Bundesfinanzhof, Urteil vom 06.12.2016, Az. I R 50/16

1. Senat | REWIS RS 2016, 1323

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Gegenstand

Pflegeheim-GmbH: Erbschaft als Betriebseinnahme - rechtsformneutrale Besteuerung - Halbteilungsgrundsatz


Leitsatz

Die für den Betrieb einer Pflegeheim-GmbH bestimmte Erbschaft unterliegt ungeachtet ihrer erbschaftsteuerrechtlichen Belastung der Körperschaftsteuer (Anschluss an BFH-Urteil vom 14. März 2006 VIII R 60/03, BFHE 212, 535, BStBl II 2006, 650).

Tenor

Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des [X.] vom 28. Juni 2016  10 K 285/15 wird als unbegründet zurückgewiesen.

Die Kosten des Revisionsverfahrens hat die Klägerin zu tragen.

Tatbestand

I.

1

Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin), eine Gmb[X.], betreibt ein Seniorenpflegeheim. Sie wurde mit notariell beurkundetem [X.] vom 8. Oktober 2008 von ihrem ledigen [X.]eimbewohner [X.] mit der Auflage zu dessen Alleinerbin eingesetzt, das Erbvermögen ausschließlich für Zwecke des [X.]eimbetriebs (Instandhaltung, Modernisierung etc.) zu verwenden; zugleich ernannte [X.] eine [X.]svollstreckerin, die u.a. die Aufgabe hatte, die zweckgebundene Verwendung des Nachlasses zu überwachen. [X.] wurde vom beurkundenden Notar darüber belehrt, dass seine letztwillige Verfügung dem Annahmeverbot des § 14 des [X.]eimgesetzes ([X.]eimG) unterliege und die hiernach erforderliche Ausnahmegenehmigung von der zuständigen Behörde bereits am 22. September 2008 erteilt worden sei. [X.] ist am 19. November 2012 verstorben.

2

Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --[X.]--) setzte zum einen mit Bescheid vom 20. November 2013 für den Nachlasserwerb (Gesamtwert: 1.050.902 €) Erbschaftsteuer in [X.]öhe von 300.510 € fest. Zum anderen erhöhte er den von der Klägerin erklärten Gewinn des [X.] (2012) um das ihr nach Abzug der [X.]svollstreckungskosten verbliebene (Erb-)Vermögen (1.041.659,65 €) und setzte die Körperschaftsteuer 2012 mit Bescheid vom 11. Dezember 2013 auf 172.576 € fest. Einspruch und Klage blieben ohne Erfolg. Das Finanzgericht ([X.]) hat hierzu u.a. ausgeführt, dass die testamentarische Zuwendung das Betriebsvermögen der Klägerin vermehrt und sie die Zuwendung ausschließlich aufgrund ihrer gewerblichen Betätigung erlangt habe (Niedersächsisches [X.], Urteil vom 28. Juni 2016  10 K 285/15, Entscheidungen der Finanzgerichte --E[X.]-- 2016, 1366).

3

Mit der Revision beantragt die Klägerin sinngemäß, das vorinstanzliche Urteil sowie den Körperschaftsteuerbescheid 2012 vom 11. Dezember 2013 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 18. November 2015 aufzuheben und die Körperschaftsteuer 2012 auf der Grundlage eines um 1.041.659,65 € geminderten Einkommens festzusetzen.

4

Das [X.] beantragt sinngemäß, die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

II.

5

Die Revision ist nicht begründet und daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung --[X.]O--). Das [X.] hat zu Recht angenommen, dass die Erbschaft das Einkommen der Klägerin im Streitjahr (2012) erhöht hat (§ 8 Abs. 1 Satz 1 des Körperschaftsteuergesetzes --[X.]-- i.V.m. § 5 Abs. 1 Satz 1 des Einkommensteuergesetzes --EStG--; jeweils in der für das Streitjahr geltenden Fassung).

