Bundessozialgericht, Beschluss vom 07.09.2023, Az. B 5 RS 4/22 B

5. Senat | REWIS RS 2023, 8915

© Bundessozialgericht, Dirk Felmeden

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Gegenstand

Anspruch auf Rücknahme eines rechtswidrigen nicht begünstigenden Verwaltungsakts nach einem wiederholt gestellten Überprüfungsantrag - zusätzliche Altersversorgung der technischen Intelligenz - Glaubhaftmachung der Höhe von Jahresendprämien in einer Mindesthöhe


Tenor

Die Beschwerde der Beklagten gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des [X.] vom 8. September 2022 wird zurückgewiesen.

Die Beklagte hat dem Kläger für das Beschwerdeverfahren die außergerichtlichen Kosten zu erstatten.

Gründe

1

I. Zwischen den Beteiligten ist im Rahmen eines erneuten Überprüfungsverfahrens noch streitig die Feststellung von [X.] als weiteres Arbeitsentgelt für die Beschäftigung in den Jahren 1975 bis 1977 und 1980 bis 1982 ([X.] 1976 bis 1978 und 1981 bis 1983).

2

Mit Bescheid vom 24.6.1999 in der Fassung der Bescheide vom 5.5.2008, [X.], 10.11.2016, [X.] und [X.] stellte die Beklagte das Vorliegen der Voraussetzungen von § 1 Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetz ([X.]), die Beschäftigungszeiten des [X.] vom 5.12.1966 bis zum 30.6.1990 als "nachgewiesene Zeiten" der zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz sowie die in diesen Zeiträumen erzielten Arbeitsentgelte des [X.] fest. Im Verfahren nach der Ablehnung eines im September 2007 gestellten Überprüfungsantrags auf Anerkennung von höheren [X.] unter Berücksichtigung von [X.] entschied das [X.] mit Urteil vom 19.7.2016 ([X.] RS 426/12) ua, "dass weitere Arbeitsentgelte des [X.] für die Jahre 1976 bis 1987 und 1989 bis 1990 wegen zu berücksichtigender [X.]zahlungen […] zu berücksichtigen sind". Nur für das [X.] sei der Zufluss im Jahr 1988 nachgewiesen, für die Beschäftigungsjahre 1975 bis 1986 und 1988 bis 1989 sei es überwiegend wahrscheinlich und daher glaubhaft gemacht, dass dem Kläger [X.] tatsächlich zugeflossen seien, weil er gemäß § 117 Abs 1 des [X.] ([X.]) vom [X.] ([X.], 185) dem Grunde nach Anspruch auf [X.] gehabt habe. Die Zahlung von [X.] sei für sein [X.] glaubhaft in einem Betriebskollektivvertrag vereinbart gewesen, sein [X.] habe glaubhaft die vorgegebenen Leistungskriterien in der festgelegten Mindesthöhe erfüllt und er sei in den Jahren 1975 bis 1989 während des gesamten [X.] nachweislich Angehöriger der jeweiligen Betriebe gewesen. Für die Jahre 1978 und 1979 (Zufluss in den Jahren 1979 und 1980) seien Beträge auch in konkreter Höhe glaubhaft gemacht. Dagegen sei die konkrete Höhe der gezahlten [X.] für die weiteren vom Kläger begehrten Jahre weder nachgewiesen noch glaubhaft gemacht. Deshalb mache das Gericht von einer Schätzbefugnis Gebrauch, die sich aus § 202 [X.]G iVm § 287 Abs 2, Abs 1 Satz 1 ZPO ergebe.

3

Der Senat änderte mit Urteil vom [X.] ([X.] RS 5/17 R) das Urteil des [X.] und wies die Berufung des [X.] gegen das insgesamt klageabweisende Urteil des [X.] auch insoweit zurück, als die Feststellung höherer jährlicher Arbeitsentgelte unter Berücksichtigung von [X.] für die Beschäftigungsjahre 1975 bis 1977, 1980 bis 1986 und 1988 bis 1989 ([X.] 1976 bis 1978, 1981 bis 1987 und 1989 bis 1990) betroffen war. Die Zurückweisung der Berufung hinsichtlich der Zeiten außerhalb des Zeitraums vom 1.2.1974 bis zum 31.12.1987 galt mit der Maßgabe, dass die Klage als unzulässig abgewiesen wurde.

