Bundesfinanzhof, Urteil vom 14.09.2017, Az. IV R 34/15

4. Senat | REWIS RS 2017, 5348

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Gegenstand

(Nachhaltigkeit bei gewerblichem Forderungskäufer - Ermittlung des wirklichen Klagebegehrens durch das Gericht - Anwendung des § 68 FGO auf wiederholende Verfügungen)


Leitsatz

NV: Ein Forderungskäufer ist jedenfalls dann nicht gewerblich tätig, wenn er mehrere Forderungen nebst Sicherheiten in einem einzigen Vertrag erwirbt und keine Wiederholungsabsicht festgestellt werden kann. Denn in diesem Fall fehlt es schon an der Nachhaltigkeit seiner Tätigkeit .

Tenor

1. Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des [X.] vom 9. Juni 2015  6 K 6138/12 aufgehoben, soweit es die Jahre 2007 bis 2009 betrifft. Insoweit wird die Sache an das [X.] zurückverwiesen.

2. Das Urteil des [X.] vom 9. Juni 2015  6 K 6138/12 ist, soweit es das [X.] betrifft, nach Erledigung der Hauptsache gegenstandslos.

3. Die Entscheidung über die Kosten des gesamten Revisionsverfahrens und hinsichtlich des Jahres 2006 auch des Klageverfahrens wird dem [X.] übertragen.

Tatbestand

1

A. [X.]ie Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) ist eine im Juli 2006 gegründete [X.], deren Unternehmensgegenstand nach ihrem Gesellschaftsvertrag die "Verwaltung eigenen Vermögens, insbesondere der [X.]rwerb, die Verwaltung und die Verwertung von Forderungen" ist.

2

An der Klägerin waren in den Streitjahren 2006 bis 2009 [X.] und [X.] als Kommanditisten zu jeweils 50 % und als nicht am Vermögen beteiligte Komplementärin die [X.] beteiligt. Alleiniger zur Geschäftsführung berufener Gesellschafter der Klägerin war nach § 3 Abs. 3, § 5 Abs. 1 des Gesellschaftsvertrags [X.].

3

Mit als Forderungskauf- und Abtretungsvertrag bezeichnetem Vertrag vom 28. Juli 2006 erwarb die Klägerin von der H-Bank sechs [X.]arlehens- und Kreditforderungen gegen die seit 2005 in Insolvenz befindliche I-GmbH, die zum 31. Mai 2006 in Höhe von insgesamt 12.299.319 € valutierten, zu einem Kaufpreis von 4 Mio. €. [X.]ie Forderungen waren u.a. durch Grundschulden in Höhe von insgesamt rd. 15,5 Mio. € auf mehreren Grundstücken gesichert, die nach dem Vertrag ebenfalls an die Klägerin abgetreten wurden. Außerdem sollten nach § 2 Abs. 2 des Vertrags die selbstschuldnerischen Bürgschaften der Gesellschafter der I-GmbH auf die Klägerin übergehen. Schließlich trat die H-Bank in dem Vertrag auch die Rechte und Ansprüche aus mehreren Mietverträgen an die Klägerin ab.

4

Vom Insolvenzverwalter der I-GmbH erhielt die Klägerin Zahlungen auf die abgetretenen Forderungen in Höhe von insgesamt 9.664.724,97 €, und zwar 566.776,82 [X.], 8.995.148,15 [X.], 100.000 € im Jahr 2009 und 2.800 € im Jahr 2010. [X.]ie Zahlungen erfolgten, nachdem der Insolvenzverwalter die Grundstücke verwertet und den [X.]rlös erhalten hatte.

5

[X.]ie Klägerin erklärte für 2006 zunächst [X.]inkünfte aus Vermietung und Verpachtung in Höhe von ./. 23.375,58 €. [X.]as seinerzeit noch zuständige Finanzamt folgte der [X.]rklärung und erließ am 2. Oktober 2008 einen entsprechenden Bescheid über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen (Gewinnfeststellungsbescheid). [X.]ie Klägerin reichte im Juni 2009 eine berichtigte Feststellungserklärung für 2006 ein und erklärte nunmehr [X.]inkünfte aus Kapitalvermögen in Höhe von 633,68 €.

