Bundespatentgericht, Beschluss vom 30.04.2014, Az. 28 W (pat) 59/12

28. Senat | REWIS RS 2014, 5941

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Gegenstand

Markenbeschwerdeverfahren – "Blau (Pantone 296C)" – international registrierte abstrakte Farbmarke – zur Markenfähigkeit – keine beschreibende Angabe – herkunftshinweisende farbliche Produktgestaltung - kein optisches Gestaltungsmittel - rein psychologische und physiologische Wirkungen von Farben geben keinen konkreten Hinweis auf Art, Beschaffenheit oder Wirkung der beanspruchten Produkte - kein Freihaltungsbedürfnis - Unterscheidungskraft


Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die [X.] 852 829

hat der 28. Senat ([X.]) des [X.] auf die mündliche Verhandlung vom 30. April 2014 durch die Vorsitzende Richterin [X.], die Richterin [X.] und die Richterin kraft Auftrags Kriener

beschlossen:

Die Beschlüsse des [X.], Markenstelle für Klasse 07 IR, vom 21. Dezember 2009 und 21. Mai 2012 werden aufgehoben.

Gründe

I.

1

Um Schutz in der [X.] sucht die am 8. Dezember 2004 international registrierte abstrakte [X.] 852 829 des Farbtons [X.] (blau)

Abbildung

2

nach, und zwar für die Waren der

3

Klasse 07: [X.], portes de garage, [X.], fenêtres, [X.], [X.], [X.], [X.] et grilles.

4

Mit Beschlüssen vom 21. Dezember 2009 und 21. Mai 2012, von denen letzterer im Erinnerungsverfahren ergangen ist, hat die Markenstelle für Klasse 07 IR den nachgesuchten Schutz wegen fehlender Unterscheidungskraft verweigert. Zur Begründung ist ausgeführt, das um Schutz nachsuchende, völlig übliche blaue Farbzeichen sei nicht geeignet, die beanspruchten Waren einem bestimmten Unternehmen zuzuordnen. Die hier verfahrensgegenständlichen Rohrmotoren, die nach Verwendungszweck spezifiziert seien, stellten Einzelwaren dar, die sich vorwiegend an Fachkreise, vereinzelt jedoch auch an (handwerklich begabte) Durchschnittsverbraucher richteten. Somit liege zwar ein eng begrenzter Bereich an Waren vor, aber maßgebend sei ferner, ob auf dem einschlägigen Gebiet Farben zur Darstellung der Ware an sich bzw. deren Beschaffenheit verwendet würden und ob die konkrete Farbe als dekorative oder sachbezogene Gestaltung der Ware verstanden werde. Rohrmotoren würden zwar in unterschiedlicher farblicher Gestaltung angeboten, die Zylinder und die Endstücke der Rohrmotoren wiesen aber üblicherweise unterschiedliche Farben auf. Die jeweilige Zuordnung der Motoren zu einem bestimmten Anbieter werde dem Verbraucher durch ein auf dem Motor angebrachtes Firmenschild ermöglicht. Zwar könne eine beschreibende Verwendung von bestimmten Farben in dieser Branche nicht festgestellt werden, aber ebenso wenig eine Gewöhnung der Verkehrskreise an die herkunftshinweisende Verwendung abstrakter Farben. Vielmehr sei es naheliegend, dass das Publikum in der jeweiligen farblichen Gestaltung ein bloßes optisches Gestaltungsmittel sehe. Die Schutzunfähigkeit des Zeichens für die beanspruchten Waren könne auch nicht durch Verkehrsdurchsetzung überwunden werden, da die von der [X.] in diesem Zusammenhang eingereichten Unterlagen nicht belegen könnten, dass die schutzsuchende blaue Farbe an sich - ohne Zuhilfenahme von Angaben auf Etiketten, Aufdrucken, Aufklebern o. ä. - als eigenständiger betrieblicher Herkunftshinweis gesehen werde. Ferner sei zu beachten, dass vorliegend das Registrierungsdatum (8. Dezember 2004) - der Zeitpunkt zu dem die Durchsetzung im Verkehr bestanden haben und noch fortdauern müsse - derart weit in der Vergangenheit liege, dass selbst eine eventuell durchzuführende Befragung u. U. keinen Beweiswert mehr habe.

