Bundesfinanzhof, Urteil vom 21.12.2021, Az. IV R 13/19

4. Senat | REWIS RS 2021, 122

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Gegenstand

Vollbeendigung einer Erbengemeinschaft; Betriebsunterbrechung auch bei außergewöhnlich langer Zeitdauer denkbar


Leitsatz

1. NV: Eine Erbengemeinschaft ist mit Übertragung ihrer gesamten Anteile auf eine einzige Person vollbeendet.

2. NV: Ein außergewöhnlich langer Zeitraum steht der Annahme einer Betriebsunterbrechung nicht entgegen.

3. NV: Ebenso wenig steht es der Annahme einer Betriebsunterbrechung entgegen, dass der bisherige Betriebsinhaber verstorben ist, wenn die wesentlichen Betriebsgrundlagen von einer (Erbes-)Erbengemeinschaft gehalten werden.

Tenor

Die Revision der Kläger gegen das Urteil des [X.] vom 26.03.2019 - 6 K 9/18 wird als unbegründet zurückgewiesen.

Die Kosten des Revisionsverfahrens haben die Kläger zu tragen.

Tatbestand

I.

1

Anfang der 1930er Jahre gründete [X.] einen Brotgroßhandel auf dem Grundstück [X.] in [X.] (nachfolgend: Grundstück). [X.] kaufte Brot im Umland, holte es mit einem [X.]astwagen dort ab und verkaufte es dann in [X.]. Auf dem Grundstück befanden sich zunächst die Hallen einer alten …-Fabrik. [X.] entfernte [X.] die Hallen und errichtete einen [X.]agerraum für den Brotgroßhandel, mehrere Garagen sowie ein [X.]ohn- und Verwaltungsgebäude.

2

[X.] verkaufte [X.] seinen Brotgroßhandel für 10.000 DM. Der Verkauf umfasste einen [X.]ieferwagen und eine Kundenliste. Der Käufer betrieb den gekauften Brotgroßhandel nicht auf dem Grundstück des [X.]. In der Folgezeit verpachtete [X.] das Grundstück. [X.] erhielt der [X.]agerschuppen auf dem Grundstück eine Überdachung. Ein Teil der Gebäude wurde von einer Kaffeerösterei genutzt. 1975 wurden die vorhandenen, baufälligen Garagen entfernt. Es wurde eine Garagenhalle errichtet; die [X.]agerhalle wurde erweitert.

3

Mit dem Tod des [X.] am … .1985 erbte dessen Ehefrau [X.] das Grundstück. Als [X.] am … .2001 verstarb, wurden deren Kinder Erben. Im Streitzeitraum (2013 und 2014) waren die sechs Kläger und Revisionskläger (Kläger) als Erben und [X.] nach [X.] Mitglieder der Erbengemeinschaft nach [X.].

4

Seit dem [X.] wurden Einkünfte aus der Vermietung des Grundstücks als Einkünfte aus Gewerbebetrieb erklärt. In den Erklärungen für die gesonderte und einheitliche Feststellung der Einkünfte für 2013 und 2014 gaben die Mitglieder der Erbengemeinschaft nach [X.] Einkünfte aus der Nutzung des Grundstücks als Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung an. Mit Schreiben vom 23.09.2014 an das Finanzamt [X.] erklärten sie schließlich die "Aufgabe der Betriebsverpachtung" des Grundstücks rückwirkend zum 24.06.2014. In dem bei diesem Finanzamt am 24.09.2014 eingegangenen Schreiben wurde ausgeführt, dass die [X.] als gegenstandslos zu betrachten sei, wenn bereits früher eine Betriebsaufgabe durch [X.] vorgenommen worden sei.

5

Ab Juli 2014 übertrugen die Mitglieder der Erbengemeinschaft ihre Anteile auf die Kläger zu 4. und 5. Am … .2015 veräußerten diese ihre je hälftigen Anteile an der Erbengemeinschaft nach [X.] schließlich an die [X.] (N-KG). Unter dem … .2015 wurde der Bau von zwei Mehrfamilienhäusern mit 44 [X.]ohneinheiten und Tiefgarage auf dem Grundstück genehmigt.

