Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 15.05.2014, Az. I ZR 120/09

I. Zivilsenat | REWIS RS 2014, 5521

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[X.] durch Beschluss
vom 15. Mai 2014
Führinger
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle

BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
I
ZR
120/09
Verkündet am:
26.
Februar 2014
Führinger
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit

-
2
-
Der [X.]
Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhand-lung vom 9.
Oktober 2013 durch [X.]
Dr.
Dr.
h.c.
[X.] und [X.]
Dr.
Schaffert, Dr.
Kirchhoff, Dr.
Grabinski und Dr.
Löffler
beschlossen:
Die [X.] hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
Gründe:
[X.] Die [X.], eine [X.] Versandapotheke, bietet gesetzlich krankenversicherten Kunden in [X.], die bei ihr Privatrezepte über ver-schreibungspflichtige Arzneimittel einlösen, einen sogenannten Garantie-Bonus in Höhe von 3% des Preises des jeweiligen Medikaments, mindestens aber 2,50

Der Kläger, der [X.], in dem rund 2.700
selbständige Apotheker organisiert sind, sieht
dieses Bonussystem als

wie er zuletzt klargestellt, in erster Linie
wegen Verstoßes gegen die arznei-mittelrechtlichen Preisbindungsvorschriften, in zweiter Linie
wegen [X.] unsachlicher Beeinflussung der Verbraucher und höchst hilfsweise we-gen Verstoßes gegen das heilmittelwerberechtliche Zuwendungsverbot unlauter und unzulässig
an.
Der Kläger hat
beantragt, es der [X.]n unter Androhung näher be-zeichneter Ordnungsmittel
zu verbieten, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs
1
2
3
-
3
-
a)
gesetzlich versicherten Kunden in [X.], die nicht gemäß §
62 SGB
V zuzahlungsbefreit sind, beim Erwerb eines verschreibungspflichtigen Arznei-mittels, das in [X.]
preisgebunden ist,
einen Bonus in Höhe von 2,50

und/oder werben zu lassen und/oder
b)
gesetzlich Versicherten in [X.], die von der Zuzahlung gemäß §
62 SGB
V befreit sind, beim Erwerb eines verschreibungspflichtigen Arzneimit-tels, das in [X.] preisgebunden ist, einen Bonus in Höhe von 2,50

bis 15

n und/oder werben zu lassen und/oder
c)
gesetzlich Versicherten in [X.] für jedes verschreibungspflichtige Medikament, das in [X.] preisgebunden ist und nicht von der Kran-kenkasse übernommen wird, einen Bonus in Höhe von 10% und maximal 15

anzubieten und/oder zu gewähren und/oder hierfür zu werben und/oder werben zu lassen.
Darüber hinaus hat der Kläger ihm vorprozessual entstandene Abmahn-kosten in Höhe von 1.379,80

