Bundesfinanzhof, Beschluss vom 30.09.2020, Az. VIII E 1/20

8. Senat | REWIS RS 2020, 3558

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Gegenstand

Keine Erinnerung gegen Kostenlastentscheidung


Leitsatz

NV: Einwendungen gegen die Kostenlastentscheidung können nicht mit einer Erinnerung geltend gemacht werden, da der Kostenbeamte und das Gericht an diese gebunden sind.

Tenor

Die Erinnerung gegen die Kostenrechnung des [X.] --Kostenstelle-- vom 28.06.2017 - [X.]/16 ([X.]/15) wird zurückgewiesen.

Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei.

Tatbestand

I.

1

Die Kostenschuldnerin und Erinnerungsführerin (Erinnerungsführerin) war ausweislich des [X.] neben [X.] Klägerin und damit [X.]eteiligte des vor dem [X.] ([X.]) unter dem [X.]ktenzeichen 1 K 1041/12 wegen Einkommensteuer 2006 und 2007 und wegen der [X.] ab dem dritten Quartal 2008 geführten Klageverfahrens. Das [X.] wies die Klage mit Urteil vom 08.12.2014 ab.

2

[X.]m 05.01.2015 erteilte die Erinnerungsführerin gemeinsam mit [X.] den Rechtsanwälten [X.] und [X.] (Kanzleisitz: …) eine Vollmacht in Sachen "unwirksame Urteile des [X.]s Gotha vom 08. Dezember 2014, [X.]z. 1 K 1041/12, [X.]z. 1 K 1045/12, [X.]z. 1 K 1046/12 und [X.]z. 1 K 1047/12 wegen Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren zum [X.]undesfinanzhof". Diese Vollmacht ermächtigte nach der Nr. 1 des Vollmachtsformulars "Zur Prozessführung (u.a. nach §§ 81 ff. ZPO) einschließlich der [X.]efugnis zur Erhebung und Zurücknahme von [X.]". Die Vollmacht sollte u.a. für alle Instanzen gelten. Unterschrieben ist die Vollmacht von der Erinnerungsführerin mit einem blauen Stift. Die Vollmacht ist im Original in der [X.]kte des [X.]undesfinanzhofs ([X.]FH) zum Verfahren VIII [X.] 27/15 ([X.]l. 44) abgelegt.

3

Die Erinnerungsführerin wurde von den Prozessbevollmächtigten im Schriftsatz zur Einlegung der Nichtzulassungsbeschwerde vom 13.01.2015 neben [X.] als [X.]eschwerdeführerin genannt.

4

Mit [X.]eschluss vom 15.04.2016 wies der Senat die Nichtzulassungsbeschwerde im Verfahren VIII [X.] 27/15 als unbegründet zurück. Die Kosten des [X.]eschwerdeverfahrens haben nach diesem [X.]eschluss die Erinnerungsführerin und [X.] zu tragen.

5

[X.]m 25.04.2017 erging zunächst die Kostenrechnung des [X.]FH ([X.] 604/16) zum Verfahren VIII [X.] 27/15. Diese wurde nach Schriftverkehr mit den [X.]eteiligten in einer Rechnung vom 28.06.2017 - [X.] 604/16 (VIII [X.] 27/15) durch [X.]nsatz eines niedrigeren Streitwerts berichtigt. Die Erinnerungsführerin und [X.] werden in dieser Kostenrechnung als gesamtschuldnerische Kostenschuldner in [X.]nspruch genommen.

6

Mit ihrer am [X.] eingegangenen Erinnerung gegen diese Kostenrechnung macht die Erinnerungsführerin geltend, ihr sei nicht erinnerlich, das Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren VIII [X.] 27/15 geführt zu haben. Es stehe zu befürchten, dass die Vollmachtserteilung zur [X.]eschwerdeeinlegung ihrerseits auf einer lediglich eingescannten und missbräuchlich verwendeten Unterschrift beruhe. Zwischenzeitlich habe eine [X.]ufteilung der dem Verfahren VIII [X.] 27/15 zugrundeliegenden Steuerforderungen dazu geführt, dass sie für diese nicht in [X.]nspruch genommen werde. Zum Zeitpunkt der [X.]eschwerdeeinlegung im Verfahren VIII [X.] 27/15 habe sie über kein eigenes Einkommen verfügt.