6

Nachdem die Klägerin für die weiteren Streitjahre 2007 und 2008 keine Feststellungserklärungen abgegeben hatte, schätzte der zwischenzeitlich zuständig gewordene Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --[X.]--) die Besteuerungsgrundlagen mit [X.]n vom 14. Mai 2009 für 2007 und vom 16. Juli 2010 für 2008 und stellte jeweils [X.]inkünfte aus Vermietung und Verpachtung in Höhe von 0 € fest. [X.]iese Bescheide ergingen unter dem Vorbehalt der Nachprüfung. Hiergegen legte die Klägerin jeweils fristgerecht [X.]inspruch ein und reichte im Verlauf der [X.]inspruchsverfahren Feststellungserklärungen ein, in denen sie nunmehr [X.]inkünfte aus Kapitalvermögen in Höhe von 0 € für 2007 und von 16.579,61 € für 2008 erklärte. Für 2009 erklärte sie [X.]inkünfte aus Kapitalvermögen in Höhe von 37,74 €. Zudem machte sie im Januar 2011 geltend, dass aufgrund eines [X.] vom 7. Juni 2006 zwischen [X.], dem [X.]hemann der [X.], als Treugeber und [X.] als Treuhänderin die Feststellungen nicht gegenüber [X.], sondern gegenüber [X.] zu treffen seien.

7

Unter dem 9. September 2011 erließ das [X.] geänderte [X.] für die Jahre 2006 bis 2008 sowie einen erstmaligen Gewinnfeststellungsbescheid für 2009 und stellte nunmehr [X.]inkünfte aus Gewerbebetrieb fest, und zwar laufende [X.]inkünfte der [X.] für 2006 in Höhe von ./. 35.065,68 €, für 2007 in Höhe von ./. 277.096,01 €, für 2008 in Höhe von 5.103.813,36 € und für 2009 in Höhe von 85.637,81 €. [X.]ie [X.]inkünfte wurden [X.] und [X.] zugerechnet; eine Zurechnung auf [X.] erfolgte nicht, da mangels Vorlage entsprechender Unterlagen nicht geprüft werden könne, ob ein steuerlich anzuerkennendes Treuhandverhältnis gegeben sei.

8

[X.]er gegen die [X.] vom 9. September 2011 für 2006 bis 2009 gerichtete [X.]inspruch der Klägerin hatte keinen [X.]rfolg ([X.]inspruchsentscheidung vom 13. März 2012).

9

Während des hiergegen gerichteten Klageverfahrens ergingen unter dem 24. Oktober 2012 für die [X.] und 2009 aus hier nicht streitigen Gründen jeweils geänderte Bescheide. Zudem legte die Klägerin im Klageverfahren in Kopie einen auf den 7. Juni 2006 datierten Treuhandvertrag vor, demzufolge [X.] den Anteil an der Klägerin treuhänderisch für [X.] halte.

[X.]as Finanzgericht (FG) wies die Klage mit Urteil vom 9. Juni 2015  6 K 6138/12 als unbegründet ab. [X.]s legte die Klage dahin aus, dass die Klägerin die Zurechnung der [X.]inkünfte nicht angreife, da sie ihren im Feststellungsverfahren erhobenen [X.]inwand, die für [X.] festgestellten [X.]inkünfte seien [X.] als Treugeber zuzurechnen, im Klageverfahren nicht mehr erhoben habe. [X.]ie Klage sei insgesamt unbegründet, da die Klägerin in den Streitjahren keine [X.]inkünfte aus Kapitalvermögen, sondern solche aus Gewerbebetrieb erzielt habe.

Mit ihrer Revision rügt die Klägerin die Verletzung von § 15 Abs. 2 des [X.]inkommensteuergesetzes in der in den Streitjahren geltenden Fassung ([X.]StG) und von § 96 Abs. 1 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO).