6

Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --[X.]--) stellte mit Bescheid vom 25.01.2017 über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen (Gewinnfeststellungsbescheid) für das [X.] laufende Einkünfte aus Gewerbebetrieb fest. Am 18.04.2017 erfolgte eine Änderung aus nicht verfahrensgegenständlichen Gründen. Für 2014 stellte das [X.] am 25.01.2017 einen Veräußerungsgewinn sowie laufende Einkünfte aus Gewerbebetrieb fest. Zusätzlich wurden für 2014 auch Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung festgestellt. Der Bescheid für 2014 wurde am 20.02.2017 und am 13.09.2017 aus nicht verfahrensgegenständlichen Gründen geändert.

7

Die hiergegen gerichteten Einsprüche wurden mit Einspruchsentscheidung des [X.] vom 05.12.2017 als unbegründet zurückgewiesen.

8

Die Kläger wandten sich in der zum [X.] ([X.]) [X.] erhobenen Klage gegen den festgestellten Veräußerungsgewinn und begehrten zudem die Umqualifizierung der laufenden Einkünfte aus Gewerbebetrieb in solche aus Vermietung und Verpachtung. Die übersehene Betriebsaufgabe durch [X.] könne nicht in einem späteren Veranlagungszeitraum besteuert werden. [X.] habe durch die Veräußerung seines gesamten Fuhrparks bereits die wesentlichen Betriebsgrundlagen seines Fuhrunternehmens veräußert.

9

Mit Urteil vom [X.] - 6 K 9/18 wies das [X.] die Klage als unbegründet ab. Der Betrieb des [X.] sei seit dem [X.] nur unterbrochen gewesen. Auch nach dem Verkauf des Brotgroßhandels sei mit dem Grundstück die wesentliche Betriebsgrundlage für die Fortsetzung des Betriebs erhalten geblieben. Die Aufgabe des Betriebs sei erst im Streitjahr 2014 durch Erklärung gegenüber der Finanzbehörde erfolgt.

Mit ihrer Revision rügen die Kläger die Verletzung materiellen Rechts. Der Betrieb des [X.]s sei von [X.] schon im [X.] aufgegeben worden. Für eine Betriebsunterbrechung wäre erforderlich, dass auf dem Grundstück ein [X.] hätte betrieben werden können, der von seiner Struktur und seinem Erscheinungsbild wirtschaftlich identisch mit dem im [X.] verkauften [X.] gewesen wäre. Für einen solchen Handelsbetrieb mit Brot komme es auf die Strukturen der Produktion (Maschinen), des Vertriebs (Fuhrpark) und des Einkaufs, auf die [X.]ettbewerbs- und Konkurrenzsituation, die Kundenstruktur, das gesamtwirtschaftliche Umfeld, die technische Entwicklung in der Produktion und die notwendigen Mitarbeiter an. Der veräußerte Betrieb sei jedoch ein Relikt der Nachkriegszeit und könne in der heutigen [X.] nicht identitätswahrend betrieben werden.

Die Kläger beantragen sinngemäß,
das Urteil des [X.] vom [X.] - 6 K 9/18 und die Einspruchsentscheidung vom 05.12.2017 aufzuheben und den Bescheid über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen für 2013, zuletzt geändert am 18.04.2017, dahingehend zu ändern, dass die festgestellten Einkünfte aus Gewerbebetrieb in Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung umqualifiziert werden, und den Bescheid über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen für 2014, zuletzt geändert am 13.09.2017, dahingehend zu ändern, dass die festgestellten Einkünfte aus Gewerbebetrieb in Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung umqualifiziert werden und kein Veräußerungs-/Aufgabegewinn festgestellt wird.

Das [X.] beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

Die Kläger und das [X.] haben auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung vor dem [X.] ([X.]) verzichtet.

Entscheidungsgründe

II.

Die zulässige Revision ist unbegründet und war zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung --[X.]O--). Die Abweisung der Klage durch das [X.] ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.