7

Die Erinnerungsführerin beantragt,
die Kostenrechnung vom 28.06.2017 - [X.] 604/16 (VIII [X.] 27/15) betreffend die Gerichtskosten aufzuheben.

8

Die Vertreterin der Staatskasse beantragt,
die Erinnerung als unbegründet zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

II.

9

Die Erinnerung ist zulässig, aber unbegründet.

1. Ist die Kostenrechnung dem Kostenschuldner bereits zugegangen und wird --wie im [X.] anschließend die Nichterhebung der Kosten wegen unrichtiger Sachbehandlung (§ 21 des Gerichtskostengesetzes --GKG--) beantragt, entscheidet das Gericht über den Antrag im Verfahren der Erinnerung ([X.] vom 25.03.2008 - VIII E 1/08, [X.], 1185; vom [X.], [X.], 59, und vom 31.01.2014 - [X.], [X.], 867). Es besteht kein Vertretungszwang ([X.] vom 05.08.2002 - VII [X.] 56/00, [X.] 2002, 1492). Die Entscheidung über die Erinnerung ergeht gemäß § 66 Abs. 6 Satz 1 i.V.m. § 1 Abs. 5 GKG durch den Einzelrichter.

2. Soweit sich die Erinnerungsführerin gegen ihre Inanspruchnahme als Kostenschuldnerin und Gesamtschuldnerin über den vollen Rechnungsbetrag wendet, hat das Vorbringen keinen Erfolg.

a) Mit der Erinnerung können nur Einwendungen erhoben werden, die sich gegen die Kostenrechnung selbst, d.h. gegen den Ansatz und die Höhe einzelner Kosten oder gegen den Streitwert richten. In dieser Hinsicht weist die angegriffene Kostenrechnung keinen die Erinnerungsführerin belastenden Rechtsfehler auf; die Kostenstelle hat zu Recht für das [X.]eschwerdeverfahren VIII [X.] 27/15 die Gebühr gemäß Nr. 6500 des Kostenverzeichnisses zum GKG (Anlage 1 zu § 3 Abs. 2 GKG) angesetzt. Die Erinnerungsführerin macht insoweit auch keinen Fehler geltend. Vielmehr wendet sie sich --angesichts der nach ihrem Vortrag fehlenden Prozessvollmacht des Prozessbevollmächtigten im [X.] (s. dazu auch unter [X.] gegen ihre Kostenschuldnerstellung. Sie lässt hierbei jedoch außer [X.], dass über die Stellung als Kostenschuldnerin in der Kostengrundentscheidung des [X.] vom 15.04.2016 - VIII [X.] 27/15 entschieden worden ist und dies in einem Erinnerungsverfahren nicht mehr angegriffen werden kann ([X.] vom 23.09.2015 - I E 8/15, [X.] 2016, 414, Rz 6).

b) Mit der Erinnerung kann zwar auch geltend gemacht werden, eine Gesamtschuldnerschaft hinsichtlich der Gerichtskosten bestehe nicht ([X.] vom 05.12.2013 - X E 10/13, [X.], 377, Rz 4). Die Erinnerungsführerin ist jedoch zu Recht als Gesamtschuldnerin (§ 31 Abs. 1 GKG) in Anspruch genommen worden.

