Bundesfinanzhof, Urteil vom 11.08.2021, Az. I R 38/19

1. Senat | REWIS RS 2021, 3378

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Gegenstand

Gewerbesteuerrechtliche Hinzurechnung von Ausschüttungen eines Wertpapierfonds im Erhebungszeitraum 2002


Leitsatz

NV: Die Ausschüttungen eines Wertpapierfonds (Erträge aus Streubesitzbeteiligung) unterlagen im Erhebungszeitraum 2002 beim Anteilsscheininhaber der gewerbesteuerrechtlichen Hinzurechnung auch insoweit, als sie auf Dividendenerträgen des Fonds beruhen, die dieser im Erhebungszeitraum 2001 aus seiner Beteiligung an Körperschaften mit Sitz in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union vereinnahmt hatte. Verfassungs- und Unionsrecht stehen dem nicht entgegen.

Tenor

Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des [X.] vom [X.] - 6 K 1543/16 aufgehoben.

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits hat die Klägerin zu tragen.

Tatbestand

I.

1

Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) ist ein Kreditinstitut, das seine gewerblichen Einkünfte durch Bilanzierung ermittelt.

2

Die Klägerin hielt Anteile an inländischen Investmentfonds mit vom Kalenderjahr abweichenden Geschäftsjahren. Die Investmentfonds schütteten im Jahr 2002 (Streitjahr) Erträge aus. Diese beruhten in Höhe von ... € auf Dividenden, die den Investmentfonds bereits [X.] aus deren Beteiligung an ausländischen Kapitalgesellschaften zugeflossen waren.

3

In der Gewerbesteuererklärung für das Streitjahr erklärte die Klägerin neben dem Gewerbeertrag einen Hinzurechnungsbetrag gemäß § 8 Nr. 5 des [X.] in der im Streitjahr geltenden Fassung (GewStG) in Höhe von ... €.

4

Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --[X.]--) erließ einen Gewerbesteuermessbescheid, gegen den die Klägerin Einspruch einlegte. Im Laufe des [X.] machte die Klägerin u.a. geltend, dass die Hinzurechnung gemäß § 8 Nr. 5 GewStG in Höhe der von den Fonds [X.] erzielten ausländischen Dividendenerträge (... €) aus verfassungs- und unionsrechtlichen Gründen zu unterbleiben habe. Dem folgte das [X.] in seiner Einspruchsentscheidung nicht. Es war der Auffassung, dass auch die den Investmentfonds [X.] zugeflossenen Dividenden aus Streubesitz dem Gewerbeertrag zu Recht hinzugerechnet worden seien. Nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung sei § 8 Nr. 5 GewStG hinsichtlich der Hinzurechnung von Gewinnanteilen bei Auslandsbeteiligungen "lediglich" im Erhebungszeitraum 2001 nicht anzuwenden. Diese Rechtsprechung betreffe indes nicht den Erhebungszeitraum 2002, für den § 8 Nr. 5 GewStG anzuwenden sei und in dem die Klägerin zutreffend die Ausschüttungen der Fonds bilanziell erfasst habe.

5

Das angerufene Finanzgericht ([X.]) wies die Klage ab (Urteil des [X.] München vom [X.] - 6 K 1543/16, Entscheidungen der Finanzgerichte --E[X.]-- 2019, 1608).

6

Mit der Revision verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter.

7

Sie beantragt (sinngemäß), das angefochtene Urteil aufzuheben und den Gewerbesteuermessbescheid für 2002 vom 05.12.2019 dahingehend zu ändern, dass die Hinzurechnung der Gewinnanteile und die diesen gleichgestellten Bezüge und erhaltenen Leistungen aus Anteilen an einer Körperschaft, Personenvereinigung oder Vermögensmasse im Sinne des Körperschaftsteuergesetzes gemäß § 8 Nr. 5 GewStG um ... € vermindert wird.

8

Das [X.] beantragt (sinngemäß), das angefochtene Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Entscheidungsgründe

II.