1. Gegenstand des Verfahrens ist die Qualifikation von Einkünften und die Feststellung eines Aufgabegewinns der [X.] in den Gewinnfeststellungsbescheiden für 2013 und 2014.

a) Nach ständiger [X.]-Rechtsprechung kann ein Bescheid über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen nach § 179, § 180 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a der Abgabenordnung ([X.]) eine Vielzahl selbständiger und damit auch selbständig anfechtbarer Feststellungen enthalten, die eigenständig in Bestandskraft erwachsen können. Solche selbständigen Feststellungen sind insbesondere die Qualifikation der Einkünfte, das Bestehen einer Mitunternehmerschaft und wer an ihr beteiligt ist, die Höhe des laufenden [X.]sgewinns sowie dessen Verteilung auf die Mitunternehmer und die Höhe eines Sondergewinns bzw. einer Sondervergütung. Selbständig anfechtbar ist auch die Feststellung eines Veräußerungs- oder Aufgabegewinns der [X.] nach § 16 des Einkommensteuergesetzes (EStG) sowie eines Gewinns des einzelnen Mitunternehmers aus der Veräußerung oder Aufgabe eines Mitunternehmeranteils nach § 16 EStG. Eine weitere selbständig anfechtbare Besteuerungsgrundlage ist die Qualifikation eines Gewinns als außerordentlich i.S. von § 34 EStG. Zwischen den verschiedenen selbständigen Besteuerungsgrundlagen kann nicht saldiert werden. Der in Feststellungsbescheiden häufig angegebene "Gesamtgewinn" bezeichnet lediglich rechnerisch die Summe der verschiedenen Besteuerungsgrundlagen, entfaltet aber keinerlei Rechtswirkungen (z.B. [X.]-Urteil vom 23.01.2020 - IV R 48/16, Rz 17, m.w.N.).

b) Gegenstand des Revisionsverfahrens ist im Streitfall zum einen die Qualifizierung der laufenden Einkünfte in den Jahren 2013 und 2014 als solche aus Gewerbebetrieb anstatt aus Vermietung und Verpachtung, zum anderen die Feststellung eines Aufgabegewinns der [X.] im [X.].

2. Zu Recht hat das [X.] die Zulässigkeit der Klage für die sechs Kläger bejaht. Sie sind als ehemalige Mitgesellschafter einer bereits vor Klageerhebung vollbeendeten Erbengemeinschaft klagebefugt.

a) Für einen Gewinnfeststellungsbescheid endet die Befugnis der Personengesellschaft, nach § 48 Abs. 1 Nr. 1 [X.]O für ihre Gesellschafter Klage zu erheben, grundsätzlich mit ihrer Vollbeendigung. Es lebt die bis zum [X.]punkt der Vollbeendigung überlagerte Klagebefugnis der einzelnen Gesellschafter wieder auf, deren Mitgliedschaft die [X.] berührt, die der betreffende Gewinnfeststellungsbescheid betrifft (ständige [X.]-Rechtsprechung, z.B. Urteil vom 10.09.2020 - IV R 6/18, [X.], 87, [X.] 2021, 197, Rz 20, m.w.N.).

Auch eine Erbengemeinschaft kann eine Mitunternehmerschaft darstellen und Gegenstand einer gesonderten und einheitlichen Feststellung i.S. von § 179 Abs. 2 Satz 2, § 180 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a [X.] sein ([X.]-Urteile vom 21.04.2005 - III R 7/03, [X.] 2005, 1974, unter II.2. [Rz 23 ff.], und vom 17.05.2018 - VI R 66/15, [X.], 33, Rz 19). Eine nach § 2042 Abs. 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) grundsätzlich auf Auseinandersetzung gerichtete Erbengemeinschaft ist dann beendet, wenn sich die Miterben wegen des gemeinsamen Vermögens nach den für Personengesellschaften entwickelten Grundsätzen vollständig auseinandergesetzt haben ([X.]-Urteil vom 14.12.1993 - VIII R 13/93, [X.], 503, [X.] 1994, 922, unter [X.] [Rz 20]). [X.] der vorletzte Miterbe aus einer Erbengemeinschaft aus, so erlischt diese (vgl. Urteil des [X.] --BGH-- vom 21.01.1998 - IV ZR 346/96, [X.], 8, unter [X.] [Rz 14]; BGH-Beschluss vom 30.09.2010 - V ZB 219/09, [X.], 132, Rz 23; [X.]/[X.]eidlich, Bürgerliches Gesetzbuch, 81. Aufl., § 2042 Rz 10). Die Erbengemeinschaft wird auch dann beendet, wenn ein Dritter sämtliche Erbanteile erwirbt und sich damit sämtliche Erbanteile in ein und derselben Person vereinigen (BGH-Beschluss vom 22.10.2015 - V ZB 126/14, Rz 11).

