Bundessozialgericht, Urteil vom 24.01.2018, Az. B 6 KA 23/16 R

6. Senat | REWIS RS 2018, 15103

© Bundessozialgericht, Dirk Felmeden

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Gegenstand

Kassenärztliche Vereinigung - Zuweisung von Regelleistungsvolumen auf Medizinische Versorgungszentren (MVZ) - Regelungen über Anfängerpraxen - angestellter Arzt im MVZ - Anfängerstatus


Leitsatz

1. Die Regelungen über Anfängerpraxen sind bei der Zuweisung von Regelleistungsvolumen (RLV) auf Medizinische Versorgungszentren (MVZ) nur dann anwendbar, wenn sowohl das MVZ als auch der Arzt, für den ein RLV zuzuweisen ist, die Voraussetzungen für die besonderen Wachstumsregelungen erfüllen.

2. Ein im MVZ angestellter Arzt, der zuvor bereits über einen den Anfängerstatus ausschließenden Zeitraum im selben Planungsbereich wie das MVZ vertragsärztlich tätig war, hat keinen Anfängerstatus.

Tenor

Auf die Revision der Beklagten werden die Urteile des [X.] vom 16. Dezember 2015 und des [X.] vom 16. Mai 2014 aufgehoben. Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens in allen Rechtszügen.

Tatbestand

1

Die klagende GmbH begehrt für das Quartal III/2009 die Zuweisung eines höheren Regelleistungsvolumens ([X.]) an das von ihr betriebene Medizinische Versorgungszentrum (MVZ).

2

Dem MVZ mit [X.] in der [X.] in [X.], das zum [X.] gegründet wurde, gehörten zunächst der Internist [X.] und zwei Fachärzte für Pathologie an. [X.] war als angestellter Arzt mit einem Tätigkeitsumfang von 40 Stunden/Woche beschäftigt und zugleich ärztlicher Leiter des MVZ. Ab dem [X.] stellte die Klägerin [X.] (Internist mit Schwerpunkt Hämatologie/Onkologie) mit einem Beschäftigungsumfang von 10 Stunden/Woche an. [X.] übte seine Tätigkeit vom [X.] bis zum [X.] aus. Vor seiner Anstellung im MVZ war [X.] seit dem [X.] in [X.] in einer Einzelpraxis zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen.

3

Mit Bescheid vom [X.] wies die beklagte [X.] der Klägerin ein [X.] für das Quartal III/2009 in Höhe von insgesamt 30 661,82 Euro zu. Das [X.] wurde dabei für [X.] in Höhe von 12 936,03 Euro und für [X.] in Höhe von 17 725,79 Euro ermittelt. Bei [X.] legte die Beklagte eine [X.]-relevante Fallzahl aus dem Quartal III/2008 von 177 zugrunde (Durchschnittsfallzahl der Arztgruppe: 499), bei [X.] eine [X.]-relevante Fallzahl aus III/2008 von 419 (Durchschnittsfallzahl der Arztgruppe: 701). Die in Ansatz gebrachte [X.]-relevante Fallzahl von [X.] betrug im Quartal III/2009 511. Der Honorarbescheid vom [X.] wies ein [X.] des MVZ, dem neben [X.] und [X.] mittlerweile drei Pathologen mit insgesamt einem vollen Versorgungsauftrag angehörten, von 237 600,72 Euro aus.

4

Mit Schreiben vom [X.] (eingegangen am 21.10.2009) stellte [X.] für die Quartale ab I/2009 einen Antrag auf Erhöhung der Fallzahl - Anpassung des [X.] wegen [X.] - und beantragte die Übernahme der Fallzahl der von ihm vor seiner Anstellung im MVZ betriebenen Praxis. Mit Bescheid vom [X.] lehnte die Beklagte diesen Antrag ab, weil der Zeitpunkt der Erstniederlassung von [X.], gerechnet ab dem [X.], länger als fünf Jahre zurückliege. Den Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 20.9.2012 zurück. Der Arzt, der von einer Einzelpraxis zu einem MVZ wechsele, könne nicht als Praxisneugründer im Sinne einer [X.] angesehen werden.