9

Die Revision hat im Ergebnis keinen Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Abweisung der Klage (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung --[X.]O--).

1. Das angefochtene Urteil ist aus verfahrensrechtlichen Gründen aufzuheben, weil sich während des Revisionsverfahrens der Verfahrensgegenstand, über dessen Rechtmäßigkeit das [X.] zu entscheiden hatte, geändert hat.

Das [X.] hat über den Bescheid über den ursprünglich angefochtenen Gewerbesteuermessbetrag für das Streitjahr vom 27.04.2016 entschieden. An die Stelle dieses Bescheids ist während des Revisionsverfahrens der Änderungsbescheid vom 05.12.2019 getreten, der nach § 68 Satz 1 i.V.m. § 121 Satz 1 [X.]O Gegenstand des Verfahrens geworden ist. Das angefochtene Urteil ist daher gegenstandslos. Da sich durch den Änderungsbescheid die tatsächlichen Grundlagen des Streitstoffs aber nicht geändert haben, kann der Senat über die streitige Rechtsfrage selbst entscheiden und muss die Sache nicht nach § 127 [X.]O an das [X.] zurückverweisen (vgl. allgemein z.B. Senatsbeschluss vom 12.09.2018 - I R 77/16, [X.], 296; Senatsurteil vom 16.12.2009 - I R 56/08, [X.], 356, [X.], 492, jeweils m.w.N.).

2. Die Klage ist unbegründet und daher abzuweisen. Die Hinzurechnung der Erträge aus den [X.] an den Investmentfonds im streitigen Gewerbesteuermessbescheid für 2002 entspricht dem Grunde und der Höhe nach den einfach-rechtlichen Vorgaben (nachfolgend unter a). Verfassungs- oder unionsrechtliche Bedenken gegen die Hinzurechnung bestehen nicht (nachfolgend unter b). Die sonstigen Einwendungen der Klägerin greifen nicht durch (nachfolgend unter c).

a) [X.]) Besteuerungsgrundlage für die Gewerbesteuer ist nach § 6 [X.] der Gewerbeertrag. Gewerbeertrag ist nach § 7 Satz 1 [X.] der nach den Vorschriften des Einkommensteuergesetzes oder des [X.] zu ermittelnde Gewinn aus dem Gewerbebetrieb, der bei der Ermittlung des Einkommens für den dem Erhebungszeitraum entsprechenden Veranlagungszeitraum zu berücksichtigen ist, vermehrt und vermindert um die in den §§ 8 und 9 [X.] bezeichneten Beträge. Gemäß § 8 Nr. 5 [X.] werden dem Gewinn aus Gewerbebetrieb die nach § 3 Nr. 40 des Einkommensteuergesetzes in der im Streitjahr geltenden Fassung (EStG) oder § 8b Abs. 1 des [X.] in der im Streitjahr geltenden Fassung ([X.]) außer Ansatz bleibenden Gewinnanteile (Dividenden) und die diesen gleichgestellten Bezüge und erhaltenen Leistungen aus Anteilen an einer Körperschaft, Personenvereinigung oder Vermögensmasse im Sinne des [X.], soweit sie --wie im [X.] nicht die Voraussetzungen des § 9 Nr. 2a oder 7 [X.] erfüllen, nach Abzug der mit diesen Einnahmen, Bezügen und erhaltenen Leistungen in wirtschaftlichem Zusammenhang stehenden Betriebsausgaben, soweit sie nach § 8b Abs. 5 [X.] (u.a.) 2002 unberücksichtigt bleiben, wieder hinzugerechnet, soweit sie bei der Ermittlung des Gewinns abgesetzt worden sind.