Das Landgericht hat der Klage im vollen Umfang stattgegeben. Die von der [X.]n dagegen eingelegte Berufung ist ohne Erfolg geblieben. Mit ihrer vom Berufungsgericht zugelassenen Revision, deren Zurückweisung der Kläger beantragt
hat, hat die [X.] ihren Antrag auf Abweisung der Klage
weiterver-folgt.
In der mündlichen Revisionsverhandlung hat die [X.] erklärt, dass sie sich nach der Klärung der Streitfrage durch den Gesetzgeber, ob ihre Ver-sandhandelstätigkeit in [X.] unter die [X.] Preisbindungsvor-schriften fällt, selbstverständlich an das [X.] Gesetz hält. Die Klägerin hat daraufhin den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt. Die [X.] hat der Erledigungserklärung zugestimmt.
I[X.] Nach der
-
auch im Revisionsverfahren noch möglichen (vgl. [X.], Beschluss vom 18.
November 2010
-
I
ZR
86/09, [X.], 291 Rn.
6 mwN)
-
Erklärung der Klägerin, dass die Hauptsache erledigt sei, ist, nachdem die [X.] der Erledigungserklärung zugestimmt hat, gemäß §
91a Abs.
1 4
5
6
7
-
4
-
Satz
1 ZPO über die Kosten des Rechtsstreits unter Berücksichtigung des bis-herigen Sach-
und Streitstands nach billigem Ermessen durch Beschluss zu entscheiden. Dabei ist
maßgeblich, ob die Revision Erfolg gehabt hätte, wenn es nicht zur Erledigung der Hauptsache gekommen wäre ([X.], [X.] 2011, 291 Rn.
8 mwN). Da das Rechtsmittel der [X.]n in diesem Fall kei-nen Erfolg gehabt hätte, entspricht es billigem Ermessen, die Kosten des Rechtsstreits der [X.]n aufzuerlegen. Das Berufungsgericht hat zutreffend ein im Sinne von §
8 Abs.
4 [X.] rechtsmissbräuchliches Verhalten des [X.] verneint (dazu sogleich unter II
1). Mit Recht hat es ferner angenommen, dass das [X.] Arzneimittelpreisrecht bereits im Zeitpunkt seiner Entschei-dung auch für im Wege des Versandhandels nach [X.] eingeführte Arzneimittel galt (dazu unter II
2) und die weiteren Voraussetzungen für den [X.], soweit die Klägerin ihn auf §§
8, 3, 4 Nr.
11 [X.] in Verbin-dung mit §
78 Abs.
2 Satz
2 und 3 [X.], §
1 Abs.
1 Nr.
2, §
3 AMPreisV ge-stützt hatte, ebenfalls erfüllt waren (dazu unter II
3). Die Wiederholungsgefahr als materiell-rechtliche Voraussetzung für den in die Zukunft gerichteten klage-gegenständlichen Verletzungsunterlassungsanspruch war auch nicht schon mit dem Inkrafttreten des §
78 Abs.
1 Satz
4 [X.] nF
weggefallen (dazu unter II
4).
1. Das Berufungsgericht hat mit Recht ein im Sinne von §
8 Abs.
4 [X.] rechtsmissbräuchliches Verhalten des [X.] verneint.
a) Das Berufungsgericht hat ein Interesse des [X.], das die geson-derte Inanspruchnahme der [X.]n im Blick auf privat krankenversicherte Personen einerseits und gesetzlich krankenversicherte Personen andererseits rechtfertigte und damit der Annahme eines Rechtsmissbrauchs gemäß §
8 Abs.
4 [X.] entgegenstand,
darin gesehen, dass der Kläger im Zeitpunkt der
Klageerhebung damit rechnen musste, dass die [X.] im Blick auf ihr bean-standetes Verhalten gegenüber den gesetzlich krankenversicherten Personen die Zulässigkeit des Rechtswegs rügen würde. Die Rechtslage sei erst durch 8
9
-
5
-
den nach Erhebung der Klagen im vorliegenden Rechtsstreit einerseits und im wegen
Bonuszahlungen an privat
krankenversicherte Personen geführten Rechtsstreit andererseits durch die [X.]sentscheidung "Treuebonus"
geklärt worden, wo
ausgesprochen worden sei, dass für einen
Streit über die wettbe-werbsrechtliche Zulässigkeit von Sonderzahlungen eines Apothekers an kran-kenversicherte Personen bei Einlösung von Rezepten auch insoweit, als die Gewährung von Bonuszahlung an gesetzlich versicherte Personen in Rede [X.], der Rechtsweg
zu den Zivilgerichten nach §
13 [X.] eröffnet sei
([X.], [X.] vom 30.
Januar 2008
I
ZB
8/07, [X.], 447 Rn.
12
ff., 16 bis 19
= [X.], 675).
b) Diese Sichtweise entspricht der [X.]srechtsprechung, wonach ein sachlicher Grund für die Erhebung gesonderter Klagen sprechen und daher der Annahme eines Rechtsmissbrauchs gemäß §
8 Abs.
4 [X.] entgegenstehen kann, wenn die rechtliche Beurteilung oder die Beweisbarkeit des jeweiligen Wettbewerbsverstoßes unterschiedlich sein kann (vgl. [X.], Urteil vom 22.
April 2009
I
ZR
14/07, [X.], 1180 Rn.
20
0,00 Grundgebühr; Urteil vom 22.
Oktober 2009
I
ZR
58/07, [X.], 454 Rn.
21
= [X.], 640

