Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 16.06.2005, Az. IX ZR 27/04

IX. Zivilsenat | REWIS RS 2005, 3042

© REWIS UG (haftungsbeschränkt)

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Entscheidungstext


Formatierung

Dieses Urteil liegt noch nicht ordentlich formatiert vor. Bitte nutzen Sie das PDF für eine ordentliche Formatierung.

PDF anzeigen

[X.]IM NAMEN DES VOLKES URTEIL [X.] Verkündet am: 16. Juni 2005 [X.] Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit

Nachschlagewerk: ja [X.]: ja [X.]R: ja

BGB § 675

a) Im Anwaltshaftungsprozeß darf der [X.] bereits vorliegende Beweisergebnisse nicht deshalb außer Betracht lassen, weil der [X.] des [X.] auch oh-ne Verfahrensfehler zu diesen Erkenntnissen nicht gelangt wäre. b) Hat der Rechtsanwalt es versäumt, ein gerichtliches Gutachten durch Vorlage eines bereits erstatteten, zu gegenteiligen Ergebnissen kommenden Privatgutach-tens anzugreifen, und dadurch seine Mandatspflichten verletzt, bedeutet der [X.] nicht gerechtfertigte Verlust dieses Prozesses für den Mandanten keinen Schaden im Rechtssinne, wenn das Gericht des [X.] bei sämtli-chen von der Zivilprozeßordnung ermöglichten Verfahrensweisen notwendiger-weise zum Nachteil des Mandanten hätte entscheiden müssen. c) [X.], ob der [X.] trotz der anwaltlichen Pflichtverletzung bei [X.] rechtlich möglichen Verfahrensweisen zum Nachteil des Mandanten hätte ausgehen müssen, geht zu Lasten des Rechtsanwalts.
[X.], [X.]eil vom 16. Juni 2005 - [X.] - OLG Frankfurt am Main

LG Frankfurt am Main - 2 - Der [X.]. Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom 16. Juni 2005 durch den Vorsitzenden [X.] Dr. [X.] und die [X.] [X.], [X.], [X.] und [X.]
für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird das [X.]eil des 10. Zivilsenats des [X.] vom 19. Dezember 2003 aufgehoben.

Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten des Revisionsverfahrens - an das Berufungsge-richt zurückverwiesen. Von Rechts wegen

Tatbestand:

Die Klägerin, eine Bauträgerin, errichtete von 1984 bis 1987 eine [X.]. Später trat an der Decke der vorgelagerten, mit gärt-nerischen Anlagen bedeckten Tiefgarage Feuchtigkeit in Erscheinung. Im [X.] 1991 beanstandete die Wohnungseigentümergemeinschaft gegenüber der Klägerin diesen Mangel. Diese beauftragte die verklagten Rechtsanwälte mit ihrer Vertretung. In einem von den Wohnungseigentümern eingeleiteten selb-ständigen Beweisverfahren stellte der Sachverständige [X.]

fest, daß das [X.] einige Risse aufweise, die teilweise Wasser führten. Ferner - 3 - stellte er fest, daß die durch das Garagendach gebildete Terrasse nicht ordent-lich durch eine [X.] abgedichtet sei, weil diese am Rande der [X.] abgeschnitten und nicht an deren Innenwand hochgezogen sei. Die so hergestellte Terrasse sei eine Fehlkonstruktion. Zur Mangelbehebung müsse der gesamte Terrassenaufbau erneuert werden.

Im Anschluß an dieses Beweissicherungsverfahren verlangte die [X.] von der Klägerin einen Vorschuß für erforderli-che Abdichtungsmaßnahmen. Nachdem die Klägerin in erster Instanz zur [X.] von 120.879,34 DM verurteilt worden war, beauftragte sie den Sachver-ständigen [X.]mit der Erstattung eines neuen Gutachtens über etwa vor-handene Mängel und deren Ursachen. Dieser Sachverständige gelangte Ende 1994 zu dem Ergebnis, das Gutachten [X.]richte sich an den Anforderun-gen einer Abdichtung nach [X.] 18195 aus. Im vorliegenden Fall sei indes die alternative Abdichtung nach [X.] 1045 (Verwendung wasserundurchlässigen Betons) gewählt worden. Die Ausführung habe die vertraglich zugesicherten Eigenschaften, entspreche den Regeln der Technik - nämlich der [X.] 1045 - und sei auch, abgesehen von nie ganz zu vermeidenden Rissen, die nachträg-lich mit verhältnismäßig geringem Kostenaufwand geschlossen (verpreßt) wer-den könnten, mangelfrei. Dieses Privatgutachten wurde dem [X.] vorgelegt. Am selben Tage wies dieses die Berufung der Klägerin zurück.