6

1. Da die Klägerin als inländische Kapitalgesellschaft nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 [X.] unbeschränkt körperschaftsteuerpflichtig ist, sind alle von ihr erzielten Einkünfte gemäß § 8 Abs. 2 [X.] als Einkünfte aus Gewerbebetrieb zu behandeln. [X.]ieraus ist nach ständiger Rechtsprechung des [X.] ([X.]) abzuleiten, dass eine solche Kapitalgesellschaft ertragsteuerrechtlich über keine außerbetriebliche Sphäre verfügt, die ihr zuzurechnenden Wirtschaftsgüter ausnahmslos als Betriebsvermögen zu qualifizieren sind (grundlegend [X.]surteil vom 4. Dezember 1996 I R 54/95, [X.]E 182, 123) und der Bereich ihrer gewerblichen Gewinnerzielung sämtliche Einkünfte umfasst, gleichviel in welcher Form und Art sie ihr zufließen ([X.]surteil vom 28. Februar 1956 I 92/54 U, [X.]E 62, 416, [X.]I 1956, 154; [X.]sbeschluss vom 15. Februar 2012 I B 97/11, [X.]E 236, 458, [X.], 697; dazu Beschluss des [X.] vom 12. Mai 2015  2 BvR 1407/12, 2 BvR 1608/12, juris). Erfasst werden deshalb auch [X.], die nicht unter eine der sieben Einkunftsarten des § 2 Abs. 1 EStG fallen ([X.]surteil vom 22. August 1990 I R 67/88, [X.]E 162, 439, [X.] 1991, 250), mithin auch Vermögenszugänge aufgrund unentgeltlicher Zuwendungen einschließlich des im anhängigen Verfahren zu beurtei-lenden [X.] ([X.]surteile in [X.]E 62, 416, [X.]I 1956, 154; vom 24. März 1993 I R 131/90, [X.]E 171, 185, [X.] 1993, 799; [X.] Nürnberg, Urteil vom 29. Juli 2010  4 K 392/2009, E[X.] 2011, 361; Neu, E[X.] 2016, 1367).

7

2. Der Erfolgswirksamkeit des [X.] steht das als handelsrechtlicher Grundsatz ordnungsmäßiger Buchführung auch für den [X.] zu beachtende Realisationsprinzip des § 252 Abs. 1 Nr. 4 [X.]albsatz 2 des [X.]andelsgesetzbuchs (i.V.m. § 5 Abs. 1 EStG und § 8 Abs. 1 [X.]) nicht entgegen (dazu [X.]-Urteil vom 14. März 2006 [X.] R 60/03, [X.]E 212, 535, [X.] 2006, 650; Tiedchen in [X.]/[X.]/[X.], § 5 EStG Rz 399 "Bestrittene Forderungen" a.E.). Zwar unterfallen letztwillige Verfügungen, die dem [X.]eimträger bekannt geworden sind, grundsätzlich dem präventiven Verbot des § 14 Abs. 1 [X.]eimG i.V.m. § 134 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (s. zu Einzelheiten --einschließlich der Fortgeltung der Vorschrift in [X.] gemäß Art. 125a Abs. 1 i.V.m. Art. 74 Abs. 1 Nr. 7 des Grundgesetzes [[X.]/[X.], [X.]eimrecht, 11. Aufl. 2014, [X.]. Rz 20, 23, 53). Im Streitfall wurde [X.] jedoch vor Errichtung des Testaments eine Ausnahmegenehmigung gemäß § 14 Abs. 6 [X.]eimG erteilt; hinzu kommt, dass die Wirksamkeit der Erbeinsetzung der Klägerin nach den Feststellungen der Vorinstanz von keiner Seite bestritten wurde.

8

3. Der auf der Erbschaft der Klägerin beruhende steuerbilanzielle Gewinn ist nicht durch den Abzug einer Einlage zu neutralisieren (§§ 4 Abs. 1 Satz 1 und 5 Abs. 1 Satz 1 EStG i.V.m. § 8 Abs. 1 [X.]).

9

a) Kennzeichen einer Einlage ist die durch das [X.]sverhältnis veranlasste Zuführung von Wirtschaftsgütern ([X.]surteil vom 15. April 2015 I R 44/14, [X.]E 249, 493, [X.] 2015, 769: einschließlich Wegfall von Passivposten). Dementsprechend hat der [X.] in ständiger Rechtsprechung auch unentgeltliche (freigebige) Zuwendungen eines [X.]ers ebenso wie den Sachverhalt, dass der [X.]er einer Kapitalgesellschaft diese zur Erbin einsetzt, als Einlage angesehen (Urteile in [X.]E 62, 416, [X.]I 1956, 154; in [X.]E 171, 185, [X.] 1993, 799). Im Streitfall ist dies jedoch ausgeschlossen. Dabei hat der [X.] nicht dazu Stellung zu nehmen, ob und unter welchen Voraussetzungen die testamentarische Verfügung eines [X.], mit der eine Kapitalgesellschaft als Erbin bedacht wird, ertragsteuerrechtlich als mittelbar (verdeckte) Einlage des [X.]ers gedeutet werden kann (s. hierzu allgemein [X.]/Roser [X.], 3. Aufl., § 8 Rz 110). [X.]ierauf ist deshalb nicht einzugehen, weil die Klägerin die Erbschaft nicht aufgrund etwaiger persönlicher oder beruflicher Beziehungen zwischen [X.] und ihren [X.]ern, sondern --so die Feststellungen der [X.] die letztwillige Zuwendung ausschließlich aufgrund ihrer (eigenen) gewerblichen Betätigung erlangt habe und diese Würdigung den [X.] bindet (§ 118 Abs. 2 [X.]O). Sie wird zudem --im Einklang mit den Erwägungen des [X.]-Urteils in [X.]E 212, 535, [X.] 2006, 650-- vor allem durch die Verwendungsbestimmungen des Erblassers zugunsten des Betriebs der Klägerin gestützt.