b) Nach den Feststellungen des [X.] erfolgte die Übertragung der (zuletzt jeweils hälftigen) Erbanteile von den Klägern zu 4. und 5. auf die [X.], durch die die Erbengemeinschaft beendet wurde, im [X.] und damit noch vor Klageerhebung. Deshalb besteht die Klagebefugnis derjenigen, die in den Streitjahren Mitglieder der Erbengemeinschaft nach [X.] waren und die eine eigene Rechtsverletzung geltend machen (§ 40 Abs. 2 [X.]O). Dies trifft auf alle Kläger zu.

3. [X.] nicht zu beanstanden ist die Entscheidung des [X.], eine Betriebsunterbrechung anzunehmen und die [X.] bis zum 24.06.2014 als Einkünfte aus Gewerbebetrieb zu qualifizieren (dazu unter a), sowie für die zu diesem [X.]punkt erklärte Betriebsaufgabe einen Aufgabegewinn festzustellen (dazu unter b).

a) Zu Recht konnte das [X.] annehmen, dass die von den Klägern aus der Vermietung des Grundstücks bis zum 24.06.2014 erzielten Einkünfte dem ruhenden Gewerbebetrieb der Erbengemeinschaft nach [X.] zuzurechnen sind. Sie waren deshalb als Einkünfte aus Gewerbebetrieb zu qualifizieren und festzustellen.

aa) Die Einkünfte aus der Vermietung und Verpachtung eines Grundstücks, das dem Betriebsvermögen eines Gewerbebetriebs zuzuordnen ist, stellen nach § 21 Abs. 3 EStG gewerbliche Einkünfte dar (vgl. [X.]-Urteile vom 15.10.1987 - IV R 66/86, [X.], 62, [X.] 1988, 260, unter 5.a [Rz 28], und vom 09.11.2017 - IV R 37/14, [X.], 545, [X.] 2018, 227, Rz 22).

bb) Die Annahme des [X.], der Gewerbebetrieb des [X.] sei bis in das [X.] noch nicht aufgegeben, sondern nur unterbrochen gewesen und habe geruht, ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Das gilt auch für die Annahme des [X.], bei dem von der Erbengemeinschaft nach [X.] gehaltenen Grundstück habe es sich um eine wesentliche Betriebsgrundlage dieses Gewerbebetriebs gehandelt.

(1) [X.] hatte ursprünglich mit seinem [X.] einen Gewerbebetrieb als Einzelunternehmer i.S. von (heute) § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG unterhalten, bis er diesen im Jahr 1953 nicht weiter betrieb. Es ist zwischen den Beteiligten zu Recht nicht streitig, dass [X.] in diesem [X.]raum mit dem [X.] eine originär gewerbliche Tätigkeit ausgeübt hat. Der Senat sieht deshalb von weiteren Ausführungen zu diesem Punkt ab.

(2) Eine Betriebsaufgabe liegt vor, wenn die bisher in dem Betrieb entfaltete Tätigkeit aufgrund eines Entschlusses des Steuerpflichtigen, den Betrieb aufzugeben, endgültig eingestellt wird, alle wesentlichen Betriebsgrundlagen in einem einheitlichen Vorgang, d.h. innerhalb kurzer [X.], entweder insgesamt klar und eindeutig, äußerlich erkennbar in das Privatvermögen überführt bzw. anderen betriebsfremden Zwecken zugeführt oder insgesamt einzeln an verschiedene Erwerber veräußert oder teilweise veräußert und teilweise in das Privatvermögen überführt werden und dadurch der Betrieb als selbständiger Organismus des [X.]irtschaftslebens zu bestehen aufhört ([X.]-Urteile vom 26.04.2001 - IV R 14/00, [X.], 290, [X.] 2001, 798, unter [X.] [Rz 30], und in [X.], 545, [X.] 2018, 227, Rz 24).