Wegen der an die Wohnungseigentümer gezahlten [X.]eilssumme, Zin-sen und Kosten in Höhe von insgesamt 179.152,96 DM sowie wegen der Fest-stellung der Verpflichtung zum Ersatz des weiteren Schadens hat die Klägerin die [X.] auf Schadensersatz in Anspruch genommen. Sie hat diesen zur - 4 - Last gelegt, ihre anwaltlichen Pflichten verletzt zu haben. Insbesondere hätten sie vor Gericht nicht deutlich gemacht, daß das Gutachten [X.] von falschen Voraussetzungen ausgehe. Auch hätten sie nicht dafür Sorge getragen, daß das Gutachten [X.]rechtzeitig dem Gericht vorgelegt worden sei. Mit [X.]eil vom 19. Februar 1998 hat das [X.] der Klage im wesentlichen stattge-geben. In der Berufungsinstanz haben die [X.] ihrerseits ein Privatgut-achten des Sachverständigen [X.]vorgelegt. Dieses hält das Gutachten [X.]nicht für widerlegt, solange nicht das Vorhandensein eines funktionsfähigen wasserundurchlässigen Baukörpers aus Beton (sogenannte weiße Wanne) nachgewiesen sei, woran es bisher fehle. Mit [X.]eil vom 14. September 1999 hat der Einzelrichter des [X.] das erstinstanzliche [X.]eil aufgeho-ben und die Sache an das [X.] zurückverwiesen. Dieses hat nunmehr ein Gutachten des Sachverständigen [X.]und ein Ergänzungsgutachten [X.] Sachverständigen erhoben. Darin ist der Sachverständige [X.]im [X.] dem Gutachten [X.]gefolgt. Daraufhin hat das [X.] mit [X.]eil vom 4. Februar 2002 der Zahlungsklage wiederum im wesentlichen statt-gegeben und im übrigen die Klage abgewiesen. Auf die neuerliche Berufung der [X.] hat das [X.], das [X.] als sachverständigen Zeugen gehört hat, die Klage abgewiesen. Dagegen wendet sich die Klägerin mit ihrer - vom Senat zugelassenen - Revision.

Entscheidungsgründe:

Das Rechtsmittel führt zur Aufhebung und Zurückverweisung.

- 5 - [X.]
Das Berufungsgericht hat ausgeführt, die [X.] hafteten grundsätz-lich für die Schäden, die der Klägerin aus anwaltlichen Pflichtverletzungen ent-standen seien. Solche Pflichtverletzungen lägen vor, wie sich schon aus den bindenden Ausführungen in dem ersten Berufungsurteil ergebe, mit dem die Sache an das [X.] zurückverwiesen worden sei. Die anwaltlichen Feh-ler der [X.] seien indes für den Schaden der Klägerin nicht ursächlich. Entscheidend sei, wie der [X.] nach Auffassung des [X.]s rich-tigerweise hätte entschieden werden müssen, wenn die [X.] ihre anwalt-lichen Aufgaben pflichtgemäß erfüllt hätten. Daher komme es darauf an, wel-chen Sachverhalt die [X.] dem Gericht des [X.] hätten unter-breiten müssen, welche Aufklärungen daraufhin vermutlich stattgefunden [X.], zu welchem Ergebnis diese geführt hätten und wie der Rechtsstreit auf dieser Grundlage zu entscheiden gewesen wäre. Wenn das [X.] im [X.] mit dem Vortrag konfrontiert worden wäre, dessen Unterbleiben die Klägerin den [X.] anlaste, hätte es den Sachverständigen [X.] dazu anhalten müssen, sein Gutachten zu ergänzen oder zu erläutern. Wie sich die-ser dann geäußert hätte, habe der Senat im vorliegenden Verfahren durch Ver-nehmung [X.]als sachverständiger Zeuge geklärt. Dessen Aussage sei so plausibel, stimmig und überzeugend gewesen, daß - falls sie bereits im [X.] erfolgt wäre - für die damals mit der Sache befaßten Gerichte kein Anlaß bestanden hätte, ein weiteres Gutachten einzuholen. Damit komme es - unab-hängig davon, ob das Gutachten [X.] objektiv richtig sei - auf die weiteren Gutachten, insbesondere das des Sachverständigen [X.] , nicht an. - 6 - I[X.]

