Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 10.03.2015, Az. 3 AZR 36/14

3. Senat | REWIS RS 2015, 14339

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Gegenstand

Berechnung eines Versorgungszuschusses - Versorgung nach beamtenrechtlichen Grundsätzen - Anrechnung der gesetzlichen Rente


Tenor

Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des [X.] vom 27. November 2013 - 3 [X.]/13 - wird zurückgewiesen.

Die Klägerin hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten darüber, ob der Klägerin als Alleinerbin ihres im Februar 2014 verstorbenen Ehemanns P - dem vormaligen Kläger - für den Zeitraum von Januar 2009 bis Dezember 2012 weitere Ansprüche der betrieblichen Altersversorgung zustehen.

2

Der im April 1942 geborene vormalige Kläger war vom 1. Juni 1977 bis zum 30. April 2005 bei der [X.] bzw. deren Rechtsvorgängerin als Hausverwalter tätig. Zuvor war er bei anderen Arbeitgebern sozialversicherungspflichtig beschäftigt. Die Rechtsvorgängerin der [X.] sicherte dem vormaligen Kläger eine Versorgung nach Maßgabe der mit dem Gesamtpersonalrat abgeschlossenen Dienstvereinbarung Nr. 1 vom 28. Dezember 1984 (im Folgenden: [X.] Nr. 1) zu. Die [X.] Nr. 1 bestimmt ua.:

        

„Vorbemerkung

➢ Die [X.] räumt durch diese Dienstvereinbarung [X.] unbefristet*) angestellten sowie den im Vorruhestand befindlichen Betriebsangehörigen einen Rechtsanspruch auf Alters- und Hinterbliebenenversorgung ein. …

                 

…     

                 

§ 1     

        

Gesamtversorgung

➢ Der Versorgungsanspruch - d.h. die Gesamtversorgung - der Betriebsangehörigen und ihrer Hinterbliebenen setzt sich im allgemeinen zusammen aus:

                 

a)    

Rente der gesetzlichen Sozialversicherung*) und/oder entsprechende Leistungen anderer Einrichtungen,

                 

b)    

Rente aus der Gruppenversicherung bei der [X.] - [X.] - und /oder Leistungen entsprechender anderer Einrichtungen,

                 

c)    

Versorgungszuschuß der [X.].

                                   
        

Rechtsanspruch

➢ Auf den Versorgungszuschuß der [X.] wird durch diese Dienstvereinbarung ein Rechtsanspruch nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen begründet.

                          
                 

§ 2     

        

Zahlungszeitpunkt

➢ Der Versorgungszuschuß wird nach insgesamt mindestens 10jähriger Betriebszugehörigkeit (ganz- oder halbtags) ab Eintritt des [X.] gezahlt. Der Versorgungsfall ist eingetreten, sobald die Sozialversicherung verpflichtet ist

                 

a)    

zur Zahlung eines Altersruhegeldes oder einer Berufs- oder Erwerbsunfähigkeitsrente

                 

…       

                 

§ 4     

        

Berechnungsgrundlage für Versorgung

➢ Die Höhe der Gesamtversorgung bzw. der Hinterbliebenenversorgung wird in entsprechender Anwendung der für Beamte des [X.] geltenden Grundsätze errechnet.

                 

Maßgebende Kriterien für die Festsetzung des Versorgungszuschusses sind

                          

a)    

Dienstjahre

                          

b)    

Gehalt

                          

c)    

Renten gem. § 1 a und b

                 

Durch den Versorgungszuschuß der [X.] darf die Gesamtversorgung - einschließlich eines gem. § 7 nicht angerechneten [X.] - 75 v.H. des zuletzt bezogenen Gehalts (§ 5) nicht übersteigen.

                 

…     

                 

§ 5     

        

Versorgungsfähiges Gehalt

➢ Das zuletzt bezogene Gehalt, das der Berechnung des Versorgungszuschusses zugrundegelegt wird, besteht aus dem tariflichen Monatsgehalt und den sog. übertariflichen Zulagen. [X.] (z.B. Erschwernis-, E[X.]-Zulagen), [X.], Überstundenvergütungen und Sonderzahlungen jeder Art gelten nicht als übertarifliche Zulagen.