5

Das [X.] hat mit Urteil vom 16.5.2014 die Bescheide der Beklagten vom [X.] und [X.] in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20.9.2012 aufgehoben und die Beklagte verurteilt, über die Zuweisung des [X.] der Klägerin im Quartal III/2009 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden. Die [X.]regelung finde grundsätzlich auch auf neu zugelassene MVZ Anwendung, nicht jedoch auf einzelne im MVZ tätige Ärzte. Abzustellen sei auf die Zulassung, nicht auch auf die Anstellung von Ärzten durch einen zugelassenen Leistungserbringer. Wettbewerber am Markt sei die Praxis und nicht der angestellte Arzt. Da seit der Gründung des hier maßgeblichen MVZ noch keine 20 Quartale vergangen seien und dieses im Vorjahresquartal auch noch nicht den [X.] erreicht habe, sei es als [X.] zu definieren.

6

Das L[X.] hat die Berufung der Beklagten mit Urteil vom 16.12.2015 zurückgewiesen und auf die Begründung des [X.] verwiesen. Soweit die Beklagte der Auffassung sei, die maßgeblichen Vorschriften seien für MVZ im Hinblick auf dessen [X.]keit zu modifizieren, gebe es hierfür keine Rechtsgrundlage. [X.] als "Wenigabrechner", bezogen auf die Fallzahlen des Vorjahresquartals, könne ebenso ein MVZ wie ein in Einzelpraxis niedergelassener Arzt sein. Das Argument, die Klägerin rechne wegen der hohen Umsätze bei den freien Leistungen überdurchschnittlich ab und könne bereits deshalb nicht unter den Schutzbereich der [X.]regelung fallen, trage ebenfalls nicht. Die hier maßgebliche Regelung im Honorarvertrag stelle nur auf die Leistungen ab, die im Rahmen des [X.] abgerechnet werden könnten, indem sie den [X.] die durchschnittliche Fallzahl der Arztgruppe zubillige. Eine weitere Voraussetzung dergestalt, dass auch das [X.] unterdurchschnittlich sein müsse, sei der Regelung nicht zu entnehmen. Maßgeblich für den Beginn der Berechnung, bis wann eine [X.] vorliege, sei der Gründungszeitpunkt des MVZ. Die arztbezogene Berechnung des [X.] führe nicht dazu, dass für den Beginn der [X.]regelung auf die Erstzulassung des in das MVZ eintretenden Arztes abzustellen sei. Seit der Gründung des MVZ zum [X.] seien bis zum Quartal III/2009 noch keine 20 Quartale vergangen. Das MVZ habe im Vorjahresquartal auch unstreitig noch nicht den [X.] erreicht.

7

Zur Begründung ihrer Revision trägt die Beklagte vor, eine [X.] liege nur dann vor, wenn der [X.] unterdurchschnittlich sei. Bei einem überdurchschnittlichen Umsatz sei eine unterdurchschnittliche Fallzahl unerheblich. Es könne für das Vorliegen einer [X.] nicht allein auf den Zulassungszeitpunkt des MVZ abgestellt werden, wenn ein Arzt im MVZ tätig werde, der zuvor bereits längere Zeit im selben Planungsbereich wie das MVZ vertragsärztlich tätig gewesen sei. Ansonsten könne es zu einer Perpetuierung von [X.] kommen. Bei MVZ seien die Regelungen zur [X.] hinsichtlich Fallzahl und Tätigkeitsdauer arztbezogen anzuwenden.

8

Die Beklagte beantragt,
die Urteile des [X.] vom 16.12.2015 und des [X.] vom 16.5.2014 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

9

Die Klägerin beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend. Der Senat sei an die Auslegung des Landesrechts durch das L[X.] gebunden. Die Vergütung für die freien Leistungen dürfe nicht berücksichtigt werden.

Entscheidungsgründe

Die Revision der Beklagten hat Erfolg. [X.] und L[X.] haben die Beklagte zu Unrecht zur Neubescheidung verurteilt. Die Klägerin hat keinen Anspruch darauf, dass ihr [X.] nach der für [X.] geltenden Regelung des [X.] ([X.]) bemessen wird.