b) Anderes ergibt sich nicht aus der mit dem Gesetz zur Umsetzung der Beitreibungsrichtlinie sowie zur Änderung steuerlicher Vorschriften ([X.]) vom 7. Dezember 2011 ([X.], 2592, [X.], 1171) eingefügten Regelung des § 7 Abs. 8 Satz 1 des [X.] ([X.]), nach der als Schenkung auch die Werterhöhung von Anteilen an einer Kapitalgesellschaft gilt, die eine an der [X.] unmittelbar oder mittelbar beteiligte natürliche Person oder Stiftung (Bedachte) durch die Leistung einer anderen Person (Zuwendender) an die [X.] erlangt. Zu berücksichtigen ist insoweit nicht nur, dass die Vorinstanz keine Feststellungen zum [X.]erkreis der Klägerin getroffen hat, darüber hinaus es mit Rücksicht auf die systematische Stellung in § 7 [X.] zweifelhaft ist, ob zu den Leistungen [X.] von § 7 Abs. 8 Satz 1 [X.] auch der Erbanfall zu rechnen ist (ablehnend [X.] in Troll/[X.]/[X.], [X.], § 7 Rz 414) und das [X.] --mutmaßlich im [X.]inblick auf die Anweisung zu [X.] 3.2 der gleich lautenden Erlasse der obersten Finanzbehörden der Länder vom 14. März 2012 (BStBl I 2012, 331), denen zufolge Leistungen gesellschaftsfremder Dritter an die Kapitalgesellschaft, die darauf abzielen, diese zu bereichern, nicht unter § 7 Abs. 8 [X.] fallen, sondern als steuerbare Zuwendung an die Kapitalgesellschaft zu erfassen sind (§ 7 Abs. 1 Nr. 1 [X.])-- die Erbschaftsteuer gegenüber der Klägerin aufgrund des Erwerbs von Todes wegen (§ 3 Abs. 1 Nr. 1 [X.]) --bestandskräftig-- festgesetzt hat. Gegen die Anwendbarkeit von § 7 Abs. 8 Satz 1 [X.] im anhängigen --die Körperschaftsteuer der Klägerin betreffenden-- Verfahren spricht vor allem, dass diese Bestimmung nach dem Willen des Gesetzgebers darauf gerichtet ist, im Wege einer Fiktion ("gilt") die aufgrund der Rechtsprechung des [X.] zum Schenkungsteuerrecht (vgl. z.B. [X.]-Urteil vom 9. Dezember 2009 II R 28/08, [X.]E 228, 169, [X.] 2010, 566) bestehenden Besteuerungslücken in Fällen zu schließen, in denen (disquotale) Einlagen der [X.]er oder Zuwendungen eines [X.] an die Kapitalgesellschaft nicht auf eine originäre Bereicherung der Kapitalgesellschaft, sondern auf die mittelbare Bereicherung der (Mit-)[X.]er abzielen (so BTDrucks 17/7524, S. 20 f.). Die Vorschrift ist mithin --selbst im Rahmen ihres [X.] lediglich auf die Modifikation der schenkungsteuerrechtlichen Folgen solcher Zuwendungen gerichtet, nicht hingegen kann sie dazu führen, die dargestellte und auf den tatsächlichen Verhältnissen fußende ertragsteuerrechtliche Beurteilung (hier: ausschließliche Absicht der Mehrung des Betriebsvermögens der Klägerin) im Wege einer Fiktion durch die Annahme einer Zuwendung an die [X.]er der Klägerin und einer hierauf gestützten mittelbar verdeckten Einlage umzuqualifizieren (a.[X.], Zeitschrift für Erbrecht und Vermögensnachfolge --[X.]-- 2015, 254, 257). Letzteres bedürfte --auch unter dem Gesichtspunkt der Einheit der Rechtsordnung-- einer ausdrücklichen gesetzlichen Anordnung (vgl. aus Sicht des Erbschaftsteuerrechts auch [X.]-Urteil vom 17. April 1996 II R 16/93, [X.]E 180, 464, [X.] 1996, 454).