(3) Stellt ein Unternehmen seine werbende gewerbliche Tätigkeit ein, so liegt darin aber nicht notwendigerweise eine Betriebsaufgabe. Die Einstellung kann auch nur als Betriebsunterbrechung zu beurteilen sein, die den Fortbestand des Betriebs unberührt lässt. Die Betriebsunterbrechung kann darin bestehen, dass der Betriebsinhaber die wesentlichen Betriebsgrundlagen --in der Regel einheitlich an einen anderen Unternehmer-- verpachtet oder darin, dass er die gewerbliche Tätigkeit ruhen lässt. [X.]ird in diesen Fällen die Betriebsaufgabe nicht eindeutig gegenüber dem Finanzamt erklärt, so geht die Rechtsprechung davon aus, dass die Absicht besteht, den unterbrochenen Betrieb künftig wieder aufzunehmen, sofern die Fortsetzung des Betriebs mit den zurückbehaltenen [X.]irtschaftsgütern objektiv möglich ist. Die Annahme einer Betriebsunterbrechung und damit auch eines nur ruhenden Gewerbebetriebs ist hingegen ausgeschlossen, wenn der Unternehmer seine werbende Tätigkeit einstellt und keine wesentlichen Betriebsgrundlagen mehr vorhanden sind, die einem später identitätswahrend fortgeführten Betrieb dienen könnten. Es soll so vermieden werden, dem Steuerpflichtigen "ewiges Betriebsvermögen" zu belassen. Es kommt dann unabhängig von der Abgabe einer Aufgabeerklärung zu einer --insoweit zwangsweisen-- Betriebsaufgabe mit der Folge der Aufdeckung vorhandener stiller Reserven (z.B. [X.]-Urteil in [X.], 545, [X.] 2018, 227, Rz 25 f., m.w.N.; vgl. auch [X.]-Urteil vom 18.07.2018 - X R 36/17, Rz 26 f.).

Für die Annahme eines ruhenden Gewerbebetriebs müssen demnach sämtliche für die Fortsetzung wesentlichen Betriebsgrundlagen zurückbehalten und dürfen nicht entscheidend umgestaltet worden sein. [X.]erden nur [X.] zurückbehalten, so liegt eine Betriebsunterbrechung nur dann vor, wenn die Grundstücke die alleinige wesentliche Betriebsgrundlage darstellen. Dies kann für Betriebe des Groß- und Einzelhandels bejaht werden, da das jederzeit wieder zu beschaffende Inventar und andere Gegenstände des Anlagevermögens nicht zu den wesentlichen Betriebsgrundlagen gehören (z.B. [X.]-Urteil vom 14.03.2006 - VIII R 80/03, [X.], 541, [X.] 2006, 591, unter [X.] [Rz 20]).

(4) Ein Ruhen des Betriebs im Sinne einer Unterbrechung des Betriebs setzt voraus, dass dieser Zustand zeitlich begrenzt ist. Für die Frage, innerhalb welchen [X.]raums der Betrieb wieder aufzunehmen ist, kann keine feste zeitliche Grenze festgelegt werden. Abzustellen ist auf die Umstände des Einzelfalls ([X.]-Urteile in [X.], 545, [X.] 2018, 227, Rz 27 f., und vom 18.07.2018 - X R 36/17, Rz 46).

(5) Es steht der Annahme einer Betriebsunterbrechung nicht entgegen, dass der bisherige Betriebsinhaber verstorben ist, wenn die wesentlichen Betriebsgrundlagen von einer ([X.] gehalten werden.

[X.] alleine führt weder zu einer Betriebsaufgabe, noch geht sein Betriebsvermögen durch den Erbfall in das Privatvermögen der Erben(-gemeinschaft) über (vgl. Beschluss des Großen Senats des [X.] vom 05.07.1990 - GrS 2/89, [X.]E 161, 332, [X.] 1990, 837, unter [X.] [Rz 60 ff.]; [X.]-Urteil in [X.], 503, [X.] 1994, 922, unter [X.] [Rz 18]). Auch wenn die Erbengemeinschaft nach § 2042 Abs. 1 BGB auf eine Auseinandersetzung ausgerichtet ist, kann sie doch auch zeitlich unbegrenzt fortgeführt werden (vgl. Beschluss des Großen Senats des [X.] in [X.]E 161, 332, [X.] 1990, 837, unter [X.]b [Rz 64]; [X.]-Urteil in [X.], 503, [X.] 1994, 922, unter [X.]b [Rz 24]).

