Bundesfinanzhof, Urteil vom 23.11.2021, Az. VIII R 17/19

8. Senat | REWIS RS 2021, 897

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Gegenstand

Zur steuerlichen Anerkennung einer Innengesellschaft bürgerlichen Rechts


Leitsatz

1. Ein zwischen dem Angehörigen eines freien Berufs und seinem minderjährigen Kind zivilrechtlich wirksam geschlossenes, als stille Gesellschaft bezeichnetes Gesellschaftsverhältnis führt --da es an einem Handelsgewerbe i.S. des § 230 HGB fehlt-- zur Entstehung einer Innengesellschaft bürgerlichen Rechts, die einer stillen Gesellschaft einkommensteuerlich gleichsteht.

2. Eine solche Innengesellschaft bürgerlichen Rechts zwischen nahen Angehörigen kann steuerlich auch dann anerkannt werden, wenn die Beteiligung oder die zum Erwerb der Beteiligung aufzuwendenden Mittel dem in die Gesellschaft aufgenommenen Angehörigen unentgeltlich zugewendet worden sind. Voraussetzung ist jedoch, dass die Vereinbarungen einem Fremdvergleich standhalten, d.h. sie müssen zivilrechtlich wirksam sein, inhaltlich dem unter fremden Dritten Üblichen entsprechen und auch wie unter fremden Dritten vollzogen werden.

3. Bei der Prüfung der Frage, ob der geschlossene Vertrag wie zwischen fremden Dritten vollzogen wird, kommt insbesondere der Umsetzung bzw. dem Vollzug der Einlagebestimmungen, den Gewinnbeteiligungsregelungen und der Beachtung der Informations- und Kontrollrechte Bedeutung zu.

Tenor

Das Verfahren betreffend die gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen für das Streitjahr 2008 wird eingestellt.

Auf die Revision des [X.] wird das Urteil des [X.], [X.], vom 17.05.2019 - 6 K 756/18 betreffend die gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen für die Streitjahre 2009 bis 2015 aufgehoben.

Die Sache wird insoweit an das [X.], [X.], zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen.

Diesem wird die Entscheidung über die Kosten des Verfahrens übertragen.

Tatbestand

I.

1

Streitig ist, ob Gewinnbeteiligungen aus "stillen Gesellschaften", die der Kläger und Revisionskläger (Kläger) an seine minderjährigen Kinder gezahlt hat, als [X.]etriebsausgaben abziehbar sind.

2

Der Kläger ist Zahnarzt. Er betreibt im Zuständigkeitsbereich des [X.]eklagten und Revisionsbeklagten (Finanzamt --[X.]--) eine Einzelpraxis. Die hieraus erzielten Einkünfte ermittelte er in den Jahren 2008 bis 2015 (Streitjahre) durch Einnahmen-Überschussrechnung.

3

Der Kläger räumte seinen Kindern A (geboren 1994), [X.] (geboren 1996) und [X.] (geboren 1999) am ....2008 mit notarieller Erklärung jeweils schenkweise eine "stille [X.]eteiligung" in Höhe von 50.000 € an seiner Zahnarztpraxis ein. [X.]ereits mit [X.]eschluss vom [X.] hatte das zuständige Amtsgericht eine Ergänzungspflegschaft angeordnet, deren Wirkungskreis die Vertretung der Kinder beim Abschluss eines Gesellschaftsvertrags über die Einräumung einer stillen [X.]eteiligung an der Zahnarztpraxis des [X.] betraf. Das zuständige Amtsgericht (Vormundschaftsgericht) genehmigte die Verträge am ....2008.

