Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 02.05.2018, Az. 3 StR 39/18

3. Strafsenat | REWIS RS 2018, 9795

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[X.]:[X.]:[X.]:2018:020518B3STR39.18.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF

BESCHLUSS
3
StR 39/18

vom
2. Mai
2018
in der Strafsache
gegen

alias:

wegen bewaffneten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln u.a.

-
2
-
Der 3.
Strafsenat des [X.] hat nach Anhörung des [X.] und des [X.] -
zu
1.
a) mit dessen Zustimmung, zu
2. auf dessen Antrag
-
am 2.
Mai 2018 gemäß §
349 Abs.
2 und 4, §
354 Abs.
1 analog, §
421 Abs.
1 [X.] einstimmig beschlossen:

1.
Auf die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Land-gerichts [X.] vom 10.
November 2017 wird
a)
von der Einziehung des Wertes des Tatertrags in Höhe von 20

se
entfällt;
b)
das vorbezeichnete Urteil aufgehoben,
aa)
soweit der Angeklagte wegen bewaffneten [X.] mit Betäubungsmitteln verurteilt
worden
ist (Fall
II.
2. der Urteilsgründe); jedoch bleiben die Fest-stellungen zum äußeren Tatablauf aufrechterhalten;
bb)
mit den jeweils zugehörigen Feststellungen
(1)
im Gesamstrafenausspruch;
(2)
im Ausspruch über die Einziehung von
(a)
0,71 und 83,66
Gramm Marihuana und 96,26 Gramm Haschisch nebst Verpackung und einem Brieföffner sowie
(b)
von zwei am 21.
März 2017 sichergestellten Haschischbrocken; diese entfällt.
-
3
-
Im übrigen Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels,
an eine andere [X.] des [X.]s zurückverwiesen.
2.
Die weitergehende Revision wird verworfen.

Gründe:
Das [X.] hat den Angeklagten wegen bewaffneten Handeltrei-bens mit Betäubungsmitteln und
wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln zu der Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren und sechs Monaten verurteilt [X.] mehrere [X.] getroffen. Die auf die allgemeine Sachrüge gestützte Revision des Angeklagten hat den aus der [X.] ersichtlichen Erfolg. Im Übrigen ist sie unbegründet im Sinne des §
349 Abs.
2 [X.].
I.
Mit Zustimmung des [X.] sieht der [X.] gemäß §
421 Abs.
1 Nr.
2 [X.] von der Einziehung des Wertes des Tatertrages in [X.] von 20

b.
1
2
-
4
-
II.
Soweit der Angeklagte wegen bewaffneten Handeltreibens mit Betäu-bungsmitteln verurteilt worden ist (Fall
II.
2. der Urteilsgründe), hat das Urteil keinen Bestand.
1.
Das [X.] hat insoweit folgende Feststellungen getroffen:
Der Angeklagte führte am Tattag eine Umhängetasche mit sich, in der sich rund
88
Gramm Marihuana mit einem Wirkstoffgehalt von 11,61
Gramm THC und rund 96
Gramm Haschisch mit einem Wirkstoffgehalt von 10,98 Gramm THC befanden. 80
Gramm Marihuana und 90
Gramm Haschisch waren für den gewinnbringenden Weiterverkauf bestimmt. Außerdem enthielt die Ta-sche ein sog. Cuttermesser mit einer vier Zentimeter lang ausgefahrenen und arretierten Klinge sowie einen
17
Zentimeter langen
metallenen
Brieföffner mit einer flachen, sich zum Griff hin verbreiternden Klinge. Diesen Brieföffner führte der Angeklagte mit sich, um ihn im Zusammenhang mit seinen [X.] notfalls als Angriffs-
oder Verteidigungsmittel zu benutzen.
2.
Die Feststellung, dass der Brieföffner als sonstiger Gegenstand im
Sinne des §
30a Abs.
2 Nr.
2 BtMG durch den Angeklagten zur Verletzung von Menschen bestimmt war (vgl. [X.], Beschluss vom 9.
Oktober 1997
-
3
StR
465/97, [X.]St 43, 266), wird nicht von einer rechtsfehlerfreien Be-weiswürdigung getragen.
a)
Die Würdigung der Beweise ist zwar Sache des Tatrichters, dem allein es obliegt, sich unter dem Eindruck der Hauptverhandlung ein Urteil über die Schuld oder Unschuld des Angeklagten zu bilden. Das Revisionsgericht hat indes zu prüfen, ob die Beweiswürdigung des Tatrichters mit Rechtsfehlern be-3
4
5
6
7
-
5
-
haftet ist, etwa weil sie Lücken oder Widersprüche aufweist
oder
mit den Denk-gesetzen bzw. gesichertem Erfahrungswissen nicht in Einklang steht (st. Rspr.; vgl. [X.], Urteil vom 16.
November 2017 -
3
StR
315/17, NJW 2018, 1411,
1412).
b)
Hieran gemessen hält die Beweiswürdigung des [X.]s zu der Feststellung, dass der Angeklagte den Brieföffner gegebenenfalls zur Verlet-zung von Menschen einsetzen wollte, revisionsgerichtlicher Prüfung nicht stand; sie ist lückenhaft.
Das [X.] hat seine Überzeugung, dass der Angeklagte den Brief-öffner, von dem er nach seinen Angaben nichts wusste bzw. der ihm nicht ge-hört habe, mit sich führte, um ihn notfalls als Angriffs-
oder Verteidigungsmittel zu benutzen, maßgeblich auf die Erwägung gestützt, dass Anhaltspunkte für eine andere Zweckbestimmung nicht ersichtlich seien. So scheide auch die denktheoretische Möglichkeit aus, der im Tatzeitraum auch mit Ladendiebstäh-len aufgefallene Angeklagte könne den Brieföffner zum Ablösen von [X.] an Waren -
zu einer Entfernung von [X.] war es bei einem festgestellten Diebstahl am Tattag tatsächlich gekommen
-
bestimmt haben. Denn dies
hätte der Angeklagte, der die Diebstähle nicht in Abrede gestellt ha-be,
einräumen können, ohne "Nachteile"
befürchten zu müssen. Damit über-sieht die [X.], dass der Angeklagte sich mit einer solchen Einlassung nicht nur eines einfachen Diebstahls nach §
242 StGB, sondern eines Dieb-stahls mit Waffen nach §
244 Abs.
1 Nr.
1 Buchst.
a StGB, der eine [X.] von sechs Monaten bis zu zehn Jahren Freiheitsstrafe vorsieht, hätte [X.] müssen. Auch hat das [X.] nicht erörtert, warum der Brieföff-ner, der "mangels scharfer Klinge"
als Portionierungswerkzeug für Haschisch 8
9
-
6
-
ausscheiden müsse, aus Sicht des Angeklagten dennoch als geeignetes An-griffs-
oder Abwehrmittel eingesetzt werden sollte.
Bei seiner Überzeugungsbildung zur Zweckbestimmung des Brieföffners hat das [X.] damit maßgebliche Umstände unberücksichtigt gelassen. Dazu, welchem Zweck das mitgeführte "Cuttermesser"
dienen sollte, verhält sich das Urteil nicht. Eine Strafbarkeit wegen bewaffneten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln ist somit nicht rechtsfehlerfrei belegt, so dass die [X.] im Fall
II.
2. der Urteilsgründe der Aufhebung unterliegt. Da der [X.] Rechtsfehler die Feststellungen zum objektiven Geschehensablauf nicht be-rührt, hat der [X.] diese aufrechterhalten