(6) Unschädlich für die Annahme einer Betriebsunterbrechung in Gestalt eines ruhenden Gewerbebetriebs ist es, wenn der Pächter eines verpachteten Grundstücks dieses aus Sicht des ruhenden Betriebs branchenfremd nutzt ([X.]-Urteil in [X.], 541, [X.] 2006, 591, unter [X.] [Rz 20]).

(7) Im Streitfall hat das [X.] seiner Entscheidung zutreffend die vorgenannten rechtlichen Grundsätze für die Annahme eines ruhenden Gewerbebetriebs zugrunde gelegt. Auf Grundlage seiner tatsächlichen Feststellungen, gegen die keine erfolgreichen Verfahrensrügen erhoben worden sind und an die der [X.] daher nach § 118 Abs. 2 [X.]O gebunden ist, ist seine Schlussfolgerung revisionsrechtlich nicht zu beanstanden, dass der Betrieb des [X.] und später der Erbengemeinschaft nach [X.] in den Streitjahren bis zum 24.06.2014 ruhte und noch nicht aufgegeben war.

Nicht zu beanstanden ist die Feststellung des [X.], wonach das von [X.] und der Erbengemeinschaft nach [X.] gehaltene Grundstück erlaubte, identitätswahrend einem Betrieb des [X.]s zu dienen. Das [X.] hat hierbei die spezielle [X.]age des Grundstücks in [X.] gewürdigt, die für Anlieferung und Verteilung der [X.]are günstig sei. Auch hat es die im Streitzeitraum noch vorhandene Bebauung mit [X.]agerhalle, Garagen und Verwaltungsgebäude in seine Entscheidung einbezogen und das Grundstück deshalb für grundsätzlich geeignet zum Großhandel mit Brot befunden.

Ein Verstoß gegen Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze liegt auch nicht in der Annahme des [X.], weder der Kundenstamm noch der [X.]K[X.] hätten zu den wesentlichen Betriebsgrundlagen des Betriebs gehört. Gleiches gilt für die Annahme des [X.], ein [X.]ettbewerbsverbot für die [X.]ieferung von "…-Brot" stehe einer [X.]iedereröffnung des Betriebs nicht entgegen. Denn das [X.] hat zutreffend ausgeführt, dass ein ruhender Gewerbebetrieb nicht das identische Unternehmen fortführen können müsse, sondern die Aufnahme eines Betriebs in gleichartiger oder ähnlicher [X.]eise genüge (s. [X.]-Urteil vom 07.11.2013 - [X.], Rz 25).

Den Klägern ist zuzugeben, dass sich die Umstände, unter denen der [X.] in der [X.] stattfindet, zwischen den Jahren 1953 und 2014 erheblich verändert haben. Gleichwohl war es im Streitzeitraum zumindest objektiv möglich, anzunehmen, dass auf dem Grundstück in [X.] wieder ein Betrieb installiert wird, der sich dem Einkauf und Verkauf von Brot oder eines vergleichbaren bzw. ähnlichen Produkts widmet. Angesichts der geänderten Rahmenbedingungen, auf die die Kläger hinweisen, mag ein solches Unterfangen aus betriebswirtschaftlicher Sicht ungewöhnlich sein. Ausgeschlossen ist es indes nicht. Die Annahme des [X.], wonach dort in den Jahren 1953 bis 2014 ein Brotgroßhandel jederzeit hätte wieder eröffnet werden können, ist deshalb möglich. Die Annahme einer Betriebsunterbrechung setzt nicht voraus, dass die [X.]iedereröffnung eines identitätswahrenden Betriebs überwiegend wahrscheinlich ist oder einem solchen wiederaufgenommenen Betrieb ein nachhaltiger wirtschaftlicher Erfolg beschieden sein müsste. In der hier vorliegenden Fallkonstellation, in der keine Betriebsaufgabe erklärt, sondern dem Finanzamt über Jahrzehnte mitgeteilt wurde, dass ein Gewerbebetrieb fortbestehe, liegt nach dem oben unter [X.] bb (3) Ausgeführten eine (unerkannte) Betriebsaufgabe nur dann vor, wenn die [X.]iederaufnahme des Betriebs mangels der dazu erforderlichen wesentlichen Betriebsgrundlagen objektiv nicht möglich ist.

