Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 27.09.2017, Az. VIII ZR 193/16

VIII. Zivilsenat | REWIS RS 2017, 4696

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[X.]:[X.]:[X.]:2017:270917UVIIIZR193.16.0

BUN[X.]S[X.]RICHTSHOF

IM NAMEN [X.]S VOLKES

URTEIL
VIII ZR 193/16
Verkündet am:

27. September 2017

Ermel,

Justizangestellte

als Urkundsbeamtin

der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja

[X.] § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 Buchst. a, b, Abs. 2 Satz 2;
§ 569 Abs. 3 Nr. 1 Satz 1

a)
Ist durch Auflauf eines [X.] des Mieters in der in § 543 Abs.
2 Satz
1 Nr. 3 Buchst. a oder Buchst. [X.] genannten Höhe ein Recht des [X.] zur fristlosen Kündigung des Mietverhältnisses entstanden, wird dieses nach § 543 Abs. 2 Satz
2 [X.] nur durch eine vollständige Zahlung des [X.] vor Zugang der Kündigung ausgeschlossen (Bestätigung der [X.]surteile vom 14. Juli 1970 -
[X.], [X.], 27 unter [X.]; vom 23.
September 1987 -
[X.], NJW-RR 1988, 77 unter II
2 a [jeweils zu § 554 [X.] aF]; vom 26. Januar 2005 -
[X.], [X.], 459 unter [X.]; vom 11.
Januar 2006 -
[X.], [X.], 1585 Rn. 10; vom 24.
August 2016
-
[X.],
NJW 2016, 3437 Rn. 23 [jeweils zu §
543 Abs. 2 Satz 2 [X.]]).
b)
Bei der Beurteilung, ob der Zahlungsrückstand des Mieters die Miete für einen Monat übersteigt (§ 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 Buchst. a, § 569 Abs. 3 Nr. 1 Satz 1 [X.]), ist nicht auf die (berechtigterweise) geminderte Miete, sondern auf die ver-traglich vereinbarte Gesamtmiete abzustellen (Bestätigung und Fortführung der [X.]surteile vom 12. Mai 2010 -
VIII ZR 96/09, NJW 2010, 3015 Rn. 41; vom 11.
Juli 2012 -
VIII ZR 138/11, NJW 2012, 2882 Rn. 16).
[X.], Urteil vom 27. September 2017 -
VIII ZR 193/16 -
LG [X.]

AG Nauen

-
2
-
[X.]er VIII.
Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom 27. September
2017
durch die Vorsitzende Richterin [X.]r.
Milger, die Richte-rinnen
[X.]r.
Hessel
und
[X.]r. [X.] sowie [X.]
[X.]
und Hoffmann
für Recht erkannt:
Auf die Revision der
Klägerin
wird das Urteil der
4. Zivilkammer
des [X.]s [X.] vom 3. August 2016 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als hinsichtlich des Klageantrags
auf Räumung und Herausgabe der Wohnung zum Nachteil der Kläge-rin erkannt worden ist.
Im Umfang der Aufhebung wird die Berufung der [X.] gegen das Urteil des [X.] vom 30. [X.]ezember 2015 zu-rückgewiesen.
Von den Kosten des erstinstanzlichen
Verfahrens haben die Klä-gerin 18 Prozent und die Beklagte 82
Prozent, von den Kosten des Berufungsverfahrens die Klägerin 10 Prozent und die Beklag-te 90 Prozent
zu tragen.
[X.]ie Kosten des Revisionsverfahrens hat die Beklagte zu tragen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:
[X.]ie Beklagte mietete im Jahr 1999 von der Rechtsvorgängerin der Kläge-rin eine Zweizimmerwohnung in [X.].

