Bundesgerichtshof, Beschluss vom 22.04.2015, Az. 2 StR 503/14

2. Strafsenat | REWIS RS 2015, 12262

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Gegenstand

Verhängung von Jugendstrafe: Erforderlichkeit von Ausführungen zum aktuell bestehenden Erziehungsbedarf bei bereits verbüßter Untersuchungshaft


Tenor

1. Auf die Revisionen der Staatsanwaltschaft und des Angeklagten wird das Urteil des [X.] vom 11. Juli 2014 im Strafausspruch aufgehoben.

2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittel, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

3. Die weitergehende Revision des Angeklagten wird verworfen.

Gründe

1

Das [X.] hat den Angeklagten wegen schweren räuberischen Diebstahls in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung und wegen besonders schweren Raubes in Tateinheit mit Körperverletzung zu einer Jugendstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten verurteilt. Die zu Gunsten des Angeklagten eingelegte und auf den Rechtsfolgenausspruch beschränkte Revision der Staatsanwaltschaft hat in vollem Umfang, das Rechtsmittel des Angeklagten im Hinblick auf den Strafausspruch Erfolg; im Übrigen ist es unbegründet (§ 349 Abs. 2 StPO).

2

1. Der Schuldspruch begegnet aus den vom [X.] dargelegten Gründen keinen durchgreifenden rechtlichen Bedenken.

3

2. Hingegen hält der Strafausspruch rechtlicher Überprüfung nicht stand.

4

Es kann dahinstehen, ob bereits die Entscheidung des [X.]s, gemäß § 17 Abs. 2 2. Alt. [X.] Jugendstrafe wegen der Schwere der Schuld zu verhängen, rechtsfehlerhaft ist, weil diese dem äußeren Tatgeschehen unter Vernachlässigung der subjektiven und in der Person des Angeklagten liegenden schuldbegründenden Umständen eine zu große Bedeutung eingeräumt hat.

5

Jedenfalls begegnet der Ausspruch über die Höhe der Jugendstrafe durchgreifenden rechtlichen Bedenken. Denn die [X.] lassen nicht erkennen, dass das [X.] dem Erziehungsgedanken die ihm zukommende Bedeutung beigemessen hat (vgl. BGHR [X.] § 18 Abs. 2 Erziehung 8 bis 10). Wie der [X.] in seiner Antragsschrift zutreffend ausführt, hat das [X.] bei der Bemessung der Jugendstrafe im Wesentlichen auf das verwirklichte [X.] abgestellt und im Übrigen vor allem Strafzumessungserwägungen aus dem allgemeinen Strafrecht berücksichtigt, etwa wenn es auf die tateinheitliche Verwirklichung mehrerer Deliktstatbestände abstellt, auf erhöhte kriminelle Energie hinweist oder darlegt, dass keine Schadenswiedergutmachung nach § 46a StGB erfolgt ist. Deutlich wird dies auch, soweit die Strafkammer berücksichtigt, dass ihrer Meinung nach jeweils kein minder schwerer Fall gegeben ist. Zwar hat auch bei der Bemessung einer Jugendstrafe eine solche Prüfung ihre Bedeutung, allerdings nur insoweit, als in der hypothetischen Bestimmung eines Strafrahmens aus dem allgemeinen Recht die Bewertung des [X.]s insbesondere in solchen Fällen zum Ausdruck kommt, die sich im Erwachsenenstrafrecht als minder schwere Fälle darstellen würden (st. Rspr.; vgl. BGHR [X.] § 18 Abs. 1 Satz 3 minder schwerer Fall 1 bis 3). Dass das [X.] die insoweit beschränkte Bedeutung seiner Prüfung für die Bemessung der Jugendstrafe erkannt und dementsprechend zurückhaltend gewürdigt hätte, lässt sich den Urteilsgründen nicht entnehmen.

6

Demgegenüber finden sich keine Ausführungen zu erzieherischen Erfordernissen, die über eine bloß schlagworthafte Erwähnung hinausgehen. Konkrete Erwägungen zum aktuell bestehenden Erziehungsbedarf fehlen, wären aber bei dem bislang nicht vorbestraften und sich in einer schwierigen [X.] Lage befindenden Angeklagten, der sich zudem bei einem Tatopfer entschuldigt hatte, unerlässlich gewesen. Dies gilt um so mehr, als der Angeklagte zum Zeitpunkt der Verurteilung bereits mehr als elf Monate Untersuchungshaft verbüßt hatte, und angesichts dessen zu erörtern gewesen wäre, welche erzieherische Wirkung dies auf den Angeklagten gehabt hat und ob gleichwohl noch ein erheblicher Erziehungsbedarf besteht, der die Verhängung einer längeren Jugendstrafe erforderlich macht. Der pauschale Hinweis auf die erzieherische Notwendigkeit reicht hierfür nicht aus.

7

Dies bedingt die Aufhebung des Strafausspruchs. Der [X.] kann nicht ausschließen, dass bei Zugrundelegung des vom Gesetz geforderten [X.] jedenfalls eine kürzere Jugendstrafe verhängt worden wäre.

8

Da es sich bei dem aufgezeigten Rechtsfehler um einen bloßen Wertungsfehler handelt, können die Feststellungen bestehen bleiben. Ergänzende, hierzu nicht in Widerspruch stehende Feststellungen sind möglich.

[X.]     

Eschelbach     

Richterin am Bundesgerichtshof
Dr. [X.] ist an der Unterschriftsleistung
gehindert.

[X.]

Zeng     

Bartel     

Meta

2 StR 503/14

22.04.2015

Bundesgerichtshof 2. Strafsenat

Beschluss

Sachgebiet: StR

vorgehend LG Frankfurt, 11. Juli 2014, Az: 5/3 KLs 2/14

§ 17 Abs 2 Alt 2 JGG, § 18 Abs 2 JGG

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 22.04.2015, Az. 2 StR 503/14 (REWIS RS 2015, 12262)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2015, 12262

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