Diese Ausführungen halten einer rechtlichen Überprüfung in [X.] nicht stand. Nach derzeitiger Sach- und Rechtslage kann die Klage nicht deshalb abgewiesen werden, weil die von den Vorderrichtern an-genommenen Fehler der [X.] für den geltend gemachten Schaden nicht ursächlich seien.

1. Nach gefestigter Rechtsprechung kann der Schaden nicht rein [X.] bestimmt werden. Das mit Hilfe der Differenzmethode gewonnene Er-gebnis bedarf einer normativen Kontrolle, die am Schutzzweck der Haftung so-wie an Funktion und Ziel des Schadensersatzes ausgerichtet ist ([X.] 98, 212, 217 f; [X.], [X.]. v. 26. September 1997 - [X.], [X.], 2309, 2311; v. 6. Juli 2000 - [X.] ZR 198/99, [X.], 1814, 1816). Der Verlust oder die Vorenthaltung einer tatsächlichen oder rechtlichen Position, auf die der Kläger aufgrund der objektiven Umstände keinen Anspruch hatte, stellt bei [X.] wertenden Betrachtungsweise keinen ersatzfähigen Schaden dar ([X.] 72, 328, 331 f; 124, 86, 95; 125, 27, 34).
Wenn im Haftpflichtprozeß die Frage, ob dem Mandanten durch eine schuldhafte Pflichtverletzung des Rechtsanwalts ein Schaden entstanden ist, vom Ausgang eines anderen Verfahrens (im folgenden: [X.] oder [X.]) abhängt, muß deshalb das Regreßgericht selbst prüfen, wie jenes Verfahren richtigerweise zu entscheiden gewesen wäre ([X.] 133, 110, 111; [X.], [X.]. v. 21. September 1995 - [X.] ZR 228/94, [X.], 35, 36; v. 18. No-vember 1999 - [X.] ZR 420/97, [X.], 189, 192; v. 9. Dezember 1999 - [X.] ZR 129/99, [X.], 959, 962; v. 27. Januar 2000 - [X.] ZR 45/98, [X.], 966, - 7 - 968). Welche rechtliche Beurteilung das mit dem [X.] befaßte Gericht seiner Entscheidung zugrunde gelegt hätte, ist ohne Belang. Vielmehr ist die Sicht des Regreßgerichts maßgeblich.