.
[X.]ie monatliche Miete betrug zuletzt -
mit 1

-
3 -
Ausnahme der Heizkosten
-

pro Monat, insgesamt mithin 479,96

Im September 2014 forderte die Beklagte die Klägerin auf, bis Ende [X.] 2014 den in der Wohnung bereits seit Beginn des [X.] vorhan-denen -
damals neuen -
Teppichboden zu ersetzen, da dieser abgenutzt und stellenweise schadhaft sei. Anderenfalls werde sie ab November 2014 die Miete um 15 Prozent mindern. Zugleich kündigte die Beklagte eine Minderung der Miete um weitere 20
Prozent ab Oktober 2014 an, da die über ihr wohnende Mieterin [X.] in die geöffneten Fenster
der Wohnung der [X.] sprühe.
[X.]ie Klägerin wies diese Mietminderungen zurück und kündigte die Er-neuerung des Teppichbodens für die [X.] ab dem 1. [X.]ezember 2014 an; letzt-lich konnte ein Austausch des Teppichbodens jedoch nicht erfolgen, da die [X.] die von der Klägerin hierzu angebotenen Termine ablehnte.
Ab Oktober 2014 zahlte die Beklagte nur noch einen Teil der Miete. Für Januar 2015 jewAm 9. Januar 2015 nahm sie eine Teilnachzah-lung in Höhe

auf die Zahlungsrückstände vor, wovon
stehend genannten Monatsmieten verrechnet werden sollten. Auf die Miete für Februar 2015 zahlte die Beklagte nur einen Teilbetrag von [X.]er von ihr für den Monat März wurde dem Konto der Klägerin am 16.
März 2015 gutgeschrieben.
Mit Schreiben ebenfalls vom 16. März 2015, das der [X.] am [X.] folgenden Tag zuging, erklärte die Klägerin die fristlose, hilfsweise die or-dentliche
Kündigung des Mietverhältnisses wegen Zahlungsverzugs.

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4

-
4 -
Ein vollständiger
Ausgleich des [X.] für die Monate
Februar und März 2015 erfolgte in der Folgezeit -
auch innerhalb der Schonfrist gemäß § 569 Abs. 3 Nr. 2 [X.] -
nicht. Vielmehr sprach die Klägerin mehrfach (unter anderem) wegen weiteren Zahlungsverzugs der [X.] die fristlose, hilfsweise die ordentliche Kündigung des Mietverhältnisses aus.
Mit der vorliegenden Klage hat die Klägerin von der [X.] die [X.] restlicher Miete und einer Betriebskostennachforderung, jeweils nebst Zin-sen,
sowie die Räumung und Herausgabe der Wohnung verlangt. [X.]ie Beklagte hat im Wege der Widerklage die Verurteilung der Klägerin zur Erneuerung des Teppichbodens für das Wohnzimmer und das Arbeitszimmer erstrebt. [X.]as Amtsgericht hat der Zahlungsklage teilweise stattgegeben und die Beklagte zur Räumung und Herausgabe der Wohnung verurteilt; die Widerklage hat es [X.]. Auf die Berufung der [X.] hat das [X.] die Klage insge-samt abgewiesen und der Widerklage stattgegeben. Mit der vom Berufungsge-richt zugelassenen Revision
verfolgt die Klägerin ihr Räumungs-
und Heraus-gabebegehren weiter.

