Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 28.04.2016, Az. I ZR 23/15

I. Zivilsenat | REWIS RS 2016, 12114

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[X.]:[X.]:[X.]:2016:280416U[X.]23.15.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF

IM NAMEN [X.]S VOLKES

URTEIL
I [X.]
Verkündet am:

28. April 2016

Führinger

Justizangestellte

als Urkundsbeamtin

der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit

Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja

Geo-Targeting
UWG § 2 Abs. 1 Nr.
3, § 5 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 Nr. 1
a)
Mitbewerber im Sinne von § 2 Abs. 1 Nr. 3 UWG kann auch ein Unternehmen sein, dessen Waren oder Dienstleistungen die angesprochenen Verbraucher in dem Gebiet, in dem die beanstandete Werbung erscheint, nicht erwerben können.
b)
Wer auf bundesweit ausgerichteten Portalen im [X.] für [X.] wirbt und weder aus der Natur der Sache noch aufgrund entsprechender Hinweise als allein lokal oder regional ausgerichtetes Unternehmen zu erkennen ist, erweckt den Eindruck einer grundsätzlich bundesweiten Verfügbarkeit seiner Waren und Dienstleistun-gen.
c)
Für die Frage, ob ein relevanter Teil des Verkehrs irregeführt wird, ist allein auf die von der beanstandeten Werbung angesprochenen Verkehrskreise abzustellen.
d)
Eine irreführende Werbung über die Verfügbarkeit eines Produkts ist lauterkeitsrechtlich auch dann erheblich, wenn die Werbung außerhalb seines [X.] trotz eines [X.] noch in einem spürbaren Umfang (hier: 5% der Abrufe der Werbung aus anderen Regionen) abrufbar bleibt.
e)
Für die Frage, ob Verbraucher zu einer geschäftlichen Entscheidung veranlasst werden, die sie andernfalls nicht getroffen hätten, steht das Aufsuchen einer [X.]seite, auf der Produkte oder
Dienstleistungen unmittelbar bestellt werden können, dem Betreten eines stationären Geschäfts gleich.
[X.], Urteil vom 28. April 2016 -
I [X.] -
O[X.]

[X.]

-
2
-
Der [X.]
Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhand-lung vom 28.
April 2016 durch [X.]
Dr.
Büscher, die Richter Prof.
Dr.
Schaffert, Dr.
Kirchhoff, Prof.
Dr.
Koch und Feddersen

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des 2.
Zivilsenats des [X.] vom 22.
Dezember 2014 wird auf Kosten der [X.]n zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:
Die Parteien sind Wettbewerber beim Angebot von [X.]anschlüssen. Während die Klägerin ihre Dienstleistungen bundesweit vertreibt, ist
das Ange-bot der [X.]n auf das durch ihr Kabelnetz abgedeckte Gebiet
begrenzt, das sich im Wesentlichen auf [X.] beschränkt.
Gegenstand des Revisionsverfahrens ist eine sogenannte [X.] der [X.]n im [X.]. Dabei erschienen ähnlich wie auf einer Bilder-walze
Werbebilder
in einer Endlosschleife. Die
Werbebanner hatten
beispiels-weise folgenden Text:
Bringt auch das Herz zum Rasen:
[X.] bis zu 100Mbit/s
K.

macht's möglich.
1
2
-
3
-
Die
Klägerin
beanstandet, dass diese
Bannerwerbung der [X.]n auch außerhalb von [X.] und damit
außerhalb
des Gebiets, in dem [X.]anschlüsse der [X.]n verfügbar waren, aufgerufen werden konnte.
Die Klägerin hat beantragt, der [X.]n unter Androhung von [X.] zu verbieten,
Telekommunikationsprodukte der K.

