Bundesgerichtshof, Urteil vom 22.03.2011, Az. II ZR 216/09

2. Zivilsenat | REWIS RS 2011, 8419

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Gegenstand

Anlagebeteiligung über Treuhandkommanditisten: Aufrechnung des Treugebers gegen den Einlageanspruch der Gesellschaftsgläubiger mit Ansprüchen gegen den Treuhandkommanditisten; Aufklärungspflicht des Treuhänders über Haftungsvorschriften


Tenor

Auf die Revision des [X.] wird unter Zurückweisung seines weitergehenden Rechtsmittels und der Anschlussrevision des Beklagten das Urteil des 4. Zivilsenats des [X.] vom 6. August 2009 teilweise abgeändert.

Auf die Berufung des Beklagten wird unter Zurückweisung seines Rechtsmittels im Übrigen und unter Zurückweisung der Anschlussberufung des [X.] das Urteil der 1. Zivilkammer des [X.] vom 13. Dezember 2007 teilweise abgeändert und zur Klarstellung wie folgt neu gefasst:

Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 5.414,95 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 21. November 2006 zu zahlen. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits in allen Instanzen tragen der Kläger zu 24 % und der Beklagte zu 76 %.

Von Rechts wegen

Tatbestand

1

Der Kläger ist Insolvenzverwalter über das Vermögen der [X.]     [X.] (im Folgenden: Schuldnerin), deren Gesellschaftszweck die Beteiligung als Kommanditistin an den [X.]    Fonds     war.

2

Der Beklagte erklärte am 20. September 1999 gegenüber der Treuhänderin [X.]     Verwaltungs- und Treuhandgesellschaft mbH seinen Beitritt zur Schuldnerin mit einer Beteiligungssumme von 50.000 DM zuzüglich 5 % Agio. Die Treuhänderin übernahm gemäß § 1 des [X.] für den Beklagten die förmliche Stellung als Kommanditistin im Handelsregister; nach § 5 des [X.] hatte der Treugeber die Treuhänderin von ihrer persönlichen Kommanditistenhaftung freizustellen.

3

§ 12 des Gesellschaftsvertrages lautet auszugsweise:

(1) An dem Vermögen und am Gewinn und Verlust der Gesellschaft sind allein die Kommanditisten in dem zum 31.12. des betreffenden Geschäftsjahres gegebenen Verhältnis ihrer festen Kapitalkonten ab dem der Einzahlung der Einlage folgenden Monatsersten beteiligt.

(3) [X.] hat die Ausschüttungen, die die Gesellschaft von den Objektgesellschaften erhält und die nach Abdeckung ihrer Kosten und Aufrechterhaltung einer Liquiditätsreserve in der in der Liquiditätsprognose des [X.] angegebenen Höhe verbleiben, ab 1999 halbjährlich, jeweils bis 31.01. und 31.07. des Jahres, erstmals bis 31.01.2000, an die Kommanditisten im Verhältnis der [X.] gemäß Ziff. 1 auszuschütten. Das gilt auch dann, wenn die Kapitalkonten durch vorangegangene Verluste unter den Stand der Kapitaleinlage abgesunken sind.

(4) Soweit die Ausschüttungen der Gesellschaft an die Kommanditisten nach den handelsrechtlichen Vorschriften als Rückzahlung der von dem [X.] für Rechnung seiner Treugeber geleisteten Kommanditeinlage anzusehen sind, entsteht für den [X.] eine persönliche Haftung für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft (§ 172 Abs. 4 HGB). Von dieser Haftung haben diejenigen Treugeber bzw. Kommanditisten, für die der [X.] die Kommanditbeteiligung im eigenen Namen hält, den [X.] nach Maßgabe des [X.] (Anlage 2) freizustellen.

4

In den Jahren 2000 bis 2004 erhielt der Beklagte in zwei Zahlungen jeweils zum 31. Januar und 31. Juli eines jeden Jahres, erstmals am 31. Juli 2000, Ausschüttungen in Höhe von insgesamt 7.089,91 €. Die Handelsbilanzen der Schuldnerin wiesen für 1999 bis 2002 Gewinne aus, die die Ausschüttungen jedoch nicht in vollem Umfang deckten; in den Jahren 2003 und 2004 wiesen sie Verluste aus.