Entscheidungsgründe:
[X.]ie Revision hat
Erfolg.
I.
[X.]as Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung, soweit für das Revisionsverfahren noch von Bedeutung,
im Wesentlichen ausgeführt:
[X.]ie Klägerin habe gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Räumung der Wohnung. Keine der von der Klägerin erklärten Kündigungen habe das Ver-5
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tragsverhältnis der Parteien beendet. [X.]ie fristlose Kündigung vom 16.
März 2015 sei unwirksam. [X.]ie Beklagte
sei zum [X.]punkt der Kündigung nicht ge-mäß § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 Buchst. a [X.] für zwei aufeinanderfolgende Termine mit der Entrichtung der Miete oder eines nicht unerheblichen
-
den Betrag einer Monatsmiete übersteigenden -
Teils der Miete in Verzug ge-wesen. Eine Kündigung müsse sowohl zum [X.]punkt ihres Ausspruchs als auch noch zum [X.]punkt ihres Zugangs beim Mieter den [X.] erfüllen. Für die fristlose Kündigung sei es nicht ausreichend, dass ein Kündigungstatbestand einmal entstanden und zumindest bis zur Abgabe der Kündigungserklärung
nicht wieder erloschen sei. [X.]enn gemäß § 130 Abs. 1 Satz 1 [X.] sei für die Wirksamkeit einer empfangsbedürftigen Willenserklärung wie der Kündigung stets auf deren Zugang abzustellen. Sei der Vermieter in der Zwischenzeit teilweise befriedigt worden, könne die fristlose Kündigung [X.] dann keine Wirksamkeit mehr entfalten, wenn die Voraussetzungen des §
543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 [X.] zum [X.]punkt ihres Zugangs nicht mehr vorlä-gen.
An diesem Ergebnis ändere auch die [X.] des § 543 Abs. 2 Satz 2 [X.] nichts, wonach im Falle des § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 [X.] eine Kündigung ausgeschlossen sei, wenn der Vermieter vorher befriedigt werde. In der Rechtsprechung und in der Literatur werde zwar regelmäßig vertreten, dass eine einmal erklärte Kündigung nur dann ihre Wirksamkeit verliere, wenn der Mieter vor dem Zugang
des Kündigungsschreibens den vollständigen Mietrück-stand ausgleiche; eine Teilleistung reiche insofern nicht aus. [X.]ies entspreche auch der Rechtsprechung des [X.], der bereits entschieden ha-be, dass bei allen Mietverhältnissen die fristlose Kündigung wegen [X.] nur dann ausgeschlossen sei, wenn der Verzug vor Wirksamwerden der Kündigung durch vollständige Zahlung des gesamten Rückstands beseitigt werde.
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[X.]ie Kammer folge dieser Rechtsauffassung jedoch nicht. [X.]ie [X.] einer vollständigen Zahlung sei weder sachgerecht noch ergebe sie sich aus dem Gesetz. [X.]er Wortlaut des § 543 Abs. 2 Satz 2 [X.] sei insofern uner-giebig, als er lediglich eine vorherige
Befriedigung des Vermieters voraussetze. Eine vollständige Befriedigung durch Begleichung sämtlicher Rückstände werde nicht verlangt. Schließlich stelle die genannte [X.] eine Schutz-vorschrift zugunsten des Mieters dar, deren Zweck in das Gegenteil verkehrt würde, wenn eine einmal ausgesprochene Kündigung zur Beendigung des Mietverhältnisses führen würde, obwohl zum [X.]punkt ihres Zugangs ein Kün-digungsgrund und damit die Tatbestandvoraussetzungen einer Kündigung nicht mehr vorlägen. [X.]ie Schutznorm dürfe mithin nicht zu Lasten des Mieters [X.] werden.
Im Streitfall hätten zum [X.]punkt des Zugangs der Kündigung am 17.
März 2015 die [X.] nicht mehr vorgelegen. [X.]enn ausgehend von einer ab Februar 2015 geschuldeten M
Teppichbodens) habe sich durch die am Tag vor dem Zugang der Kündigung erfolgte (Teil-)Zahlung der [X.] deren [X.] für die Monate Februar und März 2015

