Bundesfinanzhof, Urteil vom 18.09.2012, Az. VII R 14/11

7. Senat | REWIS RS 2012, 3132

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Gegenstand

Beteiligtenwechsel im Rechtsstreit gegen einen Duldungsbescheid nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens - Beweiswürdigung des FG bei Darlehensvertrag zwischen Ehegatten


Leitsatz

1. Mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens geht die Anfechtungskompetenz aus §§ 4, 11 AnfG auf den Insolvenzverwalter über. Der Rechtsstreit gegen den Duldungsbescheid des FA wandelt sich in eine Leistungsklage gegen den mit dem Duldungsbescheid in Anspruch genommenen bisherigen Kläger. Der Insolvenzverwalter übernimmt die Rolle des Klägers .

2. Die zunächst als Anfechtungsklage gegen den Duldungsbescheid erhobene, dem Finanzrechtsweg zugewiesene Klage ist auch nach Übernahme durch den Insolvenzverwalter vom FG zu entscheiden. Eine Verweisung kommt nicht in Betracht .

Tatbestand

1

I. Unter dem 14. September 2006 hatte der Ehemann der Beklagten und Revisionsklägerin (Revisionsklägerin) seine Forderung auf Arbeitsentgelt gegen seinen Arbeitgeber in Höhe der jeweils pfändbaren Beträge sicherungshalber an die Revisionsklägerin, seine Ehefrau, abgetreten. Mit der Abtretung sollte die auf 62.000 € bezifferte Darlehensschuld aus einem Darlehensvertrag vom 1. Juni 2001 gesichert werden. Nach diesem Vertrag hatte die Revisionsklägerin [X.] für den Erwerb des Miteigentums an einem gemeinsam gekauften Haus ein Darlehen in Höhe von 125.000 DM gewährt.

2

Gegen den Ehemann erließ das Finanzamt ([X.]) im Jahre 2007 zwei Lohnsteuerhaftungsbescheide. Die Vollstreckung in das Vermögen des Ehemannes blieb erfolglos.

3

Mit [X.] vom 3. Juni 2008 nahm das [X.] die Revisionsklägerin in Anspruch. Es focht gemäß § 191 der Abgabenordnung [X.]) i.V.m. § 4 des Gesetzes betreffend die Anfechtung von Rechtshandlungen eines Schuldners außerhalb des Insolvenzverfahrens (Anfechtungsgesetz --[X.]--) die Sicherungsabtretung an und machte den gesetzlichen [X.] nach § 11 [X.] in Höhe von 62 000 € geltend. Durch diese Sicherungsabtretung sei das Land als Gläubiger objektiv benachteiligt, weil dessen Befriedigungsmöglichkeit aus dem Schuldnervermögen des Ehemannes beeinträchtigt worden sei. Der Tatbestand des § 4 [X.] sei erfüllt. Die Revisionsklägerin habe sich auf die Anhörung nicht geäußert und insbesondere den Darlehensvertrag vom 1. Juni 2001 nicht vorgelegt. Es müsse deshalb davon ausgegangen werden, dass dieser nicht existiere.

4

Mit ihrer nach erfolglosem Vorverfahren erhobenen Klage beantragte die Revisionsklägerin zunächst, den [X.] aufzuheben. Dazu machte sie geltend, aufgrund des Darlehensvertrags insgesamt 10.300 € an ihren Ehemann ausgezahlt zu haben. Aufgrund der Sicherungsabtretung sei ein Gesamtbetrag von 9.828,78 € an sie geflossen. Später gab sie an, ihr Ehemann habe von Januar 2003 bis zum Juni 2007 insgesamt 17.700 € zwecks Rückzahlung des Darlehens gezahlt.

5

In der mündlichen Verhandlung vor dem Finanzgericht ([X.]) am 1. Februar 2011 hat die Revisionsklägerin vorgetragen, das Darlehen sei nicht in bar ausgezahlt worden, sondern entsprechend dem Darlehensvertrag durch Zahlung auf den Kaufpreis der Immobilie. Der Ehemann habe darauf im Laufe der Jahre 17.700 € zurückgezahlt.

6

Über das Vermögen des Ehemannes wurde am 22. September 2009 durch Beschluss des Amtsgerichts (AG) das Insolvenzverfahren eröffnet und der Revisionsbeklagte zum Insolvenzverwalter (Insolvenzverwalter) bestellt. Das [X.] meldete seine Steuerforderung gegen den Ehemann aus den Lohnsteuerhaftungsbescheiden zur Insolvenztabelle an.

