Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 03.09.2020, Az. AK 30/20

3. Strafsenat | REWIS RS 2020, 11259

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[X.]:[X.]:[X.]:2020:030920BAK30.20.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF

BESCHLUSS
AK 30/20

vom
3. September 2020
in dem Ermittlungsverfahren
gegen

wegen des Verdachts der Unterstützung einer terroristischen [X.]

-
2
-
Der 3.
Strafsenat des [X.] hat nach Anhörung des [X.]schuldig-ten und seines Verteidigers am 3.
September 2020 gemäß §§
121, 122 StPO beschlossen:

Die Untersuchungshaft hat [X.].
Eine etwa erforderliche weitere Haftprüfung durch den [X.] findet in drei Monaten statt.
Bis zu diesem [X.]punkt wird die Haftprüfung dem nach allge-meinen Grundsätzen zuständigen Gericht übertragen.

Gründe:
I.
Der [X.]schuldigte wurde am 14.
Februar 2020 vorläufig festgenommen und befindet sich seit dem 15.
Februar 2020 ununterbrochen in [X.] aufgrund des Haftbefehls des Ermittlungsrichters des [X.] vom selben Tag (3
BGs
167/20).
Gegenstand des Haftbefehls ist der Vorwurf, der [X.]schuldigte habe in [X.]

, M.

und anderen Orten seit dem 7./8.
Februar 2020 eine Vereini-
gung unterstützt, deren Zwecke oder deren Tätigkeit darauf gerichtet seien, Mord (§
211 StGB) oder Totschlag (§
212
StGB) zu begehen, strafbar gemäß §
129a Abs.
1 Nr.
1, Abs.
5 Satz
1 StGB.
1
2
-
3
-
II.
Die Voraussetzungen für die Anordnung der Untersuchungshaft und de-ren Fortdauer über sechs Monate hinaus liegen vor.
1.
Der [X.]schuldigte ist der ihm zur Last gelegten Tat dringend ver-dächtig.
a)
Nach dem aktuellen Stand der Ermittlungen ist im Sinne eines drin-genden Tatverdachts von folgendem Sachverhalt auszugehen:
Spätestens kurz vor dem 28.
September 2019 kamen die [X.]

, E.

, [X.]

, B.

und U.

überein, sich auf unbestimmte
[X.] zu der "Gruppe

" zusammenzuschließen. Diese Personenvereini-
gung war darauf ausgerichtet, ihre rechtsextremistische Ideologie gewaltsam durch koordinierte Anschläge auf Politiker, Asylsuchende
und Personen musli-mischen Glaubens durchzusetzen. Unter anderem planten die Mitglieder der Gruppe, als Einzeltäter oder in kleinen Einheiten Moscheen anzugreifen und eine möglichst große Zahl dort Anwesender zu töten oder zu verletzen. Die [X.] sollten die [X.]völkerung der [X.] sowie ihre demokratisch gewählten Vertreter in erheblicher Weise einschüchtern und bür-gerkriegsartige Zustände im Land auslösen. Letztlich wollte die "Gruppe

" durch die Gewalttaten die bestehende
Staats-
und Gesellschaftsordnung
der [X.] erschüttern und überwinden.
Die Organisation verfügte über eine hierarchische Struktur und abge-grenzte Zuständigkeiten. Der Mitbeschuldigte S.

war der "Kopf" der
Gruppe, der diese
ins Leben rief, als [X.] fungierte, die Treffen [X.], die inhaltlichen Vorgaben machte, die Aufgaben zuwies und in allen we-3
4
5
6
7
-
4
-
sentlichen [X.]langen das letzte Wort hatte. Der Mitbeschuldigte E.

war die
rechte Hand des Mitbeschuldigten S.

. Er war unter anderem mit der prak-
tischen Organisation der Zusammenkünfte befasst und willens, zur Umsetzung der [X.] erforderlichenfalls sein Leben zu opfern. Letzteres gilt glei-chermaßen für den Mitbeschuldigten [X.]

, der sein Haus
für ein Treffen
der Gruppe zur Verfügung stellte und dem Mitbeschuldigten S.