1. Es fehlt nicht am erforderlichen Rechtsschutzbedürfnis für die gesonderte Anfechtung der [X.]-Zuweisung und der Ablehnung des Antrags auf Erhöhung des [X.]. Nach dem bisherigen Gang des Verfahrens ist zu erwarten, dass die Beklagte die Verpflichtung übernimmt, den von der Klägerin nicht angefochtenen Honorarbescheid einer eventuell geänderten [X.]-Festsetzung anzupassen. Jedenfalls ist unter dem Gesichtspunkt des Vertrauensschutzes vom Erfordernis der Anfechtung des Honorarbescheides abzusehen. Die Rechtsprechung des [X.]s zum fehlenden rechtlich geschützten Interesse an einer gesonderten Anfechtung der Zuweisung eines [X.] bei Bestandskraft des Honorarbescheides lag zum Zeitpunkt des Erlasses des Honorarbescheides vom [X.] noch nicht vor (vgl B[X.] Urteil vom 15.8.2012 - [X.] [X.]/11 R - [X.] 4-2500 § 87b [X.] Rd[X.]3 ff).

2. Rechtsgrundlage für das Begehren der Klägerin sind die Regelungen, die der Bewertungsausschuss ([X.]) auf der Grundlage des § 87b [X.] 2 und 3 iVm [X.] 4 [X.] und 2 [X.]B V (in der Fassung des [X.] vom 26.3.2007, [X.], im Folgenden: aF) getroffen hat, sowie die hierauf fußenden Regelungen des im streitbefangenen Quartal geltenden [X.].

a) Gemäß § 87b [X.] 2 [X.] [X.]B V aF waren zur Verhinderung einer übermäßigen Ausdehnung der Tätigkeit des Arztes und der Arztpraxis arzt- und praxisbezogene [X.] festzulegen. Ein [X.] nach [X.] ist die von einem Arzt oder der Arztpraxis in einem bestimmten Zeitraum abrechenbare Menge der vertragsärztlichen Leistungen, die mit den in der [X.] gemäß § 87a [X.] 2 [X.]B V enthaltenen und für den Arzt oder die Arztpraxis geltenden Preisen zu vergüten ist. Gemäß § 87b [X.] 3 [X.] [X.]B V aF waren die Werte für die [X.] nach [X.] 2 morbiditätsgewichtet und differenziert nach [X.]n und nach [X.] sowie unter Berücksichtigung der Besonderheiten kooperativer Versorgungsformen festzulegen. Nach § 87b [X.] 4 [X.] [X.]B V aF bestimmte der [X.] erstmalig bis zum 31.8.2008 das Verfahren zur Berechnung und zur Anpassung der [X.] nach den [X.] 2 und 3 sowie Art und Umfang, das Verfahren und den Zeitpunkt der Übermittlung der dafür erforderlichen Daten.

