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Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des [X.] vom 31. Januar 2017 aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das [X.] zurückverwiesen.
Umstritten sind die Aufhebung der [X.] und die Erstattung erbrachter Leistungen für Januar 2005 bis April 2010 wegen des Bezugs einer [X.] Rente.
Die 1948 in [X.] geborene Klägerin siedelte im April 2004 von [X.], wo sie seit der Vollendung ihres 55. Lebensjahres eine Rente bezog, nach [X.] über. Auf ihre [X.] Rente wies sie gegenüber dem beigeladenen örtlichen Sozialhilfeträger hin. Zunächst erhielt sie von diesem Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem [X.], ab Juni 2004 Eingliederungsleistungen nach dem [X.] Von Januar 2005 bis April 2010 bekam sie vom beklagten Jobcenter [X.] Weder im Erstantrag vom 23.11.2004 noch in den [X.] gab sie diesem gegenüber den Bezug der [X.] Rente an.
Aufgrund einer Nachfrage des Beklagten im Januar 2010 bestätigte die Klägerin den Bezug der Rente. Nach ihrer Anhörung nahm der Beklagte seine Entscheidungen über [X.] nach dem [X.] vom 1.1.2005 bis [X.] ganz zurück und forderte die Erstattung des erbrachten [X.] (39 845,07 Euro) sowie der Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung (8334,80 Euro), insgesamt 48 179,87 Euro (Bescheid vom [X.]; Widerspruchsbescheid vom [X.]). Die Klägerin sei wegen des Bezugs einer [X.] Altersrente von Leistungen nach dem [X.] ausgeschlossen. Die fehlerhafte Bewilligung sei erfolgt, weil sie zumindest grob fahrlässig falsche und unvollständige Angaben gemacht habe.
Auf die dagegen erhobene Klage hat das [X.] den Aufhebungs- und Erstattungsbescheid aufgehoben, weil die Klägerin auf die Rechtmäßigkeit der Bewilligungsbescheide habe vertrauen dürfen (Urteil vom 12.12.2013). Auf die Berufung des Beklagten hat das L[X.] nach Beiladung des örtlichen Sozialhilfeträgers das Urteil des [X.] aufgehoben und die Klage abgewiesen (Urteil vom 31.1.2017): Die Klägerin sei nach § 7 Abs 4 [X.] von Anfang an von Leistungen nach dem [X.] ausgeschlossen, da sie eine [X.] Altersrente bezogen habe, die mit einer [X.] Altersrente vergleichbar sei. Auf schutzwürdiges Vertrauen könne sie sich nicht berufen, weil sie die für die Leistungsbewilligung wesentliche Angabe des [X.] - trotz bestehender Sprachprobleme - grob fahrlässig iS des § 45 Abs 2 Satz 3 Nr 2 [X.]B X unterlassen habe. Der Aufhebung und Erstattung stehe nicht der allein in Betracht kommende Erstattungsanspruch des Beklagten gegen die Beigeladene nach § 105 Abs 1 [X.]B X entgegen, denn jedenfalls fehle es an der nach § 105 Abs 3 [X.]B X erforderlichen Kenntnis der Beigeladenen vom Leistungsfall. Dass ein Leistungsantrag nach dem [X.] im Zweifel auch als Antrag auf Leistungen nach dem [X.]B XII gelte, sei nicht auf den Erstattungsfall zu übertragen.
Mit der vom L[X.] zugelassenen Revision rügt die Klägerin die Verletzung des § 45 Abs 2 [X.]B X und beantragt, |
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das Urteil des [X.] vom 31. Januar 2017 aufzuheben und die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Dessau-Roßlau vom 12. Dezember 2013 zurückzuweisen. |
Der Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Die Beigeladene stellt keinen Antrag.
Die zulässige Revision der [X.]lägerin ist im Sinne der Aufhebung des angefochtenen Urteils und Zurückverweisung der Sache an das [X.] begründet (§ 170 Abs 2 Satz 2 [X.]G). Auf der Grundlage der Feststellungen des [X.] kann der [X.] nicht darüber entscheiden, ob die aufgehobenen [X.] deshalb rechtswidrig waren, weil die [X.]lägerin aufgrund des Bezugs einer [X.] Altersrente von Leistungen nach dem [X.] ausgeschlossen war.
1. Streitgegenstand des Revisionsverfahrens ist die Aufhebung des Urteils des [X.], durch das auf die Berufung des Beklagten das Urteil des [X.] aufgehoben und die [X.]lage gegen dessen Aufhebungs- und Erstattungsbescheid vom [X.] in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom [X.] abgewiesen worden ist. Mit diesem Bescheid sind die Bewilligungsentscheidungen für die [X.] vom 1.1.2005 bis 30.4.2010 aufgehoben sowie die zu erstattenden Leistungen und Beiträge festgesetzt worden. Gegen diesen Bescheid wendet sich die [X.]lägerin statthaft mit der reinen Anfechtungsklage (§ 54 Abs 1 Satz 1 Alt 1 [X.]G).