                 

…     

                 

§ 6     

        

Vordienstzeiten

➢ Bei der Errechnung der ruhegehaltsfähigen Dienstjahre kann die Tätigkeit bei einem privaten Kreditinstitut der Tätigkeit bei einem öffentlich-rechtlichen Kreditinstitut gleichgestellt werden.

                          
                 

§ 7     

        

Rentenanrechnung

➢ Renten, die ein Versorgungsberechtigter aufgrund nicht ausschließlich eigener Leistungen von der Sozialversicherung, der [X.] - [X.] - oder von entsprechenden Anstalten oder Einrichtungen erhält, sind auf die Gesamtversorgung anzurechnen. Soweit Renten in Berufsjahren erdient wurden, die bei der Errechnung der ruhegehaltsfähigen Dienstjahre nicht berücksichtigt werden, werden diese nur zur Hälfte angerechnet.“

3

Der vormalige Kläger schied mit Ablauf des 30. April 2005 aus dem Arbeitsverhältnis aus und bezog seit dem 1. Mai 2005 eine Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung, eine Rente aus einer Gruppenversicherung der [X.] (im Folgenden: [X.]) sowie von der [X.] einen Versorgungszuschuss nach der [X.] Nr. 1.

4

Mit der Klage hat sich der vormalige Kläger gegen die von der [X.] vorgenommene Anrechnung der Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung und der [X.] gewandt. Er hat die Auffassung vertreten, er könne für den streitgegenständlichen Zeitraum einen höheren monatlichen Versorgungszuschuss verlangen. § 4 Abs. 1 [X.] Nr. 1 enthalte einen umfassenden Verweis auf das Beamtenversorgungsrecht. Die Arbeitnehmer der [X.] seien durch die [X.] Nr. 1 bezüglich ihrer Versorgung mit den Beamten des [X.] gleichgestellt worden. Sie sollten von der [X.] ein Ruhegehalt erhalten, das zusammen mit anderen Renten als Gesamtversorgung eine Höhe erreichen sollte, die der Versorgung der Landesbeamten entspreche. Dies gelte sowohl für die Ermittlung des Ruhegehalts vor der Rentenanrechnung als auch für die Methode der Rentenanrechnung. In der [X.] Nr. 1 sei eigenständig geregelt, welche Renten oder Rentenanteile dem Grunde nach anzurechnen seien. Die Art und Weise der Rentenanrechnung richte sich nach § 4 [X.] Nr. 1 iVm. § 55 [X.] (seit dem 1. März 2012 § 66 Beamtenversorgungsgesetz [X.] - SH[X.] vom 26. Januar 2012 [GVOBl. S. 153]). Danach werde der Kürzungsbetrag vom [X.] iSd. § 55 [X.] bzw. iSd. § 66 SH[X.] bestimmt und begrenzt. Die Beklagte weiche mit ihrer auf § 7 [X.] Nr. 1 gestützten Anrechnung hiervon ab, indem sie die anrechenbaren Renten unmittelbar von dem gemäß § 4 Abs. 1 [X.] Nr. 1 iVm. den beamtenrechtlichen Grundsätzen ermittelten Ruhegehalt in Abzug bringe.

5

Der vormalige Kläger hat zuletzt beantragt,

        

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 5.178,72 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der [X.] seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

6

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.

7

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das [X.] hat die Berufung des vormaligen [X.] zurückgewiesen. Mit der Revision verfolgt die Klägerin den zuletzt gestellten Antrag weiter. Die Beklagte begehrt die Zurückweisung der Revision.

Entscheidungsgründe

8

Die Revision ist nicht begründet.

9

I. Die Klage auf Zahlung eines erhöhten [X.] für den Zeitraum von Januar 2009 bis Dezember 2012 ist unbegründet, soweit sie sich auf die [X.] Nr. 1 stützt. Ansprüche aus Gleichbehandlung sind nicht Gegenstand des Revisionsverfahrens.