4. Die Geltung der vorstehenden Grundsätze wird nicht dadurch in Frage gestellt, dass sie unter den Voraussetzungen des Streitfalls mit einer Kumulation von Körperschaftsteuer und Erbschaftsteuer (§ 3 Abs. 1 Nr. 1 und § 9 Abs. 1 Nr. 1 [X.]) einhergehen. Insbesondere schließen beide Besteuerungstatbestände einander --auch bezogen auf den nämlichen Vorgang (Erbanfall)-- tatbestandlich nicht aus.

a) Letzteres entspricht dem [X.]-Urteil in [X.]E 212, 535, [X.] 2006, 650, das die betrieblich bedingte Erbeinsetzung eines Seniorenheims in der Rechtsform einer GbR betraf und für das Verhältnis von Einkommen- und Erbschaftsteuer eine tatbestandliche Alternativität mit der Begründung verneinte, dass dem Gewerbebetrieb und damit dem steuerbaren Bereich des § 15 EStG alle betrieblich veranlassten Zuwendungen zuzuordnen und hierzu bei Vorliegen eines wirtschaftlichen Bezugs zum Betrieb auch unentgeltliche und der Schenkungsteuer unterliegende Zuwendungen zu rechnen seien (gl.A. [X.]-Urteil vom 6. September 1990 IV R 125/89, [X.]E 161, 552, [X.] 1990, 1028).

b) [X.]ieran ist auch mit Rücksicht auf die Folgerechtsprechung des [X.] jedenfalls für den im anhängigen Verfahren zu beurteilenden Sachverhalt festzuhalten.

aa) Dies gilt zunächst für die (jüngere) Rechtsprechung des II. [X.]s des [X.], nach der es sich bei (nicht betrieblich veranlassten) Zuwendungen im Verhältnis von Kapitalgesellschaften und ihren [X.]ern (und umgekehrt) um gesellschaftsrechtliche Vorgänge handele, die als Gewinnausschüttungen, Kapitalrückzahlungen oder Einlagen anzusehen seien und damit keine unentgeltlichen (freigebigen) Zuwendungen begründen könnten ([X.]-Urteil vom 20. Januar 2016 II R 40/14, [X.]E 252, 453; [X.]-Beschluss vom 2. September 2015 II B 146/14, [X.]/NV 2015, 1586). Auch dies bedarf vorliegend keiner Erörterung. Zum einen ist im anhängigen Verfahren nicht die Erbschaftsteuerfestsetzung, sondern die [X.]öhe des körperschaftsteuerrechtlichen Gewinns der Klägerin im Streit; zum anderen ist nicht über Vermögensübertragungen, die ihre Veranlassung im [X.]sverhältnis zur Klägerin haben, sondern über (ausschließlich) betrieblich veranlasste Zuwendungen Dritter zu entscheiden, die mit der Klägerin nicht gesellschaftsrechtlich verbunden sind.

bb) Nichts anderes ergibt sich aus den Erwägungen des [X.]. [X.]s des [X.], nach denen dann, wenn der nämliche Sachverhalt sowohl der Einkommen- als auch der Schenkung- oder Erbschaftsteuer unterfalle, die Einkommensteuer zurücktreten müsse, weil die Schenkung/der Erbanfall nicht Gegenstand einer auf die Einkunftserzielung am Markt gerichteten Erwerbshandlung sei und damit nicht zu den Einkünften [X.] von § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 bis 7 EStG gehöre ([X.]-Beschluss vom 12. September 2011 [X.] B 70/09, [X.]/NV 2012, 229; [X.]-Urteil vom 20. Oktober 2015 [X.] R 40/13, [X.]E 252, 260, [X.] 2016, 342; ähnlich [X.], [X.] 2015, 392, 395: Erbeinsetzung ist privater Vorgang). Abgesehen davon, dass auch diese Entscheidungen sich nicht mit den Gründen des [X.]-Urteils in [X.]E 212, 535, [X.] 2006, 650 auseinandersetzen und die Klägerin des anhängigen Verfahrens nach den tatrichterlichen Feststellungen wegen ihres Pflegeheimbetriebs, d.h. wegen ihrer "Tätigkeit am Markt" zur Erbin des [X.] eingesetzt wurde, ist --wie erläutert-- die Erfolgswirksamkeit einer Vermögensmehrung bei einer unbeschränkt körperschaftsteuerpflichtigen Kapitalgesellschaft aufgrund der Gewerblichkeitsfiktion des § 8 Abs. 2 [X.] nicht daran gebunden, dass die Vermögensmehrung den Einkunftstatbeständen des Einkommensteuergesetzes zugeordnet werden kann.