5

Hiergegen richtet sich die Beschwerde der [X.], mit der sie ausführt, bei der schutzsuchenden Farbmarke in dem Ton [X.] handle es sich nicht um eine völlig übliche Farbe, was sich einerseits aus dem Vergleich dieser Farbe mit den "[X.]" in [X.] ergebe und andererseits daraus, dass diese Farbe von den Verkehrsbeteiligten als Herkunftshinweis für Rohrmotoren aufgefasst werde. Die für die Annahme der Unterscheidungskraft einer Farbe geforderten Umstände, nämlich eine konkret definierte und eng eingeschränkte Zahl an Waren, ein spezifischer Markt sowie ein entsprechendes Verständnis der beteiligten Verkehrskreise, seien vorliegend erfüllt. Bei Rohrmotoren zur Verwendung bei Rollläden, Garagentoren und Ähnlichem handle es sich um eine Spezialware mit einem extrem engen Anwendungsspektrum, welche sich ausschließlich an professionelle Installateure und Monteure von Rollladen- und Garagenmotoren richte. Die Installation eines Rohrmotors erfordere (durch einen entsprechenden Meister- oder zumindest Gesellenbrief bestätigte) elektrische, mechanische und bauhandwerkliche sowie [X.], die deutlich darüber hinausgingen, was ein handwerklich begabter Durchschnittsverbraucher leisten könne. Rohrmotoren lägen innerhalb eines Rohres, um das der Rollladen u. Ä. gewickelt werde. Sie würden aus rein technischen Erwägungen und wegen der [X.] gekauft, so dass die Farbe - anders als bei Kleidung, Autos etc. – kein dekoratives Gestaltungsmittel für die Ware sei und von den angesprochenen Fachkreisen auch nicht als solches verstanden werde. Vielmehr seien diese nach den spezifischen Gepflogenheiten des Handels und der Monteure daran gewöhnt, aus der Farbe des jeweiligen Rohrmotors auf die Herkunft der Waren zu schließen. Firmenschilder würden regelmäßig beim Einbau verdeckt und seien deshalb entgegen der Ansicht der Markenstelle nicht in praktikabler Weise geeignet, eine schnelle Zuordnung zu ermöglichen. Hingegen sei die Farbe der Ummantelung des Zylinders im vorliegenden Produktbereich ein gut erkennbarer und eindeutiger Hinweis auf den jeweiligen Hersteller. Die Farbe der Endstücke von Rohrmotoren sei demgegenüber von untergeordneter Rolle, da diese im Vergleich zur Außenwand des Zylinders klein seien. Hilfsweise macht die [X.] eine Verkehrsdurchsetzung der um Schutz nachsuchenden Farbmarke geltend und beruft sich insoweit auf die im patentamtlichen Verfahren zum Nachweis vorgelegten umfangreichen Unterlagen, u. a. auf das Bestätigungsschreiben des [X.] vom 23. Juli 2010 (Anlage 5 zum Schriftsatz vom 22. November 2010).

6

Die [X.] beantragt,

7

die Beschlüsse des [X.], Markenstelle für Klasse 07 IR, vom 21. Dezember 2009 und 21. Mai 2012 aufzuheben.

8

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

II.

9

Die zulässige Beschwerde der [X.] hat Erfolg.

Der schutzsuchenden [X.] stehen in Bezug auf die beanspruchten Waren keine Schutzhindernisse nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 [X.] entgegen, weshalb ihr der Schutz in der [X.] zu Unrecht von der [X.] verweigert worden ist (§§ 119, 124, 113, 37 Abs. 1 [X.], Art. 5 PMMA, Art 6 quinquies B PVÜ).

