Bundesgerichtshof, Beschluss vom 31.05.2023, Az. 6 StR 57/23

6. Strafsenat | REWIS RS 2023, 3293

© REWIS UG (haftungsbeschränkt)

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Gegenstand

Strafverfahren: Einziehung von weitergereichtem Wertersatz beim Erben


Tenor

1. Auf die Revision der [X.] wird das Urteil des [X.] vom 10. November 2022 dahin geändert, dass die Einziehung des Wertes von Taterträgen in Höhe von 112.850 Euro angeordnet ist und im Übrigen die Einziehungsentscheidung entfällt.

2. Die weitergehende Revision und die sofortige Beschwerde gegen die Kostenentscheidung werden verworfen.

3. Die Beschwerdeführerin trägt die Kosten ihrer Rechtsmittel.

Gründe

1

Das [X.] hat gegen die [X.] die Einziehung des Wertes von Taterträgen in Höhe von 118.950 Euro angeordnet. Ihre auf die Rüge der Verletzung sachlichen Rechts gestützte Revision erzielt den aus der [X.] ersichtlichen Erfolg (§ 349 Abs. 4 StPO). Im Übrigen ist sie unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO.

2

1. Nach den Feststellungen ist die [X.] Alleinerbin des am 8. November 2019 vor Eröffnung des Hauptverfahrens verstorbenen früheren Angeschuldigten. Dieser vertrieb von Mitte 2015 bis Oktober 2018 Methamphetamin und erzielte hierdurch einen Erlös von insgesamt 118.950 Euro. Die Einnahmen vermischte er entweder mit seinem sonstigen Barvermögen, oder sie wurden seinem Girokonto gutgeschrieben. Im Rahmen des gegen ihn geführten Ermittlungsverfahrens erwirkte die Staatsanwaltschaft einen Vermögensarrest in Höhe dieser Einnahmen, wobei der frühere Angeschuldigte einen Teilbetrag zur Abwendung der Pfändung hinterlegte. Bei Durchsuchungsmaßnahmen wurden in seiner Wohnung zudem 6.100 Euro Bargeld sichergestellt, deren „form- und entschädigungsloser Einziehung“ er zustimmte.

3

2. Die Einziehungsentscheidung hält rechtlicher Nachprüfung nicht gänzlich stand.

4

a) Entgegen der Auffassung der Revision kann allerdings bei der [X.]n als Erbin der weitergereichte Wertersatz nach § 73b Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 Buchst. a, Abs. 2 Alt. 1 StGB eingezogen werden, weil gegen den früheren Angeschuldigten infolge Vermischung des von ihm [X.] mit legalen Vermögensbestandteilen die Einziehung des Wertersatzes (§ 73c StGB) begründet war und danach der [X.] stattgefunden hat. Denn die Vorschrift dient dem Zweck, die durch Erbgang erfolgte Weiterreichung des Wertes des ursprünglich [X.] der Vermögensabschöpfung bei dem Drittbegünstigten zu unterwerfen (vgl. BT-Drucks. 18/9525, [X.]). Dass der übergegangene Gegenstand selbst aus der Straftat herrührt, ist nicht erforderlich (vgl. [X.]/[X.] in [X.]/[X.], StGB, 2. Aufl., § 73b Rn. 9; SSW/[X.], StGB, 5. Aufl., § 73b Rn. 11; [X.]/[X.], NStZ 2017, 665, 667; [X.], [X.], 1, 6).