b) Der Erweiterte Bewertungsausschuss (E[X.]) hat in seiner 7. Sitzung am 27. und [X.] unter Teil F einen Beschluss gemäß § 87b [X.] 4 [X.] [X.]B V zur Berechnung und zur Anpassung von arzt- und praxisbezogenen [X.] nach § 87b [X.] 2 und 3 [X.]B V gefasst ([X.], [X.]). Nach Teil F Ziffer 1.2.2 werden die [X.] je Arzt ermittelt. Die Zuweisung der [X.] erfolgt nach Ziffer 1.2.4 praxisbezogen. Dabei ergibt sich die Höhe des [X.] einer Arztpraxis aus der Addition der [X.] je Arzt, die in der Arztpraxis tätig sind. In Teil [X.] ist bestimmt: "Die Partner der [X.] beschließen für Neuzulassungen von Vertragsärzten und Umwandlung der Kooperationsform Anfangs- und Übergangsregelungen. Über das Verfahren der Umsetzung einigen sich die Partner der [X.]. Sofern nichts entsprechend Anderes vereinbart wurde, gilt für Ärzte, die im Aufsatzzeitraum noch nicht niedergelassen waren (Neupraxen), das arztgruppendurchschnittliche [X.] für das jeweilige Quartal." Mit Beschluss des [X.] vom [X.] (DÄ 2009, [X.]) erfolgte zum [X.] eine Neuformulierung in Teil [X.]: "Die Partner der [X.] beschließen für Neuzulassungen von Vertragsärzten, Praxen in der Anfangsphase und Umwandlung der Kooperationsform Anfangs- und Übergangsregelungen. Über das Verfahren der Umsetzung einigen sich die Partner der [X.]." Für die Ermittlung der für das [X.] relevanten Fälle ([X.]-Fälle) wurde in Teil [X.] [X.] Buchst b des Beschlusses bestimmt, dass in [X.], Medizinischen Versorgungszentren und Praxen mit angestellten Ärzten die Zahl der [X.]-Fälle eines Arztes der Zahl der Behandlungsfälle der Arztpraxis multipliziert mit seinem Anteil an der [X.]-relevanten Arztfallzahl der Praxis entspricht.

c) Gemäß [X.]chnitt 2.1 Teil [X.] 4.1 [X.] 4 des im Quartal III/2009 geltenden [X.] der Beklagten werden für Praxen, die sich noch im Aufbau befinden ([X.]), bei denen seit der ersten Niederlassung nicht mehr als 20 Quartale vergangen sind und den [X.] im Vorjahresquartal noch nicht erreicht haben, die eigenen Fallzahlen im [X.] angesetzt. Soweit die eigenen Fallzahlen im [X.] über dem [X.] liegen, kommt der [X.] zum Ansatz.

d) Die dargestellten gesetzlichen und untergesetzlichen Vorgaben hat die Beklagte bei der Festsetzung des [X.] der Klägerin zutreffend umgesetzt. Sie hat für [X.] und für Dr. L.
jeweils [X.] berechnet und deren Summe der Klägerin als [X.] zugewiesen. Für eine Anknüpfung des [X.] für [X.] an die Fallzahlen seiner vormaligen Einzelpraxis, wie dies im Antrag auf Erhöhung der Fallzahl begehrt wurde, fehlt es an einer Rechtsgrundlage. Allenfalls käme ein solches Vorgehen in Betracht, wenn [X.] im maßgeblichen Vorquartal noch nicht im MVZ tätig gewesen wäre (vgl B[X.] [X.] 4-2500 § 87b [X.] RdNr 30: "Hinzurechnung der vom Eintretenden zuvor erbrachten Fallzahlen"). Im Quartal III/2008 war er jedoch bereits mit einer zum streitbefangenen Quartal unveränderten Stundenzahl im MVZ tätig.

e) Die [X.]-Zuweisung ist auch insoweit rechtmäßig, als die Beklagte die Sonderregelungen für Praxen in der Anfangsphase, nach der dem [X.] die eigene Fallzahl bis zum [X.] zugrunde zu legen war, nicht berücksichtigt hat. Zwar erfüllte das MVZ noch die Voraussetzungen für die Annahme einer [X.]. Nach dem [X.] der Beklagten war eine Praxis in den ersten 20 Quartalen ab der Zulassung als [X.] anzusehen. Auch bei einem MVZ ist zunächst auf den Zeitpunkt seiner Zulassung abzustellen. Nur solange sich das MVZ ab diesem Zeitpunkt noch in der Wachstumsphase befindet, können besondere Regelungen für [X.] zur Anwendung kommen. Daneben muss aber auch der Arzt, für den ein [X.] gegenüber dem MVZ festgesetzt wird, über einen entsprechenden "[X.]" verfügen. Daran fehlt es hier.