Gemäß § 40 Abs. 2 des [X.] in der im Streitjahr geltenden Fassung ([X.]) sind § 3 Nr. 40 EStG und § 8b Abs. 1 [X.] auf ausgeschüttete und nicht zur Ausschüttung oder Kostendeckung verwendete inländische und ausländische Einnahmen des [X.]S. des § 38b Abs. 5 [X.] anzuwenden. Die nicht zur Ausschüttung oder Kostendeckung verwendeten Einnahmen gelten nach § 39 Abs. 1 Satz 2 [X.] mit Ablauf des Geschäftsjahres, in dem sie vereinnahmt worden sind, als zugeflossen. Zu den --inländischen und ausländischen-- Einnahmen des [X.]S. des § 38b Abs. 5 [X.] gehören insbesondere Dividenden von inländischen und ausländischen Kapitalgesellschaften (Senatsurteil vom [X.] - I R 109/08, [X.], 351).

bb) Ist der [X.] eine Kapitalgesellschaft, folgt aus dem in § 40 Abs. 2 [X.] enthaltenen Verweis auf § 8b Abs. 1 [X.], dass vom [X.] bezogene Dividenden, die in den Einnahmen i.S. des § 38b Abs. 5 [X.] enthalten sind, bei der Ermittlung des Einkommens der Kapitalgesellschaft außer Ansatz bleiben.

cc) Nach der Rechtsprechung des Senats sind solche Bezüge nach § 8 Nr. 5 [X.] zur Ermittlung des [X.] dem Gewinn aus Gewerbebetrieb hinzuzurechnen. Denn die Erträge aus [X.] an einem [X.] zählen zu den Bezügen und erhaltenen Leistungen aus Anteilen an einer Vermögensmasse im Sinne des [X.], die nach § 8 Nr. 5 [X.] Gewinnanteilen gleichgestellt sind. Das folgt daraus, dass das [X.] nach § 38 Abs. 1 Satz 1 [X.] als Zweckvermögen i.S. des § 1 Abs. 1 Nr. 5 [X.] gilt; es ist daher steuerrechtlich als Vermögensmasse anzusehen, an der die [X.] beteiligt sind. Dem steht auch nicht entgegen, dass die Anteilsscheine an dem [X.] zivilrechtlich keine Anteile an einer Vermögensmasse vermitteln, sondern lediglich Miteigentum bzw. Mitgläubigerschaft an den Finanzinstrumenten des Sondervermögens verbriefen (Senatsurteil in [X.], 351, m.w.N.).

dd) Aus den vorstehend wiedergegebenen Maßstäben folgt, dass im Streitfall auch die von den Fonds bezogenen [X.], die in den von der Klägerin im Erhebungszeitraum 2002 vereinnahmten Ausschüttungen enthalten waren, der gewerbesteuerrechtlichen Hinzurechnung unterliegen. Denn die einschlägigen Gesetzesbestimmungen machen keine Unterscheidung zwischen in- und ausländischen Dividenden.

ee) Auch die zeitliche Zuordnung der [X.] ist im angegriffenen Bescheid fehlerfrei vollzogen worden. Gemäß § 39 Abs. 1 Satz 1 [X.] ist der Fondsanleger mit seinen ausgeschütteten Fondserträgen im Grundsatz vollen Umfangs steuerbar und steuerpflichtig. Soweit darin [X.] des Fonds enthalten sind, ordnet § 40 Abs. 2 [X.] die Steuerfreiheit an. Daran knüpft wiederum die gewerbesteuerrechtliche Hinzurechnung gemäß § 8 Nr. 5 [X.] an. Was die zeitliche Zuordnung der steuerfreien [X.] angeht, so trifft das [X.] für betriebliche Anleger keine spezielle Regelung; die zeitliche Erfassung von [X.] auf bilanzierte Anteilsscheine richtet sich daher nach den [X.] (Senatsurteil vom 18.05.1994 - I R 59/93, [X.], 400, [X.] 1995, 54; [X.] in [X.]/[X.], [X.]/[X.], § 39 [X.] Rz 29). Insoweit sind zum Bilanzstichtag bereits zivilrechtlich --auf der Grundlage der Vertragsbedingungen der [X.] entstandene [X.] beim bilanzierenden Fondsanleger zu aktivieren (Senatsurteil in [X.], 400, [X.] 1995, 54). Danach hatte die ihren Gewinn gemäß §§ 8 Abs. 1 [X.], 4 Abs. 1 EStG ermittelnde Klägerin die unterjährig im Jahr 2002 erhaltenen [X.] zweifelsfrei im Erhebungszeitraum 2002 zu erfassen.

b) Die von der Klägerin erhobenen verfassungs- und unionsrechtlichen Bedenken gegen die Hinzurechnung teilt der Senat nicht.