Auch die Annahme, dass trotz des außergewöhnlich langen [X.]raums von 1953 bis 2014, für den das [X.] die Möglichkeit der [X.]iedereröffnung eines identitätswahrenden Betriebs bejaht hat, eine bloße Betriebsunterbrechung vorgelegen habe, verstößt weder gegen Denkgesetze noch gegen allgemeine Erfahrungssätze. Die Erwägung des [X.], die [X.]iederaufnahme eines Großhandels durch die Generation der [X.], die gemeinschaftlich Eigentümer des Betriebsgrundstücks sind, sei denkbar, verstößt zudem nicht gegen den Grundsatz, dass es kein "ewiges Betriebsvermögen" geben könne. Denn auch wenn sich die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen für den Brotgroßhandel in dieser [X.] erheblich geändert haben mögen, so ist ein Bedarf an dieser [X.]are unverändert vorhanden. Auch das Vorhandensein eines strategisch günstig gelegenen Grundstücks für den Betriebssitz eines solchen [X.] kann als unverändert wichtiger Faktor beurteilt werden.

b) Zutreffend ist das [X.] auch von der Rechtmäßigkeit der Feststellung eines Aufgabegewinns im [X.] ausgegangen. Die Kläger als die Inhaber des unterbrochenen Betriebs haben die Betriebsaufgabe wirksam (erst) zum 24.06.2014 erklärt.

Nach § 16 Abs. 3b Satz 1 EStG gilt in den Fällen der Betriebsunterbrechung und Betriebsverpachtung im Ganzen ein Gewerbebetrieb, ein Teilbetrieb oder ein gesamter Mitunternehmeranteil nicht als aufgegeben, bis der Steuerpflichtige entweder die Betriebsaufgabe gegenüber dem Finanzamt erklärt (Nr. 1) oder dem Finanzamt Tatsachen bekannt werden, aus denen sich ergibt, dass die Voraussetzungen einer Betriebsaufgabe erfüllt sind (Nr. 2). Diese Regelung ist für Betriebsaufgaben nach dem 04.11.2011 anwendbar (§ 52 Abs. 34 Satz 9 EStG i.d.[X.] 2011 --StVereinfG 2011-- vom 01.11.2011, [X.], 2131).

Das [X.] hat auf der Grundlage seiner getroffenen Feststellungen zutreffend die Voraussetzungen dieser Norm bejaht. Danach haben die Mitglieder der Erbengemeinschaft nach [X.] die Betriebsaufgabe gegenüber dem Finanzamt erklärt. Die am 24.09.2014 dort eingegangene Erklärung hat auch die Frist zulässiger Rückwirkung von drei Monaten (§ 16 Abs. 3b Satz 2 EStG) bis zum 24.06.2014 gewahrt.

Die Höhe des festgestellten Aufgabegewinns nach § 16 Abs. 3 Sätze 5 ff., Abs. 2 EStG ist nicht streitig.

4. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 2 [X.]O.

Meta

IV R 13/19

21.12.2021

Bundesfinanzhof 4. Senat

Urteil

vorgehend FG Hamburg, 26. März 2019, Az: 6 K 9/18, Urteil

§ 15 Abs 1 S 1 Nr 1 EStG 2009, § 16 Abs 1 EStG 2009, § 16 Abs 3b EStG 2009, § 21 Abs 3 EStG 2009, Art 1 Nr 33 Buchst f StVereinfG 2011, § 179 AO, § 180 Abs 1 S 1 Nr 2 Buchst a AO, § 40 Abs 2 FGO, § 48 Abs 1 Nr 1 FGO, § 118 Abs 2 FGO, § 2042 BGB, EStG VZ 2013, EStG VZ 2014, § 52 Abs 34 S 9 EStG 2009 vom 01.11.2011

Zitier­vorschlag: Bundesfinanzhof, Urteil vom 21.12.2021, Az. IV R 13/19 (REWIS RS 2021, 122)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2021, 122

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