aa) In der Rechtsprechung des [X.]s ist wiederholt klargestellt worden, dass umsatzmäßig unterdurchschnittlich abrechnende Praxen die Möglichkeit haben müssen, zumindest den durchschnittlichen Umsatz der [X.] zu erreichen (B[X.] [X.] 4-2500 § 85 [X.] Rd[X.]4 mit zahlreichen Nachweisen). Dem Vertragsarzt muss - wegen seines Rechts auf berufliche Entfaltung unter Berücksichtigung der sogenannten Honorarverteilungsgerechtigkeit, die auf Art 12 [X.] 1 und Art 3 [X.] 1 GG gründet (vgl B[X.] [X.] 4-2500 § 85 [X.] Rd[X.]7 sowie das weitere Urteil vom 28.3.2007, [X.] [X.] 10/06 R - [X.] 2007, 560 = [X.] 2007-26), - die Chance bleiben, durch Qualität und Attraktivität seiner Behandlung oder auch durch eine bessere Organisation seiner Praxis neue Patienten für sich zu gewinnen und so legitimerweise seine Position im Wettbewerb mit den Berufskollegen zu verbessern (vgl zuletzt Urteile des [X.]s vom 2.8.2017 - [X.] [X.] 7/17 R ua mwN). Daher ist allen Praxen mit unterdurchschnittlichen Umsätzen die Möglichkeit einzuräumen, durch Umsatzsteigerung jedenfalls bis zum [X.] der Fachgruppe aufzuschließen (stRspr des [X.]s, ua B[X.]E 83, 52, 57 f = [X.] 3-2500 § 85 [X.]8 [X.]06 f; B[X.] [X.] 4-2500 § 85 [X.] Rd[X.]9; B[X.]E 92, 10 = [X.] 4-2500 § 85 [X.], jeweils Rd[X.]9; B[X.] [X.] 4-2500 § 85 [X.] Rd[X.]6; B[X.] [X.] 4-2500 § 85 [X.] Rd[X.]8; B[X.] [X.] 4-2500 § 85 [X.] Rd[X.]4).

Für neu gegründete Praxen gelten nach der Rechtsprechung insoweit Besonderheiten, als ihnen in der Aufbauphase, die auf einen Zeitraum von drei bis fünf Jahren bemessen werden kann (vgl B[X.] [X.] 4-2500 § 85 [X.] Rd[X.]6; B[X.] [X.] 4-2500 § 85 [X.] Rd[X.]5), die Steigerung auf den [X.] sofort möglich sein muss, während dies anderen, noch nach der Aufbauphase unterdurchschnittlich abrechnenden Praxen jedenfalls innerhalb von fünf Jahren ermöglicht werden muss (B[X.] jeweils aaO). Allerdings haben auch [X.] keinen Anspruch auf Teilhabe an der Honorarverteilung, der über den [X.] der Fachgruppe hinausgeht (B[X.] [X.] 4-2500 § 85 [X.] Rd[X.]9). Soweit neu gegründete Praxen für die [X.] von der Wachstumsbegrenzung freizustellen sind, bezieht sich dies in aller Regel nicht auf Umsatzsteigerungen, sondern allein auf eine Steigerung der Fallzahlen (vgl B[X.] [X.] 4-2500 § 85 [X.] Rd[X.]5; B[X.] [X.] 4-2500 § 85 [X.] RdNr 35 auch zu einer denkbaren Ausnahme).

Die genaue Bestimmung des Zeitraums des Aufbaus einer Praxis, bei der es sich um eine Erstzulassung oder um eine Neuzulassung nach vorheriger vertragsärztlicher Tätigkeit in einem anderen Planungsbereich handeln kann, ist der Regelung im Honorarverteilungsmaßstab der [X.] - bzw im [X.] zwischen der [X.] und den Krankenkassen - vorbehalten. Es kann festgelegt werden, ob der Anspruch auf sofortige Honorarsteigerung bis zum [X.] der [X.] für einen Zeitraum von drei, vier oder fünf Jahren bestehen soll (B[X.] [X.] 4-2500 § 85 [X.] Rd[X.]5; B[X.] [X.] 4-2500 § 87b [X.] Rd[X.]8, 23).

bb) Hier ist im [X.] ein Zeitraum von 20 Quartalen ab der Zulassung festgelegt. Danach liegen die Voraussetzungen für die Annahme einer Aufbauphase zwar für das MVZ der Klägerin, nicht jedoch für [X.] vor.

