Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 29.09.2010, Az. Xa ZR 68/07

Xa- Zivilsenat | REWIS RS 2010, 2909

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BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS Xa ZR 68/07vom 29. September 2010 in der [X.] - 2 - Der [X.] des [X.] hat am 29. September 2010 durch [X.], [X.], [X.], [X.] und [X.] beschlossen: Von den Kosten des Rechtsstreits in erster Instanz tragen die [X.] 80 % und die Klägerin 20 %. Von den Kosten des Berufungsverfahrens und von den in beiden [X.] angefallenen Kosten der Streithilfe tragen der Streithelfer 80 % und die Klägerin 20 %. - 3 - Gründe: [X.] Die Beklagte ist eingetragene Inhaberin des Patents [X.] 169 ([X.]), das einen Windenergiekonverter betrifft. [X.] ist am 4. Juni 1986 in der [X.] als [X.] mit zwölf Patentansprüchen angemeldet und ohne vollständige Prüfung erteilt worden. Anmelder war der Streithelfer. Mit Ablauf des 4. Juni 2006 ist es nach Ablauf der [X.] erloschen. Patentanspruch 1 lautet in der [X.] erteilten Fassung ([X.]): 1 "Windenergiekonverter mit verstellbaren Flügeln, gekennzeichnet dadurch, dass eine Achse (8) in den Lagerstellen (L1, [X.]) im Abstand (l) gelagert ist und die [X.] (3) und Rotoren (7) innerhalb eines maximalen Abstandes (2) angeordnet und die Rotoren im [X.]n-Polabstand zueinander versetzt montiert sind und die [X.] bis [X.] eine Anstellwinkeldifferenz aufweisen, deren Einstellwinkeländerung zwischen [X.] und [X.] liegt." 2 Auf einen vom Streithelfer gestellten [X.] hat das [X.] das Streitpatent in geänderter Fassung mit 16 Patent-ansprüchen aufrechterhalten. Patentanspruch 1 lautet in dieser Fassung ([X.]): "[X.] mit einem auf einem Mast oder Turm an-geordneten Elektroenergiegenerator und mit verstellbaren Rotorblättern, wobei diese mit dem rotierenden Teil des [X.] verbunden sind, da-durch gekennzeichnet, dass der Elektroenergiegenerator als ein Vielpolgenerator mit einer leistungsabhängigen Anzahl von [X.] versehen ausgebildet ist und ein elektrodynamischer Rotor (7) des [X.] mit einem aerodynamischen Rotor, der Rotorblätter (3) trägt, auf einer gemeinsamen Konverterachse (8) ange-ordnet ist." - 4 - Die weiteren Patentansprüche sind in beiden Fassungen auf den [X.]. 3 Die Klägerin hat das Streitpatent insgesamt wegen unzureichender Offen-barung, unzulässiger Erweiterung, fehlender Patentfähigkeit und Erweiterung des Schutzbereichs angegriffen. Die Beklagte und der Streithelfer sind der Klage entgegengetreten. 4 Das Patentgericht hat das Streitpatent antragsgemäß für nichtig erklärt. Dagegen hat der Streithelfer Berufung eingelegt, mit der er weiterhin die [X.] der Klage angestrebt und das Streitpatent hilfsweise in zuletzt 21 ge-änderten Fassungen verteidigt hat. Die Klägerin ist dem Rechtsmittel entgegen-getreten. Für die Beklagte hat sich im Berufungsverfahren niemand gemeldet. 5 In der mündlichen Verhandlung vor dem Senat hat sich ergeben, dass über das Vermögen der [X.] mit Verfügung des [X.] vom 29. Mai 2009 der Konkurs eröffnet, das Konkursverfahren mit Verfügung vom 5. Juni 2009 mangels Aktiven eingestellt und die Eintragung der [X.] im Handelsregister am 7. Oktober 2009 von Amts wegen gelöscht worden ist. Die Klägerin und der Streithelfer der [X.] haben daraufhin den Rechtsstreit in der Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt und wechselseitige Kos-tenanträge gestellt. 