[X.]) Im Unterschied zu der Konstellation, die der Entscheidung des [X.] ([X.]) vom 10.10.2012 - 1 BvL 6/07 ([X.]E 132, 302, [X.] 2012, 932) zugrunde lag und die die Hinzurechnung von Vorabausschüttungen im Erhebungszeitraum 2001 betraf, wird mit der Anwendung der Hinzurechnungsvorschrift des § 8 Nr. 5 [X.] im konkreten Streitfall das [X.] gerade nicht während des laufenden [X.] umgestaltet. Denn das Gesetz zur Fortentwicklung des [X.] --Unternehmenssteuerfortentwicklungsgesetz-- ([X.], 3858, [X.], 35), mit dem § 8 Nr. 5 [X.] und die dazu gehörende zeitliche Anwendungsbestimmung des § 36 Abs. 4 [X.] im [X.] verankert wurde, datiert auf den 20.12.2001 und hat damit, was den Erhebungszeitraum 2002 angeht, lediglich in die Zukunft hinein gewirkt. Das ist ein für die verfassungsrechtliche Beurteilung gravierender Unterschied, weil unecht rückwirkende Gesetzesänderungen mit Wirkung für den bereits laufenden Veranlagungs- oder Erhebungszeitraum eine große Nähe zu echten Rückwirkungen aufweisen und deshalb gesteigerten verfassungsrechtlichen Rechtfertigungsanforderungen unterliegen ([X.]-Beschlüsse in [X.]E 132, 302, [X.] 2012, 932, Rz 45; vom 25.03.2021 - 2 BvL 1/11, [X.] 2021, 712; Beschluss des [X.] --BFH-- vom 23.10.2019 - XI R 43/18, [X.], 533, [X.] 2020, 281). Geht es, wie im Streitfall, indes um Rechtsänderungen mit Wirkung für künftige Veranlagungs- und Erhebungszeiträume, ist zu beachten, dass die allgemeine Erwartung der Steuerpflichtigen, die einen steuerrelevanten Geschäftsvorgang abgeschlossen haben, dass das geltende Recht zukünftig unverändert fortbestehen werde, grundsätzlich keinen besonderen verfassungsrechtlichen Schutz genießt, soweit nicht besondere Momente der Schutzwürdigkeit hinzutreten (z.B. [X.]-Beschluss in [X.]E 132, 302, [X.] 2012, 932, Rz 45 und 54; [X.] in [X.], 533, [X.] 2020, 281). Solche besonderen Momente der Schutzwürdigkeit vermag der Senat weder dem Vorbringen der Klägerin zu entnehmen noch sonst zu erkennen.

bb) Auch im Hinblick auf die unionsrechtliche Würdigung bestehen zwischen der Konstellation, über die der Senat in seinem Urteil vom 06.03.2013 - I R 14/07 ([X.], 185, [X.] 2015, 349) zu entscheiden hatte, und dem vorliegend zur Beurteilung anstehenden Sachverhalt erhebliche Unterschiede.