4

Ausweislich der notariellen Erklärung sollten die Schenkungen mit Wirkung zum 01.01.2007 erfolgen. Zu diesem Termin sollten auch die stillen Gesellschaften beginnen. Soweit der Gesellschaftsvertrag keine abweichenden Regelungen vorsah, sollten die [X.]estimmungen der §§ 230 ff. des Handelsgesetzbuchs (HG[X.]) gelten. Die Einräumung der stillen [X.]eteiligung erfolgte laut Erklärung im Wege der vorweggenommenen Erbfolge. Gegenleistungen waren nicht zu erbringen; jedoch mussten sich die Kinder den Wert der schenkweisen Zuwendung auf ihren Pflichtteil am Nachlass des [X.] anrechnen lassen. Die Pflichtteilsanrechnung galt für den Fall der Ausübung des dem Kläger zustehenden Widerrufsrechts als nicht angeordnet. Dem Kläger standen nicht nur die gesetzlichen Rückübertragungsansprüche (insbesondere §§ 528 ff. des [X.]ürgerlichen Gesetzbuchs) zu; er war auch berechtigt, die schenkweise Einräumung der stillen [X.]eteiligung zu widerrufen, falls der Erwerber ohne seine Zustimmung über seine stille [X.]eteiligung ganz oder zum Teil verfügt, z.[X.]. indem er sie belastet. Weitere Widerrufsrechte bestanden für die Fälle der Insolvenz, der Vollstreckung und des Vorversterbens der Erwerber.

5

Nach den Gesellschaftsverträgen stand den stillen Gesellschaftern --soweit mit der ärztlichen Schweigepflicht des [X.] vereinbar-- ein Kontrollrecht entsprechend § 233 HG[X.] zu. Die Geschäftsführung oblag ausschließlich dem Kläger. Zur Vornahme von Handlungen, die über den gewöhnlichen [X.]etrieb der Praxis hinausgehen, bedurfte der Kläger der Zustimmung der stillen Gesellschafter. Ungewöhnliche Geschäfte mussten die stillen Gesellschafter bei der Gewinnberechnung und der Auseinandersetzung nicht gegen sich gelten lassen. Jeder stille Gesellschafter war mit 10 % am Jahresgewinn beteiligt, höchstens aber mit 15 % der Einlage (= 7.500 €). An einem jährlichen Verlust sollte der jeweilige stille Gesellschafter ebenfalls mit 10 %, höchstens aber mit seiner Einlage, beteiligt sein. Der auf den stillen Gesellschafter entfallende Jahresgewinn sollte bis zum 01.03. des dem Geschäftsjahr nachfolgenden Jahres ausgezahlt werden. Nach Auflösung der Gesellschaft sollten die stillen Gesellschafter ihre Einlagen und einen etwa rückständigen Gewinnanteil erhalten. Am Gewinn und Verlust aus den "noch schwebenden Praxisvorfällen" nahmen sie nicht teil. Die stillen Gesellschaften sollten mindestens bis zum 31.12.2017 laufen und sich --falls keine Kündigungen erfolgten-- jeweils um ein Jahr verlängern.

6

Im Zusammenhang mit der Schenkung bzw. Gründung der Gesellschaften erfolgten keine tatsächlichen Zahlungen in das [X.]etriebsvermögen des [X.]. Dieser zahlte in den Streitjahren Gewinnbeteiligungen in Höhe von jeweils 7.500 € (gesamt: 22.500 €) auf [X.]ankkonten seiner Kinder, über die er selbst und die Mutter der Kinder Verfügungsmacht besaßen. Ab dem [X.] wurden mit dem Kapital Wertpapiergeschäfte getätigt. Der Kläger minderte den Gewinn aus seiner selbständigen Tätigkeit in den Streitjahren um jeweils 22.500 €.

7

Im [X.] an bei dem Kläger durchgeführte Außenprüfungen kürzte das [X.] die erklärten [X.]etriebsausgaben der Streitjahre um jeweils 22.500 € und stellte die Gewinne des [X.] mit [X.]escheiden vom 02.05.2014 (2008 bis 2010), 23.07.2014 (2011), 11.11.2014 (2012) und 23.10.2017 (2013 bis 2015) entsprechend höher gesondert fest. Es war der Auffassung, die Zahlungen des [X.] an seine Kinder seien gemäß § 12 Nrn. 1 und 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) als Privataufwendungen anzusehen.