cc) Ähnliches gilt für den [X.]-Beschluss vom 6. Dezember 2013 VI B 89/13 ([X.]/NV 2014, 511), nach dem die Zuwendung eines [X.] an einen Arbeitnehmer im Sinne einer tatbestandlichen Alternativität entweder als freigebige, d.h. unentgeltliche Zuwendung (§ 7 Abs. 1 Nr. 1 [X.]) oder als Gegenleistung für die Arbeitsleistung, d.h. als Arbeitslohn (§ 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG), zu erfassen und deshalb eine doppelte Besteuerung des nämlichen Vorgangs ausgeschlossen sei. Auch diese Rechtsprechung gründet auf einer tatbestandlichen Begrenzung des Umfangs steuerbarer (Lohn-)Einkünfte (vgl. [X.]-Urteil in [X.]E 212, 535, [X.] 2006, 650) und damit auf einer Beschränkung, die der durch die umfassende Annahme eines Gewerbebetriebs gekennzeichnete Besteuerungszugriff gemäß § 8 Abs. 2 [X.] nicht kennt.

5. Das durch den Erbanfall bei der Klägerin bedingte Zusammentreffen von Körperschaftsteuer und Erbschaftsteuer verstößt schließlich nicht gegen Verfassungsrecht.

a) Auszugehen ist hierbei davon, dass die [X.] über kein einheitliches Steuersystem verfügt, das Grundgesetz selbst vielmehr eine Vielzahl von Steuern kennt (vgl. Art. 105 ff. [X.]) und es deshalb auch keinen Verfassungsgrundsatz des Inhalts gibt, dass alle Steuern aufeinander abgestimmt und Lücken sowie eine mehrfache Besteuerung des nämlichen Sachverhalts vermieden werden müssten (BVerfG-Beschluss vom 8. Januar 1999  1 BvL 14/98, [X.] 1999, 152). Demgemäß ist es beispielsweise nicht zu beanstanden, dass der nämliche Gewinn sowohl der Einkommen- oder Körperschaftsteuer sowie zusätzlich der Gewerbesteuer unterworfen wird. Nichts anderes gilt --wie auch die Milderungsregelung des § 35b EStG verdeutlicht (vgl. [X.]/[X.], EStG, 35. Aufl., § 35b Rz 1; [X.]/[X.], § 35b EStG Rz 1; [X.] in Kirchhof, EStG, 15. Aufl., § 35b Rz 1)-- für eine Kumulation von [X.] und Erbschaftsteuer ([X.]-Urteile vom 17. Februar 2010 II R 23/09, [X.]E 229, 363, [X.] 2010, 641; vom 18. Januar 2011 [X.], [X.]E 232, 441, [X.] 2011, 680; [X.] Nürnberg, Urteil in E[X.] 2011, 361; [X.] des Saarlandes, Urteil in E[X.] 2012, 922).