(hier: [X.]-
und Telefon-Dienst-
leistungen) im [X.] mit Werbebannern außerhalb des Bereichs zu bewerben und/oder bewerben zu lassen, in dem
die beworbenen Produkte abgenommen werden können (im Wesentlichen: räumlicher Bereich von [X.]), wenn dies geschieht, wie in dem in Fotokopie als Anlage K
1 und/oder Anlage K
2 und/oder Anlage K
3 und/oder Anlage
K
4 und/oder Anlage K
5 [X.] Werbebanner.
Die [X.] hat geltend gemacht, die beanstandete [X.]werbung habe sich nicht bundesweit abrufen lassen. Vielmehr sei sie durch die [X.] für Aufrufe außerhalb [X.]s gesperrt
gewe-sen. Dabei sei allenfalls mit einem
Streuverlust von fünf Prozent, also einer äu-ßerst geringen Aufrufbarkeit außerhalb des eigenen [X.],
zu rechnen.
Das [X.] hat die Klage abgewiesen. Das Berufungsgericht hat
ihr stattgegeben. Dagegen wendet sich die [X.] mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision, deren Zurückweisung die Klägerin beantragt.
Entscheidungsgründe:
[X.] Das Berufungsgericht hat den auf Unterlassung der Bannerwerbung außerhalb der räumlichen Verfügbarkeit des Angebots der [X.]n gerichte-ten Antrag als zulässig und begründet angesehen. Dazu hat es ausgeführt:
Der Antrag sei trotz Verwendung der Formulierung "im Wesentlichen: räumlicher Bereich von [X.]"
hinreichend bestimmt. Die Kläge-3
4
5
6
7
8
-
4
-
rin habe in der Begründung ihres Antrags deutlich gemacht, dass sie Werbung verboten wissen wolle, die von
Personen
außerhalb des Gebiets
des Kabelnet-zes der [X.]n aufgerufen werden könne. Zugleich stelle die Formulierung sicher, dass Werbung in [X.] insgesamt zulässig sei, auch wenn
die Leistung der [X.]n
in diesem
Bundesland
aus technischen Grün-den
nicht überall genutzt werden könne.
Durch
die
Werbung
auch außerhalb ihres Vertriebsgebiets
täusche die [X.] über die Verfügbarkeit der Ware im Sinne von §
5 Abs.
1 Satz
2 Nr.
1 UWG. Diese
Irreführung sei geeignet, die Marktentschließung bei den umwor-benen Verkehrskreisen in relevanter Weise zu beeinflussen. Das Verbot des §
5 UWG erfasse auch Fälle, in denen von der Irreführung lediglich eine An-lockwirkung ausgehe, die
noch
rechtzeitig vor der Kaufentscheidung ausge-räumt werde. Selbst
wenn der durch
die beanstandete Werbung angelockte Kunde, der wegen der fehlenden Verfügbarkeit das konkrete Produkt nicht er-werben könne,
bei dieser Gelegenheit keine anderen Waren des Anbieters er-werbe, könnten doch Mitbewerber erheblich beeinträchtigt werden. Der ent-täuschte Kunde könnte nicht mehr bereit sein, das teurere Produkt des [X.] zu beziehen und von einem Erwerb insgesamt Abstand nehmen.
Der von der Bannerwerbung ausgehenden Irreführungsgefahr
habe die [X.]
nicht
durch eindeutige Hinweise ausreichend entgegengewirkt. Dafür genüge die Angabe "[X.]"
in ihrem Unternehmenskennzeichen
nicht. Aus die-sem Kürzel folge nicht zwingend ein Hinweis auf
[X.]. Lokal verankerte Unternehmen seien
zudem
nicht gehindert, bundesweit tätig zu wer-den.
I[X.] Die gegen diese Beurteilung
gerichtete
Revision der Klägerin
bleibt ohne
Erfolg. Gegen die Zulässigkeit des Antrags bestehen keine Bedenken
(dazu II
1). Das Berufungsgericht hat
auch
zu Recht den Unterlassungsan-spruch für begründet erachtet (dazu II
2).
9
10
11
-
5
-
1. Entgegen der Ansicht der Revision ist der Klageantrag ausreichend bestimmt.
a) Nach §
253 Abs.
2 Nr.
2 ZPO darf ein Unterlassungsantrag nicht der-artig undeutlich gefasst sein, dass Gegenstand und Umfang der Entschei-dungsbefugnis des Gerichts (§
308 Abs.
1 Satz
1 ZPO) nicht erkennbar [X.] sind, sich der [X.] deshalb nicht erschöpfend verteidigen kann und letztlich die Entscheidung darüber, was dem [X.]n verboten wird, dem Vollstreckungsgericht überlassen bleibt (vgl. [X.], Urteil vom
16.
Mai 2013

I
ZR
216/11, [X.], 1229 Rn.
22 = [X.], 1613 -
Kinderhochstühle im [X.]
II; Urteil vom 5. November 2015

