Bundesgerichtshof, Urteil vom 27.09.2017, Az. VIII ZR 193/16

8. Zivilsenat | REWIS RS 2017, 4648

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Gegenstand

Wohnraummiete: Ausschluss der fristlosen Kündigung wegen Zahlungsverzugs durch Zahlung des Mietrückstands; Berechnung des Zahlungsrückstands von mehr als einer Monatsmiete


Leitsatz

1. Ist durch Auflauf eines Zahlungsrückstands des Mieters in der in § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 Buchst. a oder Buchst. b BGB genannten Höhe ein Recht des Vermieters zur fristlosen Kündigung des Mietverhältnisses entstanden, wird dieses nach § 543 Abs. 2 Satz 2 BGB nur durch eine vollständige Zahlung des Rückstandes vor Zugang der Kündigung ausgeschlossen (Bestätigung der Senatsurteile vom 14. Juli 1970, VIII ZR 12/69, ZMR 1971, 27 unter II 4; vom 23. September 1987, VIII ZR 265/86, NJW-RR 1988, 77 unter II 2 a [jeweils zu § 554 BGB aF]; vom 26. Januar 2005, VIII ZR 90/04, WM 2005, 459 unter II 2 d bb; vom 11. Januar 2006, VIII ZR 364/04, NJW 2006, 1585 Rn. 10 und vom 24. August 2016, VIII ZR 261/15, NJW 2016, 3437 Rn. 23 [jeweils zu § 543 Abs. 2 Satz 2 BGB]).

2. Bei der Beurteilung, ob der Zahlungsrückstand des Mieters die Miete für einen Monat übersteigt (§ 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 Buchst. a, § 569 Abs. 3 Nr. 1 Satz 1 BGB), ist nicht auf die (berechtigterweise) geminderte Miete, sondern auf die vertraglich vereinbarte Gesamtmiete abzustellen (Bestätigung und Fortführung der Senatsurteile vom 12. Mai 2010, VIII ZR 96/09, NJW 2010, 3015 Rn. 41 und vom 11. Juli 2012, VIII ZR 138/11, NJW 2012, 2882 Rn. 16).

Tenor

Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil der 4. Zivilkammer des [X.] vom 3. August 2016 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als hinsichtlich des Klageantrags auf Räumung und Herausgabe der Wohnung zum Nachteil der Klägerin erkannt worden ist.

Im Umfang der Aufhebung wird die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des [X.] vom 30. Dezember 2015 zurückgewiesen.

Von den Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens haben die Klägerin 18 Prozent und die Beklagte 82 Prozent, von den Kosten des Berufungsverfahrens die Klägerin 10 Prozent und die Beklagte 90 Prozent zu tragen. Die Kosten des Revisionsverfahrens hat die Beklagte zu tragen.

Von Rechts wegen

Tatbestand

1

Die Beklagte mietete im Jahr 1999 von der Rechtsvorgängerin der Klägerin eine Zweizimmerwohnung in [X.]          . Die monatliche Miete betrug zuletzt 386,96 € zuzüglich einer Vorauszahlung auf die Betriebskosten - mit Ausnahme der Heizkosten - in Höhe von 93 € pro Monat, insgesamt mithin 479,96 €.

2

Im September 2014 forderte die Beklagte die Klägerin auf, bis Ende Oktober 2014 den in der Wohnung bereits seit Beginn des [X.] vorhandenen - damals neuen - Teppichboden zu ersetzen, da dieser abgenutzt und stellenweise schadhaft sei. Anderenfalls werde sie ab November 2014 die Miete um 15 Prozent mindern. Zugleich kündigte die Beklagte eine Minderung der Miete um weitere 20 Prozent ab Oktober 2014 an, da die über ihr wohnende Mieterin [X.] in die geöffneten Fenster der Wohnung der Beklagten sprühe. Die Klägerin wies diese Mietminderungen zurück und kündigte die Erneuerung des Teppichbodens für die [X.] ab dem 1. Dezember 2014 an; letztlich konnte ein Austausch des Teppichbodens jedoch nicht erfolgen, da die Beklagte die von der Klägerin hierzu angebotenen Termine ablehnte.