Nachdem sich das [X.] in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat zur ersatzlosen Aufhebung des [X.] vom 9. September 2011 verpflichtet hat und die Beteiligten daraufhin für das [X.] übereinstimmend den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt haben, beantragt die Klägerin nunmehr noch,
das angegriffene [X.] aufzuheben und den Feststellungsbescheid für 2007 vom 9. September 2011, insoweit unter Aufhebung der [X.]inspruchsentscheidung vom 13. März 2012, sowie die Feststellungsbescheide für 2008 und 2009, jeweils vom 24. Oktober 2012, dahin zu ändern, dass jeweils [X.]inkünfte aus Kapitalvermögen, und zwar für 2007 in Höhe von 0 €, für 2008 in Höhe von 16.579,61 € und für 2009 in Höhe von 37,74 € festgestellt und neben [X.] dem [X.] (statt [X.]) zugerechnet werden.

[X.]as [X.] beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

B. Die Revision der Klägerin ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angegriffenen Urteils für die noch anhängigen Jahre 2007 bis 2009 und insoweit zur Zurückverweisung der Sache an das [X.] zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 [X.]O).

I. Im Ergebnis zu Recht ist das [X.] davon ausgegangen, dass die Klägerin ihr im Klageverfahren zunächst noch --hilfsweise-- verfolgtes Klagebegehren einer anderweitigen Zurechnung der festzustellenden Einkünfte entsprechend dem Treuhandvertrag spätestens in der mündlichen Verhandlung vor dem [X.] nicht mehr aufrechterhalten hat, so dass der von der Klägerin behauptete Verstoß des [X.] gegen § 96 Abs. 1 Satz 2 [X.]O nicht vorliegt.

1. Nach § 96 Abs. 1 Satz 2 [X.]O darf das Gericht über das Klagebegehren nicht hinausgehen, ist aber an die Fassung der Anträge nicht gebunden. Beachtet das [X.] diese Vorschrift nicht, verstößt es gegen die Grundordnung des Verfahrens. Dabei ist --wie sich § 96 Abs. 1 [X.]O entnehmen lässt-- zwischen Klagebegehren und Klageantrag zu unterscheiden. Das Gericht hat das wirkliche Klagebegehren anhand des gesamten [X.] einschließlich des Klageantrags zu ermitteln. Es verstößt deshalb gegen § 96 Abs. 1 [X.]O, wenn es die wörtliche Fassung des Klageantrags als maßgeblich ansieht, obwohl diese dem erkennbaren Klageziel nicht entspricht. Im Übrigen kommt es auf den in der mündlichen Verhandlung gestellten Klageantrag an, und zwar auch dann, wenn er von einem zuvor schriftsätzlich formulierten Klageantrag abweicht (z.B. Urteil des [X.] --[X.]-- vom 4. September 2008 IV R 1/07, [X.], 220, [X.] 2009, 335, Rz 38).

2. Entgegen der Auffassung der Klägerin kann der von ihrem anwaltlichen Vertreter in der mündlichen Verhandlung vor dem [X.] gestellte und entsprechend protokollierte Antrag nicht dahin ausgelegt werden, dass sie auch zu diesem Zeitpunkt noch eine abweichende Zurechnung der Einkünfte entsprechend dem Treuhandvertrag begehrt hat. Die Feststellung, wer an den von mehreren Personen erzielten Einkünften als Mitunternehmer beteiligt ist, ist eine gegenüber der Feststellung der Art und der Feststellung der Höhe der Einkünfte selbständige Feststellung (vgl. [X.]-Urteil vom 16. März 2017 IV R 31/14, [X.], 292, Rz 18, m.w.N.). Anders als die Höhe der festzustellenden Einkünfte hängt ihre Zurechnung auch nicht von der Art der festzustellenden Einkünfte ab. Dementsprechend hatte die Klägerin in ihrem beim [X.] am 30. April 2012 eingegangenen Schriftsatz vom 26. April 2012 neben der Feststellung der Art der Einkünfte ausdrücklich auch --hilfsweise-- eine anderweitige Zurechnung der Einkünfte mit der Begründung begehrt, nicht [X.], sondern E sei als Mitunternehmer an der Klägerin beteiligt. Wenn ein entsprechender Klageantrag von der in der mündlichen Verhandlung anwaltlich vertretenen Klägerin dort nicht mehr wiederholt wird, ist davon auszugehen, dass er nicht mehr weiterverfolgt wird. Insoweit verbleibt es bei dem Grundsatz, dass es auf den in der mündlichen Verhandlung gestellten Klageantrag ankommt, auch wenn er von einem zuvor schriftsätzlich formulierten Klageantrag abweicht. Die Zurechnung der Einkünfte entsprechend dem Treuhandvertrag war danach nicht mehr Gegenstand des Klageverfahrens.