Die hypothetische Betrachtung, ob der Kläger bei sachgemäßer anwalt-licher Vertretung den [X.] gewonnen hätte, betrifft nicht nur Rechtsfragen, sondern auch Tatsachenfeststellungen. Die Frage, wie der [X.] richtigerweise hätte entschieden werden müssen, beantwortet sich nach § 287 ZPO, weil es sich um ein Element der haftungsausfüllenden Kausalität handelt ([X.], [X.]. v. 2. Juli 1992 - [X.] ZR 256/91, [X.], 2020, 2022; v. 5. November 1992 - [X.] ZR 12/92, [X.], 382). Das Regreßgericht hat seiner Entscheidung den Sachverhalt zugrunde zu legen, der dem Gericht des Vorverfahrens bei pflichtgemäßem Verhalten des Rechtsanwalts unterbreitet und von ihm aufgeklärt worden wäre. Wird dem Rechtsanwalt vorgeworfen, der Mißerfolg des Mandanten im [X.] sei auf mangelhaften [X.] zurückzuführen, hat das Regreßgericht deshalb grundsätzlich von dem Sachverhalt auszugehen, der dem Gericht des Inzidenzverfahrens bei pflichtgemäßem Verhalten des dortigen Prozeßbevollmächtigten - nunmehrigen Regreßbeklagten - unterbreitet worden wäre ([X.] 133, 110, 111 f; [X.], [X.]. v. 18. November 1999 aaO; v. 9. Dezember 1999 aaO; v. 27. Januar 2000 aaO). Da der materiellen Gerechtigkeit Vorrang vor der wirklichen Kausalität gebührt, kommt es nicht darauf an, welche Tatsachen das [X.] mut-maßlich festgestellt hätte, sondern welche Beweiserhebungen nach Auffassung des [X.]s zur Aufklärung des Sachverhalts erforderlich sind ([X.] 133, 110, 112). Der [X.] ist dabei nicht auf die Aufklärungsmöglich-keiten beschränkt, die dem [X.] des [X.] ohne die anwaltlichen - 8 - Pflichtversäumnisse im damaligen Zeitpunkt zur Verfügung gestanden hätten. Von diesem unzuverlässigen Beurteilungsmaßstab soll im Interesse eines ge-rechten Ergebnisses der Prozeß, bei dem es um die Ermittlung des zu erset-zenden Schadens geht, wie er sich im gegenwärtigen Zeitpunkt darstellt, gera-de freigestellt sein. Dem Mandanten, der geltend macht, durch das anwaltlicher Sorgfalt widersprechende Verhalten seines damaligen Prozeßbevollmächtigten den [X.] verloren zu haben, darf nicht die Möglichkeit beschnitten wer-den, mit [X.] im Regreßprozeß zulässigen Beweismitteln den Beweis zu [X.], daß er sonst den [X.] hätte gewinnen müssen (vgl. [X.], [X.]. v. 2. Juli 1987 - [X.] ZR 94/86, NJW 1987, 3255, 3256). Deshalb darf - und muß - der [X.] des Regreßprozesses auch verwertbare Beweismittel berücksichti-gen, auf welche im [X.] nicht hätte zurückgegriffen werden können ([X.] 72, 328, 330; 133, 110, 115; [X.], [X.]. v. 22. November 1983 - [X.], [X.], 160, 161). Insbesondere steht der Gegner des [X.] nunmehr als Zeuge zur Verfügung.

2. Das Berufungsgericht hat der Klägerin den [X.] auf der Grundlage des Gutachtens [X.] abgesprochen, obwohl es dessen "objektive Richtigkeit" hat dahingestellt sein lassen, dieses mithin auch falsch sein kann.

a) Nachdem gegen das erstinstanzlich eingeholte Gutachten des Sach-verständigen [X.] seitens der [X.] Einwände erhoben worden waren, hatte das Berufungsgericht den Sachverständigen geladen, um ihn zu seinem Gutachten anzuhören. Davon hat es jedoch nach der Vernehmung des sach-verständigen Zeugen [X.]abgesehen, weil es nunmehr die Anhörung des Sachverständigen [X.]für "überflüssig" erachtete. Es hat angenommen, daß [X.] als Sachverständiger im [X.] dasselbe ausgesagt hätte, was er - 9 - jetzt als sachverständiger Zeuge bekundet hat. Dann - so das Berufungsge-richt - hätten die Gerichte im [X.] ihm folgen dürfen. Auf weiteres komme es daher nicht mehr an.
b) Dies ist rechtsfehlerhaft, weil das Berufungsgericht den realen im [X.] erlangten Kenntnisstand - wonach sich die Ergebnisse jeweils zweier Gutachten (einerseits [X.] und [X.], andererseits [X.] und [X.]) [X.] gegenüberstehen, so daß weiterer Aufklärungsbedarf besteht - nicht zugunsten einer mit Unsicherheiten behafteten hypothetischen Betrachtung der weiteren Entwicklung des [X.] vernachlässigen durfte. Falls das [X.] im [X.] dem damaligen Sachverständigen [X.]

jedenfalls nach den Ergänzungen seines Gutachtens, die er im Regreßprozeß als sachver-ständiger Zeuge nachgeliefert hat, hätte folgen dürfen, besagt dies nicht, das Regreßgericht dürfe die Augen davor verschließen, daß inzwischen weitere Gutachten mit gegenteiligen Ergebnissen vorliegen. Dies stünde mit dem [X.] nach einer richtigen Sachentscheidung im Widerspruch, das nach der zi-tierten Rechtsprechung Vorrang hat.

