Bundespatentgericht, Beschluss vom 01.02.2010, Az. 27 W (pat) 66/09

27. Senat | REWIS RS 2010, 9844

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Gegenstand

Markenbeschwerdeverfahren – Löschungsverfahren - "PLUS LOTTO" – keine Unterscheidungskraft


Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Marke 306 78 490.4

(hier: Löschungsverfahren [X.])

hat der 27. Senat ([X.]) des [X.] auf die mündliche Verhandlung vom 1. Februar 2010 unter Mitwirkung des Vorsitzenden [X.] Dr. [X.] sowie [X.] und Kruppa

beschlossen:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

1

Die am 27. Dezember 2006 angemeldete Wortmarke

2

[X.] [X.]

3

ist am 27. März 2007 unter der Nr. 306 78 490 für die Dienstleistungen

4

"Erziehung; Ausbildung; Unterhaltung; sportliche und kulturelle Aktivitäten"

5

in das Markenregister eingetragen worden.

6

Mit am 28. Juni 2007 beim [X.] eingegangenen Schriftsatz haben die Antragstellerinnen die Löschung dieser Marke beantragt, da sie entgegen § 8 [X.] eingetragen worden sei. Vom Publikum werde die aus zwei schutzunfähigen Bestandteilen bestehende Marke im Sinne von "besseres Lotto" bzw. "mehr Lotto" verstanden.

7

Die Rechtsvorgängerin der Markeninhaberin hat dem ihr am 24. Juli 2007 zugestellten Löschungsantrag mit am 11. September 2007 beim [X.] eingegangenen Schriftsatz widersprochen. Sie hält die Marke in ihrer Gesamtheit für unterscheidungskräftig und nicht freihaltungsbedürftig. Der begriffliche Inhalt der sprachunüblichen und lexikalisch nicht nachweisbaren Wortfolge sei unbestimmt und undefinierbar. Die Markeninhaberin beruft sich auf eine Vielzahl von Marken, bei denen die Begriffe "[X.]" und "[X.]" jeweils mit anderen [X.] kombiniert seien. Etwaige Behinderungen von Mitbewerbern würden durch § 23 [X.] ausgeschlossen.

8

[X.] des [X.]s hat mit Beschluss vom 1. August 2008 die teilweise Löschung der Marke 306 78 490 für die Dienstleistungen "Unterhaltung; sportliche und kulturelle Aktivitäten" angeordnet und den Löschungsantrag im übrigen zurückgewiesen. Im Zusammenhang mit den vorgenannten Dienstleistungen fehle der Marke jegliche Unterscheidungskraft. In der Gesamtheit stehe "[X.] [X.]" für den Hinweis auf ein vorteilhaftes Lotto, welches den angesprochenen Verkehrskreisen ein "Mehr" an verbesserten bzw. zusätzlichen Eigenschaften üblicher Lotterieangebote verspreche. Die angemeldete Bezeichnung sei aus der reinen Dienstleistungsangabe "[X.]" und dem Mode- und Werbeschlagwort "[X.]" zusammengesetzt. Dabei handle es ich bei "[X.]" um eine allgemein bekannte Beschreibung eines Glücksspiels ([X.], 760 - Lotto). Bei dem weiteren Wortelement "[X.]" handle es sich um eine zentrale Werbeaussage, die sich in dem Verständnis auf zusätzliche, verbesserte Eigenschaften erschöpfe. Sowohl die Markenstellen des [X.]s als auch verschiedene Senate des [X.] hätten wiederholt festgestellt, dass das Wort "[X.]" auf einer Vielzahl von Waren- und Dienstleistungsgebieten beschreibend verwendet werde, um auf zusätzliche, verbesserte Eigenschaften, auf einen Vorteil oder Vorzug hinzuweisen. Dabei erfolge der Gebrauch von "[X.]" weniger in adverbialer Form - also mit der Notwendigkeit das jeweilige Plus zu konkretisieren -, sondern weit häufiger sei die Verwendung in substantivischer Form und ohne eine konkrete Aussage, welche genaue [X.] nun verbessert sei oder einen Mehrwert darstelle. Dies erlaube dem Verbraucher, in allen angebotenen Waren- und Dienstleistungseigenschaften ein "Mehr" gegenüber denen der [X.] zu erblicken ([X.] (pat) 217/03 - [X.]; 28 W (pat) 296/03 - [X.]; 30 W (pat) 140/97 - [X.]; 33 W (pat) 141/04 - [X.]).

9

In seiner Lottoentscheidung habe der [X.] bestätigt, dass die Veranstaltung von sportlichen Wettbewerben und sonstigen kulturellen Aktivitäten im Zusammenhang mit der Veranstaltung von Lotterien und deren Durchführung stehen könne. Entsprechendes gelte für die Dienstleistung "Unterhaltung", welche als Oberbegriff auch die Veranstaltung von Lotterien und Wetten etc. umfasse. Dementsprechend weise die angegriffene Bezeichnung auch insoweit nur auf die Art dieser Dienstleistung und die vorteilhaften Eigenschaften für den angesprochenen Verkehr hin.