353 Abs.
2 [X.]).
3.
Der Wegfall der für Fall
II.
2. der
Urteilsgründe verhängten [X.] entzieht dem [X.] die Grundlage. Darüber
hinaus war die in diesem Fall angeordnete Einziehung von 0,71 und 83,66
Gramm
Marihuana sowie
96,26
Gramm Haschisch nebst Verpackung und einem Brief-öffner
aufzuheben.
III.
Ebenfalls aufzuheben war die vom [X.] ausgesprochene Ein-ziehung von zwei Haschischbrocken, die am 21.
März 2017 sichergestellt wor-den
waren. Diese auf §
33
Satz
1
BtMG, §
74 Abs.
2 StGB gestützte Anordnung erweist sich als rechtsfehlerhaft, weil das [X.] das Verfahren hinsichtlich der der Sicherstellung des Rauschmittels zugrundeliegenden
Betäubungsmittel-tat nach §
154 Abs.
2 [X.] eingestellt hat. Damit fehlt es an einer rechtlichen Grundlage für die Einziehung im Urteil [X.], BtMG, 5.
Aufl., §
33 Rn.
25 mwN). Der [X.] ordnet in analoger Anwendung des §
354 Abs.
1 [X.] deren Entfallen an.
10
11
12
-
7
-
IV.
Für die neue Verhandlung und Entscheidung weist der [X.] auf Fol-gendes hin:
Soweit die [X.] bei der Strafzumessung im Fall
II.
2. der Urteils-gründe straferschwerend berücksichtigt hat, dass der Angeklagte die bei dieser Tat gehandelte [X.] im Verhältnis zu früheren Taten "deutlich ge-steigert"
habe und zusätzlich bewaffnet war, begegnet dies im Hinblick auf §
46
Abs.
3 StGB erheblichen rechtlichen Bedenken. Das [X.] hat den Angeklagten wegen bewaffneten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln ver-urteilt. Der Tatbestand des §
30a Abs.
2 Nr.
2 BtMG setzt aber die Bewaffnung wie den Handel mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge voraus. Zwar hat die
Kammer darauf hingewiesen, dass sie nicht die -
strafbarkeits-begründende
-
Bewaffnung "als solche"
straferschwerend berücksichtigt habe, sondern "lediglich die im Längsschnitt zu erkennende Entwicklung hin zu einer größeren [X.] nebst Bewaffnung"
und darin die "in der Gesamtschau"
zum Ausdruck gekommene erhebliche Steigerung der kriminellen Energie. [X.] hat sie allerdings übersehen, dass auch die strafschärfende Berücksichti-gung der vom Täter aufgebrachten kriminellen Energie dann gegen das Dop-pelverwertungsverbot des §
46 Abs.
3 StGB verstößt, wenn diese sich ihrerseits aus strafbarkeitsbegründenden Umständen herleitet (vgl. [X.], Beschlüsse vom 1.
März 2001 -
4
StR
36/01, NStZ-RR
2001, 295; vom 19.
Oktober 2010
13
14
-
8
-
-
4
StR
465/10, [X.]R StGB §
46 Abs.
3 Körperverletzung
2; vom 29.
April 2014 -
2
StR
616/13, [X.]R StGB §
46 Abs.
3 Handeltreiben
7; vom
21.
No-vember 2017 -
1
StR
491/17, juris Rn.
16).
Becker
Spaniol
Ri[X.] Dr.
Tiemann ist er-krankt und daher
gehindert zu unterschreiben.
Becker
Berg
Leplow

Meta

3 StR 39/18

02.05.2018

Bundesgerichtshof 3. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 02.05.2018, Az. 3 StR 39/18 (REWIS RS 2018, 9795)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2018, 9795

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