5

b) Die Einziehung des Wertersatzes bei der [X.]n setzt – anders als in den [X.] nach § 73b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchst. [X.] (vgl. hierzu [X.], Urteile vom 1. Juli 2021 – 3 StR 518/19, [X.]St 66, 147 Rn. 166, vom 3. März 2022 – 4 [X.] Rn. 8) – nicht voraus, dass die Übertragung des Vermögensgegenstands mit dem Ziel erfolgt war, ihn dem Gläubigerzugriff zu entziehen oder die Tat zu verschleiern. Einer entsprechenden Einschränkung der Wertersatzeinziehung gegenüber dem Erben bedarf es nicht. Dieser haftet ohnehin umfassend für Nachlassverbindlichkeiten; die Erbschaft ist von vornherein mit dem bestehenden staatlichen Einziehungsanspruch belastet (vgl. [X.], StGB, 13. Aufl., § 73b Rn. 36, [X.]/[X.], NStZ 2017, 665, 667). Zudem scheidet bei Übertragungen im Erbgang eine Entziehungs- oder Verschleierungsmotivation des Handelnden bereits im Ausgangspunkt regelmäßig aus (vgl. [X.], aaO Rn. 26; [X.], [X.], 444, 445). Anders als in den [X.] im Sinne von § 73b Abs. 1 Nr. 2 StGB diente die Gesetzesänderung ferner nicht lediglich der Klarstellung (dazu BT-Drucks. 18/9525, [X.]; [X.], Urteil vom 1. Juli 2021 – 3 StR 518/19, aaO Rn. 170, 177; [X.], [X.], 440, 443); vielmehr sollte in den Fällen des Vermögenszuflusses durch Erbschaft, in Form des Pflichtteils oder durch Vermächtnis die Abschöpfung erst ermöglicht werden (BT-Drucks. 18/9525, [X.]).

6

c) In entsprechender Anwendung von § 354 Abs. 1 StPO war der Einziehungsbetrag jedoch um 6.100 Euro zu reduzieren. Durch seine Erklärung, dass er mit der „form- und entschädigungslosen Einziehung“ des bei ihm sichergestellten Bargelds einverstanden sei, hatte der frühere Angeschuldigte seinen Anspruch auf Rückzahlung auf den Fiskus übertragen (vgl. [X.], Beschluss vom 11. Dezember 2018 – 5 [X.], [X.]St 63, 305, 307). Infolgedessen ist der staatliche Einziehungsanspruch in dieser Höhe erloschen, so dass dem früheren Angeschuldigten gegenüber insoweit eine Einziehung des Wertes von Taterträgen nach § 73c Satz 1 StGB ausgeschlossen war (vgl. [X.], Beschlüsse vom 30. Mai 2023 – 6 [X.]; vom 11. Dezember 2018 – 5 [X.], aaO, S. 311).

7

3. Die gegen die erstinstanzliche Kostenentscheidung erhobene sofortige Beschwerde (§ 464 Abs. 3 Satz 1 StPO) ist aus den Gründen der Antragsschrift des [X.] unzulässig.

Sander     

  

Feilcke     

  

Fritsche

  

von Schmettau     

  

Arnoldi     

  

Meta

6 StR 57/23

31.05.2023

Bundesgerichtshof 6. Strafsenat

Beschluss

Sachgebiet: StR

vorgehend LG Bayreuth, 10. November 2022, Az: 1 KLs 118 Js 11010/20

§ 73b Abs 1 S 1 Nr 3 Buchst a StGB, § 73b Abs 2 Alt 1 StGB, § 73c StGB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 31.05.2023, Az. 6 StR 57/23 (REWIS RS 2023, 3293)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2023, 3293

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

3 StR 518/19 (Bundesgerichtshof)

Einziehung von Taterträgen aus internationalen Waffengeschäften: Ausdrucke einer E-Mail als präsentes Beweismittel; Verjährung der Erwerbstaten …


3 StR 72/23 (Bundesgerichtshof)

Einziehung eines Bausparguthabens und eines Miteigentumsanteils an einem Grundstück bei Einziehungsbeteiligtem


5 StR 284/23 (Bundesgerichtshof)


1 Ws 19/18 (Oberlandesgericht Celle)


3 StR 364/19 (Bundesgerichtshof)

Einziehung von Wertersatz beim Tatbeteiligten anstelle des erlangten Gegenstands beim Drittbegünstigten


Referenzen
Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.