6 I[X.] Die Kosten des Rechtsstreits waren gemäß § 91a ZPO überwiegend der [X.]seite aufzuerlegen. 7 1. Nach den übereinstimmenden Erledigungserklärungen der Klägerin und des Streithelfers der [X.] ist gemäß § 91a ZPO nur noch über die Kosten zu entscheiden. Der Streithelfer konnte die Erledigungserklärung auch mit Wirkung für die Beklagte abgeben. 8 - 5 - a) Gemäß § 67 ZPO, der auch im Patentnichtigkeitsverfahren entspre-chend heranzuziehen ist, kann ein Streithelfer alle Prozesshandlungen wirksam vornehmen, soweit nicht seine Erklärungen und Handlungen mit Erklärungen und Handlungen der [X.] in Widerspruch stehen. Einen solchen Wider-spruch hat die Beklagte hier nicht erklärt. 9 b) Ob ein Streithelfer in bestimmten Konstellationen unabhängig von einem Widerspruch der [X.] daran gehindert ist, den Streitgegenstand zu verändern (so beispielsweise [X.], Beschluss vom 6. November 1973 - 1 ABR 15/73, [X.] 1974, 372; MünchKomm./Schultes, 3. Auflage, § 67 ZPO Rn. 16; [X.]/Vollkommer, 28. Auflage, § 67 ZPO Rn. 9a), bedarf im Streitfall keiner Entscheidung. Selbst wenn diese Auffassung zuträfe, stünde dies einer wirksamen Erledigungserklärung in der vorliegenden Konstellation nicht entge-gen. 10 11 Sofern die [X.] nicht widerspricht, darf ein Streithelfer jedenfalls in der Weise auf den Streitgegenstand einwirken, dass er ein von ihm selbst ein-gelegtes Rechtsmittel wieder zurücknimmt ([X.], Beschluss vom 28. [X.] 1998 - [X.], NJW-RR 1999, 285, 286 für streitgenössische Neben-intervention; MünchKomm./Schultes, 3. Auflage, § 67 ZPO Rn. 12; [X.]/Vollkommer, 28. Auflage, § 67 ZPO Rn. 5). In derselben Konstellation muss es einem Streithelfer des [X.] erst recht möglich sein, die Verfahrensbeendi-gung durch Zustimmung zu einer Erledigungserklärung des [X.]. Diese Art der Erledigung ist für die unterstützte Beklagte günstiger als eine Rücknahme der Berufung, weil das angefochtene Urteil wirkungslos wird. Im Streitfall hat lediglich der Streithelfer Berufung gegen das der Klage in vollem Umfang stattgebende Urteil des Patentgerichts eingelegt. Er war [X.] befugt, den Rechtsstreit auch mit Wirkung für die im Berufungsverfahren nicht aktiv gewordene Beklagte in der Hauptsache für erledigt zu erklären. 12 - 6 - 2. Auf der Grundlage des Sach- und Streitstandes bis zur übereinstim-menden Erledigungserklärung wäre die Berufung jedenfalls zu einem Teil er-folglos geblieben. Im Übrigen war der Ausgang des Verfahrens offen. 13 a) Die Klage war trotz des Erlöschens des [X.] zulässig. Das nach dem Erlöschen erforderliche Rechtsschutzbedürfnis der Klägerin ergab sich daraus, dass sie befürchten muss, von der [X.] oder vom Streithelfer wegen Verletzung des [X.] in Anspruch genommen zu werden. Dem steht nicht entgegen, dass die [X.] rechtskräftig abgewiesen worden ist. Die Abweisung wurde darauf gestützt, dass der [X.] im [X.] nicht als Inhaber des [X.] eingetragen ist. Dies lässt dem Streithelfer die Möglichkeit, die Klägerin erneut in Anspruch zu [X.], falls dieser wieder als Inhaber des [X.] in das [X.] ein-getragen wird. Ob eine solche Klage im Ergebnis Erfolg hätte, ist im vorliegen-den Zusammenhang unerheblich. 