II. Soweit sich die Klägerin mit ihrer Revision gegen die [X.] wendet, ist das Urteil des [X.] bereits aus verfahrensrechtlichen Gründen aufzuheben, denn das [X.] hat insoweit über nicht mehr wirksame Bescheide entschieden (dazu II.1.). Insoweit ist die Sache an das [X.] zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückzuverweisen (dazu II.2.).

1. Gegenstand des finanzgerichtlichen Verfahrens waren für die Streitjahre 2008 und 2009 zunächst die [X.] vom 9. September 2011. Während des Klageverfahrens erließ das [X.] allerdings für beide Jahre am 24. Oktober 2012 geänderte Bescheide, die nach § 68 Satz 1 [X.]O Gegenstand des Klage- und Revisionsverfahrens geworden sind.

Die Bescheide vom 24. Oktober 2012 enthielten keine Änderungen der [X.] vom 9. September 2011, sondern erstmals Feststellungen nach § 35 Abs. 2 EStG.

Zwar handelt es sich bei dem Feststellungsverfahren nach § 35 Abs. 2 EStG und der [X.] nach § 180 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a der Abgabenordnung ([X.]) um jeweils eigenständige Feststellungsverfahren. Die gesonderte und einheitliche Feststellung nach § 35 Abs. 2 EStG und die gesonderte und einheitliche Feststellung nach § 179 Abs. 2 Satz 2, § 180 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a [X.] können jedoch in einem Sammelbescheid zusammengefasst werden (z.B. [X.]-Urteil vom 14. Januar 2016 IV R 5/14, [X.], 67, [X.], 875, Rz 26). Ergeht ein solcher Sammelbescheid und wird darin die gesonderte und einheitliche Feststellung nach § 179 Abs. 2 Satz 2, § 180 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a [X.] lediglich wiederholt, liegen insoweit wiederholende Verfügungen vor. § 68 [X.]O ist mit Rücksicht auf den Zweck der Vorschrift auch auf wiederholende Verfügungen anwendbar (z.B. [X.]-Urteile vom 26. Juni 2014 IV R 51/11, Rz 19; vom 20. März 2017 [X.], [X.], 28, Rz 16). Da das [X.] damit über die [X.] vom 9. September 2011 entschieden hat, die nicht mehr wirksam waren, kann das Urteil insoweit keinen Bestand haben und muss aufgehoben werden.

2. Die Sache ist insoweit an das [X.] zurückzuverweisen (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 [X.]O). Der [X.] kann mangels Spruchreife nicht in der Sache selbst entscheiden (zu der insoweit grundsätzlich bestehenden Befugnis gemäß § 121 und § 100 [X.]O u.a. [X.]-Urteile vom 23. Januar 2003 IV R 71/00, [X.], 269, [X.], 43, und vom 4. Dezember 2014 IV R 53/11, [X.], 57, [X.], 483, m.w.N.). Denn anhand der bisherigen Feststellungen des [X.] lassen sich Art und Höhe der von der Klägerin in den Streitjahren 2008 und 2009 erzielten Einkünfte nicht abschließend beurteilen (vgl. dazu unter III.).

III. Die Revision der Klägerin im Übrigen ist ebenfalls begründet. Sie führt auch insoweit zur Aufhebung des angegriffenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das [X.] zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 [X.]O). Zu Unrecht ist das [X.] davon ausgegangen, dass die Klägerin in den Streitjahren Einkünfte aus Gewerbebetrieb erzielt hat. Anhand der bisher getroffenen Feststellungen können aber Art und Höhe der von der Klägerin erzielten Einkünfte nicht abschließend beurteilt werden.

