entscheidung des [X.] Senats des [X.] in [X.]E 232, 15 zugrunde lag, eine Beschränkung des Anwendungsbereichs der nicht steuerbaren Einlagenrückgewähr auf Ausschüttungen einer im Inland unbeschränkt steuerpflichtigen Körperschaft vor. Der [X.] hat dennoch aus der Systematik der gesetzlichen Regelung des § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG geschlossen, dass diese territoriale Einschränkung nicht für die Einlagenrückgewähr ausländischer Kapitalgesellschaften galt.

c) Diese Rechtsprechung gilt nach Auffassung des Senats auch nach dem Übergang vom Anrechnungs- zum Halbeinkünfteverfahren fort. Würde § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 3 EStG i.V.m. § 27 [X.] als abschließende Regelung für eine nicht steuerbare Kapitalrückzahlung verstanden, käme es bei einer Einlagenrückgewähr durch eine in einem [X.] ansässige Körperschaft zu einer systemwidrigen Besteuerung von Einlagen. Eine solche würde im Hinblick darauf, dass die gesetzliche Regelung in § 27 Abs. 8 [X.] grundsätzlich auch die Möglichkeit einer nicht steuerbaren Einlagenrückgewähr durch eine in einem [X.]-Mitgliedstaat ansässige und nicht im Inland unbeschränkt steuerpflichtige Körperschaft vorsieht, einen Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes darstellen (vgl. Urteil des [X.] vom 9. Dezember 2008  2 BvL 1/07, 2 BvL 2/07, 2 BvL 1/08, 2 BvL 2/08, [X.] 122, 210).

Eine solche Ungleichbehandlung wäre durch sachliche Gründe nicht gerechtfertigt. Auch bei Körperschaften in [X.]-Mitgliedstaaten besteht die Schwierigkeit, dass die Anforderungen der §§ 27 ff. [X.] (Aufstellung einer Steuerbilanz nach [X.] Grundsätzen, alljährliche Feststellungserklärungen) nicht erfüllt werden, so dass für die Beurteilung, ob eine Einlagenrückgewähr vorliegt, Grundkenntnisse und Ermittlungen über das jeweilige ausländische Bilanz- und [X.]srecht erforderlich sind ([X.] 542/1/06, [X.]). Die vom [X.] angeführten sachlichen Schwierigkeiten bei der Ermittlung der Voraussetzungen für eine Einlagenrückgewähr bei der Ausschüttung einer in einem [X.] ansässigen [X.] als Rechtfertigungsgrund für die Ungleichbehandlung vermögen danach nicht zu überzeugen.

d) Eine Beschränkung des Anwendungsbereichs der Regelungen über die Einlagenrückgewähr auf im Inland und in [X.]-Mitgliedstaaten ansässige Kapitalgesellschaften würde nach Auffassung des Senats zudem gegen die auch für [X.]en geltende Kapitalverkehrsfreiheit gemäß Art. 56 des Vertrags zur Gründung der [X.] i.d.F. des [X.] zur Änderung des [X.] [X.], der Verträge zur Gründung der [X.]en sowie einiger damit zusammenhängender Rechtsakte --[X.]-- (Amtsblatt der [X.]en 2002, Nr. [X.], 1) --jetzt Art. 63 des [X.] Arbeitsweise der [X.] (A[X.]V), Amtsblatt der [X.] 2008, Nr. [X.], [X.] verstoßen. Die unionsrechtlichen Vorgaben sind insoweit geklärt. An der richtigen Anwendung und Auslegung des [X.]srechts bestehen aufgrund der Entscheidungen des Gerichtshofs der [X.] ([X.]) Emerging Markets Series of D[X.] Investment Trust Company vom 10. April 2014 [X.]/12 ([X.]:[X.], Internationales Steuerrecht --[X.]-- 2014, 333), [X.] und [X.] vom 9. Oktober 2014 [X.]/12 ([X.]:[X.], [X.] 2014, 808) und [X.] vom 21. Mai 2015 [X.] ([X.]:[X.], [X.] 2015, 516) keine Zweifel. Zwar war die vorliegende Rechtsfrage nicht konkret Gegenstand dieser Entscheidungen. Sie sind jedoch im Hinblick auf die Beschränkung der Kapitalverkehrsfreiheit bei der --pauschalen, ohne Nachweismöglichkeiten erfolgenden-- Besteuerung von Ausschüttungen eines in einem [X.] ansässigen Rechtssubjekts eindeutig und entsprechend anwendbar (vgl. Senatsurteil vom 17. November 2015 VIII R 27/12, [X.]E 252, 112, [X.], 539). Danach ist dem [X.] weder die Frage zur Vorabentscheidung vorzulegen, ob § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 3 EStG i.V.m. § 27 [X.] unter die [X.] des Art. 64 Abs. 1 A[X.]V fällt, noch ob die Kapitalverkehrsfreiheit bei der Einlagenrückgewähr von [X.] mit Sitz in einem [X.] beschränkt wird.