1. Bei der schutzsuchenden [X.] handelt es sich um ein nach § 3 Abs. 1 [X.] grundsätzlich markenfähiges Zeichen (vgl. [X.] [X.], 858 Rdnr. 38-40 – [X.]). Es erfüllt auch das in § 8 Abs. 1 [X.] aufgestellte Erfordernis der graphischen Darstellbarkeit. Durch die Benennung der Farbe "blau", die Vorlage eines Farbmusters und die Bezeichnung nach einem anerkannten Farbklassifikationssystem, hier dem [X.] ("[X.]"), ist die abstrakte Farbmarke eindeutig definiert und dauerhaft dargestellt.

2. Der schutzsuchenden [X.] kann nicht jegliche Unterscheidungskraft abgesprochen werden.

Unterscheidungskraft im Sinne des § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.] ist die einem Zeichen innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel aufgefasst zu werden, welches die in Rede stehenden Waren oder Dienstleistungen als von einem bestimmten Unternehmen stammend kennzeichnet und diese Waren oder Dienstleistungen somit von denjenigen anderer Unternehmen unterscheidet. Da allein das Fehlen jeglicher Unterscheidungskraft ein Eintragungshindernis begründet, ist ein großzügiger Maßstab anzulegen, so dass jede auch noch so geringe Unterscheidungskraft genügt, um das Schutzhindernis zu überwinden ([X.], 1143 – [X.]; [X.] 2012, 19, Rdnr. 8 - Link economy; [X.], 1100, Rdnr. 10 - [X.]!; [X.], 825, 826, Rdnr. 13 - [X.]; [X.], 850, 854, Rdnr. 18 - [X.]). Maßgeblich für die Beurteilung der Unterscheidungskraft ist die Auffassung der beteiligten inländischen Verkehrskreise, wobei auf die Wahrnehmung des Handels und/oder des normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers der fraglichen Waren oder Dienstleistungen abzustellen ist (vgl. [X.] [X.], 411, 412, Rdnr. 24 - Matratzen Concord/[X.]; [X.], 943, 944, Rdnr. 24 - [X.] 2; [X.] - [X.]).

Diese Grundsätze finden auch bei abstrakten Farbmarken Anwendung, bei denen kein strengerer Maßstab anzulegen ist als bei anderen Markenformen (vgl. [X.] GRUR Int. 2005, 227, Rdnr. 78 - Farbe Orange). Allerdings ist bei bestimmten Markenkategorien zu beachten, dass sie vom Verkehr nicht notwendig in gleicher Weise wahrgenommen werden wie eine herkömmliche Wort- oder Bildmarke, die ein gesondertes Zeichen darstellt und vom Erscheinungsbild der gekennzeichneten Ware unabhängig ist. Häufig schließen Verbraucher aus der Form der Ware oder ihrer Verpackung oder aus der Farbe eines Produkts nicht auf die Herkunft der Ware aus einem bestimmten Unternehmen ([X.] GRUR Int. 2005, 135, Rdnr. 30 – Mag Lite; GRUR a. a. [X.] – Farbe Orange; a. a. [X.], Rdnr. 38 f. - [X.] Bauchemie; GRUR 2003, 604, Rdnr. 65 - [X.]). Zudem ist bei abstrakten Farbmarken auch im Rahmen der Prüfung des Schutzhindernisses mangelnder Unterscheidungskraft das Allgemeininteresse an der freien Verfügbarkeit der Farben für die anderen Wirtschaftsteilnehmer zu berücksichtigen (vgl. [X.] a. a. [X.], Rdnr. 41 – [X.] Bauchemie; a. a. [X.], Rdnr. 60 – [X.]). Dementsprechend ist bei abstrakten Farbmarken auch bei Zugrundelegung des beschriebenen großzügigen [X.] davon auszugehen, dass solchen Marken im Allgemeinen die erforderliche Unterscheidungskraft im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.] fehlt. Bei abstrakten Farbmarken ist deshalb regelmäßig zu prüfen, ob besondere Umstände vorliegen, die gleichwohl die Annahme rechtfertigen, dass die angemeldete bzw. schutzsuchende Marke unterscheidungskräftig ist. Diese Beurteilung erfordert eine umfassende Prüfung des Verkehrsverständnisses bei der Wahrnehmung der Farbe auf dem in Rede stehenden Waren- oder Dienstleistungssektor und des Interesses der Allgemeinheit an der freien Verfügbarkeit der beanspruchten Farbe. Von Bedeutung für die Beurteilung des Schutzhindernisses mangelnder Unterscheidungskraft ist in diesem Zusammenhang auch, ob die Eintragung der Farbe als Marke (bzw. bei [X.]n deren Schutzerstreckung) für eine Vielzahl von Waren oder Dienstleistungen oder eine bestimmte Gruppe von Waren oder Dienstleistungen beantragt worden ist. Besondere Umstände, bei deren Vorliegen eine abstrakte Farbmarke über Unterscheidungskraft verfügen kann, können insbesondere dann gegeben sein, wenn die Zahl der Waren oder Dienstleistungen, für die die Marke angemeldet ist, sehr gering und der maßgebliche Markt sehr spezifisch ist (vgl. [X.] a. a. [X.], Rdnr. 79 – Farbe Orange; a. a. [X.], Rdnr. 71 - [X.]; [X.] [X.], 637-640 - Farbe gelb). Bei der Prüfung, ob und inwieweit sich die maßgeblichen Verkehrskreise bereits an die herkunftskennzeichnende Wirkung von farblichen [X.] gewöhnt haben und deshalb deren Farbe nicht mehr nur unter [X.] bzw. ästhetischen Gesichtspunkten betrachten, kommt den Kennzeichnungsgewohnheiten auf dem jeweils einschlägigen Produktsektor eine maßgebliche Bedeutung zu ([X.] in NJW 2005, 1624, 1626).