1. Die Beklagte ist nach der [X.] Nr. 1 nicht verpflichtet, die Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung und die [X.] nach den Vorgaben des § 55 [X.] bzw. § 66 SH[X.] bei der Berechnung des [X.] in Ansatz zu bringen. Vielmehr berechnet sich der Versorgungzuschuss nach der [X.] Nr. 1 so, dass zunächst eine Versorgungshöhe nach beamtenrechtlichen Grundsätzen als Gesamtversorgungsobergrenze zu ermitteln und darauf die [X.] sowie die auf die anerkannten Beschäftigungszeiten entfallende Sozialversicherungsrente voll und die auf frühere Beschäftigungszeiten entfallende Sozialversicherungsrente hälftig anzurechnen sind. § 4 Abs. 1 [X.] Nr. 1 enthält keinen umfassenden Verweis auf das Beamtenversorgungsrecht. Zwar wird danach auf die beamtenrechtlichen Grundsätze verwiesen; diese sollen entsprechend gelten. Dieser Verweis gilt aber nur vorbehaltlich in der [X.] Nr. 1 ausdrücklich vereinbarter Abweichungen (vgl. bereits [X.] 20. März 2001 - 3 [X.]/00 - Rn. 51). Die Anrechnung anderer Versorgungsleistungen auf die Gesamtversorgung ist in § 7 [X.] Nr. 1 abweichend von den beamtenrechtlichen Grundsätzen geregelt. Das ergibt die Auslegung der [X.] Nr. 1.

a) Dienstvereinbarungen sind wegen ihres normativen Charakters wie Betriebsvereinbarungen, Tarifverträge und Gesetze auszulegen (BVerwG 3. Dezember 2001 - 6 P 12.00 - zu II 1 b aa der Gründe). Auszugehen ist danach vom Wortlaut der Bestimmung und dem durch ihn vermittelten Wortsinn. Insbesondere bei unbestimmtem Wortsinn sind der wirkliche Wille der Parteien und der von ihnen beabsichtigte Zweck zu berücksichtigen, sofern und soweit sie im Text ihren Niederschlag gefunden haben. Abzustellen ist ferner auf den Gesamtzusammenhang und die Systematik der Regelungen. Im Zweifel gebührt derjenigen Auslegung der Vorzug, die zu einem sachgerechten, zweckorientierten, praktisch brauchbaren und gesetzeskonformen Verständnis der Bestimmung führt ([X.] 15. April 2014 - 3 [X.] - Rn. 12 mwN).

b) Danach ergibt die Auslegung der [X.] Nr. 1, dass die Gesamtversorgung zunächst gemäß § 4 Abs. 1 [X.] Nr. 1 iVm. den beamtenrechtlichen Grundsätzen - unter Berücksichtigung der §§ 5 und 6 [X.] Nr. 1 - zu ermitteln ist und hiervon die anderen Versorgungsleistungen gemäß § 7 [X.] Nr. 1 in Abzug zu bringen sind.

aa) Nach § 4 Abs. 1 [X.] Nr. 1 errechnet sich die Höhe der Gesamtversorgung in entsprechender Anwendung der für Beamte des [X.] geltenden Grundsätze. § 4 Abs. 1 [X.] Nr. 1 erklärt damit nach seinem Wortlaut nicht das Beamtenversorgungsrecht insgesamt für anwendbar, sondern verweist auf die Grundsätze, nach denen sich die Versorgung der schleswig-holsteinischen Beamten bestimmt. Für die Anwendung dieser Grundsätze enthält die [X.] Nr. 1 eigenständige, von den Bestimmungen des [X.] abweichende Festlegungen, etwa zum Zahlungszeitpunkt des [X.] (§ 2 [X.] Nr. 1), zu dem versorgungsfähigen Gehalt und dazu, welche Vergütungsbestandteile hierzu zählen (§ 5 [X.] Nr. 1), zur Berücksichtigung von Vordienstzeiten (§ 6 [X.] Nr. 1) und zur Anrechnung von Renten auf die Gesamtversorgung (§ 7 [X.] Nr. 1). Es sollen daher nicht sämtliche Bestimmungen des [X.] für den Versorgungszuschuss maßgeblich sein; vielmehr soll sich die Versorgung der unter die [X.] Nr. 1 fallenden Beschäftigten unter Berücksichtigung der in der [X.] Nr. 1 getroffenen Vorgaben an den grundlegenden Prinzipien orientieren, nach denen sich die Versorgung der Beamten richtet ([X.] 15. April 2014 - 3 [X.] - Rn. 14).