aa) Die Kapitalverkehrsfreiheit (Art. 56 [X.], Art. 63 A[X.]V) gewährleistet den freien Kapital- und Zahlungsverkehr zwischen den Mitgliedstaaten und zwischen den Mitgliedstaaten und [X.]en. Für die Abgrenzung der Kapitalverkehrsfreiheit von der Niederlassungsfreiheit (Art. 43 [X.], Art. 49 A[X.]V) ist nach gefestigter [X.]-Rechtsprechung auf den Gegenstand der betreffenden Regelung (abstrakter [X.]) abzustellen. Eine nationale Regelung, die nur auf Beteiligungen anwendbar ist, die es ermöglichen, einen sicheren Einfluss auf die Entscheidungen einer [X.] auszuüben und deren Tätigkeit zu bestimmen (Kontrollbeteiligung bzw. Direktinvestition), fällt in den Anwendungsbereich des Art. 43 [X.] (jetzt Art. 49 A[X.]V) über die Niederlassungsfreiheit, während nationale Bestimmungen über Beteiligungen, die in der alleinigen Absicht der Geldanlage erfolgen, ohne dass auf die Verwaltung und Kontrolle des Unternehmens Einfluss genommen werden soll (Streubesitzbeteiligung bzw. Portfoliobeteiligung), ausschließlich im Hinblick auf den freien Kapitalverkehr zu prüfen sind ([X.]-Entscheidungen Kronos International vom 11. September 2014 [X.]/12, [X.]:C:2014:2200, Rz 29 ff., [X.] 2014, 724, m.w.N.; X AB vom 10. Juni 2015 [X.], [X.]:[X.], Rz 18 ff., [X.] 2015, 557). § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 3 EStG und § 27 [X.] betreffen die Abgrenzung zwischen einer Gewinnausschüttung und einer Einlagenrückgewähr, ohne dass die Normen an eine bestimmte Beteiligungshöhe anknüpfen. Der Anwendungsbereich der Kapitalverkehrsfreiheit ist danach eröffnet.

bb) Dem steht nicht die [X.] des Art. 57 [X.] (jetzt Art. 64 Abs. 1 A[X.]V) entgegen. Danach berührt Art. 56 [X.], Art. 63 A[X.]V nicht die Anwendung derjenigen Beschränkungen auf dritte Länder, die am 31. Dezember 1993 aufgrund einzelstaatlicher Rechtsvorschriften oder aufgrund von Rechtsvorschriften der [X.] für den Kapitalverkehr mit dritten Ländern im Zusammenhang mit Direktinvestitionen einschließlich Anlagen in Immobilien, mit der Niederlassung, der Erbringung von Finanzdienstleistungen oder der Zulassung von Wertpapieren zu den Kapitalmärkten bestanden. Eine solche Beschränkung bestand bezüglich der Einlagenrückgewähr durch eine in einem [X.] ansässige Kapitalgesellschaft nach dem Senatsurteil in [X.]E 252, 112, [X.], 539 am 31. Dezember 1993 jedoch nicht, so dass offen bleiben kann, ob der Anwendungsbereich der [X.] im vorliegenden Fall überhaupt eröffnet ist.