5

Die Schuldnerin stellte am 29. Juli 2005 Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens wegen Zahlungsunfähigkeit; das Verfahren wurde am 20. April 2006 eröffnet. Mit Vereinbarung vom 6. April 2006 ließ sich der Kläger von der Treuhandkommanditistin deren Freistellungsansprüche gegen die Anleger abtreten. Er forderte den Beklagten unter Fristsetzung zum 20. November 2006 vergeblich zur Rückzahlung der Ausschüttungen auf.

6

Der Kläger hat seinen mit der Klage geltend gemachten Rückzahlungsanspruch auf § 172 Abs. 4, § 171 Abs. 2 HGB, hilfsweise auf abgetretenes Recht und auf §§ 134, 143 [X.] gestützt. Das [X.] hat der Klage aus abgetretenem Recht bis auf einen Betrag von 68,01 € stattgegeben. Auf die Berufung des Beklagten hat das Berufungsgericht die Klage abgewiesen. Dagegen wenden sich der Kläger mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision und der Beklagte mit der [X.].

Entscheidungsgründe

7

Die Revision des [X.] hat überwiegend Erfolg und führt zur Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils in Höhe von 5.414,95 €. Die Anschlussrevision des Beklagten hat keinen Erfolg.

8

I. Das Berufungsgericht hat im Wesentlichen ausgeführt:

9

Der Beklagte hafte dem Kläger nicht unmittelbar als Kommanditist. Ein Anspruch aus Insolvenzanfechtung scheitere an der Entgeltlichkeit der Ausschüttungen. Zwar könne der Kläger aus abgetretenem Recht die Rückzahlung sämtlicher Ausschüttungen verlangen. Der Anspruch sei indes durch Aufrechnung mit einem Schadensersatzanspruch gegen die [X.] aus [X.] erloschen.

II. Das hält der revisionsrechtlichen Nachprüfung in wesentlichen Punkten  nicht stand.

1. Der Senat hat die Rüge der mangelnden Zulässigkeit der Berufung geprüft und für nicht durchgreifend erachtet (§ 564 ZPO).

2. Noch zutreffend hat das Berufungsgericht einen unmittelbaren Anspruch des [X.] gegen den beklagten Treugeber aus § 172 Abs. 4, § 171 Abs. 1 und 2 HGB mangels formeller Kommanditisteneigenschaft verneint (vgl. [X.], Urteil vom 28. Januar 1980 - [X.], [X.]Z 76, 127, 130; Urteil vom 11. November 2008 - [X.], [X.]Z 178, 271 Rn. 21; Urteil vom 12. Februar 2009 - [X.], [X.] 2009, 380 Rn. 35; Urteil vom 21. April 2009 - [X.], [X.], 1266 Rn. 15).

3. Dem Kläger steht indes entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts ein Anspruch in Höhe von 5.414,95 € aus abgetretenem Recht der [X.] zu. Die [X.] hat den Freistellungsanspruch aus § 5 des [X.], der zudem aus dem [X.] zwischen [X.] und [X.] folgt (§§ 675, 670 [X.]), wirksam an den Kläger abgetreten; der Anspruch ist nicht verjährt und nicht durch Aufrechnung mit Schadensersatzansprüchen des Beklagten erloschen.