4

Im November 2018 beantragte der Kläger erneut bei der [X.] die Überprüfung der Feststellungsbescheide und begehrte die Feststellung von weiteren [X.] in Form von [X.]. Die Beklagte lehnte dies mit Bescheid vom [X.] in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom [X.] ab. Das [X.] hat die Klage abgewiesen (Urteil vom 2.11.2021). Das [X.] hat auf die Berufung des [X.] das [X.]-Urteil geändert und die Beklagte unter Aufhebung der angefochtenen Verwaltungsentscheidung verurteilt, die bisherigen Feststellungsbescheide dahingehend zu ändern, dass für die [X.] 1976 bis 1978 und 1981 bis 1983 weitere Arbeitsentgelte des [X.] wegen zu berücksichtigender [X.]zahlungen festzustellen sind. Nach dem Ergebnis der umfangreichen Ermittlungen sei glaubhaft gemacht, dass die Voraussetzungen des § 117 Abs 1 [X.] vom [X.] ([X.], 185) vorgelegen hätten und der Kläger jeweils auch eine [X.] erhalten habe. Für die [X.] 1976 bis 1978 und 1981 bis 1983 hat das [X.] die Zahlung von [X.] in Höhe eines [X.] als glaubhaft gemacht angesehen. Für diese Zeiträume hätten § 9 Abs 7 [X.]-VO 1968, § 12 [X.] 1971 und § 6 Abs 1 [X.] verbindlich festgelegt, dass der [X.] (auch) bei leistungsgerechter Differenzierung der [X.] ermöglichen müsse, dass die Mindesthöhe der [X.] des einzelnen Werktätigen ein Drittel seines (durchschnittlichen) Monatsverdienstes betrage. Diese Mindesthöhe der an den einzelnen Werktätigen zu zahlenden [X.] habe nach § 12 [X.] 6 Satz 2 [X.]-VO 1971 und § 6 Abs 1 [X.] und 3 [X.]-VO 1972 nur dann unterschritten werden dürfen, wenn der Werktätige nicht während des gesamten [X.] im Betrieb tätig gewesen sei und einer der Ausnahmefälle des § 5 Abs 1 Satz 1 der [X.] zur [X.]-VO 1972 vorgelegen habe. Diese Regelungen seien als "generelle Anknüpfungstatsachen" bzw als "generelle Tatsachen" heranzuziehen und bestätigten im Zeitraum ihrer Geltung zumindest eine individuelle Mindesthöhe des [X.]betrags jedes einzelnen Werktätigen, der die Anspruchsvoraussetzungen dem Grunde nach erfüllt habe. Im konkreten Fall sei hinreichend tatsächlich glaubhaft gemacht, dass der Kläger sämtliche Voraussetzungen für einen Rechtsanspruch auf [X.] erfüllt habe. Für die nachfolgenden Zeiträume ab dem [X.] sei ein Mindestbetrag oder eine berechenbare Mindesthöhe der [X.] des einzelnen Werktätigen durch die [X.]-VO 1982 nicht mehr festgelegt worden (Urteil vom 8.9.2022).

5

Gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des [X.] hat die Beklagte Beschwerde zum B[X.] eingelegt. Sie macht eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache sowie einen Verfahrensmangel geltend (§ 160 Abs 2 [X.] und 3 [X.]G).

6

II. Die Beschwerde der [X.] gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des [X.] hat keinen Erfolg. Hinsichtlich des gerügten [X.] ist die Nichtzulassungsbeschwerde bereits unzulässig. Soweit die Beklagte eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache geltend macht, ist die Beschwerde jedenfalls als unbegründet zurückzuweisen.

7

1. Soweit die Beklagte zunächst einen Verfahrensmangel iS von § 160 Abs 2 [X.] [X.]G geltend macht, hat sie diesen nicht hinreichend bezeichnet (§ 160a Abs 2 Satz 3 [X.]G). Hierzu müssen die Umstände, aus denen sich der Verfahrensfehler ergeben soll, substantiiert dargetan werden. Darüber hinaus ist es erforderlich darzulegen, dass und warum die Entscheidung des [X.] ausgehend von dessen materieller Rechtsansicht auf dem Mangel beruhen kann, sofern nicht ein absoluter Revisionsgrund geltend gemacht wird (vgl B[X.] Beschluss vom 15.6.2023 - [X.] R 67/23 B - juris Rd[X.]).