Treue bis
in den Tod versprochen hatte. Der Mitbeschuldigte B.

konnte aufgrund sei-
ner beruflichen Qualifikation Waffen bearbeiten und verändern; er wurde von S.

als jemand geschätzt, der "zu allem bereit" ist. Der Mitbeschuldigte
U.

, der wegen zahlreicher Gewalttaten bereits über 20
Jahre Haft verbüßt
hatte, bekleidete die Rolle eines "getreuen Fußsoldaten".
Der Mitbeschuldigte S.

suchte gemeinsam mit dem Mitbeschuldig-
ten E.

über diesen Kreis hinaus fortlaufend nach weiteren geeigneten Kämp-
fern für die geplanten Anschläge. Seine Vernetzung in der Szene ermöglichte es ihm, eine vierstellige Zahl gewaltbereiter Rechtsextremer anzusprechen und -
nach seiner Vorstellung
-
für Anschläge zu mobilisieren. Zu diesem Zweck pflegte er persönliche Kontakte zu ihm ideologisch nahestehenden Mitgliedern anderer Organisationen, betätigte sich in rechtsextremistisch ausgerichteten [X.] bzw. gründete solche und führte -
unterstützt durch E.

-
Einzelgespräche mit Anwärtern, um ihre Gewaltbereitschaft zu über-
prüfen. Auf diese Weise fanden die Mitbeschuldigten [X.].

, [X.]

, [X.]

,
W.

und Wi.

zur "Gruppe

", während der Mitbeschuldigte
Kr.

von E.

und [X.]

rekrutiert wurde. Sogenannte "Schwätzerpatrio-
ten", worunter S.

jeden fasste, der nicht bereit war, zur Waffe zu greifen,
sortierte er aus.
8
-
5
-
Das erste Treffen der "Gruppe

" fand -
ohne den [X.]schuldigten
-

am 28./29.
September 2019

bei [X.]

("

") statt. Die Tatortbezeichnung im Haftbefehl vom 15.
Februar 2020 ist
insoweit unzutreffend. Dort erläuterte S.

seine terroristischen Ziele. In
einer Vorstellungsrunde äußerte sich jeder Teilnehmer zu seiner [X.]reitschaft, mit Waffengewalt "aktiv" zu werden.
Kurz darauf kam die [X.] am 3.
Oktober 2019 in [X.].

anlässlich
einer rechtsgerichteten Demonstration zum [X.]. Im [X.] versammelte sie sich zur weiteren Förderung der gemein-samen Ziele bei einer Tankstelle nördlich von [X.].

. Hier sprach der Mitbe-
schuldigte S.

mit den Mitbeschuldigten [X.].

und [X.]

über die [X.]-
schaffung von sogenannten Slam-Guns für die [X.]. [X.].

und [X.]

bestellten in den Folgetagen nach weiterer Rücksprache mit S.

bei ihrem
[X.], dem gesondert verfolgten Sc.

, wenigstens sechs die-
ser selbstgebauten Gewehre. [X.]

erklärte sich überdies dazu bereit, bei
dem gesondert verfolgten [X.].

Munition zu ordern. Im Folgenden hielten die
genannten Mitbeschuldigten untereinander und mit den Lieferanten regen Kon-takt; dabei
stand schließlich auch der Kauf eines Maschinengewehrs "Kalasch-nikow" nebst Munition für den Mitbeschuldigten S.

in Rede ("AK mit Zu-
behör für Ma.