a) Der Treuhandvertrag - und damit die darin enthaltene Freistellungsverpflichtung - ist entgegen der Ansicht der Anschlussrevision nicht wegen Verstoßes gegen Art. 1 § 1 [X.] gemäß § 134 [X.] nichtig. Für die Frage, ob eine Besorgung fremder Rechtsangelegenheiten im Sinne von Art. 1 § 1 [X.] vorliegt, ist entscheidend, ob der Schwerpunkt der geschuldeten Tätigkeit überwiegend auf wirtschaftlichem oder auf rechtlichem Gebiet liegt (st.Rspr., vgl. nur [X.], Urteil vom 16. Dezember 2002 - [X.], [X.]Z 153, 214, 218; Urteil vom 25. April 2006 - [X.], [X.]Z 167, 223 Rn. 15). Nur derjenige, der im Rahmen eines Immobilienfondsprojekts nicht nur die wirtschaftlichen Belange der Anleger wahrzunehmen, sondern für sie auch die erforderlichen Verträge abzuschließen hatte, bedurfte einer Erlaubnis nach dem [X.] (st.Rspr., vgl. nur [X.], Urteil vom 14. Juni 2004 [X.], [X.]Z 159, 294, 299; Urteil vom 8. Mai 2006 - [X.], [X.], 1201 Rn. 9). Eine Vollmacht, für den beklagten Treugeber Verträge zu schließen, die diesen selbst verpflichteten, enthält der Treuhandvertrag hier jedoch nicht. Die in § 1 Abs. 2 Satz 1 a - d des Treuhandvertrags genannten Verträge sind solche der Fondsgesellschaft oder der Objektgesellschaften mit Dritten.

b) Der Freistellungsanspruch ist, wie das Berufungsgericht ebenfalls noch zutreffend erkannt hat, wirksam an den Kläger abgetreten worden.

Die Abtretung ist nicht gemäß § 399 Fall 1 [X.] ausgeschlossen. Zwar verändert der Freistellungsanspruch infolge der Abtretung seinen Inhalt, da er sich in einen Zahlungsanspruch umwandelt. Eine solche Veränderung des [X.] hindert die Abtretung aber nicht, wenn der Freistellungsanspruch gerade an den Gläubiger der zu [X.] abgetreten wird (vgl. [X.], Urteil vom 22. Januar 1954 - [X.], [X.]Z 12, 136, 141 f.; Urteil vom 5. Mai 2010 - [X.], [X.], 1295 Rn. 12; [X.]/[X.], [X.], 70. Aufl., § 399 Rn. 4 m.w.[X.]). Als solcher ist hinsichtlich der sich aus der Kommanditistenhaftung gemäß § 171 Abs. 1, § 172 Abs. 4 HGB ergebenden Ansprüche im Insolvenzverfahren über das Vermögen der Kommanditgesellschaft der Insolvenzverwalter anzusehen (vgl. auch [X.], [X.] 2009, 543, 544; [X.], [X.], 1694, 1695 f. m.w.[X.]). Gemäß § 171 Abs. 2 HGB ist er zur Durchsetzung der Ansprüche gegen Kommanditisten ermächtigt, während die [X.]sgläubiger, die materiell-rechtliche Anspruchsinhaber bleiben, daran gehindert sind, ihre Ansprüche selbst geltend zu machen. Berechtigte Interessen des Schuldners des [X.], deren Schutz das Abtretungsverbot nach § 399 Fall 1 [X.] bezweckt, werden durch die Abtretung an den Insolvenzverwalter anstelle des [X.]sgläubigers nicht beeinträchtigt.

Die Parteien haben die Abtretung auch nicht vertraglich ausgeschlossen, § 399 Fall 2 [X.]. Eine solche Abrede ergibt sich insbesondere nicht aus § 5 des [X.], der den Freistellungsanspruch der [X.] regelt. [X.]altspunkte, die ein konkludent vereinbartes Abtretungsverbot nahe legen, sind nicht ersichtlich. Die Abtretung ist ferner weder sittenwidrig noch stellt sie eine unzulässige Rechtsausübung gemäß § 242 [X.] dar. Infolge der Abtretung verwirklicht sich vielmehr nur das mit dem Treuhandvertrag verbundene Ziel, dass die wirtschaftlichen Folgen der Kommanditbeteiligung die Treugeber selbst treffen.

c) § 172 Abs. 5 HGB steht dem Anspruch des [X.] nicht entgegen. Ein Gutglaubensschutz nach dieser Vorschrift setzt den Bezug von Gewinn aufgrund einer unrichtigen Bilanz voraus, die tatsächlich nicht vorhandene Gewinne ausweist (vgl. [X.], Urteil vom 20. April 2009 - [X.], [X.], 1222 Rn. 12 m.w.[X.]). Die Ausschüttungen beruhten hier nicht auf in den Bilanzen ausgewiesenen Gewinnen, sondern waren gemäß § 12 Abs. 3 des [X.]svertrages unabhängig von einem Gewinn der [X.] aus den Liquiditätsüberschüssen zu zahlen.