8

Die Beklagte rügt einen Verstoß gegen § 141 Abs 1 [X.]G und trägt dazu vor, das [X.] habe die materielle Rechtskraft des [X.] vom [X.] ([X.] RS 5/17 R) nicht beachtet. Das Berufungsgericht habe über denselben Streitgegenstand erneut entschieden. Der geltend gemachte Anspruch auf Feststellung weiterer Arbeitsentgelte in Form von [X.] sei mit der bereits zuvor eingeklagten Forderung des [X.] identisch und damit Gegenstand des bereits abgeschlossenen Rechtsstreits zwischen den Beteiligten gewesen. Auch die [X.]-VOen hätten bereits zum [X.] gehört. Die Klage hätte deshalb als unzulässig abgewiesen werden müssen.

9

Damit hat die Beklagte einen Verfahrensmangel nicht schlüssig aufgezeigt. Die Beschwerdebegründung enthält keine Ausführungen dazu, inwiefern die Rechtskraft des Urteils vom [X.] auch dann maßgeblich ist, wenn über einen Antrag im Überprüfungsverfahren nach § 44 [X.]B X entschieden wurde (vgl dazu den Überblick bei [X.] in [X.]/[X.]/[X.]/[X.], [X.]G, 13. Aufl 2020, § 141 Rd[X.]1). So geht sie nicht auf die Rechtsprechung ein, wonach die Gerichte im Rahmen einer auf einen Zugunstenbescheid gerichteten Klage nicht unmittelbar die rechtskräftigen Gerichtsurteile kontrollieren, sondern das Verhalten der Verwaltung daraufhin, ob sie das neue Sachbegehren ungeachtet rechtsverbindlicher Regelungen ablehnen durfte (vgl B[X.] Urteil vom [X.] - 9 RV 29/80 - B[X.]E 51, 139, 141 = [X.] 3900 § 40 [X.]5 S 39 f). Einem Antrag nach § 44 [X.]B X steht nach dieser Rechtsprechung deshalb die Rechtskraft einer früheren gerichtlichen Entscheidung nicht entgegen (vgl B[X.] Beschluss vom 20.7.2011 - [X.] R 97/11 B - [X.] 4-1500 § 158 [X.] Rd[X.]1). § 44 [X.]B X vermittelt vielmehr einen einklagbaren Anspruch auf Rücknahme eines rechtswidrigen Verwaltungsakts unabhängig davon, ob dieser durch ein rechtskräftiges Urteil bestätigt wurde (vgl B[X.] Urteil vom 10.12.2013 - [X.] R 91/11 R - [X.] 4-2600 § 249b [X.] Rd[X.]8; B[X.] Urteil vom 26.10.2017 - B 2 U 6/16 R - [X.] 4-2200 § 547 [X.] Rd[X.]6 mwN). Dies gilt auch im Falle wiederholter Überprüfungsanträge (vgl B[X.] Urteil vom [X.] - B 2 U 24/05 R - B[X.]E 97, 54 = [X.] 4-2700 § 8 [X.]8, Rd[X.]2 unter Hinweis auf B[X.] Urteil vom [X.] - 9 RV 29/80 - B[X.]E 51, 139, 141 = [X.] 3900 § 40 [X.]5 S 39 f). Hierzu verhält sich die Beschwerdebegründung nicht.

2. Die Beklagte formuliert zunächst als Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung:

        

"Kommt angesichts des gesetzlichen, in § 6 Absatz 1 Satz 1, § 8 Absatz 1 Satz 2 AAÜG verankerten Auftrages, ein konkretes, [X.], tatsächlich erzieltes Arbeitsentgelt des Berechtigten feststellen zu müssen, die Feststellung der Höhe von Jahresendprämien in einer Mindesthöhe, die glaubhaft gemacht wird, überhaupt in Betracht?"

