Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 27.09.2016, Az. X ZR 124/15

X. Zivilsenat | REWIS RS 2016, 4922

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[X.]:[X.]:[X.]:2016:270916UXZR124.15.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF
IM NAMEN [X.]S VOLKES
URTEIL
X ZR
124/15
Verkündet am:
27.
September
2016
Anderer
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
ja
[X.]R:
ja

Rezeptortyrosinkinase II
EPÜ Art. 52 Abs. 1 Buchst. d; [X.] § 1 Abs. 3 Nr. 4, § 9 Satz 2 Nr. 3
a)
Eine Datenfolge kommt nur dann als durch ein patentgeschütztes Verfahren unmittelbar hergestelltes Erzeugnis in Betracht, wenn sie sachlich-technische Eigenschaften aufweist, die ihr durch das Verfahren aufgeprägt worden sind, und sie daher ihrer Art nach tauglicher Gegenstand eines Sachpatents sein kann (im [X.] an [X.], Urteil vom 21.
August
2012

X ZR
33/10, [X.]Z
194, 272

MPEG-2-Videosignalcodierung).
b)
Die Darstellung eines mittels eines patentgeschützten Verfahrens gewonne-nen Untersuchungsbefunds und hieraus gewonnener Erkenntnisse stellt als Wiedergabe von Informationen kein Erzeugnis dar, das Schutz nach §
9 Satz
2 Nr.
3 [X.] genießen kann.
[X.], Urteil vom 27. September 2016 -
X [X.] -
OLG [X.]

LG [X.] I

-
2
-
Der X.
Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom 27.
September
2016 durch [X.], die Richter [X.] und [X.] sowie die Richterinnen Schuster und Dr.
Kober-Dehm
für
Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des 6.
Zivilsenats des Oberlandes-gerichts [X.] vom 22.
Oktober
2015 wird auf Kosten der Klä-gerin zurückgewiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
Die Klägerin, die ein Diagnoselabor betreibt, macht Ansprüche wegen Verletzung des mit Wirkung für die [X.] erteilten euro-päischen Patents 959
132 (Klagepatents) geltend. Sie ist eine Tochtergesell-schaft der I.

Inc., die Inhaberin einer ausschließlichen
Lizenz an dem Klagepatent ist und die Klägerin zur gerichtlichen Geltendma-chung von Unterlassungsansprüchen ermächtigt und ihr ihre Ansprüche auf Auskunft, Rechnungslegung und Schadensersatz abgetreten hat.
Das Klagepatent, dessen Inhaberin die T.

