Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 11.09.2000, Az. II ZR 370/99

II. Zivilsenat | REWIS RS 2000, 1222

© REWIS UG (haftungsbeschränkt)

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Entscheidungstext


Formatierung

Dieses Urteil liegt noch nicht ordentlich formatiert vor. Bitte nutzen Sie das PDF für eine ordentliche Formatierung.

PDF anzeigen

[X.] DES VOLKESVERSÄUMNISURTEIL[X.]Verkündet am:11. September 2000BoppelJustizinspektorals Urkundsbeamterder Geschäftsstellein dem [X.]: ja[X.]Z:[X.]: jaGmbHG § 64 Abs. 2; ZPO § 851a)Zur Anwendbarkeit des § 64 Abs. 2 GmbHG bei dem vom Geschäftsführer [X.] veranlaßten Einzug eines Kundenschecks auf ein [X.] Bankkonto der Gesellschaft (Fortführung von [X.], 184).b)Der Ersatzanspruch einer GmbH gegenüber ihrem Geschäftsführer aus § 64Abs. 2 GmbHG ist im Fall ihrer masselosen Insolvenz der Pfändung durch [X.] zugänglich.[X.], Urteil v. 11. September 2000 - [X.] - [X.] -Der I[X.] Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche [X.] durch [X.] h.c. Röhricht [X.], Prof. Dr. [X.], [X.] und [X.] Recht erkannt:Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des [X.] vom 1. Dezember 1999 aufgeho-ben.Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil der [X.] vom 25. März 1999 wird zurückgewiesen.Der Beklagte trägt die Kosten des Berufungs- und des [X.].Von Rechts [X.]:Der Beklagte war Geschäftsführer der im November 1994 in [X.] Schwierigkeiten geratenen [X.]GmbH. Er reichte am 16. und23. Januar 1995 zwei Kundenschecks im Gesamtbetrag von 66.000,-- [X.] auf das - mit einem höheren Debet belastete - Geschäftskonto der- 4 -GmbH bei der [X.]ein. Am 26. Januar 1995stellte er namens der GmbH Konkursantrag, der durch Beschluß des [X.]vom 3. April 1995 mangels Masse zurückgewiesen wurde.Durch Beschluß dieses Gerichts vom 18. April 1997 wurde gemäß § 2Abs. 3 [X.] ein Liquidator für die am 10. August 1995 im [X.] bestellt.Die Klägerin hat aufgrund eines (rechtskräftigen) Vollstreckungsbe-scheides gegen die [X.]GmbH vom 2. März 1998 wegen einer Forderung von96.133,48 DM einen Pfändungs- und Überweisungsbeschluß vom 17. [X.] erwirkt, durch den eine angebliche Schadensersatzforderung der GmbHgegen den Beklagten aus § 64 Abs. 2 GmbHG wegen des [X.] [X.] und der Klägerin zur Einziehung überwiesen wurde. Diesen Anspruchmacht die Klägerin im vorliegenden Rechtsstreit in Höhe eines Teilbetragesvon 11.999,-- DM geltend. Sie ist der Ansicht, der Beklagte habe mit [X.] auf das debitorische Konto eine ihm gemäß § 64Abs. 2 GmbHG verbotene "Zahlung" an die Bank geleistet.Das [X.] hat der Klage stattgegeben; das [X.] auf die Berufung des Beklagten abgewiesen. Dagegen richtet sich die- zugelassene - Revision der Klägerin.Entscheidungsgründe:[X.] Da der Beklagte im Verhandlungstermin trotz dessen rechtzeitiger Be-kanntgabe nicht vertreten war, ist über die Revision der Klägerin durch Ver-- 5 -säumnisurteil zu entscheiden (§§ 557, 331 ZPO). Das Urteil beruht jedoch in-haltlich nicht auf der Säumnis, sondern auf einer Sachprüfung (vgl. [X.]Z 37,79, 82).I[X.] Die Revision ist begründet und führt zur Wiederherstellung des land-gerichtlichen Urteils. Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts schuldet [X.] der Klägerin in Höhe des eingeklagten Teilbetrages Ersatz der aufdas debitorische Konto der GmbH eingezogenen [X.] gemäß § 64Abs. 2 GmbHG i.V.m. §§ 829, 835 Abs. 1, 836 Abs. 1 ZPO.1. Das Berufungsgericht hat - insoweit unangefochten - festgestellt, daßdie [X.]GmbH seit November 1994 keine Löhne und Gehälter mehr habezahlen können und bei Einreichung der beiden Kundenschecks durch den [X.] am 16. und 23. Januar 1995 überschuldet sowie zahlungsunfähig ge-wesen sei. Das erschließt sich auch schon aus dem wenige Tage später - [X.] Januar 1995 - gestellten Konkursantrag und dessen Zurückweisung man-gels Masse.Sonach befand sich die [X.]GmbH zur Zeit der beiden Scheckeinrei-chungen in einer wirtschaftlichen Situation, in der der Beklagte als ihr Ge-schäftsführer bei Meidung seiner Ersatzpflicht gemäß § 64 Abs. 2 GmbHG [X.] ihr verwertbares Vermögen mindernden "Zahlungen" mehr leisten durfte(vgl. [X.].Urt. v. 29. November 1999 - [X.], [X.], 184 =[X.], 184). Von der Erkennbarkeit der Konkursreife der GmbH für den [X.] ist mangels gegenteiligen Nachweises auszugehen (vgl. [X.]at aaO).2. Zu Recht rügt die Revision, das Berufungsgericht habe [X.] angenommen, die [X.] auf das debitorische Konto einer- 6 -konkursreifen GmbH sei keine ihr Vermögen schmälernde "Zahlung" im [X.] § 64 Abs. 2 GmbHG, sondern eine Maßnahme der Zufuhr finanzieller [X.]. Das Berufungsgericht stützt sich dabei auf Erwägungen, die es schon inseinem in einem anderen Rechtsstreit ergangenen Urteil vom 19. August [X.], [X.]. in [X.] 1998, 339) niedergelegt hat. Jenes [X.] der erkennende [X.]at im Revisionsverfahren [X.] durch Urteil vom29. November 1999 (aaO), das dem Berufungsgericht bei Abfassung seines invorliegender Sache ergangenen Urteils vom 1. Dezember 1999 noch nicht [X.] war, aufgehoben und entschieden, daß das mit der Ersatzpflicht des Ge-schäftsführers bewehrte Zahlungsverbot des § 64 Abs. 2 GmbH grundsätzlichauch den Scheckeinzug auf ein debitorisches Gesellschaftskonto erfaßt. [X.] Entscheidung, die im Schrifttum bisher überwiegend Zustimmung [X.] hat (vgl. [X.], GmbHR 2000, 184; [X.], EWiR 2000, 295; einschr. [X.] in Anm. LM Nr. 18 zu § 64 GmbHG), ist festzuhalten. Aus ihren Grün-den, auf die Bezug genommen wird, ergibt sich, daß die Erwägungen des Be-rufungsgerichts das angefochtene Urteil nicht zu tragen vermögen.Ob im Ergebnis anderes dann gelten würde, wenn der durch den [X.] erweiterte Kreditspielraum zu gemäß § 64 Abs. 2 Satz 2 GmbHG pri-vilegierten Zahlungen (so das Berufungsgericht) oder zur Schaffung eines indas Gesellschaftsvermögen gelangten und dort voll erhalten gebliebenen Ge-genwerts genutzt worden wäre (vgl. [X.] aaO), bedarf hier keiner Ent-scheidung, weil derartige Sachverhalte nicht festgestellt sind und dafür - in [X.] des wenige Tage nach dem Scheckeinzug beantragten, masselosenKonkurses - auch keine [X.]altspunkte vorliegen.- 7 -II[X.] Die angefochtene Entscheidung stellt sich auch nicht aus [X.] im Ergebnis als richtig dar. Vielmehr steht der Klägerin der geltendgemachte Anspruch gemäß § 64 Abs. 2 Satz 1 GmbHG aus übergegangenemRecht der Gemeinschuldnerin (§ 836 Abs. 1 ZPO) zu.1. Zwar bezweckt das Zahlungsverbot des § 64 Abs. 2 Satz 1 GmbHG,die verteilungsfähige Vermögensmasse einer konkursreifen GmbH im [X.] Gesamtheit ihrer Gläubiger als künftiger Insolvenzgläubiger zu erhalten(vgl. [X.].Urt. v. 29. November 1999 aaO), weshalb der [X.] GmbH aus § 64 Abs. 2 GmbHG grundsätzlich die Eröffnung eines [X.] voraussetzt und von dem Konkurs- bzw. [X.] geltend zu machen ist (vgl. [X.], GmbHR 1974,224, 230; [X.]