Sie macht dazu geltend, die "[X.]" des B[X.] ua vom 15.12.2016 ([X.] RS 4/16 R - B[X.]E 122, 197 = [X.] 4-8570 § 6 [X.]) seien zur Auslegung von § 6 Abs 6 [X.] ergangen. Sie hätten sich mit unterschiedlichen Beweismaßstäben und der Frage befasst, ob durch Beweiserleichterungen des materiellen oder formellen Rechts eine weitere Verminderung des Beweismaßstabs der Glaubhaftmachung im Sinne einer Schätzungswahrscheinlichkeit vorgesehen sei. Eine Aussage zu "Mindest-[X.]" finde sich darin nicht. Auch der übrigen bisherigen höchstrichterlichen Rechtsprechung zum [X.], insbesondere den Urteilen des B[X.] vom [X.] ([X.] RA 6/99 R - [X.] 3-8570 § 8 [X.]) und vom [X.] ([X.] RS 4/06 R - [X.] 4-8570 § 6 [X.]), lasse sich keine Antwort darauf entnehmen, ob der Begriff "tatsächlich erzieltes Arbeitsentgelt" dahingehend ausgelegt werden könne, dass ein glaubhaft gemachter Mindestbetrag als konkreter, tatsächlich erzielter Arbeitsverdienst eines Berechtigten in Betracht komme. Die Rechtsfrage sei auch klärungsfähig, da es sich bei den [X.] Regelungen der vom Berufungsgericht angewandten [X.] um generelle Tatsachen handele, an die das Revisionsgericht nicht gebunden sei. Auch hätten verschiedene [X.] die Möglichkeit der Glaubhaftmachung von [X.] in einer Mindesthöhe unterschiedlich beurteilt.

Es kann dahingestellt bleiben, ob die Beschwerdebegründung damit in jeder Hinsicht die Anforderungen des § 160a Abs 2 Satz 3 [X.]G erfüllt. Ein [X.] gemäß § 160 Abs 2 [X.] [X.]G liegt jedenfalls nicht vor.

Eine Rechtssache hat nur dann grundsätzliche Bedeutung, wenn sie eine abstrakt-generelle Rechtsfrage zu revisiblem Recht (vgl § 162 [X.]G) aufwirft, die über den zu entscheidenden Einzelfall hinaus aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts einer Klärung durch das Revisionsgericht bedürftig und fähig ist (stRspr; zB B[X.] Beschluss vom 15.6.2023 - [X.] R 217/22 B - [X.] 4 Rd[X.] 5). Eine Rechtsfrage ist nicht mehr klärungsbedürftig, wenn sie bereits höchstrichterlich entschieden ist (vgl B[X.] Beschluss vom 17.5.2023 - [X.] KR 16/22 B - juris Rd[X.]; zu Umständen, die zu erneutem Klärungsbedarf führen können, vgl zB B[X.] Beschluss vom [X.] - B 2 U 11/22 B - juris Rd[X.]1 sowie [X.] Beschluss vom [X.] - 1 BvR 1/23 - juris Rd[X.] 8). An weiterem Klärungsbedarf fehlt es aber auch, wenn sich die aufgeworfene Frage ohne Weiteres aus den Rechtsvorschriften oder aus der bereits vorliegenden höchstrichterlichen Rechtsprechung klar beantworten lässt (vgl B[X.] Beschluss vom [X.] - [X.] R 12/21 B - [X.] 4-2600 § 137b [X.] Rd[X.]; B[X.] Beschluss vom [X.] [X.] 21/22 B - juris Rd[X.]). Demnach ist eine Rechtsfrage auch dann als bereits geklärt anzusehen, wenn das Revisionsgericht bzw das [X.] sie zwar noch nicht ausdrücklich entschieden hat, jedoch schon höchstrichterliche Entscheidungen ergangen sind, die ausreichende Anhaltspunkte zur Beurteilung der Frage geben (vgl B[X.] Beschluss vom [X.] [X.] 11/19 B - juris Rd[X.] mwN; B[X.] Beschluss vom [X.] - [X.] R 150/22 B - juris Rd[X.] 5).