Inc. ist, ist am
13.
Oktober
1997 unter Inanspruchnahme einer [X.] Priorität vom 18.
Oktober
1996 international angemeldet worden und betrifft unter anderem 1
2
-
3
-
eine Nukleinsäure, die für eine Rezeptorproteinkinase codiert, sowie ein Verfah-ren zum Nachweis der beanspruchten Nukleinsäure.
Das [X.] erklärte das Klagepatent auf eine von der [X.] zu 1 erhobene Nichtigkeitsklage mit Urteil vom 9.
Juli
2013 (3
Ni
37/11 (EP), juris) unter anderem im Umfang der Patentansprüche 1 und 2 für nichtig und gab Patentanspruch 7 als neue Ansprüche 1 und 2 folgende Fassung:
"1.
Verfahren zum Nachweis eines [X.]s einer Tan-demverdopplungsmutante, das humane [X.] 3 ([X.]) codiert, wobei das [X.] eine Nukleotidse-quenz hat entsprechend einer Tandemverdopplungsmutation in der Nukleotidsequenz von Exon 11 oder Exons 11 bis 12 von [X.] [X.], die durch [X.] der [X.]: 26 und [X.]: 27 amplifiziert werden kann und als Längenmu-tation nachweisbar ist, umfassend die Schritte:
(a)
Durchführung einer Genamplifikationsreaktion mit einer Nukle-insäureprobe von einem Menschen, wobei ein Nukleinsäu-refragment, das Exon 11 oder Exons 11 bis 12 des [X.] 3 ([X.])-Gens umfasst und eine Tandemver-dopplungsmutation in der [X.] hat, amplifiziert wird, welches im [X.]-Gen gefunden werden kann;
(b)
Nachweis der Anwesenheit der Tandemverdopplungsmutation in dem Nukleinsäurefragment aus Schritt (a).
2.
Verfahren zum Nachweis eines [X.]s mit einer Nukleinsäuresequenz entsprechend einer [X.] in der Nukleotidsequenz von Exon 11 oder Exons 11 bis 12 von humanem [X.] ohne Verschiebung des Leserasters, die durch [X.] der [X.]: 26 und [X.]: 27 amplifiziert werden kann und als Längenmutation nachweisbar ist, umfassend die Schritte:
(a)
Durchführung einer Genamplifikationsreaktion mit einer Nukle-insäureprobe von einem Menschen, wobei ein Nukleinsäu-refragment, das Exon 11 oder Exons
11 bis 12 des [X.] 3 ([X.])-Gens umfasst und eine Tandemver-dopplungsmutation in der [X.] hat, amplifiziert wird, welches im [X.]-Gen gefunden werden kann;
(b)
Nachweis der Anwesenheit der Tandemverdopplungsmutation in dem Nukleinsäurefragment aus Schritt (a)."
3
-
4
-
Gegen die Entscheidung des [X.]s legten beide [X.] Berufung ein. Mit Urteil vom 19.
Januar
2016 (X
ZR
141/13, GRUR
2016, 475 -
Rezeptortyrosinkinase) änderte der [X.] das Urteil des [X.] auf die Berufung der Nichtigkeitsbeklagten und unter Zurückweisung der weitergehenden Berufung der [X.] ab. Die Patentansprüche 1, 2 und 7 haben nunmehr folgende Fassung (Änderungen der Patentansprüche 1 und 2 gegenüber der erteilten Fassung und Änderungen von Patentanspruch
7 gegenüber der Fassung nach dem Urteil des [X.]s sind her-vorgehoben):
"1.
[X.] einer Tandemverdopplungsmutante, das [X.] 3 ([X.]) codiert, wobei das [X.] eine Nukleotidsequenz hat entsprechend:
(a)
einer Tandemverdopplungsmutation in der Aminosäuresequenz der [X.] von [X.], oder
(b)
einer Tandemverdopplungsmutation in der Nukleotidsequenz von Exon 11 oder Exons 11 bis 12 von [X.] ohne Verschie-bung des Leserasters.
2.
[X.] mit einer Nukleinsäuresequenz entsprechend:
(a)
einer Tandemverdopplungsmutation in der Aminosäuresequenz der [X.] von [X.], oder
(b)
einer Tandemverdopplungsmutation in der Nukleotidsequenz von Exon 11 oder Exons 11 bis 12 von [X.] ohne Verschie-bung des Leserasters.
7.
Verfahren zum Nachweis des [X.]s nach An-spruch
1 oder des [X.]s nach Anspruch
2, umfas-send die Schritte:
(a)