Es gehört seit jeher zu den grundlegenden Prinzipien des Beamtenrechts, dass sich die Versorgung nach der dem zuletzt wahrgenommenen Amt entsprechenden Besoldungsgruppe sowie der ruhegehaltsfähigen Dienstzeit berechnet (vgl. § 4 Abs. 3 [X.]; ebenso: § 4 Abs. 3 SH[X.]) und ein bestimmter Versorgungsgrad (vgl. § 14 [X.] ggf. iVm. § 85 [X.]; ebenso: § 16 SH[X.]) sichergestellt wird. Eine Versorgung erfolgt nach den Grundsätzen des [X.] und ist deshalb beamtenmäßig, wenn es sich um eine an der zuletzt bezogenen Vergütung und der ruhegehaltsfähigen Dienstzeit orientierte Versorgung mit einem dem Beamtenversorgungsrecht entsprechenden Versorgungsgrad handelt (vgl. etwa [X.] 17. September 2013 - 3 [X.] - Rn. 33; 11. März 2008 - 3 [X.] 719/06 - Rn. 40; 13. November 2007 - 3 [X.] 717/06 - Rn. 29). Hiervon geht auch die [X.] Nr. 1 aus. Dies ergibt sich aus der Regelung in § 4 Abs. 2 [X.] Nr. 1, welche die in § 4 Abs. 1 [X.] Nr. 1 in Bezug genommenen Grundsätze konkretisiert. Danach sind maßgebende Kriterien für die Festsetzung des [X.] die Dienstjahre, das Gehalt und die Renten aus der gesetzlichen Rentenversicherung und aus der Gruppenversicherung (§ 1 Abs. 1 Buchst. a und b [X.] Nr. 1). Die Gesamtversorgung soll daher in Abhängigkeit von der zuletzt bezogenen Vergütung und den anrechenbaren Dienstjahren (§ 4 Abs. 3 [X.]) festgelegt werden, von der anschließend die nach § 7 [X.] Nr. 1 anzurechnenden Versorgungsleistungen in Abzug gebracht werden ([X.] 15. April 2014 - 3 [X.] - Rn. 15).

bb) Danach hat die Beklagte von der nach § 4 Abs. 1 [X.] Nr. 1 iVm. den beamtenrechtlichen Grundsätzen ermittelten Gesamtversorgung zu Recht die anrechnungsfähige Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung und die [X.] gemäß § 7 [X.] Nr. 1 in Abzug gebracht. Es kann dahinstehen, ob es sich bei den Vorgaben des § 55 [X.] bzw. § 66 SH[X.] zur Berechnung der Beamtenversorgung beim Zusammentreffen von Versorgungsbezügen und Renten um einen beamtenrechtlichen Grundsatz iSd. § 4 Abs. 1 [X.] Nr. 1 handelt. Die beamtenrechtlichen Grundsätze finden nach der [X.] Nr. 1 nur insoweit Anwendung als die [X.] Nr. 1 keine Abweichungen vorsieht. Für die Anrechnung von Renten aus der gesetzlichen Rentenversicherung und die Anrechnung der [X.] enthält § 7 [X.] Nr. 1 jedoch eine solche Abweichung.

(1) Sowohl Wortlaut als auch die Systematik von § 7 [X.] Nr. 1 sprechen dafür, dass von der nach den Regelungen der [X.] Nr. 1 ermittelten Gesamtversorgung die anzurechnenden Renten iSd. § 1 Abs. 1 Buchst. a und b [X.] Nr. 1 in Abzug gebracht werden. § 7 [X.] Nr. 1 bestimmt, dass die dort genannten Renten auf die Gesamtversorgung anzurechnen sind. „[X.]“ bedeutet „gesondert in Rechnung stellen“ oder „gegen etwas aufrechnen“ ([X.] Deutsches Universalwörterbuch 5. Aufl. S. 144) und „etwas mit einbeziehen“ oder „abziehen“ ([X.] Deutsches Wörterbuch 9. Aufl. S. 155). Zudem wäre die Regelung bei einem anderen Verständnis überflüssig: Wäre eine Anrechnung nach beamtenrechtlichen Regelungen gewollt, hätte es der Vorschrift des § 7 [X.] Nr. 1 nicht bedurft.