cc) Die Beschränkung des Anwendungsbereichs des § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 3 EStG i.V.m. § 27 [X.] auf die Einlagenrückgewähr einer im Inland oder in einem [X.]-Mitgliedstaat ansässigen Körperschaft verletzt die Kapitalverkehrsfreiheit gemäß Art. 56 [X.], Art. 63 A[X.]V.

(1) Nach ständiger Rechtsprechung des [X.] gehören zu den Maßnahmen, die Art. 56 [X.], Art. 63 Abs. 1 A[X.]V als Beschränkungen des Kapitalverkehrs verbietet, solche, die geeignet sind, Gebietsfremde von Investitionen in einem Mitgliedstaat oder die dort Ansässigen von Investitionen in anderen [X.] abzuhalten (vgl. [X.]-Urteile Santander Asset Management SGIIC u.a. vom 10. Mai 2012 [X.]/11 bis [X.]/11, [X.]:[X.], [X.] 2012, 432 und die dort angeführte Rechtsprechung, sowie [X.] vom 13. März 2014 [X.]/12, [X.]:[X.], [X.] Steuerrecht/Entscheidungsdienst 2014, 1115).

(2) Dies ist vorliegend der Fall. Der Ausschluss einer nicht steuerbaren Einlagenrückgewähr bei Ausschüttungen einer in einem [X.] ansässigen Kapitalgesellschaft würde die Investition in [X.]en behindern und die [X.]er von [X.]en-Kapitalgesellschaften im Vergleich zu inländischen oder [X.]-Sachverhalten benachteiligen. Dies gilt auch für [X.] in der Folge eines "Spin-offs". Sie würden dazu führen, dass --nach nationalem Recht systemwidrig-- die Rückzahlungen der Einlagen in steuerbare Gewinnausschüttungen umqualifiziert werden. Dies kann zu einer Substanzbesteuerung des Anteilseigners und zu einem Verstoß gegen die Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit führen.

(3) Rechtfertigungsgründe für eine derartige Benachteiligung sind nicht ersichtlich. Die Grundfreiheiten des [X.] (jetzt A[X.]V) können zwar eingeschränkt werden, wenn zwingende Gründe des Allgemeininteresses dies gebieten. Die Beschränkung muss aber geeignet sein, die Erreichung des erfolgten Ziels zu gewährleisten und darf nicht über das hinausgehen, was hierzu erforderlich ist. Es sind keine hinreichend tragfähigen Gründe erkennbar, die es vertretbar erscheinen lassen könnten, dem inländischen [X.]er einer [X.]en-Kapitalgesellschaft von vornherein die Möglichkeit abzuschneiden, eine Einlagenrückgewähr nachzuweisen, zumal der Gesetzgeber --trotz der praktischen [X.] einen solchen Nachweis für Ausschüttungen von Körperschaften oder Personenvereinigungen, die in einem anderen Mitgliedstaat der [X.] der unbeschränkten Steuerpflicht unterliegen, durch die Regelung des § 27 Abs. 8 [X.] zugelassen hat.