3

Ab Oktober 2014 zahlte die Beklagte nur noch einen Teil der Miete. Für Oktober 2014 zahlte sie 383,96 €, für November und Dezember 2014 sowie Januar 2015 jeweils 287,96 €. Am 9. Januar 2015 nahm sie eine Teilnachzahlung in Höhe von 456 € auf die Zahlungsrückstände vor, wovon 96 € auf die Oktobermiete und jeweils 120 € auf die drei weiteren vorstehend genannten Monatsmieten verrechnet werden sollten. Auf die Miete für Februar 2015 zahlte die Beklagte nur einen Teilbetrag von 407,96 €. Der von ihr für den Monat März 2015 geleistete Teilbetrag von 402,96 € wurde dem Konto der Klägerin am 16. März 2015 gutgeschrieben.

4

Mit Schreiben ebenfalls vom 16. März 2015, das der Beklagten am darauf folgenden Tag zuging, erklärte die Klägerin die fristlose, hilfsweise die ordentliche Kündigung des Mietverhältnisses wegen Zahlungsverzugs.

5

Ein vollständiger Ausgleich des [X.] für die Monate Februar und März 2015 erfolgte in der Folgezeit - auch innerhalb der Schonfrist gemäß § 569 Abs. 3 Nr. 2 BGB - nicht. Vielmehr sprach die Klägerin mehrfach (unter anderem) wegen weiteren Zahlungsverzugs der Beklagten die fristlose, hilfsweise die ordentliche Kündigung des Mietverhältnisses aus.

6

Mit der vorliegenden Klage hat die Klägerin von der Beklagten die Zahlung restlicher Miete und einer Betriebskostennachforderung, jeweils nebst Zinsen, sowie die Räumung und Herausgabe der Wohnung verlangt. Die Beklagte hat im Wege der Widerklage die Verurteilung der Klägerin zur Erneuerung des Teppichbodens für das Wohnzimmer und das Arbeitszimmer erstrebt. Das Amtsgericht hat der Zahlungsklage teilweise stattgegeben und die Beklagte zur Räumung und Herausgabe der Wohnung verurteilt; die Widerklage hat es abgewiesen. Auf die Berufung der Beklagten hat das [X.] die Klage insgesamt abgewiesen und der Widerklage stattgegeben. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihr [X.] und Herausgabebegehren weiter.

Entscheidungsgründe

7

Die Revision hat Erfolg.

I.

8

Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung, soweit für das Revisionsverfahren noch von Bedeutung, im Wesentlichen ausgeführt:

9

Die Klägerin habe gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Räumung der Wohnung. Keine der von der Klägerin erklärten Kündigungen habe das Vertragsverhältnis der Parteien beendet. Die fristlose Kündigung vom 16. März 2015 sei unwirksam. Die Beklagte sei zum Zeitpunkt der Kündigung nicht gemäß § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 Buchst. a [X.] für zwei aufeinanderfolgende Termine mit der Entrichtung der Miete oder eines nicht unerheblichen- den Betrag einer Monatsmiete übersteigenden - Teils der Miete in Verzug gewesen. Eine Kündigung müsse sowohl zum Zeitpunkt ihres Ausspruchs als auch noch zum Zeitpunkt ihres Zugangs beim Mieter den [X.] erfüllen. Für die fristlose Kündigung sei es nicht ausreichend, dass ein [X.] einmal entstanden und zumindest bis zur Abgabe der Kündigungserklärung nicht wieder erloschen sei. Denn gemäß § 130 Abs. 1 Satz 1 [X.] sei für die Wirksamkeit einer empfangsbedürftigen Willenserklärung wie der Kündigung stets auf deren Zugang abzustellen. Sei der Vermieter in der Zwischenzeit teilweise befriedigt worden, könne die fristlose Kündigung jedenfalls dann keine Wirksamkeit mehr entfalten, wenn die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 [X.] zum Zeitpunkt ihres Zugangs nicht mehr vorlägen.