b) Das Zusammentreffen von Erbschaft- und Körperschaftsteuer verstößt ferner nicht deshalb gegen Art. 3 Abs. 1 [X.], weil bei einem Erbanfall, der bei einer natürlichen Person neben der Erbschaftsteuer auch der Einkommensteuer unterliegt (dazu [X.]-Urteil in [X.]E 212, 535, [X.] 2006, 650), letztere Steuerbelastung durch die Tarifvorschrift des § 35b EStG gemildert wird, während eine solche Entlastung im Rahmen der Körperschaftsteuerfestsetzung nicht gewährt wird (dazu [X.]surteil vom 14. September 1994 I R 78/94, [X.]E 176, 122, [X.] 1995, 207; [X.]/[X.], a.a.[X.], § 35b Rz 3, m.w.N.; [X.]/[X.], § 35b EStG Rz 7). Zu berücksichtigen ist insoweit, dass Art. 3 Abs. 1 [X.] kein allgemeines Verfassungsgebot einer rechtsformneutralen Besteuerung enthält und deshalb in der Abschirmung der Vermögenssphäre der Kapitalgesellschaft und ihrer hieran anknüpfenden eigenständigen Steuerpflicht ein hinreichender sachlicher Grund für die unterschiedliche steuerrechtliche Behandlung gegenüber dem Sachverhalt zu sehen ist, dass die nämliche gewerbliche Tätigkeit durch eine natürliche Person eigenständig oder aufgrund ihrer Beteiligung an einer dem sog. Transparenzprinzip unterliegenden Personengesellschaft ausgeübt wird (z.B. BVerfG-Beschluss vom 24. März 2010  1 BvR 2130/09, [X.]öchstrichterliche Finanzrechtsprechung --[X.]FR-- 2010, 756; [X.]surteil vom 5. September 2001 I R 27/01, [X.]E 196, 293, [X.] 2002, 155; [X.]-Urteil vom 13. Juli 2016 [X.] R 56/13, [X.]E 254, 398, [X.] 2016, 936). Demgemäß obliegt es auch dem Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers, ob er die progressive Einkommensteuerbelastung gemäß § 32a EStG mit Rücksicht auf die Erbschaftsteuerbelastung der Einkünfte abfedert (§ 35b EStG) und ob sowie in welcher Form er diese Entlastung auf den linearen [X.] gemäß § 23 Abs. 1 [X.] (im Streitjahr: 15 %) erstreckt.

c) Schließlich verstößt die aus dem Erbanfall resultierende Steuerbelastung auch nicht gegen die Eigentumsgarantie des Art. 14 [X.]. Abgesehen davon, dass aus der Vorschrift nach zwischenzeitlich ständiger Rechtsprechung keine allgemein verbindliche, absolute Belastungsobergrenze im Sinne eines "[X.]albteilungsgrundsatzes" abzuleiten ist und auch eine Gesamtbelastung von (rund) 60 % des erworbenen Vermögens nicht gegen das Übermaßverbot verstößt ([X.] vom 18. Januar 2006  2 BvR 2194/99, [X.] 115, 97; vom 7. April 2015  1 BvR 1432/10, [X.]FR 2015, 695; [X.]-Urteil in [X.]E 232, 441, [X.] 2011, 680), kommt im Streitfall hinzu, dass die Klägerin von der Gewerbesteuer befreit (§ 3 Nr. 20 des [X.]) und der Erbanfall deshalb insgesamt mit Steuern (Erbschaft- und Körperschaftsteuer) in [X.]öhe von (lediglich) 45 % belastet war.

6. Die Sache ist hiernach spruchreif. Das Urteil des [X.] ist zu bestätigen, die Revision der Klägerin bleibt ohne Erfolg.

7. [X.] beruht auf § 135 Abs. 2 [X.]O.

Meta

I R 50/16

06.12.2016

Bundesfinanzhof 1. Senat

Urteil

vorgehend Niedersächsisches Finanzgericht, 28. Juni 2016, Az: 10 K 285/15, Urteil

§ 8 Abs 2 KStG 2002, § 7 Abs 8 ErbStG 1997 vom 07.12.2011, Art 3 Abs 1 GG, Art 14 GG, KStG VZ 2012

Zitier­vorschlag: Bundesfinanzhof, Urteil vom 06.12.2016, Az. I R 50/16 (REWIS RS 2016, 1323)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2016, 1323

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

II R 6/12 (Bundesfinanzhof)

Eintritt des Besserungsfalls nach Verkauf eines "Besserungsscheins" zum Verkehrswert ohne schenkungsteuerrechtliche Bedeutung; Verhältnis von vGA …


II B 40/14 (Bundesfinanzhof)

Schenkungsteuer bei Zuwendungen ausländischer Stiftungen


II R 6/16 (Bundesfinanzhof)

Zuwendungen einer Schweizer Stiftung (Schenkungsteuer)


II R 32/16 (Bundesfinanzhof)

(Schenkungsteuer bei Zahlung eines überhöhten Entgelts durch eine GmbH an eine dem Gesellschafter nahestehende Person …


II R 40/14 (Bundesfinanzhof)

Verhältnis der verdeckten Einlage eines Gesellschaftsanteils zur Schenkungsteuer


Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

Keine Referenz gefunden.

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.