8

Die hiergegen gerichteten Einsprüche des [X.] blieben ohne Erfolg, ebenso die nachfolgende Klage. Das Finanzgericht (FG) erachtete die Klage betreffend das Streitjahr 2008 aufgrund des steuerrechtlichen Verbots der rückwirkenden Vereinbarung von Verträgen als unbegründet. Im Übrigen sah es die Klage als unbegründet an, da bei wertender [X.]etrachtung unter [X.]erücksichtigung aller erkennbaren Umstände des Einzelfalls Privataufwendungen vorlägen (§ 12 EStG). Die maßgebliche Veranlassung sei in den privaten Motiven des [X.], Steuern zu sparen und seinen Kindern einen Vorteil zukommen zu lassen, zu sehen.

9

Hiergegen richtet sich die Revision des [X.], die er mit der Verletzung von [X.]undesrecht begründet.

Nachdem der Kläger die Revision betreffend die gesonderte Feststellung für das Streitjahr 2008 in der mündlichen Verhandlung zurückgenommen hat, beantragt er,
das angefochtene [X.] aufzuheben und die für die Streitjahre gesondert festgestellten Gewinne unter Änderung der Feststellungsbescheide vom 02.05.2014 (2009 und 2010), vom 23.07.2014 (2011), vom 11.11.2014 (2012) und vom 23.10.2017 (2013 bis 2015) in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 01.03.2018 um jeweils 22.500 € herabzusetzen.

Das [X.] beantragt,
die Revision als unbegründet zurückzuweisen, soweit die Revision nicht zurückgenommen wurde.

Es hält die [X.] für zutreffend und meint, die geschlossenen Verträge hielten einer Fremdvergleichsprüfung nicht stand.

Entscheidungsgründe

II.

Nachdem der Kläger die Revision betreffend die gesonderte Feststellung für das Streitjahr 2008 zurückgenommen hat, war das Verfahren insoweit einzustellen (§§ 125 Abs. 1, 121 Satz 1 i.V.m. § 72 Abs. 2 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung --[X.]O--). Die förmliche Einstellung des Verfahrens war angezeigt, weil die Revision nur für ein Streitjahr zurückgenommen wurde (vgl. z.B. Urteil des [X.] --[X.]-- vom 24.03.2011 - IV R 46/08, [X.], 162, [X.], 692).

III.

Im Übrigen ist die Revision des [X.] begründet und führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung der Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 [X.]O).

Zwar hat das [X.] zutreffend erkannt, dass der Kläger mangels Betriebs eines Handelsgewerbes i.S. des § 230 HGB zivilrechtlich wirksam eine [X.] bürgerlichen Rechts gegründet hat, auf die die Grundsätze für die Anerkennung einer stillen [X.] entsprechend anwendbar sind. Jedoch ist die Würdigung des [X.], wonach die vom Kläger in den Streitjahren 2009 bis 2015 an seine Kinder gezahlten Gewinnbeteiligungen nicht nach § 4 Abs. 4 EStG als Betriebsausgaben seiner Zahnarztpraxis abziehbar sind, lückenhaft, da sie das Gesamtergebnis des Verfahrens nicht ausschöpft. Das [X.] hat nicht alle entscheidungserheblichen Aspekte des Streitfalls ermittelt und seiner Überzeugungsbildung zugrunde gelegt. Dies stellt einen materiell-rechtlichen Fehler dar, der zur Aufhebung der Vorentscheidung führt. Die Sache war zur Vornahme einer neuen Gesamtwürdigung an die Vorinstanz zurückzuverweisen.

1. Gewinnbeteiligungen, die der Geschäftsinhaber an den [X.]er einer [X.] zahlt, sind nach den Grundsätzen der stillen [X.] als Betriebsausgaben abzugsfähig, wenn die Begründung der [X.] betrieblich veranlasst ist (vgl. zur stillen Unterbeteiligung [X.]-Urteil vom 07.11.2018 - IV R 20/16, [X.], 435, [X.], 224). Voraussetzung hierfür ist, dass die Aufwendungen durch den Betrieb veranlasst sind. Eine solche Veranlassung ist gegeben, wenn die Aufwendungen objektiv mit dem Betrieb zusammenhängen und subjektiv dem Betrieb zu dienen bestimmt sind (z.B. [X.]-Urteil vom 14.05.2003 - X R 14/99, [X.], 1547, m.w.[X.]).