Nach diesen Grundsätzen kann vorliegend nicht festgestellt werden, dass die um Schutz nachsuchende [X.] dem Schutzhindernis nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.] unterliegt.

a) Bei den beanspruchten Waren der Klasse 07, nämlich Rohrmotoren zur Verwendung bei Rollläden, Jalousien, (Garagen-)Toren und Ähnlichem, handelt es sich um eine spezifische und eingrenzbare Warengruppe mit einem engen Anwendungsspektrum. Sie richten sich nahezu ausschließlich an Fachkreise, nämlich den Fachhandel sowie professionelle Installateure und Monteure, die den Einbau, die Reparatur und Wartung von mit Rohrmotoren betriebenen Rollläden, Jalousien, Toren und Ähnlichem durchführen. Die ordnungsgemäße Installation von solchen Rohrmotoren, die innerhalb eines Rohres liegen, um das beispielsweise der Rollladen gewickelt ist, erfordert neben fachmännischen Kenntnissen im Elektrobereich auch mechanische, bauhandwerkliche und [X.], über die der normale Durchschnittsverbraucher in aller Regel nicht verfügt. Der Fachmarkt für Rohrmotoren ist dabei ein von den Kennzeichnungsgewohnheiten anderer Branchen unabhängiges, eingrenzbares und somit spezifisches Marktsegment im wirtschaftlichen Sinn.

b) Dem Zeichen kann Unterscheidungskraft von Haus aus zugebilligt werden, weil sich eine Gewöhnung des von den beanspruchten Waren angesprochenen Fachverkehrs an die herkunftshinweisende Verwendung von farblichen [X.] auf dem hier einschlägigen Markt im Sinne der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften feststellen lässt (vgl. [X.] a. a. [X.], Rdnr. 65 – [X.]), und zwar bereits zum maßgeblichen Registrierungszeitpunkt der schutzsuchenden [X.] am 8. Dezember 2004.

Die von der Beschwerdeführerin im patentamtlichen und Beschwerdeverfahren vorgelegten Unterlagen lassen einen hinreichend zuverlässigen Rückschluss auf die rund zehn Jahre zurückreichenden Kennzeichnungsgewohnheiten auf dem hier in Rede stehenden Markt zu. Eine wesentliche Bedeutung kommt in diesem Zusammenhang dem Schreiben des [X.] vom 23. Juli 2010, unterzeichnet von dessen Hauptgeschäftsführer [X.], zu (Anlage 5 zum Schriftsatz vom 22. November 2010), wo es heißt:

"[X.]… vertreibt diese blauen Rohr-Motoren unserer Beurteilung nach farblich unverändert bereits seit Jahrzehnten. Bis zum [X.] ... hatte sich nach unserer Einschätzung die typische blaue Farbe als markantes Kennzeichen für die [X.]… -Produkte längst etabliert – sowohl bei den Fachbetrieben als auch bei den Konkurrenten von [X.]…. Diese Wettbewerber ihrerseits haben sich durch deutlich andere Farbgebung (rot, grün weiß ...) ihrer Rohrmotoren von denen der [X.]… GmbH abgegrenzt."