An diesem Ergebnis ändere auch die [X.] des § 543 Abs. 2 Satz 2 [X.] nichts, wonach im Falle des § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 [X.] eine Kündigung ausgeschlossen sei, wenn der Vermieter vorher befriedigt werde. In der Rechtsprechung und in der Literatur werde zwar regelmäßig vertreten, dass eine einmal erklärte Kündigung nur dann ihre Wirksamkeit verliere, wenn der Mieter vor dem Zugang des Kündigungsschreibens den vollständigen Mietrückstand ausgleiche; eine Teilleistung reiche insofern nicht aus. Dies entspreche auch der Rechtsprechung des [X.], der bereits entschieden habe, dass bei allen Mietverhältnissen die fristlose Kündigung wegen Zahlungsverzugs nur dann ausgeschlossen sei, wenn der Verzug vor Wirksamwerden der Kündigung durch vollständige Zahlung des gesamten Rückstands beseitigt werde.

Die Kammer folge dieser Rechtsauffassung jedoch nicht. Die Erforderlichkeit einer vollständigen Zahlung sei weder sachgerecht noch ergebe sie sich aus dem Gesetz. Der Wortlaut des § 543 Abs. 2 Satz 2 [X.] sei insofern unergiebig, als er lediglich eine vorherige Befriedigung des Vermieters voraussetze. Eine vollständige Befriedigung durch Begleichung sämtlicher Rückstände werde nicht verlangt. Schließlich stelle die genannte [X.] eine Schutzvorschrift zugunsten des Mieters dar, deren Zweck in das Gegenteil verkehrt würde, wenn eine einmal ausgesprochene Kündigung zur Beendigung des Mietverhältnisses führen würde, obwohl zum Zeitpunkt ihres Zugangs ein Kündigungsgrund und damit die Tatbestandvoraussetzungen einer Kündigung nicht mehr vorlägen. Die Schutznorm dürfe mithin nicht zu Lasten des Mieters ausgelegt werden.

Im Streitfall hätten zum Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung am 17. März 2015 die [X.] nicht mehr vorgelegen. Denn ausgehend von einer ab Februar 2015 geschuldeten Monatsmiete von 455,96 € (479,96 € abzüglich einer berechtigten Minderung von fünf Prozent wegen des Teppichbodens) habe sich durch die am Tag vor dem Zugang der Kündigung erfolgte (Teil-)Zahlung der [X.] in Höhe von 402,96 € deren Zahlungsrückstand für die Monate Februar und März 2015 von bis dahin 503,96 € - mithin von mehr als einer Monatsmiete - auf nur noch 101 € verringert.

Auch die Voraussetzungen für eine fristlose Kündigung nach § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 Buchst. [X.] hätten nicht vorgelegen. Denn der bis zum Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung aufgelaufene Zahlungsrückstand der vergangenen Monate habe insgesamt nur noch 317 € betragen und selbst vor der Gutschrift der oben genannten (Teil-) Zahlung der [X.] von 402,96 € habe sich der gesamte Rückstand nur auf 719,96 € belaufen und erreiche daher die in der genannten Kündigungsvorschrift vorausgesetzte Miete für zwei Monate nicht.

Das Mietverhältnis sei auch weder durch die im Schreiben der Klägerin vom 16. März 2015 hilfsweise erklärte ordentliche Kündigung noch durch die weiteren Kündigungserklärungen der Klägerin beendet worden.

Die Widerklage sei begründet, da der [X.] gegen die Klägerin gemäß § 535 Abs. 1 Satz 2 [X.] ein Anspruch auf Erneuerung des Teppichbodens im Wohnzimmer und im Arbeitszimmer der Wohnung zustehe. Dass die Beklagte die von der Klägerin angebotenen Termine für einen Austausch des Teppichbodens abgelehnt habe, ändere hieran nichts.

II.

Diese Beurteilung hält rechtlicher Nachprüfung, soweit sie dieser aufgrund des Revisionsangriffs unterliegt, nicht stand.