").
Der [X.]schuldigte, der Anhänger der "Identitären [X.]wegung" und ebenso wie die Gruppenmitglieder rechtsradikal und fremdenfeindlich gesinnt ist, war zunächst nur mit dem Mitbeschuldigten [X.]

bekannt. Dieser fügte ihn An-
fang Oktober 2019 der virtuellen [X.] "

" hinzu, in der sich die
[X.]schuldigten offen über die aus ihrer Sicht bestehende Notwendigkeit von Gewalttaten gegenüber Flüchtlingen austauschten, und später der Gruppe
9
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-
6
-
"

". Der [X.]schuldigte beteiligte sich an der Chat-Kommuni-
kation durch fremdenfeindliche und gewaltverherrlichende Äußerungen ("Wenn Du aufgibst, wird man sowieso von denen umgebracht. Da sollte man [X.] ein paar mitnehmen."/"Die richtige Hardware ist [X.] ist ja das Problem, dass dieses Gesindel immer im Rudel gegen einzelne Personen Aunicht. Noch nicht. Wird sich aber zeitlich aus taktischen Gründen ändern").
Der [X.]schuldigte nahm auf Einladung des Mitbeschuldigten [X.]

außerdem am dritten Treffen der Gruppe teil. Dieses fand unter konspirativen Umständen am 7./8.
Februar 2020 in M.

(Westfalen) im Haus [X.]

s

statt. Der [X.]schuldigte handelte dabei in Kenntnis der genannten terroristischen Ziele der Gruppierung. Vor Ort wurde über die konkrete Umsetzung der Um-sturzpläne durch Anschläge auf Moscheen gesprochen. Der [X.]schuldigte [X.] die Vorhaben und sagte eine "defensive" Mitwirkung zu, während die anderen [X.]teiligten sich größtenteils zu einer "offensiven" [X.]teiligung an den Anschlägen bekannten.
S.

, der -
ebenso wie weitere Teilnehmer
-
bereits über mindestens
eine scharfe Schusswaffe, Kaliber 9
mm, verfügte, stellte seine Pläne vor, nach denen die Gruppe für die Durchführung der Anschläge weitere Waffen [X.]. In diesem Zusammenhang brachte der Mitbeschuldigte [X.].

, der über
die Preise seines Lieferanten im Bilde war, eine aufzubringende Summe von 50.000

lung von namhaften [X.]trägen, der [X.]schuldigte von wenigstens 5.000

dass 50.000

ten [X.].

und [X.]

über ihre bereits laufende Lieferschiene Langwaffen be-
sorgen. Der Mitbeschuldigte [X.]

, der über Kontakte zu einem Waffengeschäft
12
13
-
7
-
in [X.] verfügte, erhielt den Auftrag, die benötigten Kurzwaffen zu er-werben. Einige Teilnehmer des Treffens äußerten in diesem Zusammenhang konkrete Wünsche zu einem Waffentyp, den sie jeweils präferierten. Unter der Wortführung S.

s beschlossen die Anwesenden, anschließend zeitnah
loszuschlagen. Hierzu kam es nicht mehr, weil kurze [X.] später zwölf von ihnen verhaftet wurden.
b)
Der dringende Tatverdacht hinsichtlich der Bildung, der Struktur und der Zielsetzung der "Gruppe

" und des Verhaltens aller [X.]schuldigten
stützt sich auf eine Vielzahl von [X.]weismitteln, unter anderem die geständigen Einlassungen des Mitbeschuldigten U.

, die Angaben des [X.]schuldigten
sowie weiterer Mitbeschuldigter, von denen mehrere
die Organisation, Planung und Ziele der "Gruppe

" bestätigt haben, sowie die Observationen im
zeitlichen Umfeld der Gruppentreffen. [X.]i Durchsuchungen sind Waffen -
beim [X.]schuldigten unter anderem eine Pistole [X.] mit geladenem Maga-zin
-
und Geldbeträge -
beim [X.]schuldigten ca. 1.600

-
aufgefunden worden. Aus der Telekommunikationsüberwachung gehen unter anderem das Zusam-menwirken der [X.]schuldigten und ihr intensives [X.]mühen um die Erlangung weiterer Waffen hervor. Ihre Gewaltbereitschaft gegenüber Migranten sowie politisch Andersdenkenden und ihre Forderung nach einem gesellschaftlichen Umsturz sind außerdem aus den gesicherten Chatverläufen ersichtlich.
Der [X.]schuldigte hat sich in seiner polizeilichen Vernehmung am 14.
Fe-bruar 2020 und in seinem Schreiben vom 15.
August 2020 dahin eingelassen, dass er gedacht habe, es werde beim Treffen in M.