[X.], [X.], 705 Rn.
11 = [X.], 869

[X.]). Ob das der Fall ist, ist durch
Auslegung des Unterlassungsantrags
zu bestimmen, wobei
die Klagebegründung zu be-rücksichtigen
ist
(vgl. [X.], Urteil vom 13.
September 2012 -
I
ZR
230/11, [X.]Z 194, 314 Rn.
27

Biomineralwasser; [X.], [X.], 1229 Rn.
25

Kinderhochstühle im [X.]
II).
b) Danach hat das Berufungsgericht den Klageantrag trotz der an sich unbestimmten Formulierung "im Wesentlichen"
zu Recht als ausreichend be-stimmt angesehen. Die Klägerin begehrt vorliegend
allein
ein Verbot der [X.] der [X.]n außerhalb des Bereichs, in dem die beworbenen Angebote abgenommen werden können. Der Klammerzusatz "(im [X.]: räumlicher Bereich von [X.])"
verdeutlicht lediglich, dass sich das Versorgungsgebiet der [X.]n räumlich im Wesentlichen auf [X.] erstreckt. Die Klägerin wollte dadurch dem Umstand Rech-nung tragen, dass die Leitungen der [X.]n
und damit die Abnahmemög-lichkeit für ihre Produkte
nicht immer stets genau an der Landesgrenze enden.
Zugleich hat die Klägerin durch den Klammerzusatz
verdeutlicht, dass sie der Bannerwerbung der [X.]n im gesamten
Land
[X.] nicht entgegentreten will, selbst wenn dort in einzelnen Gebieten eine Versorgung 12
13
14
-
6
-
durch die [X.] nicht möglich sein sollte. Das hat die Klägerin in ihrem Schriftsatz vom 2.
Dezember 2014 ausdrücklich klargestellt.
2. Der Klägerin steht der geltend gemachte Unterlassungsanspruch nach §
8 Abs.
1 Satz
1 in Verbindung mit §§
3, 5 Abs.
1 Satz
1 und 2 Nr.
1 UWG aF und §§
3, 5 Abs.
1 Satz
1 und 2 Nr.
1 UWG wegen irreführender Werbung der [X.]n zu.
a) Da die Klägerin den geltend gemachten Unterlassungsanspruch auf Wiederholungsgefahr stützt, ist die Klage nur begründet, wenn das beanstande-te Verhalten der [X.]n sowohl zum Zeitpunkt seiner Vornahme rechtswidrig war als auch zum Zeitpunkt der Entscheidung in der Revisionsinstanz [X.] ist (st. Rspr.; vgl. nur [X.], Urteil vom 4.
Februar 2016 -
I ZR
194/14, [X.],
403 Rn.
9 = [X.],
450 -
Fressnapf). Nach dem Aufruf der [X.]seiten mit den beanstandeten Werbebannern zwischen dem 11.
De-zember 2012 und dem 24.
Januar 2013
und vor der Entscheidung in der [X.] am 28.
April 2016 ist das im Streitfall maßgebliche Recht mit Wir-kung ab dem 10.
Dezember 2015 durch das 2.
Gesetz zur Änderung des [X.] gegen den unlauteren Wettbewerb ([X.]
I 2015, S.
2158) novelliert worden. Die Bestimmung des §
3 Abs.
1 UWG wurde von der bisherigen [X.] entlastet und ebenso wie die [X.] des §
3 Abs.
2 UWG dem Wortlaut des Art.
5 Abs.
1
und 2 der Richtlinie 2005/29/[X.] über unlautere Geschäftspraktiken angeglichen. In §
5 Abs.
1 UWG wurde eine Art.
6 Abs.
1 der Richtlinie entsprechende Relevanzklausel eingefügt. Diese Änderungen haben nur klarstellenden Charakter und entsprechen der Ausle-gung des bisher geltenden Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb durch den [X.]. Eine für die Beurteilung des Streitfalls maßgebliche Änderung der Rechtslage hat sich damit nicht ergeben.
15
16
-
7
-