a) Von einer betrieblichen Veranlassung kann bei einem Vertrag zwischen nahen Angehörigen über die Gründung einer [X.] --ebenso wie bei sonstigen [X.] nach ständiger Rechtsprechung des [X.] nur ausgegangen werden, wenn die Vereinbarung zivilrechtlich wirksam ist, inhaltlich dem unter fremden [X.] Üblichen entspricht und auch wie unter [X.] vollzogen wird (vgl. [X.]-Urteile in [X.], 1547; vom 31.05.1989 - III R 91/87, [X.]E 158, 16, [X.] 1990, 10; vom 21.02.1991 - IV R 35/89, [X.]E 164, 238, [X.] 1995, 449). Dass durch einen Fremdvergleich bei [X.] zwischen nahestehenden Personen das Vorliegen von Betriebsausgaben (§ 4 Abs. 4 EStG) sachgerecht von nicht abziehbaren Kosten der Lebensführung (§ 12 Nr. 1 EStG) abgegrenzt werden soll, ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden (vgl. z.B. Beschluss des [X.] vom 27.11.2002 - 2 BvR 483/00, [X.] 2003, 171, und [X.]-Urteil vom 10.10.2018 - X R 44-45/17, [X.]E 263, 11, [X.], 203).

b) Für die Beurteilung, ob Verträge zwischen nahen Angehörigen durch die Einkunftserzielung (§ 4 Abs. 4, § 9 Abs. 1 EStG) veranlasst oder aber durch private Zuwendungs- oder Unterhaltsüberlegungen (§ 12 Nrn. 1 und 2 EStG) motiviert sind, ist seit der Neuausrichtung der höchstrichterlichen Rechtsprechung im [X.] an den BVerfG-Beschluss vom 07.11.1995 - 2 BvR 802/90 ([X.] 1996, 34, unter [X.]) die Gesamtheit der objektiven Gegebenheiten maßgebend. Zwar ist weiterhin Voraussetzung, dass die vertraglichen Hauptpflichten klar und eindeutig vereinbart sind sowie entsprechend dem Vereinbarten durchgeführt werden. Jedoch schließt nicht mehr jede geringfügige Abweichung einzelner Sachverhaltsmerkmale vom Üblichen die steuerrechtliche Anerkennung des Vertragsverhältnisses aus. Vielmehr sind einzelne Kriterien des Fremdvergleichs im Rahmen der gebotenen Gesamtbetrachtung unter dem Gesichtspunkt zu würdigen, ob sie den Rückschluss auf eine privat veranlasste Vereinbarung zulassen (vgl. z.B. [X.]-Urteile vom 28.10.2020 - X R 1/19, [X.]E 270, 505, [X.] 2021, 283; vom 12.05.2016 - IV R 27/13, [X.]/NV 2016, 1559; vom 17.07.2014 - IV R 52/11, [X.]E 246, 349; in [X.], 1547, m.w.[X.]).

c) [X.]sverträge zwischen nahen Angehörigen können nach der Rechtsprechung des [X.] auch dann anerkannt werden, wenn die Beteiligung oder die zum Erwerb der Beteiligung aufzuwendenden Mittel dem in die [X.] aufgenommenen Angehörigen unentgeltlich zugewendet worden sind. Dies gilt aber nur unter der Voraussetzung, dass die vorgenannten Bedingungen für die Anerkennung erfüllt sind (vgl. z.B. [X.]-Urteile in [X.]/NV 2016, 1559, und in [X.]E 246, 349).

