Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 26.04.2005, Az. X ZB 17/04

X. Zivilsenat | REWIS RS 2005, 3855

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[X.]BESCHLUSS [X.]
vom 26. April 2005 in dem Kostenfestsetzungsverfahren
Nachschlagewerk: ja [X.]: nein [X.]R: ja

GG Art. 101 Abs. 1 Satz 2; ZPO § 579 Abs. 1 Nr. 1

Eine fehlerhafte Auswahl der richterlichen Mitglieder eines [X.]wahlaus-schusses führt nicht dazu, daß von diesem gewählte und dann ernannte [X.] nicht gesetzliche [X.] sein können und der Spruchkörper, dem sie angehören, nicht ordnungsgemäß besetzt ist.

ZPO § 91 Abs. 2 Satz 1 1. Halbs.; [X.] § 27 Abs. 1 Nr. 1
Es kann regelmäßig keine Erstattung von Kosten verlangt werden, die ein [X.] späterer Instanz für die Anfertigung von Ablichtungen von Bestandteilen von Gerichtsakten [X.] hat, über welche die Handakten eines früheren Prozeßbevollmächtigten nach § 50 Abs. 1 [X.] ein geordnetes Bild geben müssen.

[X.], [X.]. v. 26. April 2005 - [X.] - [X.] (Oder)

- 2 - [X.] hat durch den Vorsitzenden [X.] [X.], den [X.] Scharen, die [X.]in Mühlens und die Rich-ter Prof. Dr. Meier-Beck und [X.] am 26. April 2005

beschlossen:

Auf die Rechtsbeschwerde der Klägerin wird der [X.]uß des 6. Zivilsenats des [X.] vom 24. Juni 2004 aufgehoben, soweit hiermit die aufgrund des Urteils des [X.] vom 7. Januar 2003, berichtigt durch [X.] vom 12. März 2003, von der Klägerin an den Beklagten zu erstattenden Kosten zweiter Instanz auf mehr als 14.075,78 • nebst 5 Prozentpunkten Zinsen über dem Basiszinssatz nach § 247 BGB
seit dem 14. Februar 2003 festgesetzt worden sind.

Im Umfang der Aufhebung wird der die Kosten zweiter Instanz be-treffende Kostenfestsetzungsantrag des [X.].

Der Beklagte hat die Kosten des [X.] zu
tragen.

Der [X.] beträgt 70,04 •. - 3 - Gründe:

[X.] Die Klägerin ist durch am 12. März 2003 berichtigtes Urteil des Senats vom 7. Januar 2003 verurteilt, die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
Auf Kostenfestsetzungsantrag des Beklagten hin hat der Rechtspfleger des [X.] die von der Klägerin dem Beklagten zu erstattenden Kosten des Berufungsverfahrens auf insgesamt 14.153,47 • festgesetzt. In diesem Betrag sind 77,69 • für die Fertigung von Fotokopien der erstinstanzlichen Ge-richtsakte (320 Seiten) enthalten. Wegen der Festsetzung auch dieses Betrags hat die Klägerin sofortige Beschwerde eingelegt. Nach [X.] durch den Rechtspfleger hat das [X.] die Ablichtung von insgesamt 277 Seiten als berechtigt anerkannt, so daß sich insoweit ein festzusetzender Betrag von 70,04 • ergebe, und den Kostenfestsetzungsbeschluß des Landge-richts entsprechend neu gefaßt.
Die Klägerin verfolgt nunmehr mit der Rechtsbeschwerde ihr Begehren nach vollständiger Zurückweisung des das Berufungsverfahren betreffenden Kostenfestsetzungsantrags weiter, soweit dieser wegen der Fertigung von Fo-tokopien aus der erstinstanzlichen Gerichtsakte gestellt ist.
I[X.] Die vom [X.] zugelassene und auch sonst zulässige Rechtsbeschwerde der Klägerin führt zur Aufhebung des angefochtenen [X.], soweit der festgesetzte Erstattungsbetrag 14.075,78 • nebst Zinsen übersteigt. - 4 - 1. Keinen Erfolg hat allerdings die Verfahrensrüge der Klägerin, an dem angefochtenen [X.]uß des [X.]s habe mindestens ein [X.] mitgewirkt, der von einem Wahlausschuß gewählt worden sei, der nicht dem [X.]gesetz des [X.] entsprechend besetzt gewesen sei. Dabei kann dahinstehen, ob der von der Klägerin unter Hinweis auf Verlautba-rungen des zuständigen Ministeriums und der Presse erhobene Vorwurf, [X.] [X.]stellen seien wegen eines Widerspruchs der für die Wahl von [X.]n erlassenen Verordnung mit dem [X.]gesetz des [X.] seit 1993 "formal falsch besetzt" worden und mindestens einer der am angefochtenen [X.]uß mitwirkenden [X.] sei hiervon betroffen. Denn der behauptete Fehler bedeutet weder, daß die Klägerin entgegen Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG ihrem gesetzlichen [X.] entzogen worden ist, noch, daß der beschließende Senat des [X.]s Brandenburg nicht vorschriftsmäßig besetzt war.
a) Damit ein mitwirkender [X.] - abgesehen von weiteren hier nicht interessierenden Voraussetzungen - gesetzlicher [X.] ist, muß er wirksam zum [X.] bestellt sein ([X.], [X.]. v. 10.05.1992 - 2 BvR 528/92, [X.], 281 unter Hinweis auf Art. 92 GG). Bei einem Berufsrichter reicht dazu nach § 17 DRiG aus, daß er durch Aushändigung einer entsprechenden Ur-kunde ernannt ist. Ein bloßer Mangel des Auswahlverfahrens, wie er hier gel-tend gemacht ist, entzieht damit grundsätzlich niemand seinem gesetzlichen [X.] ([X.], [X.]. v. 16.09.2004 - [X.], NJW 2004, 3784; vgl. auch [X.], [X.]. v. 27.10.1996 - 2 BvR 1375/96; [X.]St 38, 47). Etwas anderes kann erst gelten, wenn vorgekommene Fehler die Zusammensetzung der [X.]bank im Einzelfall als manipuliert erscheinen lassen können (vgl. [X.], aaO). Sieht das [X.]gesetz des betreffenden [X.] als die Ernen-nung vorbereitende Maßnahme eine Wahl durch einen [X.]wahlausschuß - 5 - vor, mag diese Ausnahme gegeben sein, wenn von einer Wahl im Rechtssinne überhaupt nicht mehr gesprochen werden kann (vgl. [X.]St 26, 206). Davon kann hier jedoch nicht die Rede sein, weil ein - wie gesetzlich vorgesehen - aus [X.]n, Landtagsabgeordneten und einem Rechtsanwalt bestehender Wahl-ausschuß die betreffenden [X.] gewählt hat, die richterlichen Mitglieder des die [X.]wahl durchführenden Ausschusses ihrerseits nach Maßgabe der einschlägigen [X.]verordnung gewählt sind und nur in Frage steht, ob de-ren Wahl auch den Vorgaben des [X.]gesetzes des [X.] entspricht.
b) Entsprechendes gilt für die Rüge nicht vorschriftsmäßiger Besetzung des Senats des [X.]s, der den angefochtenen [X.]uß getrof-fen hat. Der geltend gemachte Mangel des Verfahrens bei der Auswahl der zu ernennenden Berufsrichter kann auch die ordnungsgemäße Besetzung dieses Gerichts nicht in Frage stellen (vgl. [X.] 38, 47), weil das beanstandete [X.] für die Bestimmung der konkret zuständigen [X.] nur vorbereitende Bedeutung hat.
2. In der Sache ist die Rechtsbeschwerde jedoch begründet.