Das Argument der Revisionserwiderung, im [X.] dürfe ein unter Verstoß gegen die Vorschrift des § 412 ZPO eingeholtes neues Gutach-ten nicht verwertet werden, geht fehl. Der [X.] stellt gegenüber dem [X.] ein neues und selbständiges Verfahren dar. Deswegen durfte das [X.] im Regreßprozeß, ohne gegen § 412 ZPO zu verstoßen, die Begutachtung durch einen anderen Sachverständigen als [X.]

anordnen. Auf diesem Wege wird der [X.] seiner Aufgabe zu prüfen, wie der [X.] rechtlich und tatsächlich objektiv richtig hätte ausgehen müssen, möglicherweise sogar am besten gerecht.
- 10 - c) Beruht die tatsächliche Würdigung des [X.]s jedoch auf Er-kenntnissen, die selbst bei pflichtgemäßem Handeln der im [X.] auftre-tenden Rechtsanwälte und sachgerechtem Verfahren des mit diesem Prozeß befaßten Gerichts keinesfalls zur Verfügung gestanden hätten, dürfen diese auch im Regreßprozeß nicht berücksichtigt werden. Andernfalls käme der Mandant aufgrund des [X.]s im Wege des Schadensersatzes in den Genuß eines Vorteils, den er ohne jenen Fehler unter keinen Umständen hätte erlangen können. Die Gewährung eines derartigen Schadensersatzes wäre mit dem Schutzzweck der verletzten Norm nicht zu vereinbaren. Gegebenenfalls ist der Schaden der Verletzungshandlung nicht zuzurechnen.

aa) Demjenigen, der durch eine Pflichtverletzung eine ursächliche Be-dingung gesetzt hat, darf der Schaden nur zugerechnet werden, wenn sich die-ser innerhalb des Schutzbereichs der verletzten Pflicht verwirklicht hat ([X.] 37, 311, 315; 57, 137, 142; [X.], [X.]. v. 20. Januar 1990 - [X.], NJW 1990, 2057, 2058). Der Rechtsanwalt hat nur für solche Nachteile einzustehen, zu deren Abwendung er die aus dem Mandat folgenden Pflichten übernommen hat ([X.], [X.]. v. 26. Juni 1997 - [X.] ZR 233/96, NJW 1997, 2946, 2947 m.w.N.). Die Pflicht, den Standpunkt des Mandanten vor Gericht zur Geltung zu bringen, insbesondere sachgerecht, vollständig und rechtzeitig vorzutragen, dient nicht der Abwendung von Nachteilen, die durch die Wahrnehmung jener Pflicht nicht beeinflußt werden können. Hat es der Rechtsanwalt beispielsweise im [X.] schuldhaft versäumt, eine Behauptung unter Beweis zu stellen, so haftet er für die Nachteile der [X.] dann nicht, wenn damals ein Beweismittel nicht zur Verfügung gestanden hätte. Daran ändert nichts, daß im Regreßprozeß ein solches vorliegt. Zwar wurde ein Schaden im Rechtssinne - 11 - verneint, wenn der [X.] bei sachgerechter Vertretung durch den jetzt verklagten Rechtsanwalt im [X.] obsiegt hätte, weil der Gegner einen ihm obliegenden Beweis mit den dort zulässigen Beweismitteln nicht hätte [X.] können, sich jedoch im Regreßprozeß aufgrund des hier zulässigerweise erhobenen Beweises herausstellt, daß er den [X.] materiellrechtlich zu Recht verloren hat ([X.], [X.]. v. 2. Juli 1987 - [X.] ZR 94/86, NJW 1987, 3255; vgl. ferner [X.] 72, 328, 329 f; [X.] [X.]. v. 22. November 1983 - [X.], [X.], 160, 161). An dieser Auffassung hält der Senat fest. Hier geht es jedoch um den umgekehrten Fall. Ergibt sich im Regreßprozeß, daß der [X.] den [X.] materiellrechtlich zu Unrecht verloren hat, kann ein Scha-den im Rechtssinne nicht bejaht werden, wenn diese Erkenntnis im [X.] geführten und von keinem [X.] beeinflußten [X.] aus verfahrensrechtlichen Gründen, etwa wegen [X.], nicht hätte gewonnen werden können.