Nach diesen Grundsätzen ist die Frage, ob es in Betracht kommt, eine [X.] in Höhe eines glaubhaft gemachten [X.] festzustellen, anhand der gesetzlichen Regelungen in § 6 Abs 6 [X.] und auf der Grundlage der bereits vorliegenden höchstrichterlichen Rechtsprechung, insbesondere zu § 6 Abs 1 Satz 1 [X.], klar zu bejahen.

a) Anspruchsgrundlage für die Feststellung des tatsächlich erzielten Arbeitsentgelts iS von § 8 Abs 1 Satz 2 [X.] durch den zuständigen Versorgungsträger ist § 8 Abs 2, Abs 3 Satz 1, Abs 4 [X.] [X.]. Maßstabsnorm, nach der sich bestimmt, welche Arbeitsverdienste den Zugehörigkeitszeiten zu einem (Zusatz-)Versorgungssystem der [X.] zuzuordnen sind, ist § 6 Abs 1 Satz 1 [X.]. Danach ist den Pflichtbeitragszeiten nach diesem Gesetz (vgl § 5 [X.]) für jedes Kalenderjahr als Verdienst (§ 256a Abs 2 [X.]B VI) das erzielte Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen zugrunde zu legen. Was Arbeitsentgelt iS des § 6 Abs 1 Satz 1 [X.] ist, bestimmt sich nach § 14 [X.]B IV. Die [X.] stellen einmalige Einkünfte aus einer Beschäftigung iS des § 14 Abs 1 Satz 1 [X.]B IV dar. Das B[X.] hat zum Verständnis des Sinns dieser Zuflüsse an den ab dem 1.1.1978 geltenden § 117 Abs 1 [X.] angeknüpft. Danach bestand ein Anspruch auf eine [X.], wenn eine solche für das [X.], dem der Werktätige angehörte, im Betriebskollektivvertrag vereinbart war, der Werktätige und sein [X.] die vorgegebenen Leistungskriterien in der festgelegten Mindesthöhe erfüllt hatten und der Werktätige während des gesamten [X.] Angehöriger des Betriebs war (vgl B[X.] Urteil vom [X.] - [X.] RS 4/06 R - [X.] 4-8570 § 6 [X.] Rd[X.]9 ff). Für die Feststellung des Bezugs und der Höhe dieser einmaligen Einkünfte folgt aus der Formulierung "erzieltes Arbeitsentgelt" in § 6 Abs 1 Satz 1 [X.] im Zusammenhang mit § 5 Abs 1 Satz 1 [X.], dass es sich um Entgelt handeln muss, das dem Berechtigten während der Zugehörigkeitszeiten zum Versorgungssystem "aufgrund" seiner Beschäftigung "zugeflossen", ihm also in bestimmter Höhe tatsächlich gezahlt worden ist (vgl B[X.] Urteil vom 15.12.2016 - [X.] RS 4/16 R - B[X.]E 122, 197 = [X.] 4-8570 § 6 [X.], Rd[X.]3; B[X.] Urteil vom [X.] - [X.] RS 5/17 R - juris Rd[X.]9; s auch bereits B[X.] Urteil vom [X.] - [X.] RS 4/06 R - [X.] 4-8570 § 6 [X.] Rd[X.]9). Daran konnte es auch beim Vorliegen der im "[X.]-Recht" vorgesehenen Voraussetzungen fehlen.

b) Für den Zufluss von [X.] wie der [X.] trägt der Zahlungsempfänger die [X.] bzw objektive Beweislast, dh das Risiko oder den Nachteil, falls sich diese Tatsache nicht beweisen lässt (non liquet). Für einen Teil des Verdienstes genügt gemäß § 6 Abs 6 [X.] ein im Vergleich zum Regelbeweismaßstab abgesenkter Beweisgrad der Glaubhaftmachung, der anders als der Vollbeweis keine an Gewissheit grenzende Wahrscheinlichkeit, sondern lediglich eine überwiegende Wahrscheinlichkeit fordert (vgl dazu zB B[X.] Urteil vom 15.12.2016 - B 9 V 3/15 R - B[X.]E 122, 218 = [X.] 4-3800 § 1 [X.]3, Rd[X.]8). Die Formulierungen "der glaubhaft gemachte Teil des Verdienstes" und "der andere Teil" in § 6 Abs 6 [X.] sind prinzipiell weit und ermöglichen es, die Glaubhaftmachung sowohl auf die Höhe als auch auf den Zufluss des [X.] oder auf beides zu beziehen (vgl B[X.] Urteil vom 15.12.2016 - [X.] RS 4/16 R - B[X.]E 122, 197 = [X.] 4-8570 § 6 [X.], Rd[X.]4 f; B[X.] Urteil vom [X.] - [X.] RS 5/17 R - juris Rd[X.]0 f). Wird ein Teil des Verdienstes nachgewiesen und der andere Teil glaubhaft gemacht, wird der glaubhaft gemachte Teil des Verdienstes zu fünf Sechsteln berücksichtigt. § 6 Abs 6 [X.] enthält insoweit abschließende Regelungen zu Möglichkeiten und Folgen einer Beweiserleichterung. Für eine einzelfallbezogene Schätzung auf Grundlage der allgemeinen Schätzungsvorschrift des § 287 ZPO ist daneben nach der Rechtsprechung des B[X.] kein Raum (vgl B[X.] Urteil vom 15.12.2016 - [X.] RS 4/16 R - B[X.]E 122, 197 = [X.] 4-8570 § 6 [X.], Rd[X.]6, 19; B[X.] Urteil vom [X.] - [X.] RS 5/17 R - juris Rd[X.]2, 25).