7

Der Insolvenzverwalter nahm das von der Revisionsklägerin angestrengte Klageverfahren gegen das [X.] mit Schriftsatz vom 29. April 2010 gemäß § 17 Abs. 1 Satz 2 [X.] auf.

8

Auf den nunmehr vom Insolvenzverwalter gestellten Antrag, die Revisionsklägerin zu verurteilen, einen Betrag in Höhe von 9.828,78 € an die Insolvenzmasse im Insolvenzverfahren über das Vermögen des Ehemannes zu zahlen, gab das [X.] der Klage statt, nachdem es das Rubrum dahingehend berichtigt hatte, dass der Insolvenzverwalter über das Vermögen des Ehemannes nunmehr Kläger und die Revisionsklägerin Beklagte sei.

9

Das [X.] urteilte, der vom ursprünglich beklagten Finanzamt mit [X.] geltend gemachte Anfechtungsanspruch sei nach der Aufnahme des Prozesses gemäß § 17 Abs. 1 Satz 2 [X.] auf den Kläger als Insolvenzverwalter über das Vermögen des Ehemannes nach § 16 Abs. 1 Satz 1 [X.] übergegangen. Der Insolvenzverwalter sei durch die Aufnahme in die Rolle des [X.], die vormalige Revisionsklägerin in die der Beklagten gewechselt.

Der Insolvenzverwalter habe aus § 11 Abs. 1 Satz 2, § 4 Abs. 1, § 16 Abs. 1 Satz 1 [X.] i.V.m. § 818 Abs. 1 und 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) gegen die Revisionsklägerin einen Anspruch auf Zahlung von 9.828,78 € an die Insolvenzmasse. Die Anfechtungsvoraussetzungen nach § 4 Abs. 1 [X.] lägen vor. Die Sicherungsabtretung sei unentgeltlich gewesen, da nach dem Akteninhalt und dem Ergebnis der Beweisaufnahme zur Überzeugung des Gerichts feststehe, dass ein Darlehensrückzahlungsanspruch der Revisionsklägerin nicht bestanden habe. Der Insolvenzverwalter habe somit gemäß § 11 Abs. 1, § 16 Abs. 1 Satz 1 [X.] einen Anspruch auf Auszahlung des Betrages, den die Revisionsklägerin aufgrund der Sicherungsabtretung eingezogen habe, unstreitig 9.828,78 €. Wegen der Einzelheiten der Urteilsbegründung wird auf das in Entscheidungen der Finanzgerichte 2011, 1230 veröffentlichte Urteil verwiesen.

Mit der Revision macht die Revisionsklägerin als Verfahrensfehler geltend, dass der Insolvenzverwalter das Verfahren aufgenommen habe. § 17 Abs. 1 Satz 2 [X.] sei --auch analog-- nicht anwendbar. Das Verfahren habe an die Zivilgerichte verwiesen werden müssen. Im Übrigen wendet sie sich gegen die Beweiswürdigung des [X.].

Der Insolvenzverwalter hält das Urteil verfahrensrechtlich für richtig, weil er als Insolvenzverwalter nach § 17 [X.] alle zum Zeitpunkt der Eröffnung des Insolvenzverfahrens noch rechtshängigen Anfechtungsverfahren habe aufnehmen dürfen. Das müsse auch für finanzgerichtliche Anfechtungsverfahren gelten, die durch [X.] eingeleitet worden seien. Normzweck der §§ 16 ff. [X.] sei, dass der Insolvenzverwalter den Anfechtungsanspruch im Interesse der Gläubigergesamtheit durch den Insolvenzverwalter [X.]. Deshalb müsse er in die Rolle des [X.] und die frühere Klägerin in die der Beklagten wechseln.

Materiell-rechtlich sei das Urteil ebenfalls nicht zu beanstanden. Im Einzelnen unterstützt der Insolvenzverwalter die Argumentation des [X.] und weist ergänzend darauf hin, dass auch die Anfechtungsvoraussetzungen sowohl nach § 3 Abs. 1 [X.] --wegen Gläubigerbenachteiligungsvorsatzes, Anfechtungsfrist zehn [X.] als auch nach § 3 Abs. 2 [X.] --wegen eines Gläubiger benachteiligenden entgeltlichen Vertrags mit einer nahestehenden Person (Anfechtungsfrist zwei Jahre, eingehalten durch Erlass des [X.]s)-- vorlägen.

Entscheidungsgründe

II. Die Revision ist unbegründet. Das Urteil des [X.] entspricht dem Bundesrecht (§ 118 Abs. 1 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung --[X.]O--).