Entsprechend zu beurteilen ist die Lage, wenn das Gericht bei pflicht-gemäßem Verhalten des Rechtsanwalts verschiedene, jeweils verfahrensrechtlich zulässige Wege hätte wählen können und sämtliche Alternativen nicht die im Regreßprozeß gewonnenen Erkenntnisse erbracht hätten. In diesem Falle ist der Verlust des [X.] nicht der anwaltlichen Pflichtverletzung zuzurechnen. Insoweit gilt im Tatsächlichen für die Haftungszurechnung ein entsprechender Maßstab wie bei der rechtlichen Würdigung, falls sich die höchstrichterliche Rechtsprechung nachträglich ändert (vgl. [X.] 145, 256, 259 ff). [X.]) Kann jedoch nicht ausgeschlossen werden, daß bei pflichtgemäßem Handeln des Rechtsanwalts der Mandant den [X.] gewonnen hätte, ist der Zurechnungszusammenhang nicht unter wertenden Gesichtspunkten zu - 12 - verneinen. Der [X.] darf Beweisergebnisse, die bereits vorliegen, nicht deshalb außer Betracht lassen, weil es lediglich möglich ist, daß der Rich-ter des [X.] auch ohne Verfahrensfehler einen Weg gewählt [X.], auf dem er zu diesen Erkenntnissen nicht gelangt wäre. In einem solchen Fall ist nicht hypothetisch aufzuklären, welche Alternative das Gericht des [X.] gewählt hätte. Dies wäre mit zu vielen Unwägbarkeiten belastet und mit dem normativen Schadensbegriff nicht vereinbar ([X.] 124, 86, 95 f; [X.], [X.]. v. 21. September 1995 - [X.] ZR 228/94, NJW 1996, 48, 49). Der [X.] darf das objektiv Richtige nur dann außer Betracht lassen, wenn diese Erkenntnis im [X.] unter keinen Umständen gewonnen werden konnte.
c) Grundsätzlich hat der Mandant, der seinen Rechtsanwalt auf [X.] in Anspruch nimmt, neben der Pflichtverletzung ([X.], [X.]. v. 25. März 1999 - [X.] ZR 283/97, [X.], 1328, 1329), dem Schaden ([X.] 131, 110, 115; [X.], [X.]. v. 8. Juli 1999 - [X.] ZR 338/97, [X.], 1846, 1849) und dem [X.] ([X.], [X.]. v. 27. Januar 2000 - [X.] ZR 45/98, [X.], 966, 968 m.w.N.) auch den Zurechnungszusammenhang darzulegen und zu beweisen. Ausnahmsweise gilt etwas anderes dann, wenn bei pflichtgemäßem Handeln des Rechtsanwalts dem Gericht verschiedene prozessual gleich gangbare Wege offen gestanden hätten. Hier muß nicht der Mandant darlegen und beweisen, daß auf einem dieser Wege der Schaden für ihn vermieden worden wäre. Noch weniger muß er belegen, daß das Gericht des [X.] diesen Weg eingeschlagen hätte. Vielmehr muß der Rechts-anwalt darlegen und beweisen, daß auf [X.] in Betracht kommenden Wegen der Schaden nicht vermeidbar gewesen wäre. Dies ist deshalb gerechtfertigt, - 13 - weil er sich auf hypothetische Geschehensabläufe beruft und deren Unaufklär-barkeit auf der von ihm zu vertretenden Pflichtwidrigkeit beruht.
3. Daraus ergibt sich für den Streitfall folgendes:

Für das [X.] wären bei rechtzeitiger Vorlage des Privatgut-achtens [X.]folgende Verfahrensweisen in Betracht gekommen: Es hätte den in dem Beweisverfahren tätig gewordenen Gutachter [X.] befragen können (erste Variante). Es hätte seinerzeit jedoch auch den Privatgutachter [X.] anhören dürfen (zweite Variante), wenn die [X.] - wie es anwalt-licher Sorgfalt entsprochen hätte - darauf angetragen hätten (zur Sachaufklä-rung nach Vorlage von Privatgutachten vgl. [X.], [X.]. v. 9. Januar 1996 - [X.], NJW 1996, 1597, 1598; v. 13. Februar 2001 - [X.], NJW 2001, 2796, 2797). Schließlich hätte das Gericht nach § 412 Abs. 1 BGB auch die Möglichkeit gehabt, ein Obergutachten in Auftrag zu geben (dritte Variante). Offen ist zumindest, welche Ergebnisse die zweite und die dritte Variante erge-ben hätten. Möglicherweise wäre das Obergutachten so ausgef[X.] wie das Gutachten [X.] . Deswegen kann nicht gesagt werden, daß alle drei Alterna-tiven zum Verlust des [X.] für die Klägerin geführt hätten.

II[X.]

Das Berufungsurteil erweist sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig. Die von der Revisionserwiderung erhobene [X.], das [X.] habe sich - was die Pflichtwidrigkeit des von den [X.] an den Tag gelegten anwaltlichen Handelns angehe - fälschlich an sein erstes - 14 - gelegten anwaltlichen Handelns angehe - fälschlich an sein erstes Berufungs-urteil gebunden gefühlt, greift im Ergebnis nicht durch.

1. Allerdings ist das Berufungsgericht zu Unrecht von einer Bindungs-wirkung seines ersten Berufungsurteils ausgegangen. In diesem ist das erste landgerichtliche [X.]eil aufgehoben und die Sache zurückverwiesen worden, weil das [X.] den durch Sachverständigengutachten unter Beweis ge-stellten Vortrag der [X.] übergangen habe, das Gutachten [X.] sei (wenigstens im Ergebnis) zutreffend gewesen und deshalb sei die anwaltliche Pflichtverletzung für den Ausgang des [X.] nicht kausal geworden. [X.] war das Berufungsgericht in entsprechender Anwendung des § 565 Abs. 2 ZPO a.[X.] (vgl. dazu [X.], [X.]. v. 23. Juni 1992 - [X.], [X.], 2831, 2832; Beschl. v. 17. Januar 1995 - [X.], [X.]R ZPO § 565 Abs. 2 - Bindungswirkung 5) nur an diejenige rechtliche Beurteilung, auf der die Aufhebung unmittelbar beruhte (vgl. [X.] 132, 6, 10; 145, 316, 319; [X.], [X.]. v. 29. März 1990 - [X.] ZR 24/88, NJW 1990, 2127 m.w.N.; Münch-Komm-ZPO/[X.], 2. Aufl. § 565 Rn. 9; Musielak/Ball, ZPO 4. Aufl. § 563 Rn. 11). Die Ausführungen des ersten Berufungsurteils über die anwaltliche Pflichtverletzung der [X.] waren als nur mittelbare Grundlagen der [X.] nicht bindend.

2. Indes hat das Berufungsgericht ungeachtet der von ihm angenomme-nen Bindung auch darauf hingewiesen, daß es insoweit die Auffassung des zurückverweisenden Einzelrichterurteils teile. Entgegen der Ansicht der Revisi-onserwiderung genügt dies den Anforderungen, die gemäß § 286 Abs. 1 Satz 2, § 313 Abs. 3 ZPO an eine [X.]eilsbegründung zu stellen sind. - 15 - Daß die Annahme anwaltlicher Pflichtverletzungen der [X.] in dem ersten Berufungsurteil, die sich das Berufungsgericht in dem zweiten [X.]eil zu eigen gemacht hat, unrichtig sei, hat die Revisionserwiderung nicht dargetan. In dem ersten Berufungsurteil ist zutreffend ausgeführt, daß wesentlich auch über die Notwendigkeit der von dem Sachverständigen [X.]

vorgeschlage-nen Sanierungsarbeiten - somit über die Höhe des Schadens - gestritten [X.] war. Dafür war die Art des Mangels ausschlaggebend. Insofern war es von Bedeutung, welches Abdichtungsverfahren bei dem fraglichen Objekt [X.] worden war. Der Aufgabe, dieser Frage nachzugehen, waren die [X.] nicht deshalb enthoben, weil Sanierungsmaßnahmen irgendwelcher (geeigneten) Art auf jeden Fall erforderlich waren. [X.]

Das Berufungsurteil ist deshalb aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Die Sache ist zur neuen Verhandlung und Entscheidung zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO), damit geprüft wird, auf welcher Tatsachengrundlage - sei es der von dem Sachverständigen, nunmehrigen sachverständigen Zeugen [X.] , eventuell mit der durch den Sachverständigen [X.]befürworteten [X.], sei es der von den Sachverständigen [X.]
und [X.] ermittelten - zu beurteilen ist, welche Aufwendungen zur Reparatur der an dem [X.] festgestellten Schäden erforderlich waren.

[X.] Ganter [X.]
[X.] am [X.] [X.] ist in Urlaub und daher verhindert zu unterschreiben.

[X.] [X.]

Meta

IX ZR 27/04

16.06.2005

Bundesgerichtshof IX. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 16.06.2005, Az. IX ZR 27/04 (REWIS RS 2005, 3042)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2005, 3042

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

Keine Referenz gefunden.

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.