d) Infolge der Abtretung des [X.] steht dem Kläger gegen den Beklagten ein Zahlungsanspruch, entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts allerdings nur in Höhe von 5.414,95 € zu. Die [X.] kann in dieser Höhe die Freistellung von dem ihr gegenüber begründeten Anspruch aus § 171 Abs. 2, § 172 Abs. 4 HGB von dem beklagten Treugeber verlangen.

aa) Durch die Ausschüttungen an die über die [X.] beteiligten Treugeber hat die Schuldnerin die Einlage im Sinne von § 172 Abs. 4 HGB teilweise zurückbezahlt (vgl. [X.], Urteil vom 20. Oktober 1975 - [X.], [X.], 130, 131; Urteil vom 28. Januar 1980 - [X.], [X.]Z 76, 127, 130; [X.] in [X.]/Boujong/[X.]/[X.], HGB, 2. Aufl., § 172 Rn. 36). Der Anspruch aus § 172 Abs. 4, § 171 Abs. 1 und 2 HGB ist zwar nicht begründet, soweit die [X.] zur Befriedigung der [X.]sgläubiger nicht benötigt wird (vgl. [X.], Urteil vom 20. März 1958 - [X.], [X.]Z 27, 51, 56 f.; Urteil vom 11. Dezember 1989 - [X.], [X.]Z 109, 334, 344; [X.] in [X.]/Boujong/[X.]/[X.], HGB, 2. Aufl., § 171 Rn. 96). Diese Voraussetzung ist hier indes erfüllt. Die zur Insolvenztabelle festgestellten Forderungen, die nicht aus der Insolvenzmasse befriedigt werden können, übersteigen nach den Feststellungen des Berufungsgerichts die Summe aller Ausschüttungen.

bb) Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts sind nicht sämtliche Ausschüttungen haftungsbegründend gewesen. Der Umfang, in dem die Haftung des Kommanditisten nach § 172 Abs. 4 HGB wieder auflebt, ist in dreifacher Hinsicht, nämlich durch die [X.], die Höhe des ausgezahlten Betrags und durch das Ausmaß der dadurch gegebenenfalls entstehenden [X.]nunterdeckung begrenzt (vgl. MünchKommHGB/[X.], 2. Aufl., §§ 171, 172 Rn. 65). Im Streitfall ist das Kapitalkonto der Beklagten mit zuletzt 20.081,63 € gegenüber ihrer [X.] von 25.564,59 € (= 50.000 DM) nur um 5.482,96 € gemindert. [X.] sind aber nur 5.414,95 € ausgezahlt worden. Die erste Ausschüttung für das 2. Halbjahr 1999 in Höhe von 59,65 € und weitere 8,36 € von der zweiten Ausschüttung haben die Haftung aus § 172 Abs. 4 Satz 2 HGB nicht wieder begründet. Vor diesen Ausschüttungen war dem Kapitalkonto des Beklagten nach dem insoweit maßgeblichen Vortrag des [X.] und den von ihm vorgelegten Unterlagen ein anteiliger Gewinn für 1999 in Höhe von 68,01 € gutgeschrieben worden, dessen Entnahme nicht zum Wiederaufleben der Haftung führte. Alle nachfolgenden Ausschüttungen erfolgten zwar bei bereits bestehender [X.]nunterdeckung. Müsste der Beklagte - wie das Berufungsgericht meint - alle Ausschüttungen erstatten, bliebe aber unberücksichtigt, dass das Kapitalkonto und damit die [X.] durch anteilige Gewinne in den Jahren 1999 bis 2002 teilweise wieder aufgefüllt wurden. Die Haftung nach § 171 Abs. 1, § 172 Abs. 4 HGB soll aber nur gewährleisten, dass die [X.] im [X.]svermögen gedeckt ist; auf mehr können die Gläubiger nicht vertrauen (vgl. [X.], Urteil vom 12. Juli 1982 - [X.], [X.]Z 84, 383, 387; MünchKommHGB/[X.], 2. Aufl., § 172 Rn. 64; [X.] in [X.]/ Boujong/[X.]/[X.], HGB, 2. Aufl., § 172 Rn. 44).