1. Als Rechtsmittelgericht ist der [X.] gehindert zu prüfen, ob der beschrittene Rechtsweg zulässig ist (§ 17a Abs. 5 des Gerichtsverfassungsgesetzes --GVG--). Allerdings besteht kein Zweifel, dass das [X.] den Rechtsstreit zu Recht nicht an die Zivilgerichte verwiesen hat. Gemäß § 17 Abs. 1 GVG wird die Zulässigkeit des beschrittenen Rechtsweges durch eine nach Rechtshängigkeit eintretende Veränderung der sie begründenden Umstände nicht berührt. Während der Rechtshängigkeit kann die Sache von keiner [X.] anderweitig anhängig gemacht werden. Deshalb hatte das [X.] über die zunächst als Anfechtungsklage (§ 40 Abs. 1 [X.]O) gegen den auf § 191 Abs. 1 [X.] gestützten [X.] erhobene und damit dem [X.] zugewiesene Klage (§ 33 Abs. 1 und 2 [X.]O) richtigerweise selbst in der Sache entschieden, obwohl sich nach seiner Rechtsauffassung die Rechtsnatur des Verfahrens durch Eröffnung des Insolvenzverfahrens von einer öffentlich-rechtlichen in eine zivilrechtliche Streitigkeit gewandelt hatte.

2. Das [X.] hat zu Recht die Beteiligten des finanzgerichtlichen Verfahrens ausgewechselt.

§ 17 Abs. 1 [X.] regelt den Fortgang eines Verfahrens über den [X.], der im Zeitpunkt der Eröffnung des Insolvenzverfahrens noch rechtshängig ist. Nach § 17 Abs. 1 Satz 1 [X.] wird das Verfahren unterbrochen und der vom AG bestellte Insolvenzverwalter ist nach § 17 Abs. 1 Satz 2 [X.] zur Aufnahme dieses Verfahrens berechtigt.

Die Vorschrift gilt --jedenfalls entsprechend-- auch für den Rechtsstreit über die Anfechtungsklage der Revisionsklägerin gegen den [X.]. Denn mit dem [X.] verfolgte das [X.] seinen Anspruch aus § 11 i.V.m. § 4 [X.], nämlich die Rückgewähr des aus der Abtretung der Forderung auf Arbeitsentgelt des Ehemannes durch den [X.]. Mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens ist dieser Einzelgläubigeranfechtungsanspruch aus § 11 [X.] erloschen, der [X.] gehört nunmehr zur Insolvenzmasse. Der Insolvenzverwalter ist nach § 16 Abs. 1 Satz 1 [X.] berechtigt, die von den [X.] erhobenen Anfechtungsansprüche zu verfolgen, wenn über das Vermögen des Schuldners das Insolvenzverfahren eröffnet wird (vgl. [X.]sbeschluss vom 30. August 2010 VII B 83/10, [X.], 2298 zum Verbraucherinsolvenzverfahren; [X.]surteil vom 29. März 1994 VII R 120/92, [X.], 295, [X.] 1995, 225).

Zwar tritt der Insolvenzverwalter nicht in die Beteiligtenstellung des [X.]; er kann nicht als Beklagter für die Bestätigung des [X.]s kämpfen. Denn die Durchsetzung eines [X.]s durch [X.] nach § 191 [X.] ist als hoheitliche Maßnahme dem [X.] vorbehalten. Er muss vielmehr einen vollstreckbaren Titel für die Insolvenzmasse erst erwirken, d.h. ggf. im Klageverfahren als Kläger erstreiten.

Einen Wechsel in der Beteiligtenstellung nach Aufnahme eines Rechtsstreits durch den Insolvenzverwalter hat der [X.] bereits im Urteil vom 13. November 2007 VII R 61/06 ([X.], 289, [X.] 2008, 790) angenommen. In jenem Verfahren hatte sich ein ursprünglich gegen die Rechtmäßigkeit eines Haftungsbescheids gerichtetes Anfechtungsverfahren nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Haftungsschuldners und Aufnahme des unterbrochenen Rechtsstreits durch das [X.] in ein Insolvenzfeststellungsverfahren gewandelt, mit dem das [X.] gegenüber dem Insolvenzverwalter die Feststellung der Forderung zur Insolvenztabelle betreiben konnte. Das [X.] wechselte von der Rolle des Beklagten in die Klägerrolle, der Rechtsstreit um die Rechtmäßigkeit des Haftungsbescheids nach der [X.] wandelt sich in einen solchen über die Feststellung der Forderung zur Tabelle nach der Insolvenzordnung ([X.]).