c) § 6 Abs 6 [X.] knüpft nach seinem Wortlaut daran an, dass "ein Teil" des Verdienstes nachgewiesen ist, und erlaubt in der Folge, dass "der andere Teil" lediglich glaubhaft gemacht wird (s hierzu B[X.] Urteil vom 15.12.2016 - [X.] RS 4/16 R - B[X.]E 122, 197 = [X.] 4-8570 § 6 [X.] Rd[X.]5; B[X.] Urteil vom [X.] - [X.] RS 5/17 R - juris Rd[X.]1). Dementsprechend kann hinsichtlich der [X.] der abgesenkte Beweismaßstab der Glaubhaftmachung Anwendung finden, wenn - wie hier - zB das monatlich erzielte Arbeitsentgelt des [X.] als "ein Teil" des Verdienstes bereits nachgewiesen ist. Danach ist es auch denkbar, dass der Tatrichter die Höhe der gezahlten [X.] nur bis zu einem bestimmten Betrag für glaubhaft gemacht hält, während ein darüber hinausgehender Betrag nicht glaubhaft gemacht, sondern zB nur für möglich gehalten oder sogar als gänzlich ausgeschlossen angesehen wird. Innerhalb eines zahlenmäßig teilbaren Geldbetrags ist es nicht ausgeschlossen, nur für einen betragsmäßigen Anteil die Voraussetzungen des nach § 6 Abs 6 [X.] abgesenkten [X.] zu bejahen. Dadurch wird nicht der Beweismaßstab im Sinne einer Schätzungswahrscheinlichkeit vermindert (aA [X.] Berlin-Brandenburg Urteil vom 10.3.2022 - L 17 R 471/19 - juris Rd[X.]3; "konservative Schätzung"; Thüringer [X.] Urteil vom 14.9.2022 - L 3 R 332/19 - Umdruck [X.], nicht veröffentlicht). Es wird vielmehr der in § 6 Abs 6 [X.] vorgesehene Beweismaßstab angewendet und dabei nur ein Teilbetrag als glaubhaft gemacht angesehen. Nach dem Wortlaut des § 6 Abs 6 [X.] muss es auch nicht überwiegend wahrscheinlich sein, dass eine [X.] "ausschließlich" in Höhe der "Mindest-[X.]" gezahlt worden ist (aA Sächsisches [X.] Urteile vom [X.] R 703/19 ZV - juris Rd[X.] 60 und - L 4 R 461/19 ZV - juris Rd[X.] 63). Die Glaubhaftmachung des Zuflusses einer [X.] in einer Mindesthöhe schließt es gerade nicht aus, dass tatsächlich ein höherer Verdienst erzielt worden ist.

Dementsprechend hat das [X.] den tatsächlichen Zufluss der [X.] dem Grunde nach und in der Höhe eines [X.] nicht lediglich für wahrscheinlich gehalten, sondern bis zu dieser Höhe - im Jahr 1976 zB in Höhe von [X.] - ausdrücklich als glaubhaft angesehen (zu nicht glaubhaft gemachten Zahlungen bereits dem Grunde nach vgl zB Bayerisches [X.] Urteil vom [X.] - [X.] - juris Rd[X.]8 ff; [X.] Berlin-Brandenburg Urteil vom [X.] R 360/19 - juris Rd[X.]6 ff und Thüringer [X.] Urteil vom 14.9.2022 - L 3 R 332/19 - Umdruck [X.], nicht veröffentlicht). Den Zufluss eines höheren Betrags hat es aufgrund konkret benannter Umstände des Einzelfalls nicht für überwiegend wahrscheinlich gehalten. Darin liegt keine Festsetzung von für wahrscheinlich gehaltenen Zahlenwerten, sondern lediglich eine Differenzierung danach, bis zu welchem konkreten (Teil-) Betrag das erforderliche Beweismaß erfüllt ist und für welchen (Teil-)Betrag dies nicht mehr gegeben ist.