-
mit-hin von mehr als einer
Monatsmiete -

Auch die Voraussetzungen für eine fristlose Kündigung nach § 543 Abs.
2 Satz 1 Nr. 3 Buchst. [X.] hätten nicht vorgelegen. [X.]enn der bis zum [X.]punkt des Zugangs der Kündigung aufgelaufene Zahlungsrückstand der betragen und selbst vor der Gutschrift der oben genannten (Teil-) Zahlung der [X.] habe sich der gesamte Rückstand nur auf laufen und erreiche da-11
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her die in der genannten Kündigungsvorschrift vorausgesetzte Miete für zwei Monate nicht.
[X.]as Mietverhältnis sei auch weder durch die im Schreiben der Klägerin vom 16. März 2015 hilfsweise erklärte ordentliche Kündigung noch durch die weiteren Kündigungserklärungen der Klägerin beendet worden.
[X.]ie Widerklage sei begründet, da der
[X.] gegen die Klägerin ge-mäß § 535 Abs. 1 Satz 2 [X.] ein Anspruch auf Erneuerung des [X.] im Wohnzimmer und im Arbeitszimmer der Wohnung zustehe.
[X.]ass die Beklagte die von der Klägerin angebotenen Termine für einen Austausch des Teppichbodens abgelehnt habe, ändere hieran nichts.
II.
[X.]iese Beurteilung hält
rechtlicher Nachprüfung, soweit sie dieser auf-grund des Revisionsangriffs unterliegt, nicht stand.
[X.]as Berufungsgericht hat zu Unrecht einen -
allein den Gegenstand des Revisionsverfahrens bildenden -
Anspruch der Klägerin gegen die Beklagte auf Räumung und Herausgabe der Wohnung (§ 546 Abs. 1, §
985 [X.]) verneint. [X.]as Mietverhältnis der Parteien ist, anders als das Berufungsgericht angenom-men hat, durch die wegen Zahlungsverzugs ausgesprochene außerordentliche fristlose Kündigung der Klägerin vom 16. März 2015 beendet worden.
[X.]as Be-rufungsgericht hat zwar rechtsfehlerfrei und von der Revision insoweit [X.] die Voraussetzungen für eine außerordentliche fristlose Kündigung des Mietverhältnisses nach §
543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 Buchst. [X.] verneint. Es hat jedoch verkannt, dass die Klägerin gemäß §
543 Abs. 2 Satz 1 Nr.
3 Buchst. a
[X.] berechtigt war, das Mietverhältnis fristlos zu kündigen. [X.]er Wirksamkeit dieser Kündigung steht nicht entgegen, dass zum [X.]punkt des Zugangs der 14
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Kündigungserklärung der Zahlungsrückstand der [X.] die Miete
für einen Monat (§ 569 Abs. 3 Nr. 1 Satz 1 [X.]) nicht mehr überstieg. Ist durch Auflauf eines Rückstands in der in § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 Buchst. a oder Buchst. [X.] genannten Höhe ein Recht des Vermieters zur fristlosen Kündigung des Mietverhältnisses entstanden, wird dieses nach § 543 Abs. 2 Satz 2 [X.] nur durch eine vollständige Zahlung des Rückstandes vor Zugang der Kündigung ausgeschlossen.
1.
Gemäß §
543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 Buchst. a [X.] liegt ein wichtiger Grund für eine außerordentliche fristlose Kündigung des Mietverhältnisses ins-besondere dann vor, wenn der Mieter für zwei aufeinander folgende Termine mit der Entrichtung der Miete oder eines nicht unerheblichen Teils der Miete in Verzug ist. Als nicht unerheblich ist der rückständige Teil der Miete nur dann anzusehen, wenn er die Miete für einen Monat übersteigt
(§ 569 Abs. 3 Nr. 1 Satz 1 [X.]).
[X.]ies ist hier der Fall.
a) Nach den insoweit [X.] und von der Revision hinge-nommenen Feststellungen des Berufungsgerichts betrug die
von der [X.] zu zahlende monatliche Miete in den Monaten Februar und März 2015 -
unter Zugrundelegung einer monatlichen Betriebskostenvorauszahlung in [X.] vom Berufungsgericht als berechtigt angesehenen Mietminderung von fünf Prozent wegen des [X.] des Teppichbodens -

Statt dieses Betrages zahlte die [X.] die Märzmiete zahlte sie erst am 16.
März itpunkt befand sie sich, wo-von auch das Berufungsgericht zutreffend ausgegangen ist, bezogen auf die beiden vorbezeichneten aufeinanderfolgenden Monate mit einem Gesamtbetrag