Das Berufungsgericht hat zu Unrecht einen - allein den Gegenstand des Revisionsverfahrens bildenden - Anspruch der Klägerin gegen die Beklagte auf Räumung und Herausgabe der Wohnung (§ 546 Abs. 1, § 985 [X.]) verneint. Das Mietverhältnis der Parteien ist, anders als das Berufungsgericht angenommen hat, durch die wegen Zahlungsverzugs ausgesprochene außerordentliche fristlose Kündigung der Klägerin vom 16. März 2015 beendet worden. Das Berufungsgericht hat zwar rechtsfehlerfrei und von der Revision insoweit unangegriffen die Voraussetzungen für eine außerordentliche fristlose Kündigung des Mietverhältnisses nach § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 Buchst. [X.] verneint. Es hat jedoch verkannt, dass die Klägerin gemäß § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 Buchst. a [X.] berechtigt war, das Mietverhältnis fristlos zu kündigen. Der Wirksamkeit dieser Kündigung steht nicht entgegen, dass zum Zeitpunkt des Zugangs der Kündigungserklärung der Zahlungsrückstand der [X.] die Miete für einen Monat (§ 569 Abs. 3 Nr. 1 Satz 1 [X.]) nicht mehr überstieg. Ist durch Auflauf eines Rückstands in der in § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 Buchst. a oder Buchst. [X.] genannten Höhe ein Recht des Vermieters zur fristlosen Kündigung des Mietverhältnisses entstanden, wird dieses nach § 543 Abs. 2 Satz 2 [X.] nur durch eine vollständige Zahlung des Rückstandes vor Zugang der Kündigung ausgeschlossen.

1. Gemäß § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 Buchst. a [X.] liegt ein wichtiger Grund für eine außerordentliche fristlose Kündigung des Mietverhältnisses insbesondere dann vor, wenn der Mieter für zwei aufeinander folgende Termine mit der Entrichtung der Miete oder eines nicht unerheblichen Teils der Miete in Verzug ist. Als nicht unerheblich ist der rückständige Teil der Miete nur dann anzusehen, wenn er die Miete für einen Monat übersteigt (§ 569 Abs. 3 Nr. 1 Satz 1 [X.]). Dies ist hier der Fall.

a) Nach den insoweit [X.] und von der Revision hingenommenen Feststellungen des Berufungsgerichts betrug die von der [X.] zu zahlende monatliche Miete in den Monaten Februar und März 2015 - unter Zugrundelegung einer monatlichen Betriebskostenvorauszahlung in unveränderter Höhe von 93 € und unter Berücksichtigung einer vom Berufungsgericht als berechtigt angesehenen Mietminderung von fünf Prozent wegen des Zustands des Teppichbodens - 455,96 €. Statt dieses Betrages zahlte die Beklagte im Februar 2015 nur 407,96 €. Auf die Märzmiete zahlte sie erst am 16. März 2015 einen Betrag von 402,96 €. Bis zu diesem Zeitpunkt befand sie sich, wovon auch das Berufungsgericht zutreffend ausgegangen ist, bezogen auf die beiden vorbezeichneten aufeinanderfolgenden Monate mit einem Gesamtbetrag von 503,96 € in Verzug. Das Berufungsgericht hat allerdings bei der Beurteilung, ob dieser Zahlungsrückstand die Miete für einen Monat übersteigt (§ 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 Buchst. a, § 569 Abs. 3 Nr. 1 Satz 1 [X.]) zu Unrecht auf die (berechtigterweise) geminderte oben genannten Miete von 455,96 € abgestellt. Miete im Sinne der § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 Buchst. a, § 569 Abs. 3 Nr. 1 Satz 1 [X.] und damit Bezugsgröße für den kündigungsrelevanten Rückstand ist jedoch nicht die geminderte Miete, sondern die vertraglich vereinbarte Gesamtmiete (vgl. [X.]surteile vom 12. Mai 2010 - [X.], NJW 2010, 3015 Rn. 41; vom 11. Juli 2012 - [X.], NJW 2012, 2882 Rn. 16; [X.]/Mehle, Stand 1. Juli 2017, § 543 Rn. 134 mwN; vgl. auch [X.], Urteile vom 10. Oktober 2001 - [X.], juris Rn. 21; vom 23. Juli 2008- XII ZR 134/06, [X.], 3210 Rn. 31 ff; vom 17. Juni 2015 - [X.], [X.]Z 206, 1 Rn. 47). Im Streitfall wirkt sich dies indes nicht aus, da der Zahlungsrückstand von 503,96 € auch die von den Parteien vertraglich vereinbarte monatliche Gesamtmiete von 479,96 € übersteigt.