1. Das [X.] hat die Klage zutreffend als zulässig erachtet, insbesondere rechtsfehlerfrei eine Beschwer der Klägerin i.S. des § 40 Abs. 2 [X.]O bejaht. Bei Klagen gegen [X.] nach § 179 Abs. 2 Satz 2, § 180 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a [X.] liegt eine Beschwer i.S. des § 40 Abs. 2 [X.]O schon dann vor, wenn --wie hier-- geltend gemacht wird, das [X.] habe eine unzutreffende Einkunftsart festgestellt (z.B. [X.]-Urteil vom 8. Juni 2017 IV R 30/14, zur amtlichen [X.] vorgesehen, Rz 24).

2. Die Feststellungen des [X.] tragen aber nicht seine Entscheidung, dass die Klägerin in den Streitjahren Einkünfte aus Gewerbebetrieb erzielt habe.

a) Die Klägerin ist keine gewerblich geprägte Personengesellschaft i.S. des § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG, da nach dem Gesellschaftsvertrag D, und damit eine natürliche Person, zur Geschäftsführung der Klägerin befugt ist.

b) Entgegen der Auffassung von [X.] und [X.] hat die Klägerin in den Streitjahren auch keinen Gewerbebetrieb i.S. des § 15 Abs. 2 EStG unterhalten, denn sie ist jedenfalls nicht nachhaltig tätig gewesen.

Nach § 15 Abs. 2 EStG erfordert ein Gewerbebetrieb eine selbständige, nachhaltige Betätigung, die mit der Absicht, Gewinne zu erzielen, unternommen wird, sich als Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr darstellt und keine land- und forstwirtschaftliche, freiberufliche oder andere selbständige Tätigkeit ist. [X.] Tatbestandsmerkmal des Gewerbebetriebs ist nach der Rechtsprechung des [X.], dass die Betätigung den Rahmen einer privaten Vermögensverwaltung überschreitet (ständige Rechtsprechung, z.B. [X.]-Urteil vom 19. Januar 2017 IV R 50/14, [X.], 35, [X.], 456, m.w.N.). Eine Personengesellschaft erzielt --als Subjekt der Einkünfteermittlung-- gewerbliche Einkünfte, wenn die Gesellschafter in ihrer Verbundenheit als Personengesellschaft ein gewerbliches Unternehmen betreiben (§ 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 i.V.m. Abs. 2 EStG).

aa) Das Merkmal der Nachhaltigkeit dient dazu, nur gelegentliche Aktivitäten aus dem Bereich der gewerblichen Tätigkeit auszuschließen. Eine Tätigkeit ist regelmäßig nachhaltig, wenn sie auf Wiederholung angelegt ist, also eine [X.] in der Weise besteht, dass weitere Geschäfte geplant sind (z.B. [X.]-Urteile vom 19. Februar 2009 IV R 10/06, [X.]E 224, 321, [X.] 2009, 533; vom 22. Juli 2010 IV R 62/07, Rz 37). Liegen tatsächlich zwei Geschäfte vor, wird das Vorliegen der [X.] vermutet. Tätigt der Steuerpflichtige hingegen nur ein Geschäft, liegt kein nachhaltiges Handeln vor, wenn sich die [X.] nicht aus anderen Umständen feststellen lässt (vgl. [X.]-Urteil vom 8. Juni 2017 IV R 30/14, zur amtlichen [X.] vorgesehen). Allein aus dem im Gesellschaftsvertrag einer Gesellschaft angegebenen Unternehmensgegenstand lässt sich eine [X.] regelmäßig nicht ableiten. Entscheidend ist vielmehr die tatsächliche Tätigkeit des Steuerpflichtigen.

bb) Abzustellen ist für die Nachhaltigkeit auf die Geschäfte, die die gewerbliche Tätigkeit des Steuerpflichtigen ausmachen. So kommt es z.B. beim Händler, dessen Tätigkeit auf den marktmäßigen Umschlag von Sachwerten gerichtet ist, auf ein wiederholtes Tätigwerden auf der Absatzseite an; ein wiederholtes Tätigwerden auf der [X.] reicht demgegenüber nicht aus (z.B. [X.]-Urteil vom 9. Dezember 2002 VIII R 40/01, [X.], 180, [X.] 2003, 294; vgl. ferner Urteile vom 15. April 2004 IV R 54/02, [X.]E 206, 90, [X.], 868, Rz 35, und vom 8. Juni 2017 IV R 30/14, zur amtlichen [X.] vorgesehen, Rz 43).