Ausgehend von der Beispielsberechnung des [X.] ergibt sich bei Fortschreibung des [X.] des Beklagten folgende Berechnung:

[X.]/Einlage: 50.000 DM = 25.564,59 €

Datum 

Stand
Kapitalkonto

Ausschüttung

Stand
Kapitalkonto
nachher

Gewinn/Verlust

        

25.564,59 €

                 

in 1999:
+ 68,01 €

31.1.2000

25.632,60 €

59,65 €

25.572,95 €

        

31.7.2000

25.572,95 €

894,76 €

24.678,19 €

in 2000:
+ 113,71 €

31.1.2001

24.791,90 €

894,76 €

23.897,14 €

        

31.7.2001

23.897,14 €

894,76 €

23.002,38 €

in 2001:
+ 636,29 € 

31.1.2002

23.638,67 €

894,76 €

22.743,91 €

        

31.7.2002

22.743,91 €

894,76 €

21.849,15 €

in 2002:
+ 1.616,28 € 

31.1.2003

23.465,43 €

894,76 €

22.570,67 €

        

31.7.2003

22.570,67 €

894,76 €

21.675,91 €

in 2003:
- 162,25 € 

31.1.2004

21.513,66 €

383,47 €

21.130,19 €

        

31.7.2004

21.130,19 €

383,47 €

20.746,72 €

in 2004:
- 665,09 € 

31.12.2004

20.081,63 €

                          

cc) Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts muss sich der Kläger an der von ihm selbst als Beispiel so vorgetragenen Kapitalkontoentwicklung für eine Beteiligungssumme von 100.000 DM festhalten lassen. Zwar muss der Kommanditist darlegen und beweisen, dass eine unstreitige Ausschüttung die Haftung nicht wieder begründet hat (vgl. [X.] in [X.]/Boujong/[X.]/[X.], HGB, 2. Aufl., § 172 Rn. 55 f.). Hier hat jedoch der Kläger mit seiner Beispielsberechnung selbst vorgetragen, dass die Ausschüttungen teilweise nicht haftungsbegründend waren. Er hat zudem Handelsbilanzen vorgelegt, die für die Jahre 1999 bis 2002 jeweils Gewinne der Schuldnerin ausweisen. Dass die Gewinne tatsächlich erzielt worden sind und jeweils den Kapitalkonten der Treugeber gem. § 12 Abs. 1, 3 des [X.]svertrages auch zugewiesen worden sind, hat der Kläger in seiner Beispielsrechnung für eine Kapitalkontenentwicklung bei einer Beteiligungssumme von 100.000 DM zugunsten der Treugeber selbst berücksichtigt. Nicht vorgetragen hat er hingegen, dass das Kapitalkonto durch vorangegangene Verluste bereits zum Zeitpunkt der ersten Ausschüttung gemindert war. Der Hinweis auf die steuerlichen Anlaufverluste, die zu der prospektierten Minderung der Steuerlast bei den [X.] führen sollten, reicht dazu schon deshalb nicht, weil sich die Verluste aus der für die Kapitalkontoentwicklung maßgeblichen Handelsbilanz, auf die der Kläger sein Berechnungsbeispiel gestützt hat, nicht ergaben. Nach Vorlage der Steuerbilanzen hat der Kläger, was das Berufungsgericht übergangen hat, zudem selbst vorgetragen, dass er von den Handelsbilanzen ausgehe und die in den Steuerbilanzen ausgewiesenen höheren Verluste für den Anspruch aus § 172 Abs. 4 HGB nicht maßgeblich seien. Nach allgemeinen Grundsätzen (vgl. [X.], Urteil vom 17. Januar 1995 - [X.], NJW-RR 1995, 684, 685) ist davon auszugehen, dass sich der Beklagte das Vorbringen des [X.], soweit es für ihn günstig ist, zumindest hilfsweise zu eigen gemacht hat.