Ohne Erfolg wendet die Revisionserwiderung mit ihrer in der mündlichen Verhandlung vor dem [X.] erhobenen Gegenrüge gegen die Höhe des vorbezeichneten [X.] ein, das Berufungsgericht habe bei dessen Berechnung übersehen, dass die Beklagte die Aufrechnung mit einer auf die Betriebskosten bezogenen Rückforderung erklärt habe. Dieser Einwand greift bereits deshalb nicht durch, weil sich den von der Revisionserwiderung angeführten Schreiben der [X.] lediglich deren Weigerung, auf die Betriebskosten Nachzahlungen und erhöhte Vorauszahlungen zu erbringen, nicht hingegen eine Rückforderung bereits geleisteter Zahlungen entnehmen lässt. Dementsprechend haben die Tatsachengerichte - rechtsfehlerfrei - weder hinsichtlich der vorbezeichneten Schreiben der [X.] noch hinsichtlich deren sonstigen Vortrags eine Aufrechnungserklärung festgestellt. Die von der Revisionserwiderung hiergegen erhobenen Verfahrensrügen hat der [X.] geprüft, aber nicht für durchgreifend erachtet. Von einer Begründung wird gemäß § 564 Satz 1 ZPO abgesehen.

b) An der daraus folgenden Berechtigung der Klägerin zu einer außerordentlichen fristlosen Kündigung des Mietvertrags gemäß § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 Buchst. a, § 569 Abs. 3 Nr. 1 Satz 1 [X.] hat - entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts - die vorstehend erwähnte, einen Tag vor dem Zugang des Kündigungsschreibens erfolgte Zahlung der [X.] in Höhe von 402,96 € nichts geändert. Denn hierdurch ist der vorbezeichnete Zahlungsrückstand der [X.] nicht vollständig ausgeglichen worden; es verblieb vielmehr, was auch das Berufungsgericht nicht verkannt hat, eine Restforderung der Klägerin für die beiden hier in Rede stehenden Monate in Höhe von 101 €. Die Beklagte ist damit nicht, wie § 543 Abs. 2 Satz 2 [X.] dies für einen Ausschluss der fristlosen Kündigung vorausgesetzt, "vorher" - mithin vor dem Zugang der Kündigung - "befriedigt" worden.

Zu Unrecht meint das Berufungsgericht, die einmal entstandenen [X.] nach § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 Buchst. a, § 569 Abs. 3 Nr. 1 Satz 1 [X.] müssten auch noch im Zeitpunkt des Zugangs der Kündigungserklärung gegeben sein und die Kündigung sei auch dann nach § 543 Abs. 2 Satz 2 [X.] ausgeschlossen, wenn der Vermieter vorher hinsichtlich des [X.] nicht vollständig befriedigt werde.

aa) Der [X.] hat bereits in seinem Urteil vom 14. Juli 1970 ([X.], [X.], 27 unter II 4 [zu § 554 [X.] aF als der wortgleichen Vorgängervorschrift des § 543 Abs. 2 Satz 2 und 3 [X.]]) entschieden, dass - entsprechend allgemeiner Auffassung - das gesetzliche Kündigungsrecht wegen Zahlungsverzugs des Mieters nur bei rechtzeitiger völliger Befriedigung des Vermieters entfällt.

Im Urteil vom 23. September 1987 ([X.], NJW-RR 1988, 77 unter [X.]zu § 554 [X.] aF]) hat der [X.] bekräftigt, dass die fristlose Kündigung des Vermieters wegen Zahlungsverzugs nur dann ausgeschlossen ist, wenn der Verzug vor dem Wirksamwerden der Kündigung durch vollständige Zahlung des gesamten Rückstands beseitigt wird.