Klassenlotterie).
Ein Grund für die Erhebung gesonderter Klagen kann sich insbesondere daraus ergeben, dass sich die Rechtsdurchsetzung in der einen Hinsicht anders
und insbesondere zeitaufwendiger
gestalten kann als in der anderen Hinsicht und daher bei Erhebung einer einheitlichen Klage die
gerade bei in die Zukunft gerichteten Unterlassungsansprüchen relevante
Gefahr be-steht, dass ein an sich ohne viel Aufwand durchsetzbarer Anspruch zunächst nicht ausgeurteilt wird. Dabei ist zu berücksichtigen, dass eine Prozesstrennung gemäß §
145 ZPO zwar möglich ist, aber im nicht überprüfbaren und auch
nicht mit Rechtsmitteln anfechtbaren Ermessen des [X.] liegt. Dies gilt im besonderen Maße, wenn die beklagte Partei
die Zulässigkeit des Rechtswegs rügt (§
17a Abs.
3 Satz
2 [X.]) und diese Frage daher vorab
gegebenenfalls 10
-
6
-
durch drei Instanzen

geprüft werden muss
(vgl. §
17a Abs.
3 Satz
1, Abs.
4 [X.]).
2. Der Gemeinsame [X.] der obersten Gerichtshöfe des [X.] hat die ihm vom erkennenden [X.] in der Sache
"Sparen Sie beim Medikamen-teneinkauf!
I"
(I
ZR
72/08) mit Beschluss vom 9.
September
2010 ([X.], 1130
= [X.], 1485) vorgelegte Rechtsfrage, ob die [X.] Vorschrif-ten für den Apothekenabgabepreis
auch für verschreibungspflichtige Arzneimit-tel gelten, die Apotheken mit Sitz in einem anderen Mitgliedstaat der [X.] im Wege des Versandhandels nach [X.] an [X.] abgeben, bejaht ([X.], Beschluss vom 22.
August 2012

GmSOGB
1/10, [X.]Z 194, 354 Rn.
12
ff.). In Übereinstimmung damit hat der Gesetzgeber durch die mit Wirkung vom 26.
Oktober 2012 in [X.] getretene Regelung des §
78 Abs.
1 Satz
3 [X.] zusätzlich klargestellt, dass die aufgrund von §
78 Abs.
1 Satz
1 [X.] erlassene Arzneimittelpreisverordnung auch für gemäß §
73 Abs.
1 Satz
1 Nr.
1a [X.] in den Geltungsbereich dieses Gesetzes verbrachte Arzneimittel gilt.
3.
Die Beurteilung des Berufungsgerichts, dass auch die weiteren Vor-aussetzungen für den auf §§
8, 3, 4 Nr.
11 [X.] in Verbindung mit §
78 Abs.
2 Satz
2 und 3 [X.], §
1 Abs.
1 Nr.
2, §
3 AMPreisV gestützten [X.] erfüllt sind, entspricht der [X.]srechtsprechung (vgl. [X.], Urteil vom 9.
Sep-tember 2010
I
ZR
193/07, [X.], 1136 Rn.