b)
Die Klägerin ist für den geltend gemachten Unterlassungsanspruch gemäß §
8 Abs.
3 Nr.
1, §
2 Abs.
1 Nr.
3 UWG als Mitbewerberin aktivlegiti-miert.
[X.]) Nach
§
2 Abs.
1 Nr.
3 UWG ist Mitbewerber jeder Unternehmer, der mit einem oder mehreren Unternehmern als Anbieter oder Nachfrager von Wa-ren oder Dienstleistungen in einem konkreten Wettbewerbsverhältnis steht.
Da-für reicht
es
aus, wenn beide Parteien gleichartige Waren oder Dienstleistungen innerhalb desselben Endverbraucherkreises abzusetzen versuchen mit der Fol-ge, dass das konkret beanstandete [X.] den anderen [X.], das heißt
im Absatz behindern oder stören kann (st. Rspr.; vgl. [X.], Urteil vom 17. Oktober 2013
I
ZR 173/12, [X.] 2014, 573 Rn. 15 = [X.], 552
Werbung für Fremdprodukte; Urteil vom 31.
März 2016

I
ZR
160/14,
[X.], 710 Rn. 19 = [X.],
843 -
Im Immobilien-sumpf).
bb) Danach ist die Klägerin in Bezug auf die konkret beanstandeten
Wettbewerbshandlungen
Mitbewerberin der [X.]n. Zwar beschränkt sich das Gebiet, in dem die Parteien tatsächlich im Wettbewerb Dienstleistungen absetzen, im Wesentlichen auf [X.], während die Klägerin die Werbung der [X.]n nur in dem Gebiet beanstandet, in dem diese ihre Leis-tungen nicht anbieten kann.
Mit der beanstandeten Werbung betätigt sich die [X.]
aber außerhalb von [X.] im Endkundenmarkt für In-ternetanschlüsse und damit auf demselben sachlichen, räumlichen und zeitli-chen Markt wie die Klägerin. Dadurch kann die Klägerin außerhalb [X.]s behindert werden, obwohl die
Verbraucher dort die Leistungen der [X.]n nicht
beziehen
können, weil diesen Verbrauchern
im Hinblick auf das für sie nicht verfügbare Angebot der [X.]n
die von der Klägerin ange-botenen Leistungen weniger attraktiv erscheinen können, so dass sie unter 17
18
19
-
8
-
Umständen von einer Auftragserteilung an die Klägerin abgehalten werden können.
c)
Soweit die Bannerwerbung der [X.]n außerhalb ihres Vertriebs-gebiets für kabelgebundene [X.]anschlüsse abrufbar ist, ist sie zur [X.] über die räumliche Verfügbarkeit der Dienstleistungen der [X.]n geeignet.
[X.]) Nach der vom Berufungsgericht als richtig unterstellten Behauptung der [X.]n können etwa 5% der von der Werbung angesprochenen [X.] die beworbenen Dienstleistungen tatsächlich nicht beziehen. Die tat-richterliche Würdigung des Berufungsgerichts, diesen Verbrauchern gegenüber erwecke die Werbung der [X.]n den unzutreffenden Eindruck, sie
könnten
die Leistungen der [X.]n in Anspruch nehmen, lässt keinen Rechtsfehler erkennen.
Bei [X.]nutzern außerhalb [X.]s, denen
die Wer-bung
erscheint, wird der Eindruck einer jedenfalls bundesweiten Verfügbarkeit des Angebots der [X.]n erweckt, so dass sie annehmen werden, diese Leistungen grundsätzlich auch an ihrem Wohnort in Anspruch nehmen zu kön-nen.

bb) Nicht
zu beanstanden ist die Beurteilung des Berufungsgerichts, der Bestandteil "[X.]"
im Unternehmenskennzeichen der [X.]n lasse eine räumliche Beschränkung ihres Vertriebsgebiets auf [X.]
nicht erkennen. Die Annahme, "[X.]"
in der Bezeichnung "kabel [X.]"
oder "kabel bw"
werde außerhalb des Bundeslandes [X.] nicht ohne weiteres als Kurzbezeichnung für dieses Bundesland verstanden, ist nicht erfahrungs-widrig. Darüber hinaus hat das
Berufungsgericht zutreffend darauf abgestellt, dass lokal verankerte Unternehmen nicht gehindert seien, bundesweit
tätig
zu
werden. Das ist dem Verbraucher grundsätzlich bekannt.