[X.]as Berufungsgericht hat allerdings bei der Beurtei-lung, ob dieser Zahlungsrückstand die Miete für einen Monat übersteigt (§ 543 18
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Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 Buchst. a, § 569 Abs. 3 Nr.
1 Satz 1 [X.]) zu Unrecht auf die (berechtigterweise) geminderte oben genannten Miete abge-stellt. Miete im Sinne der § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 Buchst. a, §
569 Abs. 3 Nr.
1 Satz 1 [X.] und damit Bezugsgröße für den kündigungsrelevanten [X.] ist jedoch nicht die geminderte Miete, sondern die vertraglich vereinbarte Gesamtmiete (vgl. [X.]surteile vom 12. Mai 2010 -
VIII ZR 96/09, NJW 2010, 3015 Rn. 41; vom 11. Juli 2012 -
VIII ZR 138/11, NJW 2012, 2882 Rn. 16; [X.]/Mehle, Stand 1. Juli 2017, § 543 Rn. 134 mwN; vgl. auch [X.], Urteile vom 10. Oktober 2001 -
XII ZR 307/98, juris Rn. 21; vom 23. Juli 2008
-
XII [X.], [X.], 3210 Rn. 31 ff; vom 17.
Juni 2015 -
[X.], [X.]Z 206, 1 Rn.
47).
Im Streitfall wirkt sich dies indes nicht aus, da der Zah-
rsteigt.
Ohne Erfolg wendet die Revisionserwiderung mit ihrer in der mündlichen Verhandlung vor dem [X.] erhobenen
Gegenrüge
gegen die Höhe des vorbe-zeichneten [X.] ein, das Berufungsgericht habe bei dessen Be-rechnung übersehen, dass die Beklagte die Aufrechnung mit einer auf die Be-triebskosten bezogenen Rückforderung erklärt
habe. [X.]ieser Einwand greift be-reits deshalb nicht durch, weil sich den von der Revisionserwiderung angeführ-ten Schreiben der [X.] lediglich deren Weigerung, auf die Betriebskosten Nachzahlungen und erhöhte Vorauszahlungen
zu erbringen, nicht hingegen eine Rückforderung bereits geleisteter Zahlungen entnehmen lässt. [X.]ement-sprechend haben die Tatsachengerichte -
rechtsfehlerfrei -
weder hinsichtlich der vorbezeichneten Schreiben der [X.] noch hinsichtlich deren sonstigen Vortrags eine Aufrechnungserklärung festgestellt.
[X.]ie von der [X.] hiergegen erhobenen Verfahrensrügen hat der [X.] geprüft, aber nicht für durchgreifend erachtet.
Von einer Begründung wird gemäß § 564 Satz 1 ZPO abgesehen.
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b) An der daraus folgenden Berechtigung der Klägerin zu
einer außeror-dentlichen fristlosen Kündigung des Mietvertrags gemäß § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 Buchst. a, § 569 Abs. 3 Nr. 1 Satz 1 [X.] hat -
entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts -
die vorstehend erwähnte, einen Tag vor dem Zugang des Kündigungsschreibens erfolgte Zahlung der [X.] in Höhe von 402,96

ist der vorbezeichnete Zahlungsrück-stand der [X.] nicht vollständig ausgeglichen worden; es verblieb viel-mehr, was auch das Berufungsgericht nicht verkannt hat, eine Restforderung der Klägerin für die beiden hier in Rede stehenden Monate in Höhe von 101