d) Soweit die Beklagte mit ihrer Rechtsfrage auch geklärt haben will, ob die Zahlung einer [X.] in Höhe eines [X.] überhaupt glaubhaft gemacht werden kann, mithin die Zahlung in einer festgelegten Mindesthöhe für wahrscheinlicher gehalten werden kann als die Zahlung in übersteigender Höhe, betrifft dies die freie richterliche Beweiswürdigung gemäß § 128 Abs 1 Satz 1 [X.]G, die nach § 160 Abs 2 [X.] Halbsatz 2 [X.]G einer Überprüfung im Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde entzogen ist (zur eingeschränkten Überprüfbarkeit im Revisionsverfahren vgl B[X.] Urteil vom 28.6.2018 - [X.] RS 7/17 R - juris Rd[X.]3 f). Die Voraussetzungen, unter denen eine Tatsache als glaubhaft gemacht anzusehen ist, sind höchstrichterlich geklärt (vgl ua B[X.] Urteil vom 15.12.2016 - B 9 V 3/15 R - B[X.]E 122, 218 = [X.] 4-3800 § 1 [X.]3, Rd[X.]8). Ebenso wie der Vollbeweis erfordert auch die Glaubhaftmachung, dass zuvor der Sachverhalt so weit als möglich nach den Regeln des Untersuchungsgrundsatzes aufgeklärt worden ist (vgl § 103 [X.]G). Dementsprechend sind alle verfügbaren Beweismittel und Informationen für die Feststellung der wesentlichen Tatsachen zu verwerten. Bei den vom [X.] herangezogenen Vorschriften der [X.]-VOen handelt es sich nach der Rechtsprechung des B[X.] um sogenannte "generelle Tatsachen" (zu den Besoldungs- und Verpflegungsordnungen der [X.]-Zollverwaltung vgl B[X.] Urteil vom [X.] - [X.] RS 2/18 R - B[X.]E 128, 219 = [X.] 4-8570 § 6 [X.] 8, Rd[X.]3 ff; zum Verpflegungs- bzw [X.] im Bereich der Volkspolizei vgl B[X.] Urteil vom 9.12.2020 - [X.] RS 3/20 R - [X.] 4-8570 § 6 [X.]1 Rd[X.]3). Sie können zur Tatsachenfeststellung beitragen, soweit sie eine ihren Regeln entsprechende Lebenspraxis indizieren (vgl B[X.] Urteil vom [X.] - [X.] RS 2/18 R - B[X.]E 128, 219 = [X.] 4-8570 § 6 [X.] 8 Rd[X.]7). Dass den [X.]-VOen - wie auch das Berufungsgericht zu Recht annimmt - ein individueller Anspruch des einzelnen Beschäftigten nicht entnommen werden kann, steht ihrer Einbeziehung in die Würdigung aller Gesamtumstände des Einzelfalls nicht entgegen (aA Bayerisches [X.] Urteil vom [X.] - [X.] - juris Rd[X.]8).

3. Soweit die Beklagte als weitere Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung aufwirft:

        

"Sind die als generelle Tatsachen geltenden Verordnungen über die Planung, Bildung und Verwendung des Prämienfonds der ehemaligen [X.] und die darin enthaltenen Bestimmungen

        

-       

§ 9 Absatz 7 der Prämienfonds-VO 1968,

        

-       

§ 12 Nummer 6 Satz 1 der Prämienfonds-VO 1971 und

        

-       

§ 6 Absatz 1 Nummer 1 Satz 2 der Prämienfonds-VO 1972

        

nach ihrem Sinn und Zweck dahin gehend zu bewerten beziehungsweise zu interpretieren, dass für ehemals in der [X.] Beschäftigte, die den Zufluss von Jahresendprämien dem Grunde nach glaubhaft belegt haben, Jahresendprämien in Form eines [X.] von einem Drittel ihres jeweiligen durchschnittlichen [X.] als glaubhaft gemachtes zusätzliches Arbeitsentgelt im Rahmen des AAÜG festzustellen sind?"