20
21
22
-
9
-
cc) Ohne Erfolg beruft sich die Revision in diesem Zusammenhang dar-auf,
dass
Unternehmen mit einem lokalen oder regionalen Wirkungskreis
durch
ihre Präsenz
im [X.] nicht notwendig darauf hinweisen, ihre Waren oder Leistungen bundesweit anzubieten.
Trotz des ubiquitären Charakters des Inter-nets
bleiben
stationäre Betriebe,
die sich und ihr Angebot im [X.] darstellen, grundsätzlich auf ihren räumlichen Tätigkeitsbereich beschränkt. Unternehmen wie zum Beispiel
ein Handwerksbetrieb, ein Restaurant oder ein Hotel, die sich

aus welchen Gründen auch immer
auf einen bestimmten Wirkungskreis be-schränkt haben, weisen mit ihrer [X.]präsenz
nicht notwendig darauf hin, dass diese Beschränkung in Zukunft wegfallen soll. Abweichendes gilt aber dann, wenn
ein Unternehmen mit seinem [X.]auftritt auch außerhalb seines bisherigen Wirkungskreises ansässige Kunden
anspricht
und ihnen seine Dienstleistungen anbietet. Eine solche Ansprache von Kunden liegt bei der [X.] Werbung
der [X.]n
vor, weil ihr keine räumliche [X.] zu entnehmen ist.
Die Revisionserwiderung weist zutreffend darauf hin, dass
zwischen der
schlichten
bundesweiten
Aufrufbarkeit des [X.]auftritts eines Unternehmens
(so im Fall [X.], Urteil vom 22.
Juli 2004
I
ZR
135/01, [X.] 2005, 262 = [X.] 2005, 338 -
soco.de) und einer
Werbung
zu unterscheiden ist, die

wie im Streitfall

aktiv auf bundesweit ausgerichteten Portalen wie [X.], [X.] und [X.] oder dem
nicht für [X.] bestimmten
Portal [X.] geschaltet worden ist. Wer in dieser Weise überregional im [X.] wirbt und weder
aus der Natur der Sache
noch aufgrund entsprechender Hin-weise als
allein
lokal oder regional ausgerichtetes Unternehmen
zu erkennen ist, erweckt den Eindruck einer
grundsätzlich bundesweiten Verfügbarkeit s[X.] Waren und Dienstleistungen. Das gilt insbesondere
bei
der Werbung für
Telekommunikationsdienstleistungen, bei der sich das Verkehrsverständnis deutlich von demjenigen der [X.]präsenz stationärer
Betriebe unterscheiden kann.
23
24
-
10
-
Das bedeutet zwar
nicht, dass
der
Verbraucher
eine
tatsächliche
Verfüg-barkeit der angebotenen Dienstleistungen
der [X.]n für jeden Haushalt im Bundesgebiet
erwarten
wird. Ihm werden
grundsätzlich technische Einschrän-kungen
bei der
Bereitstellung von Telekommunikationsdienstleistungen
in be-stimmten Gebieten
bewusst sein. Der
Kunde
rechnet
regelmäßig
aber jeden-falls nicht damit, dass das Bundesland, von dem aus er einen [X.]anschluss für seinen Wohnsitz nutzen möchte, von vornherein nicht
zum
Vertriebsgebiet der [X.]n
gehört.
d)
Entgegen der Ansicht der Revision
ist die
Irreführung durch die bean-standete Bannerwerbung
relevant.
[X.]) Nach §
5 Abs.
1
Satz 1
UWG ist eine irreführende geschäftliche Handlung nur unlauter, wenn sie geeignet ist, den Verbraucher oder sonstigen Marktteilnehmer zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die er andernfalls nicht getroffen hätte. Dabei kommt es auf die Vorstellung des [X.] und [X.] aufmerksamen Durchschnittsverbrauchers an ([X.], Urteil vom 18. Oktober 2001 -
I [X.], [X.] 2002, 550, 552
= [X.] 2002, 799
-
Elternbriefe;
Urteil vom 5.
November 2015
I
ZR
182/14, [X.], 521 Rn.
10 = [X.], 590
Durchgestrichener Preis
II).
Erfor-derlich ist, dass die
Werbung geeignet ist, bei einem erheblichen Teil der um-worbenen Verkehrskreise irrige Vorstellungen über marktrelevante Umstände hervorzurufen und die zu
treffende Marktentschließung in wettbewerblich rele-vanter Weise zu beeinflussen ([X.], Urteil vom 26.
Februar 2009 -
I
ZR
219/06, [X.] 2009, 888 Rn.
18
= [X.] 2009, 888
-
Thermoroll; Urteil vom
8.
März 2012