/[X.], GmbHG 8. Aufl. § 64 Rdn. 38). Zutreffend [X.] im Schrifttum dem Fall der Konkurseröffnung derjenige ihrer Ablehnungmangels Masse gleichgestellt (vgl. die vorigen Nachweise), weil kein vernünfti-ger Grund besteht, den Geschäftsführer gerade in diesem besonders [X.] einer Vermögensverschlechterung der GmbH von der Haftung nach § 64Abs. 2 GmbHG freizustellen ([X.] aaO). Ist die Eröffnung des [X.] - wie im vorliegenden Fall - mangels Masse abgelehnt worden, so kannder insolvenzrechtliche Gesichtspunkt der verhältnismäßigen Befriedigung allerInsolvenzgläubiger keine ausschlaggebende Rolle mehr spielen (vgl. [X.]at,[X.]Z 53, 71, 74), und ist daher dem einzelnen Gläubiger der Zugriff auf dengemäß § 64 Abs. 2 GmbHG der Gesellschaft zugeordneten Anspruch im [X.] eröffnet (vgl. auch [X.] aaO). Insoweit gilt [X.] wie für die Pfändung einer rückständigen Einlageforderung der [X.] (§ 19 Abs. 1 GmbHG) im Falle ihrer masselosen Insolvenz (vgl. dazu- 8 -[X.]Z 53, 71, 74; [X.].Urt. v. 15. Juni 1992 - [X.], [X.], 992 sowieK. [X.], [X.] 157 [1993], 291, 317 f.).2. Die Auflösung der [X.] des [X.] (vgl. § 1 [X.], seit 1. Januar 1999 § 60Abs. 1 Nr. 5 GmbHG) steht einer Einzelzwangsvollstreckung in dem sich an-schließenden Liquidationsstadium ebensowenig entgegen (vgl. [X.].Urt. [X.] Juni 1992 aaO zu 1 b) wie die Löschung der GmbH wegen Vermögenslo-sigkeit nach dem im vorliegenden Fall einschlägigen § 2 [X.] ([X.] Januar 1999 § 141 a [X.]). Die Löschung hat für sich allein keine rechtsge-staltende, zur Vollbeendigung der GmbH führende Wirkung. Stellt sich nach-träglich heraus, daß die GmbH noch Vermögen hat, zu dem auch ein Anspruchaus § 64 Abs. 2 GmbHG gehört, wird nunmehr ihre Abwicklung bzw. Liquidati-on durchgeführt ([X.]Z 48, 303, 307). Dementsprechend wurde im vorliegen-den Fall durch [X.] vom 18. April 1997 gemäß § 2 Abs. 3 [X.]ein Liquidator bestellt. Dadurch ist nach der vorhandenen Gesetzeslage nichtdie Situation eines Insolvenzverfahrens entstanden, die eine Einzelzwangsvoll-streckung durch einen Gesellschaftsgläubiger ausschlösse (vgl. auch [X.].[X.]. 15. Juni 1992 aaO, [X.], 992, 993 f.; kritisch zur [X.]/K. [X.], GmbHG 8. Aufl. [X.]. § 60 Rdn. 7 f.; K. [X.], [X.] 1993,291, 319 ff. sowie [X.] 3. Aufl. § 11 VI 5 a). Da der Liquidator zwar befugt,infolge der Mittellosigkeit der GmbH aber gehindert ist, deren Anspruch gegen-über dem Beklagten aus § 64 Abs. 2 GmbHG durchzusetzen und den Erlös andie Klägerin und etwaige weitere Gläubiger zu verteilen, würde die [X.] in solchem Fall praktisch auf eine Befreiungdes Geschäftsführers von seiner Erstattungspflicht zu Lasten des [X.] 9 -gers hinauslaufen. Das wäre ein nicht hinnehmbares Ergebnis (vgl. auch[X.].Urt. v. 15. Juni 1992 aaO).- 10 -IV. Da der Rechtsstreit zur Endentscheidung reif ist, hatte der [X.]atgemäß § 565 Abs. 3 Nr. 1 ZPO in der Sache selbst zu entscheiden und auf [X.] des [X.] die Berufung des Beklagten gegen das erstinstanzlicheUrteil zurückzuweisen.Röhricht Hesselberger [X.] Kurzwelly Kraemer

Meta

II ZR 370/99

11.09.2000

Bundesgerichtshof II. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 11.09.2000, Az. II ZR 370/99 (REWIS RS 2000, 1222)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2000, 1222

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

II ZR 310/05 (Bundesgerichtshof)


II ZR 88/99 (Bundesgerichtshof)


8 U 65/01 (Oberlandesgericht Hamm)


II ZR 150/02 (Bundesgerichtshof)


II ZR 366/13 (Bundesgerichtshof)

Persönliche Haftung des Geschäftsführers einer insolvenzreifen GmbH: Einziehung von im Rahmen einer Globalzession an eine …


Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

Keine Referenz gefunden.

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.