Bundespatentgericht, Beschluss vom 12.10.2010, Az. 24 W (pat) 2/10

24. Senat | REWIS RS 2010, 2479

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Gegenstand

Markenbeschwerdeverfahren – Löschungsverfahren - "MAR Y SOL" – kein Freihaltungsbedürfnis – Unterscheidungskraft


Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Marke [X.] 843

(hier: Löschungsverfahren [X.]/07)

hat der 24. Senat ([X.]) des [X.] in der Sitzung vom 12. Oktober 2010 unter Mitwirkung des Vorsitzenden [X.] Prof. Dr. Hacker, des [X.] [X.] und der Richterin Dr. Mittenberger-Huber

beschlossen:

Auf die Beschwerde der Antragsgegnerin wird der Beschluss der Markenabteilung 3.4. des [X.] vom 7. Mai 2008 aufgehoben.

Der Antrag auf Löschung der Marke [X.] 843 wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

1

Die Wortmarke [X.] 843

2

[X.]

3

ist am 22. Februar 2002 zur Kennzeichnung der Dienstleistung

4

„Bewirtung von Gästen“

5

in das Markenregister eingetragen worden.

6

Die Antragstellerin hat die Löschung der Marke beantragt, da der Eintragung absolute Schutzhindernisse entgegengestanden hätten und weiterhin entgegenstünden. Dem Zeichen fehle die Unterscheidungskraft gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.], da es vom - insoweit durch Urlaubsreisen vorgebildeten - inländischen Verkehr nur als „Meer und Sonne“ verstanden werde. Das Zeichen sei zudem im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 2 [X.] beschreibend für die eingetragenen [X.], da es lediglich darauf hinweise, dass das gastronomische Ambiente [X.] bzw. mediterranen Charakter habe und in seiner Ausgestaltung „erholungs- und urlaubstypisch“ sei.

7

Die Markeninhaberin hat dem Löschungsantrag - rechtzeitig - widersprochen und ist dem Löschungsbegehren auch inhaltlich entgegengetreten.

8

Die Markenabteilung 3.4. des [X.] hat die angegriffene Marke durch [X.]uss vom 7. Mai 2008 gelöscht, da ihm jedenfalls die erforderliche Unterscheidungskraft fehle und auch bereits zum Zeitpunkt der Eintragung gefehlt habe. Die Wortfolge „[X.]“ gehöre in ihren Einzelbestandteilen und in der Gesamtheit zu den geläufigsten Begriffen der [X.] Sprache und werde auch vom inländischen Verkehr ohne weiteres verstanden. Der Verkehr werde in der angemeldeten Wortfolge daher lediglich eine werbende Anpreisung und den Sachhinweis auf ein Speisen- und Getränkeangebot und ein Ambiente nach mediterranem bzw. [X.] Charakter sehen. Der Verbraucher sei im Gastronomiebereich ferner daran gewöhnt, dass Lokale mit landestypischem Angebot meist in der Landessprache bezeichnet würden. Der Kunde messe der Bezeichnung daher nur eine Werbefunktion, nicht jedoch einen betriebskennzeichnenden Herkunftshinweis bei. Vergleichbar gebildete Bezeichnungen für die Beherbergung oder Verpflegung von Gästen seien vom [X.] häufig für schutzunfähig gehalten worden.

9

Gegen diesen [X.]uss richtet sich die Beschwerde der Markeninhaberin. Maßgeblich für die Beurteilung eines fremdsprachigen Begriffes sei das inländische Verkehrsverständnis. Nach statistischen Erhebungen des demoskopischen [X.] aus dem [X.] sprächen lediglich 6% der [X.] Bevölkerung [X.]. Das [X.] gehe deshalb zu Unrecht davon aus, dass die maßgeblichen Verkehrskreise die angemeldete Wortfolge richtig übersetzen würden. Ein Verständnis als „[X.]“ und damit als weiblicher Name könne genauso angenommen werden wie die Übersetzung von „sol“ mit „Salz“ oder ([X.]) „[X.], Boden“. Ferner sei die Schlussfolgerung, dass die Verkehrskreise in der Übersetzung „Meer und Sonne“ eine unmittelbar beschreibende Angabe sähen, unrichtig. In Bezug auf ein Speisenangebot sei dies geradezu „absurd“.

Die Markeninhaberin beantragt,

den angefochtenen [X.]uss aufzuheben und den Löschungsantrag zurückzuweisen.

Die Antragstellerin und Beschwerdeführerin beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Zur Begründung hat sie ausgeführt, dass die Wortfolge nicht unterscheidungskräftig sei, da es sich sowohl um eine beschreibende Angabe als auch um eine allgemeine Werbeanpreisung handle. Im Zusammenhang mit gastronomischen Dienstleistungen erschließe sich dem Verkehr ohne weiteres die Bedeutung „Meer und Sonne“. Dieser erwarte unter der angegriffenen Bezeichnung kein [X.] oder [X.] Nationalitätenrestaurant, sondern ein [X.], weshalb ein konkreter Zusammenhang zwischen den eingetragenen Dienstleistungen und der [X.] Wortfolge „[X.]“ bestehe. Auch vagen Bezeichnungen, sofern sie nur den konkreten Inhalt vermuten lassen, könne die erforderliche Unterscheidungskraft fehlen.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

II.