ner Nukle-insäureprobe von einem Menschen, wobei ein Nukleinsäurefragment, das Exon 11 oder Exons 11 bis 12 des [X.]-3-([X.])-Gens umfasst und eine Tandemverdopplungsmutation in der [X.] hat, ampli-fiziert wird, welches im [X.]-Gen gefunden werden kann;
(b)
Nachweis der Anwesenheit der Tandemverdopplungsmutation in dem Nukleinsäurefragment aus Schritt (a)."
4
-
5
-
Die [X.] zu 1 und 3, deren Geschäftsführer die [X.] zu 4, 5, 6 und 7 sind, bieten verschiedene gentechnische Untersuchungen an, zu denen unter anderem auch eine Untersuchung des [X.]-Gens gehört. Die Beklagte zu 3 bearbeitet die
eingehenden Proben
in der Weise, dass die Zellen aufberei-tet und sämtliche in den Proben enthaltene Nukleinsäuren extrahiert werden. Die
derart aufbereiteten Nukleinsäuren werden an die in der [X.] ansässige Beklagte zu 2
weitergeleitet, deren Geschäftsführer [X.] die [X.] zu 4, 5, 6 und 7 sind. Dort werden die Nukleinsäuren mit Un-terstützung durch Mitarbeiter der [X.] zu 1 und 3 auf eine Längenmutation in einem Abschnitt im [X.]-Gen ([X.]-LM) untersucht und die
Mutationslast bestimmt. Nach Abschluss der Untersuchung schickt die Beklagte zu 2 Kopien des Testberichts direkt an den Auftraggeber, der den Untersuchungsauftrag erteilt und die entsprechende Probe eingesandt hat, sowie an die [X.] zu 1 und 3.
Das [X.] hat die auf Unterlassung, Auskunft und Rechnungsle-gung sowie Feststellung der Schadensersatzpflicht gerichtete Klage, die die Klägerin auf die Patentansprüche 1 und 2 in der Fassung des Urteils des [X.] vom 9.
Juli
2013 gestützt hat, abgewiesen (LG [X.]
I, GRUR-RR
2015, 93). Die Berufung der Klägerin ist erfolglos geblieben. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihre Beru-fungsanträge insofern weiter,
als sie auf §
9 Satz
2 Nr.
3 [X.] gestützt sind. Die [X.] treten dem Rechtsmittel entgegen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Revision ist unbegründet.
5
6
7
-
6
-
I.
Das Klagepatent betrifft, wie im [X.]surteil vom 19.
Januar
2016 (GRUR
2016, 475 Rn. 8 ff.
-
Rezeptortyrosinkinase) erläutert,
das technische Problem, eine für das [X.]-Gen codierende Nukleinsäure, die aufgrund geneti-scher Veränderungen als Marker bei der Diagnose leukämischer Erkrankungen verwendet werden kann, sowie ein Verfahren zum Nachweis dieser Nukleinsäu-re zur Verfügung zu stellen.
Zur Lösung dieses Problems schlägt das Klagepatent in der Fassung jenes Urteils in den Patentansprüchen 1 und 2 jeweils ein entsprechendes [X.] vor und in Anspruch 7 ein Verfahren zum Nachweis eines der mit den Ansprüchen 1 und 2 beanspruchten [X.]e, dessen Merkmale und Schritte der [X.] wie folgt gegliedert
hat:
7.1
Das Verfahren dient zum Nachweis
7.1.1
des [X.]s nach Anspruch
1 oder
7.1.2
des [X.]s nach Anspruch
2.
7.2
Das Verfahren umfasst die Schritte:
7.2.a
Durchführung einer Genamplifikationsreaktion mit einer Nukleinsäureprobe von einem Menschen, wobei ein Nukleinsäurefragment amplifiziert wird, das
7.2.a.1
im [X.]-Gen gefunden werden kann,
7.2.a.2
Exon 11 oder Exons 11 bis 12 des [X.]-3-([X.])-Gens umfasst und
7.2.a.3
eine Tandemverdopplungsmutation in der [X.] hat.
7.2.b
Nachweis der Anwesenheit der Tandemverdopplungs-mutation in dem Nukleinsäurefragment aus Schritt (a).
Danach wird zunächst ein Nukleinsäurefragment einer Nukleinsäurepro-be von einem Menschen amplifiziert. In einem zweiten Schritt wird die Anwe-8
9
10
-
7
-
senheit der Tandemverdopplungsmutation in
dem [X.], wobei Patentanspruch
7 nicht festlegt, wie dieser Nachweis zu füh-ren ist. Es bleibt vielmehr dem Fachmann überlassen, wie er diesen Nachweis ausgestaltet.
Das Klagepatent erläutert jedoch, dass auf das Vorhandensein der als Leukämieindikator verwendeten Tandemverdopplungsmutation in der Aminosäuresequenz von [X.] geschlossen werden kann, wenn die [X.] festgestellt wird, die sich aus der Insertion der mit der Mu-tation korrespondierenden verdoppelten Nukleotidsequenz ergibt ([X.], GRUR
2016, 475 Rn. 29 ff.