e) Das Berufungsgericht hat entgegen der Ansicht der Anschlussrevision zutreffend angenommen, dass der vom Kläger aus abgetretenem Recht geltend gemachte Zahlungsanspruch nicht verjährt ist.

aa) Die Verjährungsfrist für den Befreiungsanspruch eines Treuhänders nach § 257 Satz 1 [X.] beginnt nach der neueren Rechtsprechung des [X.] frühestens mit dem Schluss des Jahres zu laufen, in dem die Forderungen fällig werden, von denen zu befreien ist ([X.], Urteil vom 5. Mai 2010 - [X.], [X.], 1295 Rn. 21 f.; Urteil vom 12. November 2009 - [X.], [X.], 1299 Rn. 13). Der gesetzliche Befreiungsanspruch nach § 257 Satz 1 [X.] wird zwar nach allgemeiner Auffassung sofort mit der Eingehung der Verbindlichkeit, von der freizustellen ist, fällig, unabhängig davon, ob diese Verbindlichkeit ihrerseits bereits fällig ist ([X.], Urteil vom 5. Mai 2010 - [X.], aaO Rn. 20 m.w.[X.]). Nach allgemeinen verjährungsrechtlichen Grundsätzen wäre der Zeitpunkt, zu dem ein Befreiungsanspruch entsteht und fällig wird, auch maßgeblich dafür, zu welchem Zeitpunkt die Verjährungsfrist des [X.] beginnt (§ 199 [X.]). Dies widerspräche indes den Interessen der Vertragsparteien eines Treuhandvertrags der hier vorliegenden Art. Wäre für den Lauf der Verjährungsfrist auf die Fälligkeit des [X.] abzustellen, wäre die [X.] regelmäßig bereits zu einem Zeitpunkt zur Geltendmachung ihres [X.] gegenüber den [X.] gezwungen, in dem weder die Fälligkeit der Drittforderung, von der freizustellen ist, absehbar ist noch feststeht, ob zu deren Erfüllung überhaupt auf Mittel der Treugeber zurückgegriffen werden muss.

bb) [X.] ist danach nicht verjährt. Es ist weder dargetan noch sonst ersichtlich, dass keine der eingegangenen Verbindlichkeiten im Sinne von § 257 Satz 1 [X.], für die die Treuhänderin nach § 128, § 161 Abs. 2, § 171 Abs. 1 und 2, § 172 Abs. 4 HGB in Höhe von 5.414,95 € haftet, in - im Hinblick auf die dreijährige Verjährungsfrist nach §§ 195, 199 Abs. 1 [X.] und die Bekanntgabe des Ende Dezember 2006 eingereichten Prozesskostenhilfeantrags des [X.] (§ 204 Abs. 1 Nr. 14 [X.]) - unverjährter Zeit fällig geworden ist.

f) Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts kann der Beklagte gegenüber dem Rückzahlungsanspruch des [X.] nicht mit etwaigen gegen die [X.] bestehenden Schadensersatzansprüchen aufrechnen.

aa) Die Aufrechnung ist, anders als das Berufungsgericht meint, schon unzulässig.