[X.]ie Beklagte ist damit nicht, wie § 543 Abs. 2 Satz 2
[X.] dies für einen Aus-schluss der fristlosen Kündigung vorausgesetzt, "vorher"
-
mithin vor dem
Zugang der Kündigung -
"befriedigt"
worden.
Zu Unrecht meint das Berufungsgericht, die einmal entstandenen [X.] nach §
543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 Buchst. a, § 569 Abs. 3 Nr. 1 Satz 1 [X.] müssten auch noch im [X.]punkt des Zugangs der Kündi-gungserklärung gegeben sein
und die Kündigung sei auch dann nach § 543 Abs. 2 Satz 2 [X.] ausgeschlossen, wenn der Vermieter vorher hinsichtlich des [X.] nicht vollständig befriedigt werde.
aa) [X.]er [X.] hat bereits in seinem Urteil vom 14. Juli 1970 ([X.], [X.], 27 unter [X.] [zu § 554 [X.] aF als der wortgleichen [X.] des § 543 Abs. 2 Satz 2 und 3 [X.]]) entschieden, dass -
entspre-chend allgemeiner Auffassung -
das gesetzliche Kündigungsrecht wegen [X.]sverzugs des Mieters nur bei rechtzeitiger völliger Befriedigung des [X.] entfällt.
Im Urteil vom 23. September 1987 ([X.], NJW-RR 1988, 77 unter II 2 a
[zu § 554 [X.] aF]) hat der [X.] bekräftigt, dass die fristlose Kün-21
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23
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-
11 -
digung des Vermieters wegen Zahlungsverzugs nur dann ausgeschlossen
ist, wenn der Verzug vor dem Wirksamwerden der Kündigung durch vollständige Zahlung des gesamten Rückstands beseitigt wird.
Von diesem Erfordernis einer vollständigen Zahlung des Rückstands
und damit einer vollständigen Befriedigung des Vermieters ist der [X.] auch in seinem
Beschluss vom 26. Juli 2004 ([X.] 44/03, [X.], 547 unter II 3
[zur [X.] nach § 569 Abs. 3 Nr. 2 Satz 1 [X.]]) sowie in seinen
Urteilen
vom 26. Januar 2005 ([X.], [X.], 459 unter [X.]), vom 11.
Januar 2006 ([X.], [X.], 1585 Rn. 10 [jeweils zu § 543 Abs. 2 Satz 2 [X.]]), vom 21. April 2010 ([X.], NJW 2010, 2208 Rn.
12)
und vom 17. Juni 2015 ([X.], aaO Rn. 37
[jeweils zur Schonfristzah-lung nach §
569 Abs. 3 Nr. 2 Satz 1 [X.]]) ausgegangen (vgl.
ferner auch [X.] vom 14.
Juli 2010 -
VIII ZR 267/09, NJW 2010, 3010 Rn.
21
f.; Se-natsbeschluss vom 17. Februar 2015 -
VIII ZR 236/14, NJW 2015, 1749 Rn. 5).
[X.]iese Rechtsprechung
des [X.]s hat, wie die Revision zutreffend aus-führt und auch das Berufungsgericht im Ausgangspunkt nicht verkannt
hat, so-wohl bei den Berufungsgerichten
(siehe nur KG, [X.] 2008, 935; [X.] 2016, 459 Rn. 22 f.; [X.],
[X.], 428,
429; [X.], [X.], 984; siehe ferner [X.], NJW-RR 1991, 208 f.; [X.], [X.], 143, 144; [X.] 2007, 847 Rn. 16) als
auch in der Literatur (siehe nur [X.]/
V.
Emmerich, [X.], Neubearb. 2014, § 543 Rn. 63.1; [X.]/[X.], [X.], 76. Aufl., § 543 Rn. 23, 27; [X.], Mietrecht, 13. Aufl., §
543
[X.] Rn. 125, 136; [X.]/Lützenkirchen, [X.], 15. Aufl., § 543 Rn. 34; BeckOGK/Mehle, Stand 1. Juli 2017, § 543 Rn. 201; [X.] Mietrecht/Schach, Stand 15. Februar 2017, § 543 Rn. 57; siehe ferner MünchKomm[X.]/[X.], 7. Aufl., § 543 Rn. 55), soweit ersichtlich, einhellige Zustimmung gefunden.
[X.]ie vom Berufungsgericht für seine gegenteilige Auffassung angeführten amtsge-25
26