aa) Dem inhaltlichen Fremdvergleich halten zwischen Eltern und Kindern abgeschlossene Verträge über eine [X.] stand, wenn dem Kind nach dem [X.]svertrag und den ergänzenden gesetzlichen Vorschriften wenigstens annäherungsweise diejenigen Rechte eingeräumt werden, die im Vergleich einem stillen [X.]er nach dem [X.] der §§ 230 ff. HGB typischerweise zukommen (vgl. z.B. [X.]-Urteil in [X.], 1547, m.w.[X.]). Einschränkungen dieser Rechte, insbesondere hinsichtlich der Gewinnauszahlung, der Kontroll- und Informationsrechte oder aber der Kündigungsmöglichkeiten (vgl. z.B. [X.]-Urteile in [X.], 1547; vom 25.09.1969 - IV R 179/68, [X.]E 97, 298, [X.] 1970, 114; vom 22.01.1970 - IV R 178/68, [X.]E 98, 205, [X.] 1970, 416; in [X.]E 164, 238, [X.] 1995, 449; in [X.]E 158, 16, [X.] 1990, 10; vgl. auch [X.] in [X.]/[X.]/[X.] --[X.]--, § 20 EStG Rz 169, m.w.[X.]; [X.], [X.] im Steuerrecht, 9. Aufl., 65, Rz 2.6.3., jeweils m.w.[X.]) können --je nach [X.] ebenso zur Nichtanerkennung der [X.] führen wie Widerrufs- oder Rückfallklauseln (vgl. z.B. [X.]-Urteile vom [X.] - IV R 114/91, [X.]E 174, 219, [X.] 1994, 635; vom 16.05.1989 - VIII R 196/84, [X.]E 157, 508, [X.] 1989, 877, m.w.[X.]). Danach sind auch dann, wenn die Beteiligung dem Angehörigen zivilrechtlich wirksam unentgeltlich zugewendet worden ist, die im Rahmen der Schenkung getroffenen Bestimmungen in die Gesamtwürdigung einzubeziehen, wenn diese Einschränkungen der [X.]errechte zur Folge haben. Im Rahmen der steuerlichen Gesamtwürdigung können auch die Motive, die zur Gründung der [X.] geführt haben, berücksichtigt werden. Dies gilt insbesondere im Zusammenhang mit der Würdigung einzelner, die Rechte eines beteiligten Kindes beschränkender Vertragsbestimmungen (vgl. [X.]-Urteil in [X.], 1547, unter II.4.a).

bb) Bei der Prüfung der Frage, ob der geschlossene Vertrag wie zwischen fremden [X.] vollzogen wird, kommt insbesondere der Umsetzung bzw. dem Vollzug der Einlagebestimmungen, den [X.] und der Beachtung der Informations- und Kontrollrechte Bedeutung zu. In diesem Zusammenhang kann auch der Tatsache, dass die beteiligten Kinder minderjährig sind, Bedeutung beizumessen sein. Übt ausschließlich der Unternehmer selbst die dem minderjährigen Kind zustehenden Informations- und Kontrollrechte aus, ist dies im Rahmen der Gesamtwürdigung ebenso zu berücksichtigen wie die Tatsache, dass der Unternehmer die auf ein Konto des minderjährigen Kindes überwiesenen Gewinnbeteiligungen nicht wie fremdes, sondern wie eigenes Vermögen verwaltet (vgl. hierzu die Grundsätze zur Zurechnung von Einkünften aus Kapitalanlagen, die unentgeltlich minderjährigen Kindern übertragen wurden, z.B. [X.]-Beschluss vom 03.03.2016 - VIII B 25/14, [X.]/NV 2016, 1021).

2. Ausgehend von diesen Grundsätzen hält die vom [X.] vorgenommene Würdigung zur fremdüblichen Gestaltung und Durchführung der zwischen dem Kläger und seinen Kindern geschlossenen [X.]en einer revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand. Das [X.] hat bei seiner Würdigung wesentliche Einzelfallumstände, die für die Beurteilung der Fremdüblichkeit hätten abgewogen werden müssen, nicht berücksichtigt (vgl. z.B. [X.]-Urteil in [X.]E 263, 11, [X.], 203, m.w.[X.]). Seine Entscheidung war daher aufzuheben.