Diese Aussage des [X.], an dessen Neutralität keine Zweifel bestehen, rechtfertigt den Schluss, dass die Wettbewerber der [X.] bereits im [X.] ihrerseits farbliche [X.] in betriebskennzeichnender Form auf dem Markt verwendet haben. Diese Annahme wird zudem gestützt durch die von der Beschwerdeführerin im Termin zur mündlichen Verhandlung vorgelegten Unterlagen, bei denen es sich um ([X.] oder Anzeigen in Fachzeitschriften handelt, die in den Jahren 2001 bis 2004 veröffentlicht wurden (Anlagen zum Protokoll vom 30. April 2014). So wird beispielsweise in "[X.] [X.] SONNENSCHUTZSYSTEME – Magazin für das Baudetail", Ausgabe Juli 2004, in einer Anzeige ein Rohrmotor der Firma [X.] abgebildet, bei dem die Ummantelung des Zylinders in glänzendem Gold gehalten ist und der mit dem Slogan "[X.]" beworben wird. In "DER [X.]-JALOUSIEBAUER – Magazin für das Baudetail", Ausgabe April 2001, befindet sich eine Anzeige des Herstellers [X.] für einen dort abgebildeten Rohrmotor, dessen Ummantelung gelb ist und der mit dem Slogan "[X.] " angepriesen wird. Die Außenseiten der Rohrmotoren von [X.] waren ausweislich der Produktabbildungen in einer weiteren Anzeige dieses Magazins damals schon grün, während die von [X.] durchgängig in [X.] gehalten sind (vgl. Ausgabe Mai 2001 des vorgenannten Magazins; "[X.] [X.] SONNENSCHUTZSYSTEME – Magazin für das Baudetail", Ausgabe Mai 2004, Anlagen zum o. g. Protokoll). Daneben finden sich in diesen Zeitschriften und Prospekten auch Anzeigen der [X.] aus den Jahren 2003 und 2004, die durchgängig Rohrmotoren mit dunkelblauen Zylindern zeigen. Die im patentamtlichen Verfahren vorgelegten Belege mit Abbildungen von Rohrmotoren verschiedener Hersteller, die wiederum durchgängig in jeweils unterschiedlichen Farben (wie z. B. von [X.] in Grün) gehalten sind, datieren zwar erst vom 14. Juni 2006 (vgl. Anlagen 1–3 zum Schriftsatz vom 12. Januar 2007), lassen jedoch in Zusammenschau mit den oben aufgeführten Unterlagen aus den Jahren 2001 bis 2004 ebenfalls den Rückschluss darauf zu, dass sich das angesprochene Fachpublikum in diesem Marktsegment damals schon an Farben als Kennzeichen seit längerer Zeit gewöhnt hatte. Die Fortsetzung dieser Kennzeichnungsgewohnheiten bis heute ergibt sich aus den weiteren im patentamtlichen Verfahren hierzu vorgelegten Internetauszügen datierend vom 22. November 2010 (Anlagen 2a–2c zum Schriftsatz vom 22. November 2010) sowie den ergänzenden aktuellen Recherchebelegen des Senats (Anlagen zum o. g. Protokoll), die Rohrmotoren verschiedener Wettbewerber der [X.] mit einer jeweils durchgängigen unterschiedlichen Farbgebung der Ummantelung zeigen.