2. Rechtsgrundlagen des angefochtenen Bescheids sind § 40 Abs 1 Satz 1, Satz 2 [X.] [X.] (idF des Gesetzes zur Neuausrichtung der arbeitsmarktpolitischen Instrumente vom [X.], [X.] 2917; zur Maßgeblichkeit des im [X.]punkt der Aufhebung geltenden Rechts vgl B[X.] vom 19.10.2016 - [X.] [X.]/15 R - [X.] 4-4200 § 11 [X.] Rd[X.]4 f) iVm § 45 [X.]B X und § 330 Abs 2 [X.]I für die Aufhebung der Bewilligungsentscheidungen für Januar 2005 bis April 2010 sowie § 40 Abs 1 Satz 1, Satz 2 Nr 3 [X.] iVm § 50 [X.]B X und § 335 Abs 1 Satz 1, Abs 5 [X.]I für die Festsetzung der zu erstattenden Leistungen und Beiträge.
3. Der Aufhebungs- und Erstattungsbescheid vom [X.] ist formell rechtmäßig. Die [X.]lägerin ist vor Erlass des Bescheids angehört worden (§ 24 Abs 1 [X.]B X) und hatte zudem im Widerspruchsverfahren weitere Gelegenheit zur Äußerung zu allen für den Bescheid relevanten Tatsachen.
4. [X.] vom [X.] ist inhaltlich hinreichend bestimmt (§ 33 Abs 1 [X.]B X). Dessen Aufhebungsverwaltungsakt bezeichnet in seinem [X.] die Bewilligungsentscheidungen, die vom 1.1.2005 bis 30.4.2010 "ganz zurückgenommen" werden, und der [X.] beziffert in seinem [X.] eine zu erstattende "Gesamtforderung" in Höhe von 48 179,87 Euro sowie die Teilbeträge, aus denen sie sich zusammensetzt.
5. Voraussetzung für die Aufhebung eines begünstigenden Verwaltungsakts ist nach § 45 Abs 1 [X.]B X dessen Rechtswidrigkeit. Auf der Grundlage der Feststellungen des [X.] kann der [X.] indes nicht darüber entscheiden, ob die aufgehobenen [X.] deshalb rechtswidrig waren, weil die [X.]lägerin im Aufhebungszeitraum aufgrund des Bezugs einer [X.] Altersrente von Leistungen nach dem [X.] ausgeschlossen war.
a) Maßgebend hierfür ist § 7 Abs 4 [X.] in der im Aufhebungszeitraum geltenden Fassung (Geltungszeitraumprinzip, vgl B[X.] vom 19.10.2016 - [X.] [X.]/15 R - [X.] 4-4200 § 11 [X.] Rd[X.]4 f). Nach § 7 Abs 4 [X.] (in der vom 1.1.2005 bis 31.7.2006 geltenden Fassung des [X.] am Arbeitsmarkt vom [X.], [X.] 2954) erhält Leistungen nach dem [X.] ua nicht, wer Rente wegen Alters bezieht. Nach § 7 Abs 4 Satz 1 [X.] (in der ab 1.8.2006 geltenden Fassung des Gesetzes zur Fortentwicklung der Grundsicherung für Arbeitsuchende vom [X.], [X.] 1706) erhält Leistungen nach dem [X.] ua nicht, wer Rente wegen Alters oder [X.]nappschaftsausgleichsleistung oder ähnliche Leistungen öffentlich-rechtlicher Art bezieht.
Hiervon erfasst wird auch der Bezug ausländischer Altersrenten vor Erreichen der Altersgrenze nach § 7 Abs 1 Satz 1 [X.] [X.]. Bei diesen handelt es sich unter Berücksichtigung von Wortlaut, Entstehungsgeschichte, systematischem Zusammenhang und dem Sinn und Zweck des § 7 Abs 4 [X.] um eine Leistungen nach dem [X.] ausschließende Leistung, wenn sie die gleichen typischen Merkmale aufweisen wie die ausdrücklich benannte [X.] Altersrente. Dem ist so, wenn die ausländische Rentenleistung durch einen öffentlichen Träger gewährt wird, sie an das Erreichen einer bestimmten Altersgrenze anknüpft und [X.] nach einer im Allgemeinen den Lebensunterhalt sicherstellenden Gesamtkonzeption darstellt (dazu im Einzelnen B[X.] vom 16.5.2012 - B 4 [X.]05/11 R - [X.] 4-4200 § 7 [X.]