Rezeptortyrosinkinase).
II.
Das Berufungsgericht hat seine Entscheidung

soweit für das [X.] von Interesse -
im Wesentlichen wie folgt begründet:
Die Voraussetzungen für eine
Inanspruchnahme der [X.] nach den Grundsätzen des derivativen Erzeugnisschutzes gemäß §
9 Satz
2 Nr.
3 [X.] seien nicht gegeben. Die Beklagte zu 2 mache zwar vom Gegenstand von Pa-tentanspruch
7 wortsinngemäß Gebrauch. Allerdings handle es sich bei dem in Patentanspruch
7 offenbarten, von der [X.] zu 2 durchgeführten Nach-weisverfahren nicht um ein vom Anwendungsbereich des §
9 Satz
2 Nr.
3 [X.] erfasstes Verfahren. Es werde weder ein Erzeugnis geschaffen,
noch ein [X.] in seiner Beschaffenheit verändert. Die von den [X.] zu 1
und 3 im Inland aufbereitete Probe, die "Ausgangsprodukt"
der DNA-Analyse sei, werde durch das Verfahren nicht verändert. Weder die Fixierung des für das [X.] zu einer Veränderung des [X.]s als solchem. Auch der [X.], dass der markierte Teilabschnitt als solcher in der Natur nicht vorkomme, rechtfertige nicht die Annahme, dieser werde im Sinne eines Herstellungsver-11
12
-
8
-
fahrens erzeugt. Bei dem Nachweisverfahren handle es sich daher um ein im Wege eines Arbeitsverfahrens durchführbares [X.]sverfahren.
Unabhängig hiervon handle es sich bei dem Ergebnis des patentgemä-ßen Verfahrens auch nicht um ein Erzeugnis im Sinne von §
9 Satz
2 Nr.
3 [X.]. Zwar müssten Erzeugnisse nicht unbedingt körperlicher Natur sein. Es sei aber erforderlich, dass die [X.] beliebig oft bestimmungs-gemäß genutzt werden könnten. Daran fehle es beim Ergebnis des patentge-mäßen Verfahrens, das in der Information bestehe, ob in dem untersuchten amplifizierten [X.] eine [X.] sei oder nicht. Die Möglichkeit, dass die durch das erfindungsgemäße Ver-fahren erlangte Information mehrfach genutzt werden könne, so etwa bei der Behandlung eines Patienten oder in der Pharmaforschung, rechtfertige es nicht, die Information nach den Grundsätzen der höchstrichterlichen Rechtsprechung
([X.], Urteil vom 21.
August
2012

X ZR
33/10, [X.]Z
194, 272

MPEG-2-Videosignalcodierung) als unmittelbares Verfahrenserzeugnis im Sinne von §
9 Satz
2 Nr.
3 [X.] anzusehen. Die Wiedergabe von Informationen sei nach dem Gesetz vom Patentschutz ausgeschlossen. Ein solcher Ausschluss vom Pa-tentschutz dürfe nicht über die Ausdehnung des Schutzes als unmittelbares Verfahrenserzeugnisses umgangen werden.
Schließlich sei es auch nicht geboten, §
9 Satz
2 Nr.
3 [X.] über seinen unmittelbaren Anwendungsbereich hinaus im Wege der
Analogie auf die nach dem patentgemäßen Verfahren gewonnenen Erkenntnisse anzuwenden, weil