[X.]a) Der Senat ist von einer Verletzung der Kapitalverkehrsfreiheit aufgrund der im Erhebungszeitraum 2001 bestehenden rechtlichen Unterschiede bei der gewerbesteuerrechtlichen Hinzurechnung von [X.] einerseits und Inlandsdividenden andererseits ausgegangen. Während im Erhebungszeitraum 2001 zugeflossene [X.] aus der Beteiligung an ausländischen Kapitalgesellschaften Gegenstand der Hinzurechnung bei den klagenden Unternehmen waren, unterlagen [X.] aus der Beteiligung an inländischen Kapitalgesellschaften mangels zeitlicher Anwendbarkeit des § 8b Abs. 1 [X.] im Erhebungszeitraum 2001 nicht der gewerbesteuerrechtlichen Hinzurechnung (zu den Einzelheiten vgl. Senatsurteil in [X.], 185, [X.] 2015, 349). Darin hat der Senat eine nicht gerechtfertigte Benachteiligung der Beteiligung an Auslandskapitalgesellschaften gesehen.

bbb) Demgegenüber geht es im Streitfall um die gewerbesteuerrechtliche Hinzurechnung von [X.], die im Erhebungszeitraum 2002 vereinnahmt wurden.

Im Erhebungszeitraum 2002 wurden [X.] --und auch [X.] bei [X.] unterschiedslos der gewerbesteuerrechtlichen Hinzurechnung unterworfen. Denn § 8b Abs. 1 [X.] ist im Erhebungszeitraum 2002 bei Gewinnausschüttungen in- wie ausländischer Kapitalgesellschaften bei [X.] unmittelbar anwendbar. Bei Fondsbeteiligungen greift § 8 Nr. 5 [X.] ein, weil § 40 Abs. 2 [X.] die Anwendung des § 8b Abs. 1 [X.] anordnet, wenn der Fonds Einnahmen i.S. des § 38b Abs. 5 [X.] hatte, wozu insbesondere Dividenden von in- und ausländischen Kapitalgesellschaften gehören (Senatsurteil in [X.], 351, Rz 14). Auch diesbezüglich liegt also keine gewerbesteuerrechtliche Diskriminierung der (mittelbaren) Beteiligung an einer Auslandsgesellschaft vor.

Im Erhebungszeitraum 2001 kommt es nach der vom Senat festgestellten Rechtslage ebenfalls nicht zu einer gewerbesteuerrechtlichen Diskriminierung der Auslandsbeteiligung. Bei [X.] folgt dies unmittelbar aus dem Senatsurteil in [X.], 185, [X.] 2015, 349. Geht man zugunsten der Klägerin davon aus, dass dem Niedersächsischen [X.] (Urteil vom 25.01.2018 - 6 K 145/16, E[X.] 2018, 1041, Revision beim [X.]. I R 5/18) darin zu folgen wäre, dass die Grundsätze des zu einer Direktanlage ergangenen [X.] in [X.], 185, [X.] 2015, 349 auf eine im Erhebungszeitraum 2001 erfolgte [X.] zu übertragen wären, käme es auch bei Fondsanlagen nicht zu einer Hinzurechnung im Hinblick auf ausländische Dividendenerträge des Fonds. Im Ergebnis müssten Gewinn- und [X.] aus unmittelbaren und aus mittelbaren Auslandsbeteiligungen aus unionsrechtlichen Gründen gewerbesteuerfrei bleiben, um die Gleichbehandlung mit Ausschüttungen in Zusammenhang mit [X.] zu gewährleisten.

Es ist festzustellen, dass es sowohl im Erhebungszeitraum 2001 (infolge der Gewerbesteuerfreiheit jedes unmittelbaren und mittelbaren Streubesitzdividendenbezugs auf der Grundlage des [X.] in [X.], 185, [X.] 2015, 349 und der zugunsten der Klägerin angenommenen Übertragung der Grundsätze dieses Urteils auf im [X.] getätigte [X.]) als auch im Erhebungszeitraum 2002 (infolge der Gewerbesteuerpflicht jedes unmittelbaren und mittelbaren Streubesitzdividendenbezugs) nicht zu einer unionsrechtlich relevanten Ungleichbehandlung zwischen dem In- und dem Auslandssachverhalt kommt. Die Ungleichbehandlung zwischen inländischen Gewerbesteuerpflichtigen, die im Erhebungszeitraum 2001 Ausschüttungen zu versteuern haben (keine Hinzurechnung), und solchen inländischen Steuerpflichtigen, die vergleichbare Ausschüttungen im Erhebungszeitraum 2002 bezogen haben (Hinzurechnung), ist aber keine Frage des Unionsrechts, sondern allein des nationalen Verfassungsrechts. Dass steuerbare Vorgänge in früheren Besteuerungszeiträumen anders behandelt wurden als in späteren, hat der Steuerpflichtige unter dem Gesichtspunkt des Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) grundsätzlich hinzunehmen. Denn der Gleichbehandlungsgrundsatz begründet grundsätzlich keinen Anspruch auf eine zukünftig gleichbleibende Rechtslage (vgl. [X.]-Beschluss vom 12.05.2009 - 2 BvL 1/00, [X.]E 123, 111, [X.] 2009, 685, Rz 14). In diesem Sinne gibt es keine Gleichheit in der [X.] (dazu z.B. Kanzler, [X.] 2010, 987).