Die zulässige Beschwerde der Markeninhaberin ist begründet. Die Markenabteilung 3.4. des [X.] hat zu Unrecht die Löschung der angegriffenen Marke [X.] 843 „[X.]“ angeordnet. Die angegriffene Marke war weder im Zeitpunkt der Eintragung noch zum Zeitpunkt der Entscheidung über den Löschungsantrag freihaltebedürftig. Sie verfügt auch über die erforderliche Unterscheidungskraft (§ 50 Abs. 1 und Abs. 2 i. V. m. § 8 Abs. 2 Nr. 2 und Nr. 1 [X.]).

1. Von der Eintragung ausgeschlossen im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 2 [X.] sind Marken, welche ausschließlich aus Angaben bestehen, die im Verkehr insbesondere zur Bezeichnung der Art, der Beschaffenheit, der Bestimmung oder sonstiger Merkmale der beanspruchten Dienstleistungen (oder Waren) dienen können. Die Bestimmung des § 8 Abs. 2 Nr. 2 [X.] verfolgt das im Allgemeininteresse liegende Ziel, dass Zeichen oder Angaben, die zur Bezeichnung von Merkmalen der beanspruchten Dienstleistungen (oder Waren) dienen können, allen Unternehmen zur freien Verfügung belassen werden, damit diese sie zur Beschreibung derselben Eigenschaften ihrer eigenen Produkte verwenden können ([X.] [X.], 146 - Rn. 32  - [X.]; [X.], 674 - Rn. 97 - [X.]; [X.] 2008, 900, 901 - Rn. 12 – SPA; GRUR 2006, 850, 856 – Rn. 35 - [X.]). Ein in diesem Sinne beschreibender Sinngehalt kommt der angegriffenen Marke nicht zu.

Die Wortkombination „[X.]“ ist dem [X.]en entnommen und bedeutet im [X.] „Meer und Sonne“. Mit der Markenstelle kann davon ausgegangen werden, dass maßgebliche Teile der angesprochenen Verkehrskreise diesen Sinngehalt verstehen. Es handelt sich um Grundwörter des [X.] Wortschatzes, die auch derjenige kennt, der des [X.]en an sich nicht mächtig ist, aber - wie viele - einmal seinen Urlaub in [X.] verbracht hat. Davon geht im übrigen ersichtlich auch die Markeninhaberin aus, da ihre [X.] ansonsten nicht erklärlich wäre.

Indessen werden durch das Begriffspaar „[X.]“ bzw. „Meer und Sonne“ ersichtlich keine Eigenschaften der beanspruchten Dienstleistung „Bewirtung von Gästen“ oder der verabreichten Speisen und Getränke selbst beschrieben. Es wird lediglich ein unterschwelliger Hinweis darauf gegeben, dass das unter dieser Marke unterbreitete Bewirtungsangebot an der [X.] Küche orientiert ist, vielleicht auch, dass die Räumlichkeiten ein spanisch-mediterranes Ambiente ausstrahlen. Das Schutzhindernis des § 8 Abs. 2 Nr. 2 [X.] wird dadurch jedoch nicht einmal ansatzweise berührt (vgl. [X.] [X.], 333 - ZEIG DER WELT DEIN SCHÖNSTES [X.]; [X.] (pat) 226/00 – [X.]; 25 W (pat) 102/01 - [X.]; 29 W (pat) 164/99 – Le Midi).

2. Vor diesem Hintergrund kann der angegriffenen Marke auch nicht jede Unterscheidungskraft im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.] abgesprochen werden. Mangels beschreibenden Sinngehalts könnte von fehlender Unterscheidungskraft nur ausgegangen werden, wenn es dafür besondere Anhaltspunkte gäbe. So könnte es etwa liegen, wenn es bereits eine größere Anzahl von [X.] unterschiedlicher Inhaber gäbe, die ihre Leistungen unter der Bezeichnung „[X.]“ anböten. Denn wenn der Verkehr daran gewöhnt ist, dass eine bestimmte Bezeichnung von unterschiedlichen Anbietern an verschiedenen Orten verwendet wird (z. B. „Gasthof zur Post“), so mag er ihr zwar eine örtliche Unterscheidungskraft zumessen, von der erforderlichen bundesweiten Unterscheidungskraft könnte aber nicht ausgegangen werden (vgl. [X.], [X.]. v. 2.6.2008, 30 W (pat) 170/06 - [X.] Apotheke). Im vorliegenden Fall ist es daher nicht unwahrscheinlich, dass die Bezeichnung „[X.]“ in [X.] nicht (mehr) über eine hinreichende landesweite Unterscheidungskraft, d. h. eine landesweite Fähigkeit zur betrieblichen Individualisierung verfügt. Das hat die Antragstellerin zutreffend dargelegt (Anlage 1 zum Löschungsantrag vom 22. Februar 2007). Für den hier maßgeblichen [X.] Markt lässt sich dies jedoch nicht feststellen.

3. Nach alledem ist eine Löschung der angegriffenen Marke nicht gerechtfertigt. Es bestand keine Veranlassung, einer der Beteiligten die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen (§ 71 Abs. 1 [X.]).

Meta

24 W (pat) 2/10

12.10.2010

Bundespatentgericht 24. Senat

Beschluss

Sachgebiet: W (pat)

Zitier­vorschlag: Bundespatentgericht, Beschluss vom 12.10.2010, Az. 24 W (pat) 2/10 (REWIS RS 2010, 2479)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2010, 2479

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