I
ZR
202/10, [X.] 2012, 1053, 1054 Rn.
19
= [X.] 2012, 1216

Marktführer Sport).

bb) Nach diesen Maßstäben hält die Beurteilung des Berufungsgerichts, die beanstandete Werbung der [X.]n führe zu einer relevanten Irreführung der Verbraucher, revisionsrechtlicher Nachprüfung stand.
25
26
27
28
-
11
-
(1) Das Berufungsgericht
hat ausgeführt, nach den
Angaben
der Beklag-ten erfasse
ihre
Bannerwerbung zu etwa 5%
Verbraucher in Gebieten, in denen ihre Dienstleistungen nicht erhältlich seien. Diejenigen
Verbraucher, die allein über die territoriale Verfügbarkeit getäuscht werden könnten,
würden
zu 100% getäuscht.
Diese
Erwägungen tragen im Ergebnis die Annahme einer relevan-ten Irreführung.
(2) Die Klägerin beanstandet die Bannerwerbung der [X.]n nicht als solche. Sie wendet sich vielmehr
lediglich
dagegen, dass diese
Werbung au-ßerhalb [X.]s an Orten aufgerufen werden kann, wo die bewor-bene Dienstleistung der [X.]n nicht verfügbar ist. Bezugspunkt für die [X.], ob
ein relevanter Teil des Verkehrs irregeführt wird, sind allein die von der beanstandeten Werbung angesprochenen Verkehrskreise. Dementsprechend liegt
eine relevante Irreführung
grundsätzlich
etwa dann vor, wenn ein bewor-benes Produkt nur in einer von
100 Filialen eines Handelsunternehmens
nicht verfügbar ist (vgl. [X.], [X.] 2003, 1257, 1258; [X.]/
[X.], 2.
Aufl., § 5 Rn. 315; Fezer/Peifer, UWG, 2. Aufl., § 5 Rn. 278; [X.]/[X.]/[X.]/[X.], Handbuch des
Wettbewerbsrechts, 4.
Aufl., §
59 Rn. 339).

Die allein von der beanstandeten Werbung angesprochenen Verkehrs-kreise außerhalb [X.]s
werden zwar
möglicherweise
entgegen der Annahme des Berufungsgerichts nicht zu 100%
getäuscht. So mag ein Teil dieser Verbraucher
das Kürzel "[X.]"
zutreffend als Hinweis auf Baden-Würt-temberg erkennen
und sich wegen des Wohnsitzes außerhalb dieses Bundes-landes von der Werbung nicht angesprochen fühlen. Die Feststellungen des Berufungsgerichts tragen aber jedenfalls die Annahme, dass
ein erheblicher Teil der außerhalb [X.]s von der beanstandeten Werbung an-gesprochenen Verbraucher über die räumliche Verfügbarkeit des Angebots der [X.]n irregeführt wird.
29
30
31
-
12
-
(3) Der lauterkeitsrechtlichen Erheblichkeit der Irreführung steht nicht entgegen, dass die [X.]
nach
ihrer
vom Berufungsgericht als richtig unter-stellten Behauptung ein
Geo-Targeting-Verfahren
verwendet, durch das mit [X.] Genauigkeit von 95% Verbraucher aus [X.] erreicht wer-den, die allein
die [X.]
als Kunden
für ihre Leistungen gewinnen will.
Die von der [X.]n grundsätzlich unerwünschte Ausstrahlung ihrer Werbung in Gebiete, in denen sie ihre Leistung nicht anbietet, ist kein
unter Umständen
un-erheblicher "Ausreißer", sondern ein Streuverlust, der von der [X.]n [X.] in Kauf genommen wird, obwohl sie eine Irreführung durch einen Hinweis auf die räumliche Verfügbarkeit ihres Angebots ohne weiteres ausschließen könnte.
(4) Die Werbung der [X.]n ist geeignet, die
dadurch irregeführten
Verbraucher außerhalb [X.]s zu einer geschäftlichen Entschei-dung zu veranlassen, die sie andernfalls nicht getroffen hätten.
Diese Verbraucher werden dazu veranlasst, sich durch Aufruf der Web-seite der [X.]n näher mit deren Angebot zu befassen. Der Begriff der "ge-schäftlichen Entscheidung"
umfasst nicht nur die Entscheidung über den Er-werb oder Nichterwerb eines Produkts, sondern auch damit unmittelbar zu-sammenhängende Entscheidungen wie insbesondere das Betreten des Ge-schäfts ([X.],
Urteil vom 19.
Dezember 2013
281/12, [X.] 2014, 196 Rn.
36 =
[X.], 161
Trento [X.]). Das Aufsuchen einer
[X.]seite, auf der Produkte oder Dienstleistungen unmittelbar bestellt werden können, steht dem Betreten eines stationären Geschäfts
gleich (vgl. [X.], Beschluss vom 28. Januar 2016 -
I [X.], [X.], 399 Rn. 16 f., 22
= [X.], 459 -
[X.]).
Zutreffend hat das Berufungsgericht angenommen, der Schutzbereich des § 5 UWG umfasse Fälle, in denen von der Irreführung
-
wie
im Streitfall -
eine Anlockwirkung ausgeht, grundsätzlich auch dann, wenn die
Irreführung 32
33
34
35
-
13
-
noch
rechtzeitig vor der Kaufentscheidung ausgeräumt
wird (vgl. [X.], Urteil vom 7. Juli 2011 -
I [X.], [X.] 2012, 208 Rn. 34 = [X.] 2012, 311