c) [X.]) [X.] der Klägerin geht somit im [X.] nicht dahin, einen Unionsrechtsverstoß abzuwehren. Vielmehr möchte sie, gewissermaßen mit einer "doppelten Fiktion", so gestellt werden, als habe sie erstens eine Direktanlage getätigt und zweitens die steuerbare Einnahme bereits im Erhebungszeitraum 2001 erzielt. In diesem fiktiven Fall hätten die --tatsächlich vom Fonds im Erhebungszeitraum 2001 vereinnahmten-- [X.] nicht der gewerbesteuerrechtlichen Hinzurechnung unterlegen, während sie als Teil der real bewirkten [X.] des Jahres 2002 gewerbesteuerrechtlich belastet sind. Dafür bietet das Unionsrecht aber keine Grundlage. Und auch das dem nationalen Recht zugrunde liegende "eingeschränkte Transparenzprinzip" (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. Senatsurteil in [X.], 351, m.w.N.; [X.] in [X.], 533, [X.] 2020, 281, Rz 53) vermag der Klägerin nicht zum Erfolg zu verhelfen. Zwar kommt das Transparenzprinzip in § 40 Abs. 2 [X.] durch den Verweis auf § 8b Abs. 1 [X.] zum Ausdruck und sollen körperschaftsteuerpflichtige [X.] im Hinblick auf die Steuerbefreiung des § 8b Abs. 1 [X.] wie [X.] behandelt werden (Senatsurteil in [X.], 351, Rz 28). Jedoch überwindet diese punktuelle, weil allein auf die Anwendung des § 8b Abs. 1 [X.] bezogene Transparenzbetrachtung nicht die systemprägenden Unterschiede zwischen der Fondsbesteuerung und der "Regelbesteuerung" nach den Vorschriften des Einkommensteuergesetzes und des [X.]. So hat der Gesetzgeber des [X.], das spezialgesetzlich und damit vorrangig die Besteuerung der Fondsanleger regelt ([X.] in [X.]/[X.], a.a.[X.], Vor §§ 37n ff. [X.] Rz 16), gerade keine zeitkongruente Versteuerung der [X.] mit Vereinnahmung beim Fonds vorgesehen ([X.] in [X.]/[X.], a.a.[X.], Vor §§ 37n ff. [X.] Rz 14). Gegenstand der Anlegerbesteuerung ist nicht der Dividendenbezug auf der Fondseingangsseite, sondern allein die [X.] auf der [X.], die spezialgesetzlich als Einkunft aus Kapitalvermögen bzw. Betriebseinnahme qualifiziert (§ 39 Abs. 1 Satz 1 [X.]) und, soweit es nicht um thesaurierte Erträge geht, erst im [X.]punkt der Vereinnahmung (Zufluss der Zahlung oder Aktivierung des Zahlungsanspruchs) beim Anleger von diesem zu versteuern ist. Die von sachlichen Gründen getragene gesetzliche Differenzierung zwischen Direkt- und Fondsanlage ist mit Art. 3 Abs. 1 GG vereinbar.