22
= [X.], 1482

UNSER [X.]) und wird auch von der Revision nicht be-anstandet. Wie der [X.] mittlerweile entschieden hat, ist ein Verstoß gegen die Bestimmungen des §
78 Abs.
2 Satz
2 und 3, Abs.
3 Satz
1 [X.], §
1 Abs.
1 und 4, §
3 AMPreisV geeignet, die Interessen von Mitbewerbern und sonstigen Marktteilnehmern spürbar zu beeinträchtigen, wenn der Wert der für den Bezug eines Arzneimittels gewährten [X.] einen Euro übersteigt 11
12
-
7
-
([X.], Urteil vom 8.
Mai 2013
I
ZR
98/12, [X.], 1264
Rn.
18
ff., 20
= [X.], 1587

RezeptBonus).
4. Die Begehungsgefahr
-
hier in Form der Wiederholungsgefahr
-
ist ei-ne materiell-rechtliche
Voraussetzung des Unterlassungsanspruchs (vgl. [X.], Urteil vom 29.
Oktober 2009
-
I
ZR
180/07, [X.], 455 Rn.
16
= [X.], 746
-
Stumme Verkäufer
II; [X.] in [X.]/[X.], [X.], 32.
Aufl., §
8 Rn.
1.10, jeweils mwN). Die für den [X.] erforderliche Wiederholungsgefahr kann dabei auch ohne Abgabe einer hinreichend strafbewehrten Unterlassungserklärung dann wegfallen, wenn der Verstoß unter der Geltung einer zweifelhaften Rechtslage erfolgt ist, diese Zweifel aber durch
eine Gesetzesänderung beseitigt sind und außer Frage steht, dass das beanstandete Verhalten verboten ist (vgl. [X.], Urteil vom 25.
Oktober 2001
-
I
ZR
29/99, [X.], 717, 719
= WRP 2002, 679

Vertretung der [X.]; [X.] in [X.]/[X.] aaO §
8 Rn.
1.43, jeweils mwN). Die zuletzt genannte Voraussetzung war im Streitfall erst dadurch erfüllt, dass die [X.] in der mündlichen Revisionsverhandlung erklärt hat, dass sie sich nach der Klärung der Streitfrage durch den [X.], ob ihre Versandhandelstätigkeit in [X.] unter die [X.] Preis-bindungsvorschriften
fällt, selbstverständlich an das [X.] Gesetz hält. Zu-vor hatte
die [X.] stets
den
Standpunkt
vertreten, dass der Anwendung

13
-
8
-

dieser Vorschriften auf
im Wege des Versandhandels aus einem anderen Mit-gliedstaat der [X.] nach [X.] eingeführte Arzneimittel das primäre Unionsrecht entgegenstünde.
[X.]
Schaffert
Kirchhof

Grabinski
Löffler
Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 18.06.2008 -
1 [X.] 20716/07 -

OLG [X.], Entscheidung vom 02.07.2009 -
29 [X.] -

BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
I [X.]/09
vom
15. Mai 2014
in dem Rechtsstreit

Der [X.] Zivilsenat des [X.] hat am 15. Mai 2014 durch [X.]
Dr.
Büscher, Pokrant, Prof.
Dr.
Schaffert, Dr.
Kirchhoff und Dr.
Koch

beschlossen:

Der Beschluss vom 26. Februar 2014 wird wegen offenbarer Un-richtigkeit gemäß § 319 Abs. 1 ZPO wie folgt berichtigt:
In Rn. 11 in der 11. Zeile muss es heißen "§ 78 Abs. 1 Satz 4
[X.]" statt "§ 78 Abs. 1 Satz 3
[X.]".

Büscher
Pokrant
Schaffert

Kirchhoff
Koch
Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 18.06.2008 -
1 [X.] 20716/07 -

OLG [X.], Entscheidung vom 02.07.2009 -
29 [X.] -

Meta

I ZR 120/09

15.05.2014

Bundesgerichtshof I. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 15.05.2014, Az. I ZR 120/09 (REWIS RS 2014, 5521)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2014, 5521

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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