um Mittelalterthemen
gehen. Als dann von Anschlägen die Rede gewesen sei, habe ihn das [X.]. Er habe diese Pläne nicht unterstützt und auch keine Mitwirkung zuge-sagt. Ebenso wenig sei er bereit gewesen, Geld für den Kauf von Waffen zur 14
15
-
8
-
Verfügung zu stellen. Soweit der Mitbeschuldigte U.

anderes über ihn aus-
gesagt habe, handele es sich um falsche Angaben eines psychisch kranken Menschen.
Diese Einlassung ist nach Aktenlage nicht glaubhaft. Dafür, dass der [X.]-schuldigte von vornherein über die terroristische Ausrichtung der "Gruppe

" im Bilde war, spricht das aufgezeichnete Telefonat, das er im Vorfeld
des Treffens mit seinem Vertrauten [X.]

führte. Darin informierte [X.]

ihn darüber, wer zu der Versammlung erscheinen werde ("15
Mann", alles "Ver-trauensleute") und dass dort "Nägel mit Köpfen" gemacht werden, wobei
[X.]

zugleich darauf bedacht war, "so wenig wie möglich am Telefon zu
besprechen". Der Mitbeschuldigte erläuterte sodann, dass es so nicht mehr wei-tergehe und "die [X.] abgelaufen" seien. "Wenn wir losziehen, ohne Rückkehr, is [X.] scheiß egal!" Der [X.]schuldigte bestätigte
ihn in dieser Ansicht und betonte seinerseits, dass man eine "rigorose Wende" brauche, und zwar nicht irgendwann, sondern sehr zeitnah. [X.]ide waren sich darin einig, dass sie ihren Kindern "so einen Scherbenhaufen" nicht hinterlassen können.
Überdies begegneten die Teilnehmer des Treffens dem [X.]schuldigten anfänglich mit Misstrauen, als sie erfuhren, dass er im öffentlichen Dienst tätig ist. Es wurde offen darüber gesprochen, ob man ihn von der Versammlung aus-schließen solle. Über diese Frage fand unter
den übrigen Anwesenden sodann eine Abstimmung statt, die dahin ausging, dass der [X.]schuldigte selbst [X.] sollte, ob er bleibt. Dieses Verhalten der Teilnehmer hätte keinen Sinn ergeben, wenn lediglich Mittelalterthemen auf dem Programm gestanden [X.]. S.

gab in diesem Zusammenhang sogar die klare Devise aus, dass
Verräter der Gruppe mit dem Tode bestraft werden. Der [X.]schuldigte verblieb gleichwohl bis zum Schluss der Zusammenkunft.
16
17
-
9
-
Der Einlassung des [X.]schuldigten, dass er sich gegen die Anschläge ausgesprochen und eine Geldzahlung für die [X.] verweigert habe, stehen die Aussagen der Mitbeschuldigten U.

, [X.].

und [X.]

entgegen. Alle drei haben den [X.]schuldigten bezichtigt, die von S.

an
jeden Einzelnen gestellte Frage, ob man sich an den Anschlägen "offensiv"
oder "defensiv" beteiligen wolle, vor dem Plenum mit "defensiv" beantwortet zu haben. Dies widerspricht der Darstellung des [X.]schuldigten, der überhaupt [X.] [X.]teiligung in Aussicht gestellt
haben will. Die Mitbeschuldigten U.

und
[X.].

haben auch ausgesagt, dass der [X.]schuldigte eine Geldzahlung für die
Waffen zugesagt habe, und zwar 5.000

Summe. Nach Aktenlage sind diese Einlassungen glaubhaft, zumal insbeson-dere die ausführlichen Angaben U.

s bisher durch zahlreiche andere [X.]-
weismittel bestätigt worden sind. Der Umstand allein, dass er laut [X.]schluss des
Landgerichts Bielefeld vom 18.
August 2016 (15
StVK
1373/16) über eine instabile Persönlichkeit mit narzisstischen und dissozialen Anteilen verfügen soll, erschüttert diese [X.]wertung derzeit nicht. Gleiches gilt für die Tatsache, dass der Mitbeschuldigte [X.]