(1) Für den Fall des Eintritts eines weiteren Arztes in eine Berufsausübungsgemeinschaft ([X.]) hat der [X.] entschieden, dass dies keine Neuaufnahme der vertragsärztlichen Tätigkeit darstelle, wenn die [X.] bereits mehr als fünf Jahre vertragsärztlich tätig war ([X.] 4-2500 § 87b [X.] Rd[X.]6 ff). In dem entschiedenen Fall war streitbefangen das Quartal III/2009, die klagende [X.] nahm seit Ende Juni 2004 an der vertragsärztlichen Versorgung teil. Die im Januar 2008 als weitere Partnerin in die [X.] eingetretene Ärztin war von 2005 bis Ende 2007 in Einzelpraxis im Planungsbereich zugelassen. Eine solche Neuformierung einer [X.] führt nach dieser Entscheidung des [X.]s nicht zu einer Neugründung im Sinne einer [X.]. Der [X.] geht vielmehr davon aus, dass entsprechend der Rechtsprechung des [X.] und die Partnerschaftsgesellschaft und gleichermaßen auch die [X.] unverändert fortbestehen ([X.] 4-2500 § 87b [X.] Rd[X.]7 mit zahlreichen Nachweisen). Dies gilt beim Eintritt eines neuen Partners unabhängig davon, wie lange dieser schon praktiziert hat. Eine [X.] kann sich nicht durch Aufnahme eines Partners "verjüngen" und so die Eigenschaft als [X.] länger als fünf Jahre - oder gar durch regelmäßige Neueintritte "junger" Partner fortwährend - behalten.

(2) Die vom [X.] für die [X.] entwickelten Grundsätze gelten entsprechend auch für ein MVZ. In der erstmaligen Zulassung des MVZ liegt grundsätzlich eine Neuaufnahme der vertragsärztlichen Tätigkeit. Dieser Zeitpunkt ist zunächst für die Frage des Vorliegens einer [X.] maßgeblich. Ebenso wie die [X.] ist das MVZ in seinem Bestand unabhängig vom Wechsel der bei ihm angestellten Personen. Im Beschluss des [X.] vom [X.] wird in Teil [X.] zwischen "Vertragsärzten, Praxen in der Anfangsphase und Umwandlung der Kooperationsform" differenziert. Dass in dem Beschluss, ebenso wie in § 87b [X.] 5 [X.] [X.]B V aF, neben den einzelnen Vertragsärzten auch Praxen genannt werden, spricht dafür, dass bei Kooperationen auf deren Bestand abzustellen ist. Im früheren Beschluss vom 27./[X.] war nur von "Neuzulassungen von Vertragsärzten und Umwandlung der Kooperationsform" die Rede (vgl Teil [X.]). Da es sich bei der Neugründung eines MVZ nicht stets um eine "Umwandlung" handelt, mussten die MVZ in diesem Zusammenhang von dem Begriff "Vertragsarzt" mitumfasst sein (vgl die vom L[X.] Berlin-Brandenburg im Urteil vom 24.11.2016 - L 24 [X.] 10/15 - Juris Rd[X.]1 zitierten Regelungen: "Als Vertragsarzt zählen … auch medizinische Versorgungszentren"). Für die Anknüpfung an den Zeitpunkt der erstmaligen Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung spricht bei einem MVZ noch mehr als bei einer [X.], weil das MVZ einen eigenen Zulassungsstatus hat. Als zugelassener Leistungserbringer steht ihm der Honoraranspruch und damit der [X.] zu. Dieser Gedanke steht hinter der Formulierung des [X.], dass das MVZ "Wettbewerber am Markt" sei (vgl auch L[X.] Baden-Württemberg Urteil vom 5.10.2016 - L 5 [X.] 773/13 - [X.] 2017, 418, 422). Dementsprechend wird das [X.] dem MVZ zugewiesen und nicht dem einzelnen im MVZ tätigen Arzt.