(1) Die Tätigkeit der Klägerin entspricht allerdings nicht dem Bild eines Händlers. Denn es fehlt am marktmäßigen Umschlag von Sachwerten. Die bloße Einziehung von Forderungen bei Fälligkeit stellt keine Veräußerung dar (vgl. [X.]-Urteil vom 11. Oktober 2012 IV R 32/10, [X.]E 239, 248, [X.] 2013, 538, Rz 35 f., zur Einziehung von [X.] bei Eintritt des Versicherungsfalls). Dementsprechend ist der [X.] bislang davon ausgegangen, dass die Tätigkeit des echten Factors nur dann zu Einkünften aus Gewerbebetrieb führt, wenn sich dies im Einzelfall nach dem Gesamtbild der Verhältnisse und unter Berücksichtigung der Verkehrsauffassung ergibt ([X.]-Urteil in [X.]E 239, 248, [X.] 2013, 538).

Auch die Verwertung von Sicherheiten ist keine Veräußerung, wie sie für einen marktmäßigen Umschlag eines Händlers erforderlich wäre, denn es handelt sich insoweit lediglich um die zwangsweise Einziehung der fälligen Forderung durch Verwertung der für ihren Ausfall bestellten Sicherheiten. Anders als das [X.] meint, hat die Klägerin auch keinen Grundstückshandel betrieben, denn sie ist zu keiner Zeit Eigentümerin der Grundstücke geworden, die zur Sicherung der erworbenen Forderungen mit den Grundschulden belastet waren, aus deren Verwertung die Klägerin Zahlungen auf die Forderungen erhalten hat.

(2) Ungeachtet der Frage, ob und ggf. unter welchen Voraussetzungen ein Forderungskäufer dem Bild eines Gewerbetreibenden entsprechen könnte, wäre für die Frage der Nachhaltigkeit in so einem Fall nicht auf die [X.], sondern auf die [X.] abzustellen. Denn die für einen Forderungskäufer entscheidende Tätigkeit ist der Ankauf von (ggf. gesicherten) Forderungen und nicht das Ob und Wie ihrer Einziehung bzw. der Verwertung der für sie bestellten Sicherheiten. Die [X.] müsste sich bei einem Forderungskäufer daher darauf beziehen, wiederholt (d.h. mindestens mit zwei getrennten Erwerbsgeschäften) Forderungen zu erwerben. Der Erwerb mehrerer Forderungen in einem einzigen Vertrag wäre danach grundsätzlich nicht nachhaltig. Abweichendes könnte in einem solchen Fall allenfalls dann gelten, wenn der Steuerpflichtige auf der Einziehungs- bzw. [X.] ausnahmsweise besondere Aktivitäten entwickeln würde, die seine Tätigkeit insgesamt als Gewerbebetrieb erscheinen ließen, wie etwa eine besondere büromäßige Organisation und die Anstellung von Personal.

cc) Selbst wenn man davon ausgeht, dass ein Forderungskäufer einen Gewerbebetrieb i.S. des § 15 Abs. 2 EStG unterhalten kann, ergibt sich aus den getroffenen Feststellungen, dass es im Streitfall danach jedenfalls an der Nachhaltigkeit der Tätigkeit der Klägerin fehlt.