den [X.]schuldigten in seiner Aussage vom
23.
Juni 2020 auch teilweise
entlastet hat, und für die [X.], die der [X.]schuldigte am 9.
Februar 2020 an seinen Freund [X.]

schrieb. In dieser
äußerte er sich zwar nachträglich eher distanziert zu den Anschlagsplänen.
Hieraus lässt sich jedoch nicht ohne Weiteres auf
sein Verhalten bei der [X.] schließen.
Soweit der [X.]schuldigte in seinem Schreiben vom 15.
August
2020 schließlich wiederholt betont, er stehe zur freiheitlichen demokratischen Grund-ordnung, ist damit nicht zu vereinbaren, dass er auf
seinem Handy unter ande-rem 417
Bilddateien speicherte, die seine fremdenfeindliche, rechtsextremisti-sche Gesinnung und Glorifizierung der NS-[X.] verdeutlichen. Im [X.] teilte 18
19
-
10
-
er im Netzwerk "

" am 14.
Oktober 2019 unter seinem Profil "

" den folgenden Post: "Wir müssen von [X.] zu [X.] Terroran-
schläge verüben, bei denen unbeteiligte Menschen sterben. Dadurch lässt sich der gesamte Staat und die gesamte [X.]völkerung lenken. Das primäre Ziel
eines solchen Anschlages sind nicht die Toten, sondern die Überlebenden, denn die gilt es zu lenken und zu beeinflussen."
Nach allem wird der dringende Tatverdacht nicht dadurch in Zweifel [X.], dass der Mitbeschuldigte S.

den [X.]schuldigten in einem Telefo-
nat mit dem Mitbeschuldigten E.

als "uninteressant" bezeichnete, zumal diese
Einschätzung vor dem Hintergrund zu beurteilen ist, dass S.

jeden aus-
sortierte, der nicht bereit war, aktiv mit Waffengewalt zu kämpfen.
Im Übrigen wird wegen der Einzelheiten der den dringenden Tatverdacht begründenden Tatsachen auf den
Haftbefehl vom 15.
Februar 2020 und den Antrag des [X.] vom 7.
August 2020 verwiesen.
c)
In rechtlicher Hinsicht folgt daraus, dass der [X.]schuldigte mit hoher Wahrscheinlichkeit eine terroristische [X.] unterstützte (§
129a Abs.
1 Nr.
1, Abs.
5 Satz
1 StGB).
Die "Gruppe

" stellte nach den Ermittlungsergebnissen einen auf
längere Dauer angelegten organisierten Zusammenschluss von mehr als
zwei Personen zur Verfolgung eines übergeordneten gemeinsamen Interesses im Sinne von §
129 Abs.
2 StGB dar, der darüber hinaus über -
nach der [X.] durch das Gesetz zur Umsetzung des Rahmenbeschlusses 2008/[X.] des Rates vom 24.
Oktober 2008 zur
[X.]kämpfung der organisierten Kriminalität vom 17.
Juli 2017 ([X.]
I
S.
2440) nicht mehr erforderliche
-
Strukturmerkmale wie etwa Führungspersonal und klare Aufgabenverteilung verfügte. Die Zwecke 20
21
22
23
-
11
-
der [X.] waren jedenfalls auf die [X.] von bewaffneten [X.] auf Moscheen und damit auf die [X.]gehung von Mord