-
12 -
richtlichen
Entscheidungen ([X.], [X.], 876,
877; [X.]), [X.], 651) sind vereinzelt geblieben.
[X.]er [X.] hat seine oben dargestellte
ständige Rechtsprechung zuletzt
-
nach Erlass des Berufungsurteils -
durch Urteil vom 24. August 2016 ([X.], NJW 2016, 3437) erneut bestätigt
und zusammenfassend ausgeführt, dass eine nach § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 [X.] grundsätzlich gerechtfertigte Kündigung nur unter bestimmten, vom Gesetz im Einzelnen aufgeführten Vor-aussetzungen ausgeschlossen ist oder unwirksam wird.
Gemäß §
543 Abs. 2 Satz 2 [X.] ist eine Kündigung nach Satz 1 Nr. 3 ausgeschlossen, wenn der Vermieter vorher -
das heißt vor dem Zugang der Kündigung -
befriedigt wird. Gemäß § 543 Abs. 2 Satz 3 [X.] wird die Kündigung unwirksam, wenn sich der Schuldner von seiner Schuld durch Aufrechnung befreien konnte und unverzüg-lich nach der Kündigung die Aufrechnung erklärt. Schließlich wird die Kündi-gung nach § 569 Abs. 3 Nr. 2 [X.] auch dann unwirksam, wenn der Vermieter spätestens bis zum Ablauf von zwei Monaten nach Eintritt der Rechtshängigkeit des Räumungsanspruchs hinsichtlich der fälligen Miete und der fälligen [X.] nach § 546a Abs. 1 [X.] befriedigt wird oder sich eine öffentliche Stelle zur Befriedigung verpflichtet (sogenannte [X.]).
Sämtliche genannten Vorschriften setzen allerdings, was das Berufungs-gericht hinsichtlich des hier in Rede stehenden [X.] nach § 543 Abs. 2 Satz 2 [X.] verkannt hat, eine vollständige Befriedigung des [X.] voraus
([X.]surteil vom 24. August 2016 -
[X.], aaO
Rn.
21
ff.
mwN).
bb) [X.]ie vom Berufungsgericht hiergegen vorgebrachten Argumente ver-mögen bereits im Ansatz nicht
zu überzeugen. Insbesondere beruht die vorste-hend dargestellte Rechtsprechung des [X.]s nicht, wie das Berufungsgericht 27
28
29

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13 -
meint, auf einer unzulässigen Auslegung des § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 [X.] zu Lasten des Mieters.
(1) Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts spricht bereits der Wortlaut des § 543 Abs.
2 Satz 2 [X.], wonach die Kündigung ausgeschlossen ist, wenn der Vermieter "vorher befriedigt
wird", dafür, dass die Voraussetzun-gen dieser
-
grundsätzlich eng auszulegenden
(vgl. hierzu [X.]surteil vom 16.
Februar 2005 -
VIII ZR 6/04, [X.], 334 unter [X.]) -
Ausnahmevor-schrift nicht bereits dann erfüllt sind, wenn der Mieter lediglich eine Teilzahlung leistet und hierdurch erreicht, dass sein ursprünglich mehr als eine Monatsmiete betragender Zahlungsrückstand unter diese Schwelle sinkt.
[X.]enn eine solche Teilzahlung ist mit der in § 543 Abs. 2 Satz 2 [X.] geforderten Befriedigung des Vermieters ersichtlich nicht gemeint.
(2) [X.]iese Auslegung entspricht auch dem aus den Gesetzesmaterialien zu entnehmenden Willen des Gesetzgebers. [X.]ieser hat durch das [X.] vom 19. Juni 2001 ([X.]l. I S. 1149) das Recht zur fristlosen [X.] aus wichtigem Grund in § 543 [X.] als zentraler Vorschrift zusammengefasst. Hierbei ging der Gesetzgeber davon aus, dass die neue Regelung im Wesentlichen der bisherigen Rechtslage entspricht -
welche durch die beiden oben genannten [X.]surteile vom 14. Juli 1970 ([X.], aaO) und vom 23.
September 1987 ([X.], aaO) sowie die hiermit übereinstimmende allgemeine Auffassung geprägt wurde -
und § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 [X.] die allgemeine Kündigungsregelung des § 554 Abs. 1 [X.] aF wegen Zahlungsverzugs übernimmt (BT-[X.]rucks. 14/4553, [X.] f.;
siehe hierzu auch BT-[X.]rucks., aaO S. 64 [zur [X.] nach §
569 Abs. 3 Nr. 2 Satz 1 [X.]]).