(3) Da aber die Berechnung des [X.] an den einzelnen Arzt anknüpft und das dem MVZ zuzuweisende [X.] sich aus der Addition der [X.] für die einzelnen dort tätigen Ärzte ergibt (vgl Teil F Ziffer 1.2.4 des Beschlusses des E[X.] vom 27./[X.]), ist weitere Voraussetzung für die Anwendung der Sonderregelungen zur "[X.]", dass auch der einzelne Arzt noch einen Aufbaustatus beanspruchen kann. Das ist dann nicht mehr der Fall, wenn er, wie hier [X.], vor seiner Tätigkeit im MVZ bereits über einen den [X.] ausschließenden Zeitraum im selben Planungsbereich wie das MVZ vertragsärztlich tätig war. Ebenso wie eine Verlegung des Standortes einer Praxis innerhalb eines Planungsbereichs nicht dazu führen kann, dass eine Praxis erneut als [X.] zu behandeln ist (vgl B[X.] [X.] 4-2500 § 87b [X.] RdNr 31), fehlt es im Fall eines Zulassungsverzichts zugunsten einer Anstellung in einem MVZ an einer Rechtfertigung dafür, den Arzt bei der Berechnung des [X.] unter dem Gesichtspunkt der nur für einen begrenzten Zeitraum zu eröffnenden sofortigen [X.] bis zum Durchschnitt der Fachgruppe weiterhin zu begünstigen. Die Chance, "durch Qualität und Attraktivität seiner Behandlung oder auch durch bessere Organisation seiner Praxis neue Patienten für sich zu gewinnen" (B[X.] [X.] 4-2500 § 87b [X.] Rd[X.]7), benötigt ein solcher Arzt nicht mehr. Es würde dem Sinn und Zweck der Sonderregelungen für [X.] zuwiderlaufen, würde der langjährig zugelassene Arzt, der zugunsten einer Anstellung in einem in demselben Planungsbereich neu gegründeten MVZ auf seine Zulassung verzichtet, erneut einen [X.] erlangen. Im Fall von [X.], der vor seiner Anstellung im MVZ seit 1986 in derselben [X.] und in nur geringer Entfernung (ca 3 km) in eigener Praxis vertragsärztlich tätig war, ist dies besonders augenfällig. Ebenso wenig wie das MVZ sich durch die Aufnahme neuer Ärzte "verjüngen" kann, kann ein Vertragsarzt nach langjähriger Tätigkeit durch Eintritt in ein neu gegründetes MVZ wieder zum "Wachstumsarzt" werden. Dabei kann offenbleiben, ob und in welchem Umfang das MVZ von der Vortätigkeit des Vertragsarztes in eigener Praxis tatsächlich profitiert. Im Interesse der Rechtssicherheit und der Praktikabilität der Honorarverteilung ist typisierend auf die vorherige Tätigkeit in demselben Planungsbereich abzustellen.

Den Gesamtvertragspartnern bzw der [X.] steht es frei, in dem durch das Gleichbehandlungsgebot vorgegebenen Rahmen spezielle Regelungen zur Förderung von Kooperationen in der Wachstumsphase zu treffen. Dabei könnten etwa im Hinblick auf die Größe der [X.] oder regionale Besonderheiten auch Bestimmungen vorgesehen werden, die auf kleinere räumliche Einheiten abstellen. Das ist hier aber nicht geschehen.