211 StGB) oder Totschlag (§
212 StGB) gerichtet.
Unter einem Unterstützen im Sinne des §
129a Abs.
5 Satz
1 StGB ist grundsätzlich jedes Tätigwerden eines [X.] zu verstehen, das die [X.] und ihren Zusammenhalt unmittelbar fördert, die Realisierung der von ihr geplanten Straftaten -
wenngleich nicht unbedingt maßgebend
-
erleichtert oder sich sonst auf deren Aktionsmöglichkeiten und Zwecksetzung in irgendeiner Weise positiv auswirkt und damit die ihr eigene Gefährlichkeit festigt. Dies kann dadurch geschehen, dass ein Außenstehender mitgliedschaftliche [X.]tätigungsakte eines Angehörigen der [X.] fördert; in diesem Sinne handelt es sich beim Unterstützen um eine zur Täterschaft ver-selbständigte [X.]ihilfe zur Mitgliedschaft. Der [X.]griff des Unterstützens einer [X.] greift zudem über ein im strengeren Sinne des §
27 Abs.
1 StGB auf die Förderung der Tätigkeit eines [X.]smitglieds beschränktes [X.] hinaus; denn er bezieht sich in erster Linie auf die [X.] als sol-che, ohne dass im konkreten Fall die Aktivität des [X.] zu einer ein-zelnen organisationsbezogenen Tätigkeit eines Organisationsmitglieds hilfreich beitragen muss. Das Wirken des [X.] muss nicht zu einem von [X.] erstrebten Erfolg führen, es genügt, wenn [X.] für die Organisation objektiv nützlich ist, ohne dass ein messbarer Nutzen für diese eintritt. Die Wirksamkeit der Unterstützungsleistung und deren grundsätzliche Nützlichkeit müssen indes anhand belegter Fakten nachgewiesen sein (st. Rspr.; vgl. im Einzelnen
[X.], Urteil vom 19.
April 2018 -
3
StR
286/17, [X.], 127 Rn.
17
f. mwN).
24
-
12
-
Nach den dargestellten Maßstäben kann schon allein in der Zusage
eines Außenstehenden, zugunsten der [X.] Geld-
oder Sachleistungen zu erbringen oder eine Straftat zu begehen, eine Unterstützungshandlung im Sinne von §
129a Abs.
5 Satz
1 StGB liegen, selbst wenn es nicht zur Erfüllung der Zusage kommt. Voraussetzung ist insoweit allerdings, dass [X.] des [X.] für die [X.] objektiven Nutzen entfaltet. [X.]reits die [X.] für sich genommen muss sich auf die Aktionsmöglichkeiten der [X.] oder eines ihrer Mitglieder in irgendeiner Weise positiv auswirken ([X.], [X.]-schluss vom 27.
Oktober 2015 -
3
StR 334/15, [X.]R StGB §
129a Abs.
5 Un-terstützen
6
Rn.
5
mwN; Urteil vom 19.
April 2018 -
3
StR
286/17, [X.], 127 Rn.
21
ff.).
Hier sind die genannten Voraussetzungen einer Unterstützungshandlung erfüllt. Schon durch seine Teilnahme an den Gruppenchats und dem Treffen am 7./8.
Februar 2020 bestärkte der [X.]schuldigte die Mitglieder der [X.], ihre terroristischen [X.]strebungen
in Form der Anschlagsplanungen fortzuset-zen. Jedenfalls aber konnten die Zusagen, an den Anschlägen mitzuwirken
-
wenn auch "defensiv"
-
und sich mit einem namhaften [X.]trag an der Finanzie-rung der hierfür benötigten Waffen zu beteiligen, die Mitglieder der "Gruppe