Eine andere Beurteilung sei für die Dienstleistungen "Erziehung; Ausbildung" angezeigt. Hierbei handle es sich nicht um solche Dienstleistungen, die naheliegend bzw. sinnvollerweise mit "vorteilhaftes "Lotto" beschrieben oder angepriesen würden, um Inhalt, Gegenstand oder thematische Ausrüstung des [X.] zu bezeichnen. Vielmehr handle es sich bei [X.] um Glücksspiele, die zwar ein bestimmtes Regelwerk besäßen, bestimmte Spielsysteme ermöglichten und bestimmte mathematische Wahrscheinlichkeiten berücksichtigten, im Allgemeinen jedoch keine speziellen Schulungs- oder Erziehungsmaßnahmen erforderlich machten.

Gegen diese Entscheidung richtet sich die Beschwerde der Rechtsvorgängerin der Markeninhaberin, mit der sie sinngemäß beantragt,

den angefochtenen Beschluss der Markenabteilung vom 1. August 2008 aufzuheben, soweit die Löschung der Marke 306 78 490 angeordnet worden ist, und den Löschungsantrag insoweit zurückzuweisen.

[X.] sei in ihrer Gesamtheit unterscheidungskräftig. Die Kombination der Markenwörter "[X.] [X.]" sei keine direkt erkennbare, inhaltlich klare Werbeaussage, sondern in ihrer Gesamtheit eine sprachlich eher ungewöhnliche Wortzusammensetzung. Sie wirke auch nicht lediglich beschreibend. Die Wortfolge ergebe keine sinnvolle eindeutige und mittelbar verständliche Gesamtaussage hinsichtlich der beanspruchten Dienstleitungen oder des Kundenkreises. Die Rechtsvorgängerin der Markeninhaberin stützt ihr Eintragungsbegehren auf zahlreiche eingetragene Marken mit den Bestandteilen "[X.]“ und "[X.]".

Die Antragstellerinnen haben beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Sie verteidigen den angegriffenen [X.]. Unter Bezugnahme auf ihr Vorbringen im Amtsverfahren vertreten sie weiterhin die Auffassung, die Marke sei in ihrer Gesamtheit freihaltungsbedürftig und nicht unterscheidungskräftig. Die [X.] gebildete Bezeichnung "[X.] [X.]" werde von den angesprochenen Verkehrskreisen im Zusammenhang mit den in Rede stehenden Dienstleistungen ohne weiteres als qualitätsmäßige Anpreisung sowie als Sachinformation über die Beschaffenheit des Dienstleistungsangebots, nämlich die besonders guten Gewinnchancen, aufgefasst werden. "[X.] [X.]" werde von einer Firma [X.] bereits weltweit verwendet, wie sich aus einem vorgelegten [X.] ergebe.

In der mündlichen Verhandlung, an der die Markeninhaberin, wie zuvor angekündigt, nicht teilgenommen hat, haben die Antragstellerinnen ihren Standpunkt aufrechterhalten und vertieft.

II.

Die zulässige Beschwerde der Markeninhaberin hat in der Sache keinen Erfolg. Die Markenabteilung hat zu Recht und mit zutreffender Begründung, der sich der Senat anschließt, die teilweise Löschung der angegriffenen Marke wegen fehlender Unterscheidungskraft gemäß §§ 54, 50 Abs. 1 i. V. m. § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.] angeordnet.

Nach diesen Vorschriften ist eine eingetragene Marke auf Antrag wieder zu löschen, wenn ihr zum Eintragungszeitpunkt die erforderliche Unterscheidungskraft fehlte und dieses Schutzhindernis zum Zeitpunkt der Entscheidung über den Löschungsantrag noch besteht.

Unterscheidungskraft im Sinn des § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.] ist die einem Zeichen innewohnende (konkrete) Eignung als Unterscheidungsmittel für Waren oder Dienstleistungen eines Unternehmens gegenüber solchen anderer. Die Hauptfunktion der Marke besteht darin, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen zu gewährleisten (st. Rspr. [X.] [X.]. 2005, 1012 - BioID; [X.], 850, 854 - [X.]).