Vor dem Hintergrund des konkreten Einsatzes von Rohrmotoren erscheint es fernliegend, dass das angesprochene Fachpublikum in der Farbgebung dieser Produkte lediglich ein optisches Gestaltungsmittel sehen könnte. Nach dem Einbau ist ein Rohrmotor nicht mehr sichtbar und nur noch sehr eingeschränkt von außen zugänglich. Ein Monteur, der einen solchen Motor warten oder reparieren soll, kann zur Feststellung des Herstellers nicht oder nur unter großem Aufwand nach Firmenschildern bzw. Etiketten suchen, da diese beim Einbau regelmäßig verdeckt werden. Ein Rohrmotor des einen Herstellers kann sich von dem eines anderen Herstellers auch nicht durch Länge, Durchmesser oder Form unterscheiden, da die Maße und die runde Form funktional festgelegt sind, um für eine Vielzahl von Rollläden und Garagentoren zu passen. Deshalb werden sich die damit befassten Monteure und Installateure in erster Linie an der Farbe eines Rohrmotors orientieren, da diese einen leicht und gut erkennbaren Hinweis auf den jeweiligen Hersteller ermöglicht. Entsprechend den zutreffenden Ausführungen der [X.] sind die oftmals differierenden Farben der Endstücke von Rohrmotoren nur von untergeordneter Bedeutung, da diese im Vergleich zur Außenwand des Zylinders klein sind und optisch kaum auffallen. Im Übrigen dürften die Endstücke nach dem Einbau auch nicht mehr sichtbar sein, so dass sie für die Zuordnung zu einem bestimmten Hersteller keine Rolle spielen.

Damit lässt sich bereits für den Registrierungszeitpunkt am 8. Dezember 2004 eine Gewöhnung des Fachpublikums an Farben als Kennzeichen von Rohrmotoren feststellen. Da dieser Markt damit seit vielen Jahren die Farbverteilung unter den Konkurrenten ausübt und die um Schutz nachsuchende [X.] nur für ein spezifisches Marktsegment beansprucht wird, ist eine übergebührliche Einschränkung der Wettbewerber nicht zu befürchten (vgl. [X.] a. a. [X.], Rdnr. 69 – [X.]). Dass es sich nicht um eine eigens für die [X.] entwickelte Farbe, sondern um "[X.]" handelt, ist nicht entscheidend.

c) Die schutzsuchende [X.] beschreibt mit ihrer Farbe auch nicht die beanspruchten Waren und ist deshalb unterscheidungskräftig. Rohrmotoren zur Verwendung bei Rollläden, Jalousien, Toren und Ähnlichem sind nicht an einen farblichen – blauen – Auftritt gebunden. Soweit die Markenstelle ausgeführt hat, dass Farben bestimmte Gemütszustände herbeiführen können, ist darauf hinzuweisen, dass rein psychologische und physiologische Wirkungen von Farben (vgl. hierzu [X.], Dissertation: Formaler Markenschutz für Farben, 2007, [X.] ff.), hier der Farbe blau, keinen konkreten Hinweis auf Art, Beschaffenheit oder Wirkung der beanspruchten Produkte geben (vgl. auch BPatG 28 W (pat) 11/11 – Blau).

3. Wegen des fehlenden beschreibenden Aussagegehalts der Farbe blau für die beanspruchten Waren ist ein Freihaltebedürfnis nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 [X.] ebenfalls zu verneinen. Eine eventuell vorhandene farbpsychologische Wirkung assoziativer Art lässt sich nicht unter § 8 Abs. 2 Nr. 2 [X.] subsumieren (vgl. BPatG 28 W (pat) 11/11 – Blau; 24 W (pat) 130/02 - DARK BLUE).

4. Darauf, ob sich das Anmeldezeichen darüber hinaus für die beanspruchten Waren gemäß § 8 Abs. 3 [X.] im Verkehr durchgesetzt hat, kam es bei dieser Sachlage nicht mehr an.

Meta

28 W (pat) 59/12

30.04.2014

Bundespatentgericht 28. Senat

Beschluss

Sachgebiet: W (pat)

Zitier­vorschlag: Bundespatentgericht, Beschluss vom 30.04.2014, Az. 28 W (pat) 59/12 (REWIS RS 2014, 5941)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2014, 5941

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