10% Geburtstags-Rabatt; [X.], [X.], 1226, 1228; Bornkamm in [X.]/Bornkamm, UWG, 34.
Aufl.,
§ 5 Rn. 2.192). Es kann deshalb dahin-stehen, ob es überhaupt als ein zur Ausräumung eines
Irrtums
über die [X.] Verfügbarkeit des Angebots der [X.]n ausreichender Hinweis anzuse-hen ist, wenn der Kunde bei Beginn eines Bestellvorgangs auf der [X.]seite der [X.]n seine Postleitzahl angeben soll, damit sichergestellt werden kann, ob das von ihm gewünschte Produkt für seine Adresse verfügbar ist.
e)
Ein Vorabentscheidungsersuchen an den Gerichtshof der [X.] gemäß Art.
267 AEUV ist nicht veranlasst (vgl. [X.], Urteil vom 6.
Oktober 1982 -
C-283/81, Slg. 1982, 3415 Rn.
21 = NJW 1983, 1257

C.[X.]L.F.[X.]T.). Im Streitfall stellt sich keine entscheidungserhebliche Frage zur Auslegung der Richtlinie 2005/29/[X.], die nicht bereits durch die Rechtspre-chung des Gerichtshofs geklärt oder zweifelsfrei zu beantworten ist. Der vorlie-gende Sachverhalt ist nicht mit dem Fall "[X.]" vergleichbar, den der Senat zum Gegenstand eines Vorabentscheidungsersuchens gemacht hat ([X.], [X.], 399 -
[X.]). Die beim Senat bestehenden Zweifel an der Auslegung der Entscheidung "Trento [X.]"
des [X.] ([X.] 2014, 196)
im Hinblick auf dessen Urteil "Ving Sverige"
([X.], Urteil vom 12.
Mai 2011
122/10, Slg. 2011, 3903 =
[X.] 2011, 930 Rn.
56)
bestehen im Streitfall nicht, weil nicht die Unterlassung wesentli-cher Angaben im Sinne von Art. 7 Abs. 4 der Richtlinie 2005/29/[X.] in Rede
steht und wegen der [X.] von [X.]handel und stationärem Handel kein vernünftiger Zweifel daran besteht, dass dem Aufsuchen eines Ge-schäfts in der Entscheidung "Trento [X.]"
im [X.]handel grundsätzlich der Aufruf einer [X.]seite mit unmittelbarer Bestellmöglichkeit entspricht.
36
-
14
-
II[X.] Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

Büscher
Schaffert
Kirchhoff

Koch
Feddersen
Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 23.04.2014 -
40 O 67/13 KfH -

O[X.], Entscheidung vom 22.12.2014 -
2 U 56/14 -

37

Meta

I ZR 23/15

28.04.2016

Bundesgerichtshof I. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 28.04.2016, Az. I ZR 23/15 (REWIS RS 2016, 12114)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2016, 12114

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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