a) Zwar ist das [X.] zutreffend davon ausgegangen, dass die Schenkungen und [X.]sverträge zivilrechtlich wirksam sind (zu den Formerfordernissen z.B. [X.] in Kirchhof/[X.]/[X.], EStG, § 4 Rz E 1110 ff.; [X.], Der Betrieb 2014, 972, 973 ff.; [X.], a.a.[X.], 59 ff., Rz 2.6.2.). Ebenso hat es ohne Rechtsfehler angenommen, dass die zivilrechtliche Wirksamkeit der zwischen dem Kläger und seinen Kindern geschlossenen Verträge nicht dadurch berührt wird, dass --entgegen der anderslautenden Bezeichnung der [X.] keine stillen [X.]en i.S. der §§ 230 ff. HGB entstehen konnten, weil der Kläger kein Handelsgewerbe betreibt, sondern Einkünfte aus freiberuflicher Tätigkeit gemäß § 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG erzielt (vgl. [X.]-Urteile vom 02.03.1995 - IV R 62/93, [X.]E 177, 113, [X.] 1995, 413; in [X.], 1547; vgl. auch [X.]/[X.], § 20 EStG Rz 151; Levedag in Blaurock, Handbuch [X.], 9. Aufl., Rz 20.7). Dieser Umstand führt lediglich dazu, dass eine (zivilrechtlich wirksame) [X.] bürgerlichen Rechts entstanden ist (vgl. [X.]-Urteile in [X.], 1547; vom 21.09.1989 - IV R 126/88, [X.]/NV 1990, 692), die einer stillen [X.] einkommensteuerlich gleichsteht (vgl. [X.]/[X.], § 18 EStG Rz 20; Korn in Korn, § 18 EStG Rz 22).

b) Allerdings hält weder der vom [X.] durchgeführte inhaltliche Fremdvergleich der revisionsrechtlichen Prüfung stand, noch reichen seine Feststellungen zur Durchführung des vertraglich Vereinbarten aus, um die Versagung des streitigen [X.] zu begründen.

aa) So hat sich das [X.] nicht hinreichend mit der Frage auseinandergesetzt, ob den Kindern des [X.] vertraglich wenigstens annäherungsweise diejenigen Rechte eingeräumt wurden, die einem stillen [X.]er nach dem [X.] der §§ 230 ff. HGB typischerweise zustehen. Seinen Ausführungen ist insbesondere nicht zu entnehmen, welche Regelungen als fremdüblich anzusehen sind und inwieweit sich im konkreten Streitfall Abweichungen ergeben. Zudem hat sich das [X.] weder mit der vertraglich vereinbarten Laufzeit noch mit den Kündigungsmöglichkeiten befasst. Die Regelungen zu den Folgen des Versterbens eines Vertragsbeteiligten, eines Inhaberwechsels und zur Auseinandersetzung nach Auflösung der [X.] hat es ebenfalls nicht in seiner Würdigung berücksichtigt. Auch die im Rahmen der Schenkung bestimmten Widerrufsmöglichkeiten des [X.], die u.a. dann bestehen, wenn der Erwerber ohne die Zustimmung des [X.] über seine stille Beteiligung ganz oder zum Teil verfügt, indem er sie z.B. belastet, hat das [X.] nicht in seine Betrachtung einbezogen.

Dem Umstand, dass dem Betrieb des [X.] im Zusammenhang mit der [X.]sgründung keine zusätzlichen Mittel zugeflossen sind, hat das [X.] demgegenüber im Rahmen seiner Würdigung eine besondere Bedeutung beigemessen, ohne sich in diesem Zusammenhang mit der Rechtsprechung des [X.] (Urteile in [X.]/NV 2016, 1559, und in [X.]E 246, 349) auseinanderzusetzen. Danach können [X.]sverträge zwischen nahen Angehörigen auch dann anerkannt werden, wenn --wie im [X.] die Beteiligung oder die zum Erwerb der Beteiligung aufzuwendenden Mittel dem in die [X.] aufgenommenen Angehörigen unentgeltlich zugewendet worden sind, sofern die vorgenannten [X.] (vgl. oben unter [X.]) erfüllt sind. Dies wäre geboten gewesen, da es der Zuführung von Mitteln gleich zu erachten sein kann, wenn vom Kapitalkonto des Geschäftsherrn Beträge zur Erfüllung der Einlageverpflichtungen der [X.]er umgebucht werden und diese während der Dauer der [X.] der Verlustverrechnung unterliegen.