Von diesem Erfordernis einer vollständigen Zahlung des Rückstands und damit einer vollständigen Befriedigung des Vermieters ist der [X.] auch in seinem Beschluss vom 26. Juli 2004 ([X.] 44/03, [X.], 547 unter II 3 [zur Schonfristzahlung nach § 569 Abs. 3 Nr. 2 Satz 1 [X.]]) sowie in seinen Urteilen vom 26. Januar 2005 ([X.], [X.], 459 unter [X.]), vom 11. Januar 2006 ([X.], [X.], 1585 Rn. 10 [jeweils zu § 543 Abs. 2 Satz 2 [X.]]), vom 21. April 2010 ([X.], NJW 2010, 2208 Rn. 12) und vom 17. Juni 2015 ([X.], aaO Rn. 37 [jeweils zur Schonfristzahlung nach § 569 Abs. 3 Nr. 2 Satz 1 [X.]]) ausgegangen (vgl. ferner auch [X.]surteil vom 14. Juli 2010 - [X.], NJW 2010, 3010 Rn. 21 f.; [X.]sbeschluss vom 17. Februar 2015 - [X.], NJW 2015, 1749 Rn. 5).

Diese Rechtsprechung des [X.]s hat, wie die Revision zutreffend ausführt und auch das Berufungsgericht im Ausgangspunkt nicht verkannt hat, sowohl bei den Berufungsgerichten (siehe nur KG, [X.] 2008, 935; [X.] 2016, 459 Rn. 22 f.; [X.], [X.], 428, 429; [X.], [X.], 984; siehe ferner [X.], NJW-RR 1991, 208 f.; [X.], [X.], 143, 144; [X.] 2007, 847 Rn. 16) als auch in der Literatur (siehe nur [X.]/[X.], [X.], Neubearb. 2014, § 543 Rn. 63.1; [X.]/[X.], [X.], 76. Aufl., § 543 Rn. 23, 27; [X.], Mietrecht, 13. Aufl., § 543 [X.] Rn. 125, 136; [X.]/Lützenkirchen, [X.], 15. Aufl., § 543 Rn. 34; BeckOGK/Mehle, Stand 1. Juli 2017, § 543 Rn. 201; [X.] Mietrecht/Schach, Stand 15. Februar 2017, § 543 Rn. 57; siehe ferner MünchKomm[X.]/[X.], 7. Aufl., § 543 Rn. 55), soweit ersichtlich, einhellige Zustimmung gefunden. Die vom Berufungsgericht für seine gegenteilige Auffassung angeführten amtsgerichtlichen Entscheidungen ([X.], [X.], 876, 877; [X.]), [X.], 651) sind vereinzelt geblieben.

Der [X.] hat seine oben dargestellte ständige Rechtsprechung zuletzt- nach Erlass des Berufungsurteils - durch Urteil vom 24. August 2016 ([X.], NJW 2016, 3437) erneut bestätigt und zusammenfassend ausgeführt, dass eine nach § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 [X.] grundsätzlich gerechtfertigte Kündigung nur unter bestimmten, vom Gesetz im Einzelnen aufgeführten Voraussetzungen ausgeschlossen ist oder unwirksam wird. Gemäß § 543 Abs. 2 Satz 2 [X.] ist eine Kündigung nach Satz 1 Nr. 3 ausgeschlossen, wenn der Vermieter vorher - das heißt vor dem Zugang der Kündigung - befriedigt wird. Gemäß § 543 Abs. 2 Satz 3 [X.] wird die Kündigung unwirksam, wenn sich der Schuldner von seiner Schuld durch Aufrechnung befreien konnte und unverzüglich nach der Kündigung die Aufrechnung erklärt. Schließlich wird die Kündigung nach § 569 Abs. 3 Nr. 2 [X.] auch dann unwirksam, wenn der Vermieter spätestens bis zum Ablauf von zwei Monaten nach Eintritt der Rechtshängigkeit des Räumungsanspruchs hinsichtlich der fälligen Miete und der fälligen Entschädigung nach § 546a Abs. 1 [X.] befriedigt wird oder sich eine öffentliche Stelle zur Befriedigung verpflichtet (sogenannte Schonfristzahlung).