(2) Auch der Zweck der Anrechnung der Renten nach § 1 Abs. 1 Buchst. a und b [X.] Nr. 1 spricht für dieses Verständnis von § 7 [X.] Nr. 1. § 55 [X.] bzw. § 66 SH[X.] einerseits und § 7 [X.] Nr. 1 andererseits enthalten grundlegend unterschiedliche Anrechnungsregeln. Die beamtenversorgungsrechtlichen Bestimmungen dienen dazu, in [X.] mit sog. Mischbiografien - dh. zunächst sozialversicherungspflichtig Beschäftigte, die erst später Beamte werden - eine Doppelversorgung zu verhindern. Die Regelungen beruhen auf der Erwägung, dass die Beamtenversorgung eine volle für die Lebensarbeitszeit bestimmte Alimentation gewährleistet und damit auf Beamte zugeschnitten ist, die ihr gesamtes Erwerbsleben im Beamtenverhältnis verbracht haben (vgl. etwa Brinktrine in Kugele [X.] § 55 Rn. 2). § 55 [X.] und § 66 SH[X.] sehen deshalb vor, dass eine Beamtenversorgung neben Renten nur bis zu einer bestimmten Höchstgrenze gewährt wird, die ein vergleichbarer „Nur-Beamter“ erreichen würde. In der [X.] Nr. 1 wird diesem Zweck dadurch Rechnung getragen, dass in früheren Arbeitsverhältnissen erworbene Sozialversicherungsrenten nach § 7 Satz 2 [X.] Nr. 1 lediglich hälftig angerechnet werden.

(3) Das vorliegende Verständnis von § 7 [X.] Nr. 1 führt auch zu einem sachgerechten, am Zweck der mit der [X.] Nr. 1 zugesagten Gesamtversorgung orientierten Ergebnis. Der [X.] bleibt als Gesamtversorgung iSd. § 1 [X.] Nr. 1 erhalten. Der Versorgungszuschuss wird abhängig von den ruhegehaltsfähigen Dienstjahren, dem ruhegehaltsfähigen Monatsgehalt sowie den Renten gemäß § 1 Abs. 1 Buchst. a und b [X.] Nr. 1 ermittelt und damit ein an der Beschäftigungszeit und dem Endgehalt orientiertes Gesamtversorgungsniveau sichergestellt.

2. Auf Gleichbehandlung kann die Klägerin ihren Anspruch auf einen höheren als den gezahlten Versorgungszuschuss in der Revision nicht stützen. Ursprünglich war auch die Frage der Gleichbehandlung Streitgegenstand des vorliegenden Rechtsstreits. Im angefochtenen Urteil hat das [X.] diesen Streitgegenstand jedoch nicht behandelt und der vormalige Kläger hat keinen Antrag auf Ergänzung des Urteils nach § 321 ZPO gestellt. Soweit nunmehr im Schriftsatz vom 9. März 2015 dieser Streitgegenstand neuerlich in den Rechtsstreit eingeführt wird, handelt es sich um eine in der Revision unzulässige [X.].

a) Hat das Gericht einen Haupt- oder Nebenanspruch übergangen, ist die Entscheidung nach § 321 Abs. 1 ZPO auf Antrag durch nachträgliche Entscheidung zu ergänzen. Der Antrag ist nach § 321 Abs. 2 ZPO innerhalb von zwei Wochen nach Zustellung des vollständig abgesetzten Urteils zu stellen. Mit dem ungenutzten Ablauf der Antragsfrist des § 321 Abs. 2 ZPO entfällt die Rechtshängigkeit des Anspruchs. Ein übergangener Anspruch, dessen Rechtshängigkeit durch Ablauf der Frist nach § 321 Abs. 2 ZPO entfallen ist, kann allenfalls in der nächsten Instanz durch [X.] wieder neu in den Prozess eingeführt werden, wenn der Rechtsstreit wegen anderer Teile des Prozessstoffs dort noch anhängig ist (vgl. [X.] 21. August 2012 - 3 [X.] - Rn. 20; [X.] 22. Aufl. § 321 Rn. 25).