bb) Auch die Feststellungen zur Durchführung des vertraglich Vereinbarten sind lückenhaft. Das [X.] hat zwar festgestellt, dass der Kläger die Gewinnbeteiligungen auf Bankkonten der Kinder ausgezahlt hat. Unklar ist allerdings, ob dies jeweils nach Maßgabe der Vereinbarungen in § 4 des [X.]svertrags geschehen ist. Zur Ausübung der Informations- und Kontrollrechte führt das [X.] aus, faktisch habe sich der Kläger bis zur Volljährigkeit der Kinder selbst kontrolliert. Allerdings ist nicht ersichtlich, ob sich das [X.] insoweit tatsächlich mit der Vertragsdurchführung befasst oder --aufgrund der Minderjährigkeit der Kinder und einer (wohl) fehlenden, über die [X.]sgründung hinausgehenden Bestellung eines [X.] lediglich Mutmaßungen angestellt hat. Ebenfalls lückenhaft sind die Feststellungen des [X.] zu der Frage der freien Verfügbarkeit der Gewinnbeteiligungen für die [X.]er. Diese fehlt insbesondere auch dann, wenn die Auszahlung auf Konten der Kinder erfolgt, über die der Kläger verfügungsbefugt ist, und er das entsprechende Guthaben nicht tatsächlich wie fremdes Vermögen verwaltet, sondern wie eigenes Vermögen behandelt.

3. Die Sache ist nicht spruchreif. Sie war daher an das [X.] zurückzuverweisen, da dieses keinen Fremdvergleich anhand der vom [X.] aufgestellten Kriterien (s. hierzu [X.]) vorgenommen hat. Die von der Vorinstanz bisher festgestellten Tatsachen lassen weder einen sicheren Schluss auf eine private noch auf eine betriebliche Veranlassung der Gewinnbeteiligungen zu. Das [X.] wird daher eine erneute Gesamtwürdigung vorzunehmen haben.

a) Hierzu weist der Senat darauf hin, dass insbesondere auch die Regelungen zum Widerrufsvorbehalt (Ziff. [X.]) einer inhaltlichen Fremdvergleichsprüfung zu unterziehen sind. [X.]. wird zu prüfen sein, ob die Bestimmung unter Ziff. [X.] zum Widerrufsrecht im Falle einer Verfügung des Erwerbers als fremdüblich anzusehen ist. Ebenso wird zu klären sein, ob die Widerrufsmöglichkeit für den Fall des [X.] (Ziff. [X.]) möglicherweise in Widerspruch zu der gesellschaftsvertraglichen Bestimmung zum Versterben des [X.]ers in § 5 Abs. 2 des Vertrags steht, nach der die Erben des [X.]ers berechtigt sind, das [X.]sverhältnis fortzusetzen.

Das [X.] wird auch den tatsächlichen Vollzug der Auszahlung der [X.] nach Maßgabe des § 4 des [X.]svertrags zu prüfen haben. Neben der Pünktlichkeit der Zahlungen wird --wegen der unterjährigen Gründung der [X.] in Bezug auf die im [X.] für das [X.] gezahlten [X.]-- auch deren Höhe zu überprüfen sein. Ferner wird das [X.] die tatsächliche Ausübung der vertraglich vereinbarten Kontroll- und Informationsrechte und die tatsächliche Verwaltung der Konten der Kinder unter Berücksichtigung der dargelegten Grundsätze hinterfragen müssen.