wie die Klägerin meine

den Belangen junger und sensibler Technologien wie der Biotechnologie durch eine entsprechende Ausdehnung des Patentschutzes Rechnung zu tragen sei. Es fehle bereits an einer Regelungslücke. Die Rege-lung in §
9a Abs.
3 [X.] zeige, dass der Gesetzgeber ein Bedürfnis für einen derivativen Erzeugnisschutz über den Anwendungsbereich des §
9 Satz
2 Nr.
3 13
14
-
9
-
[X.] hinaus gesehen habe. Da es sich hierbei um eine Ausnahmeregelung handle, komme eine weitere Ausdehnung des derivativen Erzeugnisschutzes auf andere Technologiebereiche im Wege der Analogie nicht in Betracht.
III.
Diese Beurteilung hält der revisionsrechtlichen Nachprüfung stand.
Das Berufungsgericht ist
zu Recht zu dem Ergebnis gelangt, dass der Klägerin die geltend gemachten Ansprüche auf Unterlassung, Auskunft, Rech-nungslegung und Schadensersatz nach §
9 Satz
2 Nr.
3 [X.] nicht zustehen. Die [X.]
haben
mit den in den Klageanträgen bezeichneten, in der [X.] gewonnenen Untersuchungsergebnissen kein vom Verbie-tungsrecht des [X.] aus §
9 Satz
2 Nr.
3 [X.] erfasstes [X.] zum Zwecke des Inverkehrbringens oder Gebrau-chens eingeführt. Dass die Verfahrensansprüche
1 und 2, wie sie dem Beru-fungsurteil zugrunde lagen, durch das [X.]surteil vom 19.
Januar
2016 ge-genüber dem patentgerichtlichen Urteil wieder eine
weitere
Fassung erhalten haben, führt zu keiner anderen Beurteilung. Die Weiterung in dem nunmehr das erfindungsgemäße Verfahren betreffenden Patentanspruch 7 bezieht sich aus-schließlich auf die Charakterisierung der Nukleinsäuresequenz der mit dem Verfahren nachzuweisenden [X.]e, ändert jedoch weder etwas an der Art der
erfindungsgemäß durchzuführenden Verfahrensschritte noch am Charakter der [X.].
Sie bestehen in einem biochemischen Befund, dessen Erhebung eine Erkenntnis erlaubt, deren Wiedergabe in den nach [X.] gesandten [X.] die Voraussetzungen des derivativen Erzeugnisschutzes nicht erfüllt.
1.
Nach §
9 Satz
2 Nr.
3 [X.] sind Erzeugnisse, die unmittelbar durch ein patentiertes
Verfahren hergestellt sind, so geschützt, als ob sie durch ein Erzeugnispatent unter Schutz
gestellt wären. Dementsprechend greift der 15
16
17
-
10
-
Schutz nach §
9 Satz
2 Nr.
3 [X.] nur ein, wenn das geschützte und angewen-dete Verfahren entweder ein Erzeugnis hervorbringt oder zu einer Veränderung der äußerlichen oder inneren Beschaffenheit eines Erzeugnisses führt und [X.] ein Ergebnis erzielt
wird, das seinerseits prinzipiell taugliches Objekt eines Sachpatents sein könnte. Unerheblich ist lediglich, ob der Gegenstand eines solchen Sachpatents selbst patentfähig ist, insbesondere die Sachmerkmale den Anforderungen der Neuheit und der erfinderischen Tätigkeit genügen. Nicht in den Anwendungsbereich von §
9 Satz
2 Nr.
3 [X.] fallen daher
Ergebnisse reiner Arbeitsverfahren, bei denen keine neue Sache geschaffen wird, sondern lediglich auf eine Sache eingewirkt
wird, ohne Veränderungen an ihr vorzuneh-men, so wenn die Sache beispielsweise untersucht, gemessen oder befördert wird (Benkard/Scharen, [X.], 11.
Aufl., §
9 Rn.
53 f.; Busse/Keukenschrijver, [X.], 8.
Aufl., §
9 Rn.
102; [X.]/Rinken/[X.], [X.], 9.
Aufl., §
9 Rn.
86
f.; [X.], [X.], 4.
Aufl., §
9 Rn.
65; [X.]., GRUR
2009, 305, 307; [X.], InstGE
12, 258 Rn. 7).
2.
Danach handelt es sich bei den von der [X.] zu 2 in der [X.] gewonnenen und an die Auftraggeber sowie die [X.] zu 1 und 3 übermittelten [X.] oder deren Inhalten nicht um Erzeugnisse im Sinne des §
9 Satz
2 Nr.
3 [X.].
a)
Das Verfahren nach Patentanspruch
7 dient dazu, eine Tandemver-dopplungsmutation, die nach der technischen Lehre des Klagepatents als Indi-kator für eine Leukämieerkrankung dient,