Über die gesetzlich oder vertraglich ausdrücklich geregelten Fälle hinaus ist eine Aufrechnung verboten, wenn nach dem besonderen Inhalt des zwischen den Parteien begründeten Schuldverhältnisses der Ausschluss als stillschweigend vereinbart angesehen werden muss (§ 157 [X.]) oder wenn die Natur der Rechtsbeziehung oder der Zweck der geschuldeten Leistung eine Erfüllung im Wege der Aufrechnung als mit Treu und Glauben unvereinbar (§ 242 [X.]) erscheinen lassen ([X.], Urteil vom 24. Juni 1985 - [X.], [X.]Z 95, 109, 113 m.w.[X.]). So liegt der Fall hier. Die [X.] hat die Beteiligung treuhänderisch für Rechnung der Treugeber übernommen und gehalten. Bei einer Gestaltung der Anlegerbeteiligung wie der vorliegenden darf der Anleger zwar grundsätzlich, soweit sich das nicht aus der Zwischenschaltung des Treuhänders unvermeidbar ergibt, nicht schlechter stehen, als wenn er selbst Kommanditist wäre; er darf aber auch nicht besser gestellt werden, als wenn er sich unmittelbar beteiligt hätte. Ihn trifft daher, wenn keine besonderen Verhältnisse vorliegen, auch das Anlagerisiko so, als ob er sich unmittelbar als Kommanditist beteiligt hätte (vgl. [X.], Urteil vom 17. Dezember 1979 - [X.], [X.], 277, 278; Urteil vom 21. März 1988 - [X.], [X.]Z 104, 50, 55). Die Einbindung der Anleger durch das Treuhandverhältnis erfasst auch die Haftung der [X.] gegenüber [X.], soweit die Einlagen nicht erbracht oder wieder zurückbezahlt worden sind. Aus diesem Grund kann sich der Anleger der ihn mittelbar über die Inanspruchnahme durch die [X.] treffenden Haftung gegenüber [X.] nach §§ 171, 172 Abs. 4 HGB nicht durch Aufrechnung mit Ansprüchen gegen die [X.] entziehen (vgl. [X.], [X.], 1494, 1499; [X.], [X.] 2009, 543, 544; [X.] in [X.]/Boujong/[X.]/[X.], HGB, 2. Aufl., § 177a [X.]. B Rn. 102; [X.]/[X.], HGB, 2. Aufl., § 161 Rn. 176).

bb) Die Aufrechnung des Beklagten würde im Übrigen auch nicht durchgreifen, weil er eine [X.] nicht ausreichend dargelegt hat. Dass die Ausschüttungen nicht mit Gewinnen gleichzusetzen waren, ergab sich hinreichend deutlich aus dem Fondsprospekt. Dort wurde darauf hingewiesen, dass für die im Handelsregister eingetragenen Kommanditisten und für den [X.] eine persönliche Haftung für die Verbindlichkeiten der [X.] entsteht, soweit die Einlagen der Kapitalanleger aus Liquiditätsüberschüssen der [X.] zurückgezahlt werden. Ferner war dem Prospekt zu entnehmen, dass sich die prognostizierten Ausschüttungen nicht allein durch die angenommenen Mietzinsüberschüsse darstellen ließen, sondern auch durch die Höhe der Fremdfinanzierung (ca. 72 % des Gesamtaufwands der Objektgesellschaften), die anfänglichen Tilgungsaussetzungen und Entnahmen aus der Liquiditätsreserve, die zum Teil aus Eigenkapital gebildet wurde, in der ausgewiesenen Höhe möglich wurden.

Auch war die [X.] zu einer weitergehenden Erläuterung der Haftungsvorschrift des § 172 Abs. 4 HGB, die in § 12 des [X.]svertrages genannt wird, nicht verpflichtet (vgl. [X.], Beschluss vom 9. November 2009 - [X.], [X.], 2335). Auf die eingeschränkte Handelbarkeit der Anteile weist der Prospekt ebenfalls hinreichend deutlich hin.

4. Ob der Kläger die Erstattung der Ausschüttungen gemäß §§ 143, 134 Abs. 1 Satz 1 [X.] verlangen könnte, kann dahinstehen. Jedenfalls ergäbe sich daraus keine höhere Forderung. Denn der Anspruch gemäß § 134 Abs. 1 [X.] wäre begrenzt auf Ausschüttungen, die innerhalb von vier Jahren vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens, den die Schuldnerin am 29. Juli 2005 gestellt hat, vorgenommen worden sind, d.h. auf die Ausschüttungen ab dem 31. Juli 2001. Diese belaufen sich auf 5.240,74 €.

Bergmann                                 Caliebe                                   Drescher

                           Born                                   Sunder

Meta

II ZR 216/09

22.03.2011

Bundesgerichtshof 2. Zivilsenat

Urteil

Sachgebiet: ZR

vorgehend OLG Karlsruhe, 6. August 2009, Az: 4 U 9/08, Urteil

§ 171 HGB, § 172 Abs 4 HGB, § 242 BGB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Urteil vom 22.03.2011, Az. II ZR 216/09 (REWIS RS 2011, 8419)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2011, 8419

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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