Hinter dem Ausschluss von Leistungen nach dem [X.] steht die typisierende Annahme, dass Bezieher von Altersrenten vor Erreichen der Regelaltersgrenze schon aus dem Erwerbsleben ausgeschieden sind und nicht mehr in Arbeit eingegliedert werden müssen (vgl im Zusammenhang mit § 12a [X.] B[X.] vom 19.8.2015 - [X.] [X.]/15 R - B[X.]E 119, 271 = [X.] 4-4200 § 12a [X.], RdNr 22, 47). Der Leistungsausschluss führt indes nicht dazu, dass bei Hilfebedürftigkeit kein Anspruch auf existenzsichernde Leistungen besteht. Wer nach § 7 Abs 4 [X.] wegen [X.] keine Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem [X.] erhält, ist iS des § 21 Satz 1 [X.]B XII dem Grunde nach nicht leistungsberechtigt nach dem [X.] und kann bei Hilfebedürftigkeit die auf gleicher Grundlage wie im [X.] bemessenen und vom Umfang im Wesentlichen identischen existenzsichernden Leistungen nach dem [X.]B XII unter Berücksichtigung des Renteneinkommens beanspruchen (vgl B[X.], aaO, RdNr 32 f, 41; vgl zu § 21 Satz 1 [X.]B XII auch B[X.] vom 30.8.2017 - [X.] [X.]/16 R - vorgesehen für B[X.]E und [X.] 4-4200 § 7 [X.], RdNr 32 ff).
b) Ausgehend von diesen rechtlichen Maßstäben kann der [X.] nicht beurteilen, ob die [X.]lägerin im Aufhebungszeitraum eine der [X.]n Altersrente iS des § 7 Abs 4 [X.] vergleichbare [X.] Altersrente bezogen hat und sie deshalb von Leistungen nach dem [X.] ausgeschlossen war. Denn das [X.] hat sich nach Wiedergabe der vom 4. [X.] in seinem Urteil vom 16.5.2012 entwickelten rechtlichen Maßstäbe für eine mit einer [X.]n Rente wegen Alters vergleichbaren ausländischen Altersrente darauf beschränkt festzustellen: "Die [X.]lägerin bezog in [X.] ab dem 55. Lebensjahr eine Altersrente von [X.], die ähnlich der Funktion und Struktur der [X.]n Altersrente zu qualifizieren ist. Dabei handelte es sich um eine Rente wegen Alters im Sinne von § 7 Abs. 4 Satz 1 [X.], die mit der [X.]n Altersrente vergleichbar ist und daher einen absoluten Leistungsausschluss von [X.]-Leistungen begründet. Der [X.] hat mangels entgegenstehender Anhaltspunkte keinen Zweifel daran, dass diese Rente in [X.] als Leistungsgewährung durch einen öffentlichen Träger nach Erreichen der bestimmten Altersgrenze in [X.] zur Deckung des Lebensbedarfes erfolgte und als [X.]leistung der von der [X.]lägerin zuvor ausgeübten Berufstätigkeiten anzusehen ist. Gegenteiliges hat die [X.]lägerin weder vorgetragen noch behauptet."
Indes fehlen konkrete Feststellungen des [X.] zu der von der [X.]lägerin bezogenen Rente und zu deren rechtlicher Einordnung in das [X.] Rentensystem sowie die gebotene rechtsvergleichende Qualifizierung dieser Rente im Vergleich mit einer [X.]n Altersrente, welche die rechtliche Wertung des [X.] zu tragen vermögen und deren revisionsgerichtliche Prüfung ermöglichen (vgl dagegen die ausführliche Würdigung in dem vom [X.] in Bezug genommenen Urteil des B[X.] vom 16.5.2012 - B 4 [X.]05/11 R - [X.] 4-4200 § 7 [X.]
Das [X.] wird im wiedereröffneten Berufungsverfahren zu prüfen haben, ob die [X.] Rente der [X.]lägerin in ihrem [X.]erngehalt den gemeinsamen und typischen Merkmalen einer [X.]n vorzeitigen Altersrente entspricht, dh nach Motivation, Funktion und Struktur gleichwertig ist (zu den [X.]riterien für die Vergleichbarkeit im Einzelnen vgl B[X.] vom 16.5.2012 - B 4 [X.]05/11 R - [X.] 4-4200 § 7 [X.]
6. Nachdem der [X.] bereits nicht darüber entscheiden kann, ob die aufgehobenen [X.] wegen eines [X.] nach § 7 Abs 4 [X.] rechtswidrig waren, kommt es für dessen Entscheidung nicht darauf an, ob die Voraussetzungen für eine Aufhebung nach § 45 [X.]B X vorliegen, insbesondere ob sich die [X.]lägerin auf einen Vertrauensschutz nach § 45 Abs 2 [X.]B X berufen kann (worauf diese ihre Revision gestützt hat). Zudem kommt es für die Entscheidung des [X.]s nicht darauf an, ob und inwieweit auch bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 45 [X.]B X dem angefochtenen Aufhebungs- und Erstattungsbescheid ein Erstattungsanspruch des Beklagten gegenüber der Beigeladenen nach § 105 [X.]B X entgegen steht (worauf das [X.] seine Revisionszulassung gestützt hat).
Das [X.] wird auch über die [X.]osten des Revisionsverfahrens zu entscheiden haben.
Meta
07.12.2017
Urteil
Sachgebiet: AS
vorgehend SG Dessau-Roßlau, 12. Dezember 2013, Az: S 8 AS 2788/10, Urteil
Zitiervorschlag: Bundessozialgericht, Urteil vom 07.12.2017, Az. B 14 AS 5/17 R (REWIS RS 2017, 1060)
Papierfundstellen: REWIS RS 2017, 1060
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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.
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