Die Klägerin hat die Forderungen und die hierfür gestellten Sicherheiten durch nur einen einzigen Vertrag, also durch einen einheitlichen Vorgang erworben. Es gibt auch keine Anhaltspunkte dafür, dass weitere Forderungserwerbe geplant waren. Wie bereits ausgeführt, kann sich die erforderliche [X.] grundsätzlich nicht aus dem im Gesellschaftsvertrag niedergelegten Unternehmensgegenstand einer Gesellschaft ergeben. Die Klägerin hat, was zwischen den Beteiligten unstreitig ist, auch in der Folgezeit keine weiteren Forderungen erworben. Auf der für die Beurteilung der Nachhaltigkeit grundsätzlich entscheidenden [X.] hat die Klägerin also nur ein einziges Geschäft getätigt, und die erforderliche [X.] lässt sich auch nicht aus anderen Umständen feststellen.

Selbst wenn man davon ausgeht, dass sich die Nachhaltigkeit in einem solchen Fall ausnahmsweise aus erheblichen Aktivitäten auf der Einziehungs- bzw. [X.] ergeben könnte, lägen solche im Streitfall jedenfalls nicht vor. Die Klägerin hat sich vielmehr darauf beschränkt, zuzuwarten, bis der Insolvenzverwalter über das Vermögen der I-GmbH die für die Forderungen bestellten Sicherheiten verwertet und den Erlös an die Klägerin auszahlt. [X.] kann, ob, wie das [X.] meint, die Klägerin in diesem Zusammenhang mit dem Insolvenzverwalter einen Geschäftsbesorgungsvertrag abgeschlossen hat. Denn dieser allein führte nicht dazu, dass trotz der nur einmaligen Tätigkeit auf der [X.] die Tätigkeit der Klägerin gleichwohl als nachhaltig anzusehen wäre.

c) Das Urteil war, soweit es noch Gegenstand der Revision ist, aufzuheben. Da das [X.] von anderen Rechtsgrundsätzen ausgegangen ist, war der [X.] nicht an dessen tatrichterliche Würdigung, wonach die Klägerin eine nachhaltige Tätigkeit ausgeübt habe, gemäß § 118 Abs. 2 [X.]O gebunden. Die tatsächlichen Feststellungen sind aber ausreichend, um in der Sache insoweit selbst zu entscheiden.

3. Die Sache ist nicht spruchreif.

Für den Fall, dass keine gewerblichen Einkünfte vorliegen, gehen die Beteiligten zwar übereinstimmend davon aus, dass die Klägerin in sämtlichen Streitjahren jedenfalls Einkünfte aus Kapitalvermögen erzielt hat. Die Feststellungen des [X.] reichen jedoch weder aus, um beurteilen zu können, ob diese in der von der Klägerin beantragten Höhe festzustellen sind, noch, um beurteilen zu können, ob und ggf. in welcher Höhe die von der Klägerin in den Streitjahren vereinnahmten Zahlungen zu Einkünften aus privaten Veräußerungsgeschäften gemäß § 23 Abs. 1 Nr. 2 EStG geführt haben. Durch die Zurückverweisung der Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung erhält das [X.] die Gelegenheit, die insoweit erforderlichen Feststellungen nachzuholen.

IV. Die Übertragung der Kostenentscheidung ergibt sich aus § 143 Abs. 2 [X.]O. Auch bei nur teilweiser Zurückverweisung der Sache muss dem [X.] die Entscheidung über die gesamten Kosten des Verfahrens übertragen werden (Grundsatz der Einheitlichkeit der Kostenentscheidung, vgl. [X.]-Urteil vom 17. November 2011 IV R 2/09, Rz 50).

Meta

IV R 34/15

14.09.2017

Bundesfinanzhof 4. Senat

Urteil

vorgehend Finanzgericht Berlin-Brandenburg, 9. Juni 2015, Az: 6 K 6138/12, Urteil

§ 15 Abs 2 EStG 2002, § 15 Abs 2 EStG 2009, § 96 Abs 1 S 2 FGO, § 20 EStG 2009, § 20 EStG 2002, § 68 FGO, EStG VZ 2006, EStG VZ 2007, EStG VZ 2008, EStG VZ 2009

Zitier­vorschlag: Bundesfinanzhof, Urteil vom 14.09.2017, Az. IV R 34/15 (REWIS RS 2017, 5348)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2017, 5348

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