Sämtliche genannten Vorschriften setzen allerdings, was das Berufungsgericht hinsichtlich des hier in Rede stehenden [X.] nach § 543 Abs. 2 Satz 2 [X.] verkannt hat, eine vollständige Befriedigung des Vermieters voraus ([X.]surteil vom 24. August 2016 - [X.], aaO Rn. 21 ff. mwN).

bb) Die vom Berufungsgericht hiergegen vorgebrachten Argumente vermögen bereits im Ansatz nicht zu überzeugen. Insbesondere beruht die vorstehend dargestellte Rechtsprechung des [X.]s nicht, wie das Berufungsgericht meint, auf einer unzulässigen Auslegung des § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 [X.] zu Lasten des Mieters.

(1) Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts spricht bereits der Wortlaut des § 543 Abs. 2 Satz 2 [X.], wonach die Kündigung ausgeschlossen ist, wenn der Vermieter "vorher befriedigt wird", dafür, dass die Voraussetzungen dieser - grundsätzlich eng auszulegenden (vgl. hierzu [X.]surteil vom 16. Februar 2005 - [X.], [X.], 334 unter [X.]) - Ausnahmevorschrift nicht bereits dann erfüllt sind, wenn der Mieter lediglich eine Teilzahlung leistet und hierdurch erreicht, dass sein ursprünglich mehr als eine Monatsmiete betragender Zahlungsrückstand unter diese Schwelle sinkt. Denn eine solche Teilzahlung ist mit der in § 543 Abs. 2 Satz 2 [X.] geforderten Befriedigung des Vermieters ersichtlich nicht gemeint.

(2) Diese Auslegung entspricht auch dem aus den Gesetzesmaterialien zu entnehmenden Willen des Gesetzgebers. Dieser hat durch das Mietrechtsreformgesetz vom 19. Juni 2001 ([X.]l. I S. 1149) das Recht zur fristlosen Kündigung des Mietverhältnisses aus wichtigem Grund in § 543 [X.] als zentraler Vorschrift zusammengefasst. Hierbei ging der Gesetzgeber davon aus, dass die neue Regelung im Wesentlichen der bisherigen Rechtslage entspricht - welche durch die beiden oben genannten [X.]surteile vom 14. Juli 1970 ([X.], aaO) und vom 23. September 1987 ([X.], aaO) sowie die hiermit übereinstimmende allgemeine Auffassung geprägt wurde - und § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 [X.] die allgemeine Kündigungsregelung des § 554 Abs. 1 [X.] aF wegen Zahlungsverzugs übernimmt (BT-Drucks. 14/4553, [X.] f.; siehe hierzu auch BT-Drucks., aaO S. 64 [zur Schonfristzahlung nach § 569 Abs. 3 Nr. 2 Satz 1 [X.]]).

(3) Die vom Berufungsgericht vorgenommene gegenteilige Auslegung des § 543 Abs. 2 Satz 2 [X.] ist schließlich auch mit dem Sinn und Zweck dieser Vorschrift nicht zu vereinbaren. Der Gesetzgeber hat in § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 Buchst. a, § 569 Abs. 2 Nr. 3 Satz 1 [X.] die Wertung getroffen, dass die Fortsetzung des Mietverhältnisses für den Vermieter jedenfalls dann unzumutbar ist, wenn sich der Mieter für zwei aufeinanderfolgende Termine mit einem Teil der Miete in Verzug befindet, der die Miete für einen Monat übersteigt. In einem solchen Fall ist der Vermieter allein aufgrund des Verzuges zur fristlosen Kündigung berechtigt, ohne dass es noch einer Abwägung zwischen Mieter- und Vermieterinteressen bedarf (vgl. [X.]surteil vom 17. Juni 2015 - [X.], aaO Rn. 35 mwN).