In der Revisionsinstanz ist die Einführung neuer Ansprüche bzw. die Anspruchserweiterung in der Regel ausgeschlossen. Das Revisionsgericht prüft, ob die Vorinstanz über die Klage rechtsfehlerfrei entschieden hat. Der Beurteilung des [X.] unterliegt dabei nach § 559 Abs. 1 Satz 1 ZPO nur dasjenige Parteivorbringen, das aus dem Berufungsurteil oder dem Sitzungsprotokoll ersichtlich ist. Mit dem Ende der Berufungsverhandlung wird die [X.] abgeschlossen ([X.] 25. April 1988 - II ZR 252/86 - zu 7 a der Gründe, [X.]Z 104, 215). Eine [X.], mit der anstelle des rechtshängigen Anspruchs oder daneben ein neuer Anspruch erhoben oder ein neuer Streitgegenstand eingeführt wird, ist deshalb in der Revisionsinstanz grundsätzlich nicht möglich. Die Entscheidung über einen anderen oder zusätzlichen Streitgegenstand erfordert in der Regel weitere tatsächliche Feststellungen. Solche können von einem Revisionsgericht aus prozessualen Gründen nicht getroffen werden (vgl. [X.] 17. Juni 2014 - 3 [X.] 527/11 - Rn. 38; 11. Dezember 2012 - 3 [X.] 611/10 - Rn. 14).

Der Streitgegenstand wird bestimmt durch den Klageantrag, in dem sich die vom Kläger in Anspruch genommene Rechtsfolge konkretisiert, und durch den zugehörigen Lebenssachverhalt, aus dem der Kläger die begehrte Rechtsfolge herleitet ([X.] 17. April 2002 - 5 [X.] 400/00 - zu II 1 der Gründe; 6. Juni 2000 - 1 ABR 21/99 - zu [X.] 3 der Gründe, [X.]E 95, 47). Der Lebenssachverhalt umfasst das ganze dem Klageantrag zugrunde liegende tatsächliche Geschehen, das bei natürlicher, vom Standpunkt der Parteien ausgehender Betrachtungsweise zu dem durch den Vortrag des [X.] zur Entscheidung gestellten [X.] gehört oder gehört hätte ([X.] 11. Mai 2005 - 4 [X.] 315/04 - zu I 4 a der Gründe, [X.]E 114, 332).

b) Der vormalige Kläger hat einen höheren Versorgungszuschuss in der ersten Instanz neben der Auslegung der [X.] Nr. 1 auch auf Gleichbehandlung mit anderen Versorgungsempfängern gestützt. Das Arbeitsgericht hat die Klage auch insoweit abgewiesen. In seiner Berufungsbegründung hat sich der vormalige Kläger auch mit der Klageabweisung bezüglich der Gleichbehandlung auseinandergesetzt. Das [X.] hat sich im angefochtenen Urteil mit diesem Streitgegenstand nicht befasst und der vormalige Kläger hat innerhalb der Frist des § 321 Abs. 2 ZPO keinen Ergänzungsantrag nach § 321 Abs. 1 ZPO gestellt. Damit war die Rechtshängigkeit entfallen. Der nunmehr wieder in den Rechtsstreit eingeführte Streitgegenstand stützt sich auf einen anderen Lebenssachverhalt als die vom [X.] vorgenommene Auslegung der [X.] Nr. 1 und stellt damit einen anderen Streitgegenstand dar (vgl. [X.] 24. Februar 2010 - 4 [X.] 657/08 - Rn. 22).

II. Die Klägerin hat die Kosten der Revision gemäß § 97 Abs. 1 ZPO zu tragen.

        

    Zwanziger    

        

    Spinner    

        

    Ahrendt    

        

        

        

    Lohre    

        

    Brunke    

                 

Meta

3 AZR 36/14

10.03.2015

Bundesarbeitsgericht 3. Senat

Urteil

Sachgebiet: AZR

vorgehend ArbG Kiel, 16. Mai 2013, Az: ö.D. 5 Ca 2528 a/12, Urteil

§ 1 BetrAVG, § 4 Abs 3 BeamtVG, § 14 BeamtVG, § 55 BeamtVG, § 85 BeamtVG, § 66 BeamtVG SH 2012, § 321 Abs 1 ZPO, § 321 Abs 2 ZPO, § 559 Abs 1 ZPO

Zitier­vorschlag: Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 10.03.2015, Az. 3 AZR 36/14 (REWIS RS 2015, 14339)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2015, 14339

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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B 5 RE 1/18 R

3 Sa 668/16

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