a) Die allein streitigen Kosten für die Fertigung von Ablichtungen aus der erstinstanzlichen Gerichtsakte macht der Beklagte als Teil des an seinen zweitinstanzlichen Prozeßbevollmächtigten zu zahlenden Betrags geltend. Die Erstattungsfähigkeit richtet sich deshalb - entgegen der Meinung der Rechts-beschwerde - nicht nach § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO, sondern nach § 91 Abs. 2 Satz 1 1. Halbsatz ZPO ([X.], [X.]. v. 04.02.2003 - [X.], NJW 2003, 1532). Hiernach gelten die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des [X.] 6 - anwalts der obsiegenden [X.] stets als zweckentsprechende Kosten der Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung ([X.], [X.]. v. 27.03.2003 - [X.], [X.]. S. 4; [X.]. v. 04.02.2003, aaO). Wird Erstattung von Fotokopiekosten verlangt, die der Prozeßbevollmächtigte der obsiegenden [X.] [X.] hat, ist deshalb allein zu prüfen, ob der Prozeßbevollmächtigte gegenüber der von ihm vertretenen [X.] Anspruch auf deren Ersatz hat. b) In Anbetracht des Zeitpunkts, zu dem der Beklagte seinen zweitin-stanzlichen Prozeßbevollmächtigten beauftragt hat, richtet sich das im Streitfall nach § 27 Abs. 1 Nr. 1 [X.] (§ 61 RVG). Hiernach ist maßgeblich, ob die Herstellung der streitigen Ablichtungen zur sachgemäßen Bearbeitung der Rechtssache geboten war. Das ist aus der Sicht zu beurteilen, die ein verstän-diger und durchschnittlich erfahrener Prozeßbevollmächtigter (vgl. OVG [X.] 2002, 530; Thüringisches LSG JurBüro 2004, 430) haben kann, wenn er sich mit der betreffenden Gerichtsakte beschäftigt und alle [X.] bedenkt, die bei der dann noch erforderlichen eigenen Bearbeitung der Sache auftreten können (vgl. [X.] 1998, 2007; [X.] NVwZ-RR 2001, 413 m.w.N.). Wenn deshalb im Rahmen der Festsetzung der von dem unterlegenen Gegner zu erstattenden Beträge und deren Überprüfung auch kein kleinlicher Maßstab angelegt werden darf ([X.] NVwZ-RR 2001, 413 m.w.N.), sind gleichwohl nicht erstattungsfähig nicht nur - wie das [X.] meint - Kosten für die Ablichtung von Aktenbestandteilen, die für das weitere Vorgehen des Rechtsanwalts von vornherein irrelevant sind, son-dern auch Kosten für Aktenbestandteile, von denen der zweitinstanzliche [X.] sicher erwarten konnte, daß von ihnen bereits [X.] gefertigt sind oder Abschriften existieren und hierauf rechtzeitig zurückge-griffen werden kann. Dann kann es nicht geboten sein, nochmals Ablichtungen - 7 - zu fertigen, um die Sache sachgerecht bearbeiten zu können (vgl. [X.] NZS 1998, 207). Die insoweit gebotene Handlung besteht dann dar-in, für den Erhalt dieser Ablichtungen und Abschriften zu sorgen, und die Ferti-gung eigener Kopien aus der Gerichtsakte kommt erst in Betracht, wenn und soweit vorhandene Ablichtungen und Abschriften gleichwohl nicht rechtzeitig zu dem Prozeßbevollmächtigten gelangen.
c) Hiervon ausgehend ist die Festsetzung von 70,04 • unberechtigt. Gemäß § 50 Abs. 1 [X.] hatte der erstinstanzliche Prozeßbevollmächtigte des Beklagten Handakten anzulegen, die ein geordnetes Bild über die von [X.] entfaltete Tätigkeit geben können. Hierzu gehört jedenfalls die Sammlung der von den [X.]en in erster Instanz gewechselten Schriftsätze. Gemäß §§ 667, 675 BGB hatte der Beklagte einen Anspruch auf Herausgabe dieser Handakten. Dieser Anspruch konnte durch Übersendung an den [X.] des Beklagten realisiert werden. Diese Übersen-dung war gemäß § 37 Nr. 7 [X.] auch Teil der zu dem erstinstanzlichen Rechtszug gehörenden, von dem erstinstanzlichen Prozeßbevollmächtigten zu erledigenden Tätigkeiten. Der zweitinstanzliche Rechtsanwalt des Beklagten konnte deshalb erwarten, auf diesem Wege beispielsweise die erstinstanzli-chen Schriftsätze der [X.]en auch auf andere Weise als durch eigene Ablich-tung aus der Gerichtsakte zu erhalten und der weiteren eigenen Bearbeitung der Sache zugrunde legen zu können. Denn etwas Gegenteiliges ist vom [X.] nicht festgestellt und kann deshalb auch der rechtlichen [X.] des angefochtenen [X.]usses nicht zugrunde gelegt werden. [X.] ist nichts dafür festgestellt, daß der zweitinstanzliche Prozeßbevollmäch-tigte des Beklagten die Handakten des erstinstanzlichen Kollegen im Streitfall bei entsprechender Anforderung nicht rechtzeitig erhalten hätte. - 8 -
d) Allenfalls hinsichtlich der gerichtlichen Verfügung, auf Grund der die Klage zugestellt worden ist, der [X.] und des die Zustellung des erstinstanzlichen Urteils an den Gegner betreffenden Empfangsbekennt-nisses bestand unter diesen Umständen Anlaß zu Zweifeln, ob auch sie in Ab-lichtung oder Abschrift in den Handakten des erstinstanzlichen Prozeßbevoll-mächtigten des Beklagten enthalten und rechtzeitig zu erhalten sind. Auch in-soweit ist jedoch nicht ersichtlich, warum es gerade der Herstellung von Foto-kopien aus der Gerichtsakte bedurfte, um die Sache sachgerecht bearbeiten zu können. Bedeutsam sind insoweit jeweils nur der Vorgang und sein Zeitpunkt. Diese Umstände lassen sich jedoch ohne weiteres nach Akteneinsicht in Form entsprechender Vermerke in der eigenen Handakte festhalten.
3. [X.] folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO.

[X.] Scharen Mühlens

[X.]

Meta

X ZB 17/04

26.04.2005

Bundesgerichtshof X. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 26.04.2005, Az. X ZB 17/04 (REWIS RS 2005, 3855)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2005, 3855

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