[X.] oder einer Wortkombination begründet für sich gesehen noch keine hinreichende Unterscheidungskraft. Für die Annahme des Schutzhindernisses der fehlenden Unterscheidungskraft nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.] ist daher kein lexikalischer oder sonstiger Nachweis erforderlich, dass die Angabe bereits bekannt ist oder verwendet wird ([X.] [X.], 1027, 1029, Rn. 39 ff. - DAS PRINZIP DDR BEQUEMLICHKEIT ; [X.]. 2005, 1012, 1015 - BioID). Vielmehr ist einer Bezeichnung die Eintragung als Marke wegen Fehlens jeglicher Unterscheidungskraft zu versagen, wenn sie einen beschreibenden Begriffsinhalt aufweist, der für die in Frage stehenden Waren und Dienstleistungen ohne weiteres und ohne Unklarheiten als solcher erfasst wird. Bei derartigen beschreibenden Angaben gibt es keinen tatsächlichen Anhaltspunkt, dass der Verbraucher sie als Unterscheidungsmittel versteht ([X.] GRUR 2005, 417, 418 - [X.]). Mehrdeutigkeit oder Interpretationsbedürftigkeit einer Bezeichnung können zwar die für eine Eintragung als Marke erforderliche Unterscheidungskraft begründen. Ob eine schutzbegründende Bedeutungsvielfalt vorliegt, ist allerdings nicht abstrakt lexikalisch zu beurteilen, sondern muss im Zusammenhang mit den jeweils beanspruchten Waren oder Dienstleistungen gesehen werden. Das kann zur Folge haben, dass sich die lexikalisch in Betracht kommenden Begriffsinhalte auf einen im Vordergrund stehenden Sinngehalt reduzieren. Nach diesen Grundsätzen kommt der Bezeichnung "[X.] [X.]" die nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.] erforderliche Unterscheidungskraft nicht zu.

Die Prüfung der Schutzfähigkeit einer Marke, wie der vorliegend angegriffenen, verlangt - insoweit im Ansatz in Übereinstimmung mit der Auffassung der Markeninhaberin - eine Berücksichtigung der Gesamtwirkung, mithin sämtlicher Wortbestandteile in ihrer Beziehung zueinander. Dem steht aber nicht entgegen, dass zunächst der Bedeutungsgehalt der (einzelnen) Wortelemente untersucht und erst danach - sofern diesen eine beschreibende Bedeutung zu entnehmen ist - der Frage nachgegangen wird, ob sich in der Gesamtwirkung ein kennzeichnungskräftiger "Überschuss" ergibt, der über die Zusammenfassung nicht unterscheidungskräftiger Einzelmerkmale hinaus geht (vgl. [X.]/[X.], [X.], 9. Aufl., § 8 Rn. 120, 124, 131 m. w. Nachw.). Diesen methodischen Anforderungen an eine ordnungsgemäße Prüfung der Unterscheidungskraft der verfahrensgegenständlichen Marke genügt der Beschluss der Markenabteilung - entgegen der Ansicht der Markeninhaberin - in ausreichendem Maße.

Bezüglich der allein beschwerdegegenständlichen Dienstleistungen Unterhaltung; sportliche und kulturelle Aktivitäten entbehrt die angemeldete Bezeichnung in ihrer Gesamtheit jeglicher Unterscheidungskraft. Wie der [X.] in der von der Markenabteilung zitierten Lotto-Entscheidung ([X.], 760) festgestellt hat, handelt es sich bei "[X.]" um die allgemein bekannte Beschreibung eines Glücksspiels, das für sich betrachtet als reine Dienstleistungsangabe für die vorgenannten Dienstleistungen nicht schutzfähig ist. Das vorangestellte Wort "[X.]" versteht der Verkehr ohne weiteres als Werbeversprechen im Sinne eines Hinweises auf zusätzliche, verbesserte Eigenschaften, so dass auch dieses Wort für sich betrachtet nicht schutzfähig ist.

In der Gesamtheit gilt nichts anderes, da der durch die Verbindung bewirkte Gesamteindruck über die bloße Zusammenfügung der beschreibenden Elemente nicht hinaus geht, sondern sich in deren bloßer Summenwirkung erschöpft. Daran vermag die Voranstellung des Wortes "[X.]" nichts zu ändern.

Aus der Schutzgewährung für andere, nach Ansicht der Markeninhaberin vergleichbare Marken kann sie keinen Anspruch auf Beibehaltung ihrer Marke ableiten. Voreintragungen führen weder für sich noch in Verbindung mit dem Gleichheitssatz des Grundgesetzes zu einer Selbstbindung derjenigen Stellen, welche über die Eintragung oder die Löschung zu befinden haben, denn schon die Entscheidung über die Schutzfähigkeit einer Marke stellt keine Ermessens-, sondern eine Rechtsfrage dar ([X.] [X.], 674 - Postkantoor; [X.], 428 - [X.]). Entsprechendes gilt erst recht, wenn es um die Entscheidung über die Löschung einer Marke geht.

Auch der Hinweis der Markeninhaberin im Amtsverfahren auf die Vorschrift des § 23 [X.] vermag der Beschwerde nicht zum Erfolg zu verhelfen. In der höchstrichterlichen Rechtsprechung ist abschließend geklärt, dass diese Bestimmung keinen Einfluss auf die Auslegung und Anwendung der absoluten Schutzhindernisse hat (vgl. [X.] GRUR 1999, 723, 726 - [X.]; [X.], 946, 947 - [X.]).

Gründe für eine Auferlegung von Verfahrenskosten gemäß § 71 Abs. 1 [X.] sind nicht ersichtlich.

Meta

27 W (pat) 66/09

01.02.2010

Bundespatentgericht 27. Senat

Beschluss

Sachgebiet: W (pat)

Zitier­vorschlag: Bundespatentgericht, Beschluss vom 01.02.2010, Az. 27 W (pat) 66/09 (REWIS RS 2010, 9844)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2010, 9844

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