" in ihrem Entschluss stärken, die geplanten Straftaten, die der Ver-
wirklichung der terroristischen Ziele der [X.] dienten, tatsächlich zu be-gehen. Denn sie gewannen hierdurch den Eindruck, sie würden am [X.] Tag im [X.]schuldigten einen Komplizen an ihrer Seite haben und zu-gleich durch ihn in die Lage versetzt, die erforderlichen Tatmittel zu erwerben. Letzteres gilt besonders vor dem Hintergrund, dass der [X.]schuldigte nicht ir-gendeine beliebige Zahlung zu einem unbestimmten Datum zusagte, sondern dass es um die Finanzierung kurzfristig zu beschaffender spezifizierter Geweh-re und Pistolen über bestehende [X.] für konkrete Anschläge ging. 25
26
-
13
-
Damit waren die Zusicherungen des [X.]schuldigten, zu deren Einlösung es we-gen der Festnahmen nicht mehr kommen konnte, auch für die [X.] als solche objektiv nützlich und wirkten sich positiv auf ihr [X.]stehen und ihre [X.] aus.
2.
Es besteht der Haftgrund der Fluchtgefahr (§
112 Abs.
2 Nr.
2 StPO). Es ist wahrscheinlicher, dass sich der [X.]schuldigte -
sollte er auf freien Fuß gelangen
-
dem Strafverfahren entziehen, als dass er sich ihm stellen wird. Der [X.]schuldigte hat im Fall seiner Verurteilung mit einer erheblichen [X.] zu rechnen. Dem davon ausgehenden Fluchtanreiz stehen keine hinreichen-den fluchthemmenden Umstände entgegen. Der [X.]schuldigte wohnt zwar seit 2017 mit seiner Lebensgefährtin zusammen, nach deren Darstellung jedoch innerhalb der Wohnung in getrennten [X.]reichen. Von der Mutter
seiner 14jährigen Tochter ist er geschieden. Seine Tätigkeit als Regierungsamtsin-spektor ([X.]soldungsgruppe [X.]) im

wird er aufgrund des
gegen ihn laufenden Disziplinarverfahrens, das mit einer vorläufigen Dienstent-hebung einhergeht, einstweilen nicht ausüben können. Der [X.]schuldigte ist überdies nach Aussage seiner Ex-Frau langjähriger [X.]. [X.]i der Durchsuchung seiner Wohnung am 14.
Februar 2020 wurden unter anderem 168
g Marihuana sichergestellt. Deshalb und wegen Vorrätighaltens von Kenn-zeichen verfassungswidriger Organisationen sowie Volksverhetzung laufen se-parate Ermittlungsverfahren gegen ihn.
Weniger einschneidende Maßnahmen im Sinne des §
116 StPO sind nicht erfolgversprechend.
3.
Die Voraussetzungen für die Fortdauer der Untersuchungshaft über sechs Monate hinaus (§
121 Abs.
1 StPO) liegen vor. Die besondere Schwie-rigkeit und der Umfang des Verfahrens haben ein Urteil bislang noch nicht zu-27
28
29
-
14
-
gelassen. Das Verfahren ist bisher mit der gebotenen [X.]schleunigung geführt worden.
[X.]im Landeskriminalamt [X.]den-Württemberg ist eine Sonderkommission mit einer Vielzahl von Polizeibeamten mit den Ermittlungen zur "Gruppe

" befasst, die lageabhängig von weiteren Polizisten anderer Bundeslän-
der und vom [X.] unterstützt wird. Es sind 53
Objekte [X.] und 1.282
Asservate sichergestellt worden, darunter 97
Mobilfunkgeräte, 43
Computer und 149
Speichermedien. Dies entspricht einem Datenvolumen von 17,79
Terabyte bzw. über 59
Millionen
Chatnachrichten, Bildern, [X.] und Audiofiles. Deren Auswertung ist zu einem überwiegenden Teil [X.]. Außerdem sind 13
[X.]schuldigten-
und 53
Zeugenvernehmungen, um-fangreiche Finanzermittlungen, daktyloskopische und molekulargenetische Un-tersuchungen sowie waffenrechtliche [X.]wertungen durchgeführt worden. Die Verfahrensakte umfasst derzeit 228 Stehordner. Der Abschluss der Ermittlun-gen ist für [X.] 2020 vorgesehen.
4.
Schließlich steht die Fortdauer der Untersuchungshaft nicht außer Verhältnis zu der [X.]deutung der Sache und der im Falle der Verurteilung zu erwartenden Strafe (§
120 Abs.
1 Satz
1 StPO).
Schäfer
[X.]rg
Erbguth
30
31

Meta

AK 30/20

03.09.2020

Bundesgerichtshof 3. Strafsenat

Sachgebiet: False

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 03.09.2020, Az. AK 30/20 (REWIS RS 2020, 11259)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2020, 11259

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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Fortdauer der Untersuchungshaft: Konkurrenzverhältnis zwischen rädelsführerschaftlicher Gründung und Beteiligung an einer terroristischen Vereinigung; Bindung des …


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