14 15 b) [X.] betrifft in der Fassung nach der [X.] einen Windenergiekonverter zur Umwandlung von Windenergie in elektrische Ener-gie. 16 Nach den Ausführungen in der [X.]chrift darf die Umfangs-geschwindigkeit der Rotorblätter bei solchen Vorrichtungen bestimmte Werte nicht überschreiten. Mit zunehmender radialer Länge der Rotorblätter nehme damit die maximal zulässige Drehzahl ab. Dies mache den Einsatz eines Ge-triebes erforderlich, was einen Betrieb bei niedrigen Windgeschwindigkeiten wegen der höheren Masse verhindere. Zwar seien auch Windenergiekonverter bekannt, die ohne ein mechanisches Getriebe arbeiteten. Diese seien jedoch konstruktiv sehr aufwendig und zeigten aus mechanischer Sicht Probleme. - 7 - [X.] betrifft vor diesem Hintergrund das technische Problem, einen Windenergiekonverter ohne Zwischenschaltung eines mechanischen Ge-triebes zur Verfügung zu stellen, bei dem ringförmige [X.] mit relativ kleinen Durchmessern eingesetzt werden können und der auch bei ge-ringer Drehzahl des Rotors eine ausreichende Relativgeschwindigkeit zwischen dem [X.] und dem induzierten Wicklungssystem ermöglicht. 17 Zur Lösung dieses Problems wird in Patentanspruch 1 in der Fassung der [X.] ein Windenergiekonverter vorgeschlagen, der folgende Merkmale aufweist (die abweichende Nummerierung durch das Patentgericht sowie die vom gerichtlichen Sachverständigen vorgenommene Gliederung mit Buchsta-ben sind in Klammern wiedergegeben): 18 1. [X.]) ist [X.] [2] [a] b) und weist einen auf einem Mast oder Turm angeordneten Elektroenergiegenerator [3] [b] c) sowie verstellbare Rotorblätter auf [4] [c]. 2. Die Rotorblätter sind mit dem rotierenden Teil des [X.] verbunden [4.1] [d]. 3. [X.]) ist ein Vielpolgenerator [e] b) und mit einer leistungsabhängigen Anzahl von [X.] ver-sehen [5] [f]. 4. Ein elektrodynamischer Rotor des [X.] ist mit einem aerodynamischen Rotor, der die Rotorblätter trägt, auf einer gemeinsamen Konverterachse angeordnet [6] [g]. - 8 - c) [X.] in der Fassung der [X.] wäre auf der [X.] des bisherigen Sach- und Streitstandes wegen Erweiterung des Schutzbe-reichs (§ 22 Abs. 1 [X.]) für nichtig zu erklären gewesen. 19 (1) Ein Patent ist auf entsprechende Klage für nichtig zu erklären, wenn sein Schutzbereich im Rahmen eines Prüfungsverfahrens gemäß § 12 [X.] erweitert worden ist. Zur näheren Begründung wird auf das Senatsurteil vom 9. September 2010 ([X.], zur Veröffentlichung bestimmt) Bezug genommen, das eine von der hiesigen Klägerin gegen den hiesigen Streithelfer erhobene Nichtigkeitsklage gegen ein anderes Patent zum Gegenstand hat. 20 (2) Der Schutzbereich des [X.] ist im Prüfungsverfahren erwei-tert worden. 21 22 Nach der Fassung des [X.] gemäß der [X.] ([X.]) weist ein erfindungsgemäßer Windenergiekonverter folgende Merkmale auf: 1' [X.] hat a' verstellbare Flügel und b' eine Achse (8), die in den Lagerstellen (L1, [X.]) im [X.] (l) gelagert ist. 2' [X.] (3) und Rotoren (7) sind innerhalb eines maxi-malen Abstandes (2) angeordnet. 3' Die Rotoren sind im [X.]n-Polabstand zueinander versetzt mon-tiert. - 9 - 4' Die Profile Pa bis [X.] weisen eine Anstellwinkeldifferenz auf, de-ren Einstellwinkeländerung zwischen [X.] und [X.] liegt. Die Merkmale 1b', 2', 3' und 4' sind in der Fassung nach der [X.] nicht enthalten. Der Schutzbereich des [X.] umfasst in dieser Fassung folglich auch Vorrichtungen, die eines oder mehrere dieser Merkmale nicht auf-weisen. Hierin liegt eine Erweiterung des Schutzbereichs, die nach § 22 Abs. 1 [X.] zur Nichtigerklärung geführt hätte. 