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-
14 -
(3) [X.]ie vom Berufungsgericht vorgenommene gegenteilige Auslegung des § 543 Abs. 2 Satz 2 [X.] ist schließlich auch mit dem Sinn und Zweck die-ser Vorschrift nicht zu vereinbaren. [X.]er Gesetzgeber hat in § 543
Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 Buchst. a, § 569 Abs. 2 Nr. 3 Satz 1 [X.] die Wertung getroffen, dass die Fortsetzung des Mietverhältnisses für den Vermieter jedenfalls dann unzumut-bar ist, wenn
sich der Mieter für zwei aufeinanderfolgende Termine mit einem Teil der Miete in Verzug befindet, der die Miete für einen Monat übersteigt. In einem solchen Fall ist der Vermieter allein aufgrund des Verzuges zur fristlosen Kündigung berechtigt, ohne dass es noch einer Abwägung zwischen Mieter-
und Vermieterinteressen bedarf (vgl. [X.]surteil vom 17. Juni 2015 -
[X.], aaO Rn. 35 mwN).
[X.]er Gesetzgeber ist dem Interesse des vertragsuntreuen Mieters, der ei-nen erheblichen Mietrückstand hat auflaufen lassen, dadurch entgegengekom-men, dass er ihm mit § 543 Abs. 2 Satz 2 [X.] die Möglichkeit der Nachholung der rückständigen Zahlungen bis zum [X.]punkt des Zugangs
der Kündigung eingeräumt hat, um im Falle einer bis dahin erfolgenden Befriedigung des [X.] eine auf den [X.] gestützte außerordentliche fristlose Kündigung auszuschließen (vgl. [X.]surteil vom 17. Juni 2015 -
[X.], aaO
[zur [X.] nach §
569 Abs. 3 Nr. 2 Satz 1 [X.]]). [X.]em [X.] wird eine Fortsetzung des Mietverhältnisses mit dem vertragsuntreuen Mie-ter mithin nur dann zugemutet, wenn die gesamten Mietrückstände ausgegli-chen werden ([X.]surteil vom 17. Juni 2015 -
[X.], aaO Rn. 37).
[X.]iesen vom Gesetzgeber bezweckten angemessenen Ausgleich der In-teressen des Vermieter und des Mieters im Falle des Zahlungsverzugs verkennt das Berufungsgericht grundlegend, wenn es meint, in die Auslegung des § 543 Abs. 2 Satz 2 [X.] dürften allein mieterschützende Erwägungen einfließen.

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15 -
Mit Recht weist die Revision in diesem Zusammenhang auch darauf hin, dass der vertragsuntreue Mieter
es anderenfalls in der Hand hätte, einer be-rechtigten fristlosen Kündigung
des Mietverhältnisses -
gegebenenfalls auch mehrfach -
dadurch zu entgehen, indem er lediglich eine Teilzahlung vornimmt, die den Gesamtrückstand (knapp) unter die Grenze des für eine solche Kündi-gung nach § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 [X.] erforderlichen Betrages verringert.
Eine
solche Möglichkeit des Unterlaufens
des Kündigungsrechts des [X.] soll durch die vom Gesetzgeber gewählte Regelungskonzeption jedoch verhindert werden.
2. [X.]a die Beklagte nach den [X.] Feststellungen des [X.] den Zahlungsrückstand hinsichtlich der hier in Rede stehenden Monate Februar und März 2015 auch nicht innerhalb der Schonfrist gemäß §
569 Abs. 3 Nr. 2 [X.]
(vollständig) beglichen hat, bleibt es auch insoweit bei der Wirksamkeit der von der Klägerin ausgesprochenen außerordentlichen frist-losen Kündigung des Mietverhältnisses.

III.
Nach alledem kann das Berufungsurteil im Umfang des Revisionsangriffs keinen Bestand haben; es ist insoweit aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO).
[X.]er Se-nat entscheidet in der Sache selbst, weil weitere Feststellungen nicht zu treffen sind und der Rechtsstreit zur Endentscheidung reif ist (§ 563 Abs. 3 ZPO). [X.]ies führt zur Zurückweisung der Berufung der [X.] und zur Wiederherstellung

35
36
37

-
16 -
des Urteils
des Amtsgerichts, soweit die Beklagte zur Räumung und Herausga-be der streitgegenständlichen Wohnung verurteilt worden ist.
[X.]r. Milger
[X.]r. Hessel
[X.]r. [X.]

[X.]r. [X.]
Hoffmann
Vorinstanzen:
AG
Nauen, Entscheidung vom 30.12.2015 -
16 C 17/15 -

LG [X.], Entscheidung vom 03.08.2016 -
4 S 4/16 -

Meta

VIII ZR 193/16

27.09.2017

Bundesgerichtshof VIII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 27.09.2017, Az. VIII ZR 193/16 (REWIS RS 2017, 4696)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2017, 4696

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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