cc) Die Betrachtung hat zur Folge, dass - wie der [X.] dies bereits für die [X.] herausgestellt hat (B[X.] [X.] 4-2500 § 87b [X.] Rd[X.]7) - der neu in ein MVZ eintretende Arzt sich darüber im Klaren sein muss, dass er durch den Eintritt in das MVZ in dieses eingebunden wird. Damit kann auch der Verlust von Vorteilen verbunden sein, wenn etwa die aufgegebene Einzelpraxis noch eine [X.] wäre, das MVZ aber nicht mehr. Umgekehrt kann - wie hier - der "Status" der [X.] für das MVZ nach dem [X.] bestehen, die Zuweisung eines entsprechenden [X.] für einen angestellten Arzt aber daran scheitern, dass dieser zuvor bereits eine Praxis betrieben hat, der kein Aufbaustatus mehr zukommt. Von der Qualifizierung als [X.] profitiert das MVZ nur dann, wenn und solange auch der Arzt, für den ein [X.] zuzuweisen ist, die Voraussetzungen für die besondere Wachstumsregelung erfüllt. Nach dem Verlust der Eigenschaft einer [X.] kann sich das MVZ ebenso wenig wie die [X.] dadurch "verjüngen", dass es weitere Ärzte als Anfänger aufnimmt. Es ist lediglich, wie der [X.] schon für die [X.] ausgeführt hat, eine zusätzliche Fallzahl für den neu hinzutretenden Arzt zu berücksichtigen (vgl B[X.] [X.] 4-2500 § 87b [X.] RdNr 30).

f) Ob die Anwendung der Regelung zu den "[X.]" hier auch deshalb ausgeschlossen war, weil die Klägerin im streitbefangenen Quartal insgesamt ein überdurchschnittliches Honorar erwirtschaftete, kann offenbleiben. Es spricht allerdings viel dafür, dass eine Praxis mit überdurchschnittlichem Honorar keiner besonderen Förderung mehr bedarf. Nach der Rechtsprechung des [X.]s folgt der [X.] von [X.] aus dem Grundsatz der Honorarverteilungsgerechtigkeit (B[X.] [X.] 4-2500 § 87b [X.] Rd[X.]1). Es geht darum, dass diesen Praxen die Möglichkeit eingeräumt werden muss, zumindest den durchschnittlichen Umsatz der [X.] zu erreichen (B[X.] [X.] 4-2500 § 85 [X.] Rd[X.]4 mwN). Dabei ist unerheblich, ob der Umsatz im [X.]-Bereich oder im Bereich der freien Leistungen generiert wird. Das folgt bereits daraus, dass die Leistungen der einzelnen [X.]n in unterschiedlichem Umfang den [X.] unterliegen. Soweit das L[X.] darauf abgestellt hat, dass sich die Regelung für Neupraxen im [X.] nur zu [X.] verhalten, hält die Beklagte dem zu Recht entgegen, dass dort von "Praxen, die sich noch im Aufbau befinden", die Rede ist. Nach Sinn und Zweck kann es sich dabei nur um solche Praxen handeln, die noch unterhalb des durchschnittlichen Umsatzes liegen. Es wäre mit dem Grundsatz der Honorarverteilungsgerechtigkeit schwerlich vereinbar, Praxen mit überdurchschnittlichem Honorarumsatz allein deshalb zu fördern, weil sie noch keine 20 Quartale zugelassen sind und in einem Teilbereich noch keine durchschnittliche Fallzahl erreicht haben. Das gilt umso mehr, wenn dieser Teilbereich - wie hier - nur einen geringen Teil des [X.] (ca 34 000 Euro von 236 000 Euro) ausmacht.

3. [X.] stützt sich auf § 197a [X.]G iVm § 154 [X.] 1 VwGO. Danach hat die Klägerin die Kosten des Rechtsstreits in allen Instanzen zu tragen.

Meta

B 6 KA 23/16 R

24.01.2018

Bundessozialgericht 6. Senat

Urteil

Sachgebiet: KA

vorgehend SG München, 16. Mai 2014, Az: S 28 KA 1440/12, Urteil

Art 3 Abs 1 GG, Art 12 Abs 1 GG, § 87a Abs 2 SGB 5, § 87b Abs 2 SGB 5 vom 26.03.2007, § 87b Abs 3 S 1 SGB 5 vom 26.03.2007, § 87b Abs 4 S 1 SGB 5 vom 26.03.2007, § 87b Abs 4 S 2 SGB 5 vom 26.03.2007, § 87b Abs 5 S 1 SGB 5 vom 26.03.2007

Zitier­vorschlag: Bundessozialgericht, Urteil vom 24.01.2018, Az. B 6 KA 23/16 R (REWIS RS 2018, 15103)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2018, 15103

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