(4) Der auf Grundlage des [X.]-Urteils [X.] und [X.] ([X.]:[X.], [X.] 2014, 808) allein in Betracht kommende Rechtfertigungsgrund der "Wirksamkeit der steuerlichen Kontrolle" ist nicht gegeben. Der nach dem DBA-[X.] abkommensrechtlich bestehende Auskunftsanspruch gegenüber der [X.] Finanzverwaltung bietet der [X.] Finanzverwaltung eine ausreichende Verifikationsmöglichkeit, um Angaben der Steuerpflichtigen zu den Voraussetzungen des Vorliegens einer nicht steuerbaren Einlagenrückgewähr i.S. des § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 3 EStG überprüfen zu können (s. hierzu Senatsurteil in [X.]E 252, 112, [X.], 539).

dd) Danach ist unter Fortführung der Rechtsprechung des [X.] in [X.]E 232, 15 § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 3 EStG unionsrechtskonform dahingehend auszulegen, dass eine Einlagenrückgewähr auch von einer [X.] getätigt werden kann, die in einem [X.] ansässig ist und für die kein steuerliches [X.] § 27 [X.] geführt wird. Dies gilt auch dann, wenn für [X.]en aus [X.]en ein formelles Feststellungsverfahren für das steuerliche Einlagekonto nach § 27 Abs. 1 bzw. Abs. 8 [X.] fehlt ([X.] in [X.], [X.], § 27 Rz 374; [X.]/[X.], Betriebs-Berater 2008, 1656). Zwar stehen Anteilseigner einer [X.]en-Körperschaft damit unter Umständen besser als Anteilseigner einer im Inland oder in einem [X.]-Mitgliedstaat ansässigen Kapitalgesellschaft. Jedoch sind die für diese geregelten Nachweisvorschriften weder unmittelbar noch analog anwendbar.

3. Aus der pauschalen Feststellung des [X.], aus der Darstellung des Eigenkapitals ([X.]' Equity) der A folge, dass bei der Zuteilung der [X.] keine Gewinnausschüttung vorgenommen worden sei, kann nicht der Schluss gezogen werden, dass eine nichtsteuerbare Einlagenrückgewähr i.S. des § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 3 EStG vorliegt. Die vom [X.] zu Bestehen und Inhalt des ausländischen Rechts getroffenen Feststellungen sind für den [X.] zwar nach § 155 [X.]O i.V.m. § 560 der Zivilprozessordnung grundsätzlich bindend. Die Bindungswirkung entfällt allerdings, soweit die erstinstanzlichen Feststellungen zu Bestehen und Inhalt des ausländischen Rechts keine ausreichende Grundlage für eine Entscheidung darüber geschaffen haben, ob bei rechtsvergleichender Betrachtung eine nicht steuerbare Einlagenrückgewähr vorliegt (vgl. [X.]-Urteil vom 18. Dezember 2014 III R 4/13, [X.]/NV 2015, 845, m.w.N.).

4. Das Urteil kann daher keinen Bestand haben. Es ist gemäß § 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 [X.]O aufzuheben und die Sache mangels Spruchreife zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das [X.] zurückzuverweisen. Das [X.] hat die erforderlichen Feststellungen zur Qualifizierung der Sachausschüttung unter Berücksichtigung der Ausführungen des Senats im Urteil vom 13. Juli 2016 VIII R 73/13 (zur amtlichen [X.] bestimmt) nachzuholen.

5. Die Übertragung der Kostenentscheidung folgt aus § 143 Abs. 2 [X.]O.

Meta

VIII R 47/13

13.07.2016

Bundesfinanzhof 8. Senat

Urteil

vorgehend FG Nürnberg, 12. Juni 2013, Az: 5 K 1552/11, Urteil

§ 20 Abs 1 Nr 1 S 1 EStG 2002, § 27 KStG 2002, Art 56 EG, Art 57 EG, Art 63 AEUV, Art 64 Abs 1 AEUV, § 560 ZPO, § 126 Abs 3 S 1 Nr 2 FGO, § 155 FGO, Art 3 Abs 1 GG, § 20 Abs 1 Nr 1 S 3 EStG 2002, EStG VZ 2008

Zitier­vorschlag: Bundesfinanzhof, Urteil vom 13.07.2016, Az. VIII R 47/13 (REWIS RS 2016, 8262)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2016, 8262

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