Anders als der Haftungsanspruch in jenem Verfahren richtet sich der [X.] im vorliegenden Rechtsstreit aber nicht gegen den späteren Insolvenzschuldner, sondern gegen einen [X.]. Gleichwohl geht die [X.] mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens kraft Gesetzes auf den Insolvenzverwalter über (§ 16 Abs. 1 Satz 1 [X.]). Aufgabe des Insolvenzverwalters ist hier nicht, einen Anspruch gegen die Insolvenzmasse abzuwehren, sondern im Gegenteil einen Anspruch der Masse durchzusetzen. Der [X.] führt aber zu keiner anderen prozessrechtlichen Stellung als sie der frühere Gläubiger innehatte, der Insolvenzverwalter rückt in dessen Beteiligtenstellung ein.

Im vereinfachten (Verbraucher-)Insolvenzverfahren (§§ 311 ff. [X.]) bleibt der bisherige Gläubiger weiterhin für die Verfolgung der Anfechtungsansprüche zuständig (nach § 313 Abs. 2 [X.] für solche nach der [X.] und in entsprechender Anwendung des § 313 Abs. 2 [X.] auch für solche nach dem [X.], sie gehen nicht auf den Treuhänder über; vgl. dazu Urteil des [X.] --BGH- vom 3. Dezember 2009 [X.], [X.]/Zeitschrift für Wirtschafts- und Bankrecht --WM-- 2010, 269). Für dieses vereinfachte Verfahren hat der [X.] die [X.] mit Beschluss in [X.], 2298 (s.o.) bestimmt: Das [X.] hatte einen [X.] durch [X.] geltend gemacht. Während des gegen diesen [X.] betriebenen ([X.] war das vereinfachte Insolvenzverfahren über das Vermögen des Steuerpflichtigen eröffnet worden. Der [X.] entschied, dass das [X.] das Rechtsbehelfsverfahren als Anspruchsteller aufnehmen könne (mit der Maßgabe, dass der [X.] --infolge des Erlöschens des Einzelgläubigeranfechtungsanspruchs nach § 11 [X.]-- nunmehr zur Insolvenzmasse gehört und das [X.] durch Zustellung eines beim Insolvenzgericht nach § 250 der Zivilprozessordnung einzureichenden Schriftsatzes --vgl. zu diesem Erfordernis [X.] in [X.], 269-- anzeigt, dass es als Gläubiger das Verfahren nunmehr "fremdnützig" zugunsten der Masse fortführen möchte).

Wenn im (normalen) Insolvenzverfahren der Insolvenzverwalter nach §§ 16, 17 [X.] berechtigt ist, den vom [X.] als Insolvenzgläubiger erhobenen [X.] zu verfolgen und ein rechtshängiges Verfahren aufzunehmen, wenn also lediglich ein [X.]wechsel vom [X.] auf den Insolvenzverwalter vorgesehen ist, kann das an den oben dargestellten verfahrensrechtlichen Folgen einer Aufnahme des Verfahrens nichts ändern. Der Insolvenzverwalter übernimmt anstelle des [X.] die Rolle des Anspruchstellers bzw. Klägers.

Der Umstand, dass die vormalige Klägerin wegen des Wechsels ihrer Beteiligtenstellung nunmehr gehindert war, die Klage gegen den [X.] zurückzunehmen, ist verfahrensrechtlich unbeachtlich. Denn es hätte ihr jederzeit freigestanden, den nunmehr vom Insolvenzverwalter verfolgten Anspruch anzuerkennen.

3. Die Entscheidung des [X.], der Insolvenzverwalter habe gegen die Revisionsklägerin aus § 11 Abs. 1 Satz 2, § 4 Abs. 1, § 16 Abs. 1 Satz 1 [X.] i.V.m. § 818 Abs. 1 und 2 BGB einen Anspruch auf Zahlung von 9.828,78 € an die Insolvenzmasse, begegnet keinen rechtlichen Bedenken.

Aufgrund seiner tatsächlichen Feststellungen, gegen die die Revisionsklägerin keine Verfahrensrügen erhoben hat und an die der [X.] deshalb nach § 118 Abs. 2 [X.]O gebunden ist, hat das [X.] rechtsfehlerfrei erkannt, das [X.] habe bestandkräftige uneinbringliche Forderungen gegen den Ehemann der Revisionsklägerin, durch die Sicherungsabtretung vom 14. September 2006 werde das [X.] als Gläubiger objektiv benachteiligt, der [X.] sei bei Aufnahme des Verfahrens durch den Insolvenzverwalter noch nicht verjährt und die Sicherungsabtretung unentgeltlich gewesen.