bb) Soweit die Klägerin aus anderen Gerichtsentscheidungen Argumente für ihre Sicht der Dinge herleiten zu können glaubt, folgt ihr der Senat nicht. So betrifft das bereits erwähnte Urteil des Niedersächsischen [X.] in E[X.] 2018, 1041 (Revision beim [X.]. I R 5/18) eine im Erhebungszeitraum 2001 zu versteuernde [X.], worin ein entscheidender Unterschied zum Streitfall zu sehen ist. Dasselbe gilt für das Senatsurteil vom 28.10.2009 - I R 27/08 ([X.], 73, [X.] 2011, 229), das die vom Senat als unionsrechtswidrig qualifizierte Beschränkung des Abzugsverbots auf negative Aktiengewinne, die auf Beteiligungen der Investmentfonds an ausländischen Kapitalgesellschaften beruhen, betraf. Die steuerbaren Vorgänge (Rückgabe und Veräußerung der Anteilsscheine) betrafen das [X.], allein in diesem Jahr war aufgrund der zeitlichen Anwendungsbestimmungen für den Übergang vom [X.] zum Halbeinkünfteverfahren eine Ungleichbehandlung der negativen Aktiengewinne bei mittelbaren (über Fonds gehaltenen) Beteiligungen an ausländischen oder inländischen Kapitalgesellschaften festzustellen. Soweit im Senatsurteil vom 14.12.2011 - I R 92/10 ([X.], 106, [X.] 2013, 486) aus dem das [X.] betreffenden Unionsrechtsverstoß bei der Behandlung negativer Aktiengewinne von möglichen Folgewirkungen für das [X.] gesprochen wird, vermag der Senat solche Folgewirkungen im Streitfall nicht zu erkennen.

3. [X.] beruht auf § 135 Abs. 1 [X.]O. Die Entscheidung ergeht im schriftlichen Verfahren (§ 121 Satz 1 i.V.m. § 90 Abs. 2 [X.]O).

Meta

I R 38/19

11.08.2021

Bundesfinanzhof 1. Senat

Urteil

vorgehend FG München, 25. Juni 2019, Az: 6 K 1543/16, Urteil

§ 8 Nr 5 GewStG 2002, § 39 Abs 1 KAGG, § 40 Abs 2 KAGG, § 8b KStG 2002, § 38 Abs 1 KAGG, § 8 Abs 1 KStG 2002, § 4 Abs 1 EStG 2001, Art 3 Abs 1 GG, Art 63 AEUV

Zitier­vorschlag: Bundesfinanzhof, Urteil vom 11.08.2021, Az. I R 38/19 (REWIS RS 2021, 3378)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2021, 3378


Verfahrensgang

Der Verfahrensgang wurde anhand in unserer Datenbank vorhandener Rechtsprechung automatisch erkannt. Möglicherweise ist er unvollständig.

Az. 6 K 1543/16

FG München, 6 K 1543/16, 25.06.2019.


Az. I R 38/19

Bundesfinanzhof, I R 38/19, 11.08.2021.


Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

6 K 145/16 (Niedersächsisches Finanzgericht)


6 K 1543/16 (FG München)

Besteuerungsgrundlage für Gewerbesteuer


I R 5/18 (Bundesfinanzhof)

(Unionsrechtmäßigkeit der Hinzurechnung von Dividenden aus Auslandsbeteiligungen nach § 8 Nr. 5 GewStG im Erhebungszeitraum …


I R 109/08 (Bundesfinanzhof)

(Gewerbesteuerliche Hinzurechnung der über ein Wertpapier-Sondervermögen bezogenen steuerfreien Dividenden - Rechtsgrundverweisung und Rechtsfolgenverweisung in § …


I R 92/10 (Bundesfinanzhof)

(Investmentanteile: Nichtabziehbarkeit des sog. negativen Aktiengewinns auch bei verdeckter Einlage - Hinzurechnung von Investmenterträgen gemäß …


Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

Keine Referenz gefunden.

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.