in einem [X.] nach Patentanspruch
1 oder Patentanspruch
2 nachzuweisen, wobei [X.] der Nachweis einer Längenmutation ausreicht. Ergebnis des Verfahrens ist mithin
ein biochemischer Befund, dessen Erhebung dem Fachkundigen In-formationen vermittelt, die ihm die Erkenntnis des
Fehlens
oder Vorhanden-seins
einer bestimmten Mutation, nämlich der als Leukämieindikator dienenden 18
19
-
11
-
Tandemverdopplungsmutation, gestatten. Nur diese Erkenntnis sowie gegebe-nenfalls die oder ein Teil der sie tragenden Informationen werden mit den als patentverletzend angegriffenen Handlungen nach [X.] übermittelt. Sie stellen im Hinblick darauf, dass die Wiedergabe von Informationen nach Art. 52 Abs. 1 Buchst. d EPÜ und §
1 Abs.
3 Nr.
4 [X.] vom Patentschutz ausge-schlossen ist, keinen Gegenstand dar, auf den ein Sachpatent gerichtet werden könnte.
b)
Ohne Erfolg
beruft sich die Revision darauf, dass
nach der Recht-sprechung des [X.] eine mittels eines geschützten Verfahrens gewonnene ([X.] als unmittelbares Verfahrenserzeugnis anzuse-hen sein
kann, auch wenn sie nicht als ein körperlicher Gegenstand zu qualifi-zieren ist, sondern ein solcher erst durch ihre Verbindung mit
einem Datenträ-ger entsteht ([X.]Z
194, 272, Rn.
21
f. -
MPEG-2-Videosignalcodierung).
[X.])
Voraussetzung für einen solchen Schutz von Daten als Verfahrens-erzeugnis ist zum einen, dass das Ergebnis des patentierten Verfahrens in [X.] üblichen Form wahrnehmbar gemacht und auf diese Weise wie ein körperli-cher Gegenstand beliebig oft bestimmungsgemäß genutzt werden kann ([X.]Z
194, 272, Rn.
23 -
MPEG-2-Videosignalcodierung). Zum anderen muss auch in diesem Fall die das Verfahrensergebnis verkörpernde Datenfolge ihrer Art nach als tauglicher Gegenstand eines Sachpatents in Betracht kommen. Dies ist indessen
nur dann der Fall, wenn sie
sachlich-technische Eigenschaf-ten aufweist, die ihr durch das Verfahren aufgeprägt worden sind. So verhielt es sich bei den Videodaten, die erfindungsgemäß zur Datenkompression in [X.] Weise codiert waren ([X.]Z
194, 272, Rn.
20 -
MPEG-2-Videosignal-codierung) und nicht wegen der codierten (Video-)Information, sondern wegen dieser Datenstruktur, mithin wegen eines technischen Merkmals, grundsätzlich auch einem Sachschutz zugänglich waren
(vgl. [X.], [X.] Patentge-20
21
-
12
-
richtsbarkeit in [X.], [X.], 20: Art der "Verpackung"
des Informationsge-halts).
Diese Differenzierung gewährleistet zum einen, dass der gesetzliche Ausschlusstatbestand nicht unterlaufen wird, nach dem die Wiedergabe von Informationen dem Patentschutz nicht zugänglich ist. Sie stellt zum anderen sicher, dass von dem patentrechtlichen Schutz nur die Nutzung von [X.], mithin von Lehren zum technischen Handeln, erfasst wird. Hierzu gehört die ausschließliche Zuordnung der Anwendung von technischen Verfahren zum Berechtigten ebenso wie die ausschließliche Zuordnung der Herstellung oder des
Vertriebs
von Erzeugnissen, deren technische Bereitstellung entweder als solche (in einem Sachpatent) unter Schutz steht oder aber sich als [X.] Ergebnis eines geschützten Verfahrens darstellt. Hingegen liegen Handlun-gen, die keine technische Lehre nutzen, sondern lediglich Vorteile aus solchen Handlungen ziehen, als solche außerhalb des patentrechtlichen Schutzes. Sie können lediglich als Folge eines patentverletzenden Handelns gegebenenfalls mit einem Schadensersatzanspruch erfasst werden.
Dementsprechend hat bereits das [X.] vor der gesetzlichen Verankerung des derivativen Erzeugnisschutzes seine Anerkennung für den durch ein Verfahren zur Herstellung eines Stoffes auf chemischem Wege "dar-gestellten"