Mit ihren Einwendungen gegen die Beweiswürdigung des [X.], mit der es zu der Erkenntnis der Unentgeltlichkeit der Sicherungsabtretung gelangt ist, kann die Revisionsklägerin im Revisionsverfahren nicht durchdringen. Die Beweiswürdigung des [X.] ist als Bestandteil der Sachverhaltsermittlung grundsätzlich nicht angreifbar, sie ist nur insoweit revisibel, als Verstöße gegen die Verfahrensordnung, gegen Denkgesetze oder gegen allgemeine Erfahrungssätze vorliegen. Eine Bindung an das vom [X.] gewonnene Beweisergebnis tritt nur dann nicht ein, wenn es auf einer Verletzung von bei der Beweiswürdigung zu beachtenden Rechtsgrundsätzen beruht. Das ist u.a. dann der Fall, wenn es den Feststellungen an einer hinreichenden Grundlage fehlt, die das Revisionsgericht in die Lage versetzt nachzuvollziehen, wie das [X.] zu der seine Entscheidung tragenden Überzeugung gelangt ist, oder das [X.] zu dem von ihm gefundenen Ergebnis der Beweiswürdigung überhaupt nicht kommen konnte, es also gleichsam ins Blaue hinein Feststellungen getroffen hat, die sich in Wahrheit als Mutmaßungen oder bloße Unterstellungen erweisen. Denn die vom [X.] getroffenen Feststellungen müssen zwar nicht aufgrund der dem [X.] vorliegenden Beweismittel zwingend sein. Sie müssen jedoch möglich sein (vgl. [X.]surteil vom 17. Mai 2005 VII R 76/04, [X.]E 210, 70, m.w.N.).

Anhaltspunkte für derart gravierende Mängel der Beweiswürdigung des [X.] sind der Revision nicht zu entnehmen, sie sind auch sonst nicht ersichtlich. Vielmehr sind die Argumente, die das [X.] zur Feststellung der Unentgeltlichkeit der Sicherungsabtretung in seinen Entscheidungsgründen aufgeführt hat, aufgrund des festgestellten Geschehensablaufs und der sich daraus ergebenden Widersprüchlichkeit der Angaben der Revisionsklägerin und ihres Ehemannes zu dem angeblich geschlossenen Darlehensvertrag nicht nur nachvollziehbar, sie drängen sich vielmehr als zutreffend auf.

So hat das [X.] hinreichend belegt, dass der behauptete Darlehensrückzahlungsanspruch der Revisionsklägerin aus dem Darlehensvertrag vom 1. Juni 2001, der auch in der Sicherungsabtretung erwähnt wird und aus dem allein sich die Entgeltlichkeit der Sicherungsabtretung ergeben könnte, mangels Rechtsbindungswillen der Beteiligten nicht entstanden ist. Fehlen nämlich --wie festgestellt-- wesentliche Vertragsbestandteile, insbesondere klare Rückzahlungsmodalitäten und bleiben sowohl die Grundlage der Darlehenssumme als auch Rückzahlungen des Schuldners wegen widersprüchlicher Angaben im Unklaren, liegen Zweifel an der Ernsthaftigkeit der Vereinbarung nahe. Anders als die Revisionsklägerin meint, war das [X.] bei dieser Sachlage nicht gehalten, als Nachweis einer konkreten Darlehensschuld des Ehemannes der Revisionsklägerin die [X.] und das --vom [X.] übrigens mangels klarer Aussagen als unglaubhaft gewertete-- Zeugnis des Ehemannes betreffend den Vertragsschluss ausreichen zu lassen.

Bei einer Gesamtbetrachtung des Revisionsvorbringens erweist sich, dass die Revisionsklägerin ihre Würdigung des Sachverhalts --ohne die Argumentation des [X.] im Einzelnen zu [X.] anstelle derjenigen des [X.] setzt. Rechtsfehler der Beweiswürdigung macht sie damit nicht geltend.

Meta

VII R 14/11

18.09.2012

Bundesfinanzhof 7. Senat

Urteil

vorgehend Schleswig-Holsteinisches Finanzgericht, 1. Februar 2011, Az: 3 K 57/10, Urteil

§ 17 GVG, § 4 AnfG, § 11 AnfG, § 16 AnfG, § 17 AnfG, § 191 AO, § 40 Abs 1 FGO, § 33 FGO, § 96 Abs 1 S 1 FGO

Zitier­vorschlag: Bundesfinanzhof, Urteil vom 18.09.2012, Az. VII R 14/11 (REWIS RS 2012, 3132)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2012, 3132

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