Mehrere Kostenschuldner haften gemäß § 31 Abs. 1 GKG als Gesamtschuldner auf den vollen [X.]etrag. Die Erinnerungsführerin ist Kostenschuldnerin, weil auch für sie die Nichtzulassungsbeschwerde eingelegt worden ist. Dies ergibt sich eindeutig aus dem Schriftsatz vom 13.01.2015, in dem die Prozessbevollmächtigten des [X.]s nicht nur als [X.]evollmächtigte für [X.], sondern ausdrücklich auch für die Erinnerungsführerin [X.]eschwerde eingelegt haben. Entsprechend hat der [X.] das Rubrum der Entscheidung in dem der Kostenfestsetzung zugrundeliegenden [X.]eschluss über die Nichtzulassungsbeschwerde gefasst. Damit ist die Erinnerungsführerin neben [X.] als Gesamtschuldnerin Kostenschuldnerin der angesetzten Gerichtskosten geworden ([X.] in [X.], 377, Rz 6). Mit der Erinnerung kann auch nicht mit Erfolg geltend gemacht werden, die Gerichtskosten seien entsprechend der ergangenen Aufteilungsbescheide zu verteilen. Im [X.]eschluss vom 15.04.2016 - VIII [X.] 27/15 wurden der Erinnerungsführerin und [X.] die Kosten des [X.]eschwerdeverfahrens auferlegt und keine anderweitige Kostenverteilung vorgesehen. Eine Anfechtung dieser Entscheidung mit der Erinnerung ist nicht zulässig, da diese Einwendungen ihre Grundlage nicht im Kostenrecht haben. Sowohl der [X.] als auch das Gericht, das über die Erinnerung zu entscheiden hat, sind an die gerichtliche Kostenlastentscheidung gebunden ([X.] in [X.], 377, Rz 8).

3. Die Voraussetzungen, unter denen nach § 21 Abs. 1 Satz 1 GKG Kosten nicht erhoben werden, liegen ebenfalls nicht vor.

a) Gemäß § 21 Abs. 1 Satz 1 GKG werden Kosten, die bei richtiger [X.]ehandlung der Sache nicht entstanden wären, nicht erhoben. Nach ständiger Rechtsprechung des [X.] setzt die unrichtige Sachbehandlung ein erkennbares Versehen oder schwere, offensichtliche Verstöße des Gerichts gegen eindeutige Vorschriften bei der Entscheidung voraus (s. z.[X.]. [X.] vom 20.08.2012 - I E 2/12, [X.] 2013, 46, Rz 8).

b) An einer solchen unrichtigen Sachbehandlung bei der Aufnahme der [X.]eteiligten im Verfahren VIII [X.] 27/15 und der Entscheidung über die Nichtzulassungsbeschwerde in diesem Verfahren fehlt es. Der von der Erinnerungsführerin erhobene Einwand, sie sei nicht als [X.]eteiligte des [X.]s anzusehen, weil sie dem Prozessbevollmächtigten keine Vollmacht erteilt habe, trifft nicht zu. Die Erinnerungsführerin hat die dem [X.] vorliegende Originalvollmacht an die Rechtsanwälte A und [X.] vom 05.01.2015 zur Erhebung der [X.]eschwerde unterschrieben. Da die Erinnerungsführerin von den Prozessbevollmächtigten im Schriftsatz zur Einlegung der [X.]eschwerde vom 13.01.2015 als [X.]eschwerdeführerin genannt ist, ist sie [X.]eteiligte des Verfahrens geworden.

4. Das Erinnerungsverfahren ist gerichtsgebührenfrei; Kosten werden nicht erstattet (§ 66 Abs. 8 GKG).

Meta

VIII E 1/20

30.09.2020

Bundesfinanzhof 8. Senat

Beschluss

§ 31 Abs 1 GKG 2004 vom 27.02.2014, § 66 Abs 1 GKG 2004 vom 27.02.2014, § 143 FGO, § 21 Abs 1 S 1 GKG 2004 vom 27.02.2014

Zitier­vorschlag: Bundesfinanzhof, Beschluss vom 30.09.2020, Az. VIII E 1/20 (REWIS RS 2020, 3558)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2020, 3558

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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