Zweifelhaft erscheint, ob dem vom Kläger genannten Motiv, er habe seine Kinder an die Praxis bzw. den Beruf des Zahnarztes heranführen wollen, mit Blick auf das Alter der Kinder und die bestehenden berufsrechtlichen Zugangsbeschränkungen im Rahmen der Gesamtwürdigung der [X.] wesentliche Bedeutung beigemessen werden kann.

b) Schließlich weist der Senat darauf hin, dass --wäre die Vertragsgestaltung und -durchführung nach Maßgabe der dargelegten Grundsätze als fremdüblich zu beurteilen-- die Anerkennung des [X.] nicht nach Maßgabe der Entscheidung des [X.] ([X.]-Urteil vom 21.10.1992 - X R 99/88, [X.]E 170, 41, [X.] 1993, 289) zu versagen ist. Die dortigen Erwägungen zu einer fehlenden endgültigen Vermögensverschiebung zwischen [X.] und [X.] in den Fällen einer stillen Beteiligung ohne Verlustbeteiligung bei [X.] Zuwendung des als Einlage zu verwendenden Geldbetrags sind nicht auf den Streitfall übertragbar. Anders als im Fall des [X.] fehlt es im Streitfall an einer hinreichenden Vergleichbarkeit mit den Fällen, in denen ein Steuerpflichtiger seinen Kindern Geldbeträge zuwendet, die diese dem Vater sogleich wieder als "Darlehen" zur Verfügung zu stellen haben. Schenkt der Kläger --wie im [X.] seinen Kindern zivilrechtlich wirksam die Einlage und vereinbart mit ihnen im Rahmen des fremdüblich ausgestalteten und vollzogenen [X.]svertrags nicht nur eine Gewinn-, sondern auch eine Verlustbeteiligung, so ist der Vollzug der schenkweisen Zuwendung der Einlage nicht auf den Zeitpunkt der Auflösung der (stillen) [X.] verschoben.

4. Die Übertragung der Kostenentscheidung ergibt sich aus § 143 Abs. 2 [X.]O. Auch bei nur teilweiser Zurückverweisung der Sache muss dem [X.] die Entscheidung über die gesamten Kosten des Verfahrens übertragen werden (z.B. [X.]-Urteil vom [X.], [X.]/NV 2020, 511; Gräber/Ratschow, Finanzgerichtsordnung, 9. Aufl., § 144 Rz 2, m.w.[X.]).

Meta

VIII R 17/19

23.11.2021

Bundesfinanzhof 8. Senat

Urteil

vorgehend FG München, 17. Mai 2019, Az: 6 K 756/18, Gerichtsbescheid

§ 230 HGB, § 4 Abs 4 EStG 2009, § 12 EStG 2009, § 18 Abs 1 Nr 1 EStG 2009, § 125 Abs 1 FGO, § 121 S 1 FGO, § 72 Abs 2 S 2 FGO, § 143 Abs 2 FGO, § 144 FGO, § 705 BGB, EStG VZ 2009, EStG VZ 2010, EStG VZ 2011, EStG VZ 2012, EStG VZ 2013, EStG VZ 2014, EStG VZ 2015

Zitier­vorschlag: Bundesfinanzhof, Urteil vom 23.11.2021, Az. VIII R 17/19 (REWIS RS 2021, 897)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2021, 897


Verfahrensgang

Der Verfahrensgang wurde anhand in unserer Datenbank vorhandener Rechtsprechung automatisch erkannt. Möglicherweise ist er unvollständig.

Az. VIII R 17/19

Bundesfinanzhof, VIII R 17/19, 23.11.2021.


Az. 6 K 756/18

FG München, 6 K 756/18, 17.05.2019.


Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

IV R 52/11 (Bundesfinanzhof)

Vollzug einer Schenkung bei unentgeltlicher Zuwendung einer atypisch stillen Beteiligung - atypisch still Beteiligter als …


6 K 756/18 (FG München)

Kein Betriebsausgabenabzug von Aufwendungen für typisch stille Beteiligungen von minderjährigen Kindern an einer Zahnarztpraxis des …


IV R 27/13 (Bundesfinanzhof)

Steuerrechtliche Anerkennung einer atypisch stillen Gesellschaft mit einem minderjährigen Familienangehörigen - Notwendige Beiladung im finanzgerichtlichen …


VIII R 46/18 (Bundesfinanzhof)

Zur Verfahrensaussetzung bei zweifelhafter Annahme einer typisch stillen Gesellschaft


IV R 19/20 (Bundesfinanzhof)

Angemessenheit der Gewinnbeteiligung eines typisch stillen Gesellschafters


Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

Keine Referenz gefunden.

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.