23 d) Ob das Streitpatent in der Fassung nach einem der in der mündli-chen Verhandlung gestellten Hilfsanträge Bestand gehabt hätte, kann nicht ab-schließend entschieden werden. 24 (1) Nach allen diesen Anträgen sollen in Patentanspruch 1 die Merkmale aus der [X.] und die Merkmale aus der [X.] miteinander kombiniert werden. Ob eine solche Antragsfassung zulässig ist und ob der damit definierte Gegenstand patentfähig ist, kann aufgrund des bisherigen Parteivortrags nicht abschließend beurteilt werden. Insoweit hätte es einer Befragung des gerichtli-chen Sachverständigen bedurft, die nach der übereinstimmenden Erledigungs-erklärung nicht mehr in Betracht kommt. 25 26 (2) Entgegen der Auffassung der Klägerin sind die Hilfsanträge des Streithelfers der [X.] nicht schon deshalb unbeachtlich, weil dieser mate-riellrechtlich nicht zu Verfügungen über das Streitpatent befugt ist. Zwar ist der Streithelfer zu Verfügungen über das Schutzrecht derzeit schon deshalb nicht berechtigt, weil er nicht als Patentinhaber im [X.] eingetragen ist. Dadurch war er aber nicht daran gehindert, aufgrund seiner verfahrensrechtlichen Stellung (§ 67 ZPO) das Streitpatent für den Fall, dass es 27 - 10 - in der bisherigen Fassung keinen Bestand hat, in eingeschränkter Fassung zu verteidigen. Im Streitfall hat der Streithelfer das Streitpatent mit seinem Hauptantrag in der Fassung nach der [X.] verteidigt und nur für den Fall, dass das Schutzrecht in dieser Fassung keinen Bestand hat, eingeschränkte Fassungen zur Entscheidung gestellt. Die prozessuale Lage ist danach nicht anders, als wenn allein die Beklagte am Berufungsverfahren beteiligt und in diesem keine Anträge gestellt hätte. Wenn ein Patent in der bisherigen Fassung keinen [X.] haben kann, führt dies nicht ohne weiteres dazu, dass das Schutzrecht in vollem Umfang für nichtig erklärt wird. Ebenso wie im Einspruchsverfahren (da-zu [X.], Beschluss vom 27. Juni 2007 - [X.], [X.]Z 173, 47 Rn. 19 - [X.]) ist vielmehr auch im [X.] zu prüfen, ob das Patent teilweise Bestand haben kann. Eine Teilnichtigerklä-rung ist somit auch ohne darauf gerichteten Antrag möglich. Innerhalb dieses Rahmens ist der Streithelfer nicht gehindert, durch Stellung von [X.] auf eine zweckmäßige Fassung der Patentansprüche hinzuwirken und so zum Fortbestand des [X.] mit einem möglichst großen Umfang beizutragen. 28 29 3. Angesichts all dessen erschien es dem Senat angemessen, der Klä-gerin einen Teil der Kosten aufzuerlegen. Die [X.]seite muss jedoch den Hauptteil der Kosten tragen, weil der Ausgang des Verfahrens nach dem er-reichten Sach- und Streitstand nur hinsichtlich eines Teils des Streitgegenstan-des offen, das Verfahren im Übrigen hingegen zu ihren Ungunsten entschei-dungsreif war. Insgesamt führt dies zu der aus dem Tenor ersichtlichen Kosten-verteilung. - 11 - Hinsichtlich des Berufungsverfahrens fallen die von der [X.]seite zu tragenden Kosten in vollem Umfang dem Streithelfer zur Last, weil nur er das Urteil des Patentgerichts angefochten hat. 30 [X.] Berger Grabinski

Bacher [X.] Vorinstanz: [X.], Entscheidung vom 17.01.2007 - 4 Ni 72/05 -

Meta

Xa ZR 68/07

29.09.2010

Bundesgerichtshof Xa- Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 29.09.2010, Az. Xa ZR 68/07 (REWIS RS 2010, 2909)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2010, 2909

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