Stoff damit begründet, dass der mittels des Verfahrens erzeugte Stoff nicht außerhalb des Gegenstands der Erfindung liege, sondern den das Verfahren patentrechtlich charakterisierenden Abschluss bilde;
das Verfahren begreife daher den mittels desselben hergestellten Stoff als zum Gegenstand der Erfindung gehörig in sich (RG, Urteil vom 14. März 1888 -
I 389/87, [X.], 8, 17 -
Methylenblau). Es verfängt daher auch nicht der an sich zutreffende Hinweis der Revision, dass der derivative Sachschutz gerade für als solche s[X.]zeit dem Sachschutz (Stoffschutz) nicht
zugängliche Erzeugnisse begründet 22
23
-
13
-
worden sei. Denn ungeachtet dessen ist der derivative Sachschutz für das technische Ergebnis eines dieses Ergebnis notwendig umfassenden
techni-schen Verfahrens gewährt worden (s. dazu auch Verhauwen, [X.] Pa-tentgerichtsbarkeit in [X.], [X.] 543,
544, 552).
bb)
Die im Streitfall übermittelte
Datenfolge erfüllt die
dargestellten
Vor-aussetzungen nicht. Sie zeichnet
sich nicht durch eine besondere (technische) Art der Darstellung aus
und weist auch sonst keine sachlich-technischen
Eigen-schaften auf, die ihr durch das erfindungsgemäße Verfahren aufgeprägt worden wären, sondern ist lediglich dadurch gekennzeichnet, dass die von den Daten verkörperte Information die erfindungsgemäß gewonnene Erkenntnis enthält. Die Übermittlung der Datenfolge zieht damit zwar einen Vorteil aus der (außer-halb des Geltungsbereiches des Patentgesetzes stattfindenden) Nutzung des erfindungsgemäßen Verfahrens, stellt jedoch selbst keine Nutzung der techni-schen Lehre der Erfindung dar.
Vielmehr kommt es bei der Übersendung der Untersuchungsergebnisse ausschließlich auf den einem Patentschutz nicht zu-gänglichen Informationsgehalt an, dessen Wert sich überdies regelmäßig in der einmaligen Übermittlung für die Zwecke einer ärztlichen Diagnose erschöpft.
c)
Schließlich führt auch der Umstand, dass
nach der in Merkmal 7.2.a vorgesehenen Genamplifikationsreaktion ein Nukleinsäurefragment amplifiziert und damit ein Fragment gewonnen wird, das als solches nicht in der Natur vor-kommt, zu keiner anderen Beurteilung. Die Voraussetzungen für eine Inan-spruchnahme der [X.] nach §
9 Satz
2 Nr.
3 [X.] wären auch dann nicht gegeben,
wenn man das amplifizierte Fragment der untersuchten Probe als ein Erzeugnis des erfindungsgemäßen Verfahrens ansähe.
Denn im Streitfall wird die entsprechend bearbeitete, das betreffende Fragment enthaltende Probe gerade nicht ins Inland verbracht.
24
25
-
14
-
3.
Ob, wie die Klägerin meint, ein rechtspolitisches Bedürfnis nach ei-nem patentrechtlichen Schutz von Ergebnissen insbesondere gentechnischer Analyse-
und In-vitro-Diagnoseverfahren besteht, braucht der [X.] nicht zu entscheiden. Die bestehende gesetzliche Regelung bietet jedenfalls für eine über §
9 Satz
2 Nr.
3 [X.] hinausgehende richterrechtliche Schutzerstreckung keine Handhabe. Überdies erscheint
fraglich, ob eine solche Ausdehnung des Patentschutzes auf
mittels
technischer
Analyseverfahren
gewonnene Erkennt-nisse
nicht notwendig über ein Ausschließlichkeitsrecht an technischen Lehren hinausginge.
IV.
Die Kostenentscheidung beruht auf §
97 Abs.
1 ZPO.
Meier-Beck
[X.]
[X.]

Schuster
Kober-Dehm
Vorinstanzen:
LG [X.] I, Entscheidung vom 20.11.2014 -
7 O 13161/14 -

OLG [X.], Entscheidung vom 22.10.2015 -
6 U 4891/14 -

26
27

Meta

X ZR 124/15

27.09.2016

Bundesgerichtshof X. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 27.09.2016, Az. X ZR 124/15 (REWIS RS 2016, 4922)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2016, 4922

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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X ZR 124/15

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