kann offenbleiben, ob sie damit eine abstrakt-generelle Rechtsfrage zu revisiblem Recht formuliert (§ 162 [X.]G). Die unterlassene oder die unvollständige Berücksichtigung genereller Tatsachen durch das Berufungsgericht kann zu einer fehlerhaften Beweiswürdigung führen (vgl B[X.] Urteil vom [X.] - [X.] RA 6/99 R - [X.] 3-8570 § 8 [X.] S 18 - juris Rd[X.]0). Im Rahmen der Nichtzulassungsbeschwerde können solche Fehler mit der Sachaufklärungsrüge (§ 160 Abs 2 [X.] iVm § 103 [X.]G) geltend gemacht werden (vgl B[X.] Beschluss vom [X.] - juris Rd[X.] 8 mwN; s auch B[X.] Beschluss vom 7.10.2005 - [X.] KR 107/04 B - [X.] 4-1500 § 160a [X.] 9 Rd[X.] 6, 8). Dass das [X.] seiner Sachaufklärungspflicht nicht nachgekommen wäre, wird von der [X.] indes nicht gerügt.

Soweit die Beklagte mit dieser Rechtsfrage eine Bewertung der genannten Bestimmungen der [X.]-VOen im Rahmen des § 6 Abs 1 und 6 [X.] iVm § 14 [X.]B IV durch das Revisionsgericht erstrebt (vgl dazu B[X.] Urteil vom [X.] - [X.] RS 2/18 R - B[X.]E 128, 219 = [X.] 4-8570 § 6 [X.] 8, Rd[X.]0), besteht kein Klärungsbedarf in einem Revisionsverfahren. Die [X.]-VOen begründeten - nach der insoweit übereinstimmenden und zutreffenden Auffassung aller Instanzgerichte - keine individuellen Ansprüche und erlauben keine generellen Rückschlüsse darauf, dass [X.] auch tatsächlich zugeflossen sind. Gleichwohl kann ihnen Bedeutung bei der Beweiswürdigung im Einzelfall zukommen. Dass allein aufgrund der Glaubhaftmachung des Zuflusses einer [X.] stets von einem Mindestbetrag auszugehen ist, ist dem "[X.]-Recht" nicht zu entnehmen und auch vom [X.] nicht angenommen worden. Das [X.] hat vielmehr nach eingehenden Ermittlungen zu den in den [X.]-VOen genannten Voraussetzungen und unter Würdigung der Gesamtumstände des Einzelfalls des [X.] die Zahlung der [X.] nur für bestimmte Jahre jedenfalls in Höhe eines [X.] als glaubhaft gemacht angesehen.

4. [X.] beruht auf der entsprechenden Anwendung von § 183 Satz 1 iVm § 193 Abs 1 und 4 [X.]G.

        

Düring

Hannes

Körner

Meta

B 5 RS 4/22 B

07.09.2023

Bundessozialgericht 5. Senat

Beschluss

Sachgebiet: RS

vorgehend SG Leipzig, 2. November 2021, Az: S 11 R 623/19 ZV, Urteil

§ 103 SGG, § 128 Abs 1 S 1 SGG, § 141 SGG, § 160 Abs 2 Nr 1 SGG, § 160 Abs 2 Nr 3 SGG, § 160a Abs 2 S 3 SGG, § 5 Abs 1 S 1 AAÜG, § 6 Abs 1 S 1 AAÜG, § 6 Abs 6 AAÜG, § 8 Abs 1 S 2 AAÜG, Anl 1 Nr 1 AAÜG, § 14 Abs 1 S 1 SGB 4, § 23 Abs 1 S 2 SGB 10, § 44 SGB 10, VEBPrämFoV, VEBPrämFo1969/70V, VEBPrämFo1971V, § 117 Abs 1 AGB DDR, § 287 ZPO

Zitier­vorschlag: Bundessozialgericht, Beschluss vom 07.09.2023, Az. B 5 RS 4/22 B (REWIS RS 2023, 8915)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2023, 8915

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1 BvR 1/23

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