Der Gesetzgeber ist dem Interesse des vertragsuntreuen Mieters, der einen erheblichen Mietrückstand hat auflaufen lassen, dadurch entgegengekommen, dass er ihm mit § 543 Abs. 2 Satz 2 [X.] die Möglichkeit der Nachholung der rückständigen Zahlungen bis zum Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung eingeräumt hat, um im Falle einer bis dahin erfolgenden Befriedigung des Vermieters eine auf den [X.] gestützte außerordentliche fristlose Kündigung auszuschließen (vgl. [X.]surteil vom 17. Juni 2015 - [X.], aaO [zur Schonfristzahlung nach § 569 Abs. 3 Nr. 2 Satz 1 [X.]]). Dem Vermieter wird eine Fortsetzung des Mietverhältnisses mit dem vertragsuntreuen Mieter mithin nur dann zugemutet, wenn die gesamten Mietrückstände ausgeglichen werden ([X.]surteil vom 17. Juni 2015 - [X.], aaO Rn. 37).

Diesen vom Gesetzgeber bezweckten angemessenen Ausgleich der Interessen des Vermieter und des Mieters im Falle des Zahlungsverzugs verkennt das Berufungsgericht grundlegend, wenn es meint, in die Auslegung des § 543 Abs. 2 Satz 2 [X.] dürften allein mieterschützende Erwägungen einfließen.

Mit Recht weist die Revision in diesem Zusammenhang auch darauf hin, dass der vertragsuntreue Mieter es anderenfalls in der Hand hätte, einer berechtigten fristlosen Kündigung des Mietverhältnisses - gegebenenfalls auch mehrfach - dadurch zu entgehen, indem er lediglich eine Teilzahlung vornimmt, die den Gesamtrückstand (knapp) unter die Grenze des für eine solche Kündigung nach § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 [X.] erforderlichen Betrages verringert. Eine solche Möglichkeit des Unterlaufens des Kündigungsrechts des Vermieters soll durch die vom Gesetzgeber gewählte Regelungskonzeption jedoch verhindert werden.

2. Da die Beklagte nach den [X.] Feststellungen des Berufungsgericht den Zahlungsrückstand hinsichtlich der hier in Rede stehenden Monate Februar und März 2015 auch nicht innerhalb der Schonfrist gemäß § 569 Abs. 3 Nr. 2 [X.] (vollständig) beglichen hat, bleibt es auch insoweit bei der Wirksamkeit der von der Klägerin ausgesprochenen außerordentlichen fristlosen Kündigung des Mietverhältnisses.

III.

Nach alledem kann das Berufungsurteil im Umfang des Revisionsangriffs keinen Bestand haben; es ist insoweit aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Der [X.] entscheidet in der Sache selbst, weil weitere Feststellungen nicht zu treffen sind und der Rechtsstreit zur Endentscheidung reif ist (§ 563 Abs. 3 ZPO). Dies führt zur Zurückweisung der Berufung der [X.] und zur Wiederherstellung des Urteils des Amtsgerichts, soweit die Beklagte zur Räumung und Herausgabe der streitgegenständlichen Wohnung verurteilt worden ist.

Dr. Milger     

      

Dr. Hessel     

      

Dr. Fetzer

      

Dr. Bünger     

      

Hoffmann     

      

Meta

VIII ZR 193/16

27.09.2017

Bundesgerichtshof 8. Zivilsenat

Urteil

Sachgebiet: ZR

vorgehend LG Potsdam, 3. August 2016, Az: 4 S 4/16

§ 543 Abs 2 S 1 Nr 3 Buchst a BGB, § 543 Abs 2 S 1 Nr 3 Buchst b BGB, § 543 Abs 2 S 2 BGB, § 569 Abs 3 Nr 1 S 1 BGB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Urteil vom 27.09.2017, Az. VIII ZR 193/16 (REWIS RS 2017, 4648)

Papier­fundstellen: MDR 2017, 1352-1353 REWIS RS 2017, 4648

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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