Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 25.09.2002, Az. 4 StR 173/02

4. Strafsenat | REWIS RS 2002, 1458

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[X.] [X.]/02vom25. September 2002in der Strafsachegegenwegen [X.] des [X.] hat in der Sitzung vom25. September 2002, an der teilgenommen haben:Vorsitzende [X.]in am [X.]. [X.],[X.] am [X.],[X.],[X.]in am Bundesgerichtshof[X.] am [X.]. [X.]als beisitzende [X.],Staatsanwalt als Vertreter der [X.],Rechtsanwalt als Verteidiger,Rechtsanwalt als Vertreter des Nebenklägers [X.],[X.] in Person,Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,- 3 -für Recht erkannt:- 4 -1. Auf die Revision des Nebenklägers [X.] wird das Urteil des [X.] vom 13. No-vember 2001 mit den Feststellungen aufgehoben.2. Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entschei-dung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eineandere als Schwurgericht zuständige Strafkammer des[X.]s zurückverwiesen.Von Rechts wegenGründe:[X.] hat den Angeklagten von dem Vorwurf des Mordes austatsächlichen Gründen freigesprochen. Nach der Anklage lag ihm zur Last, [X.] des 5. Februar 2001 den 37-jährigen selbständigen Bauunternehmer[X.]heimtückisch aus nächster Nähe mit zwei Schüssen aus einemSchrotgewehr getötet zu haben. Von seiner Täterschaft konnte sich das [X.] nicht überzeugen.Mit seiner Revision, mit der er die Verletzung materiellen Rechts rügt,erstrebt der Nebenkläger die Aufhebung des freisprechenden Urteils. [X.] hat Erfolg, da die dem Freispruch zugrundeliegende Beweiswür-digung rechtlicher Nachprüfung nicht [X.] 5 -II.1. Nach den Urteilsfeststellungen war der Angeklagte in leitender [X.] in einer [X.] tätig, die in regelmäßiger Geschäftsverbindungmit dem Bauunternehmen [X.]stand, an dem neben weiteren Familienmit-gliedern der später getötete [X.]beteiligt war. Zwischen dem Ange-klagten und den in dem Bauunternehmen tätigen Mitgliedern der [X.]war über die Jahre der Geschäftsverbindung ein freundschaftlichesVerhältnis entstanden. Insbesondere der im Büro der Firma [X.]beschäf-tigten [X.], der Ehefrau des [X.], mit der er bei [X.] Besuchen auch über private Fragen sprach, brachte der [X.] Sympathien entgegen.Für den Abend des 5. Februar 2001 hatte der Angeklagte mit [X.]einen geschäftlichen Besprechungstermin vereinbart, der in den Räu-men der [X.] stattfinden sollte und an dem neben [X.] noch dessen Vettern [X.] und Ralf [X.]teilnehmen sollten. Da [X.] undRalf [X.]aus privaten Gründen den Termin letztlich nicht wahrnehmenkonnten, fuhr [X.] gegen 19.30 Uhr mit seinem Pkw allein zu demca. 35 bis 40 Fahrminuten entfernten Betriebsgebäude der [X.], inwelchem sich zu dieser [X.] nur der Angeklagte aufhielt. Zu welchem [X.]punktder Angeklagte frühestens erfahren hatte, daß [X.] allein zu dem [X.] erscheinen werde, konnte das [X.] nicht sicher feststellen. Späte-stens anläßlich eines Anrufs auf dem Handy von [X.] um 19.58 [X.] er jedoch hiervon Kenntnis. Nachdem [X.] den Betrieb des [X.] erreicht und seinen Pkw vor diesem abgestellt hatte, wurde er [X.] Uhr und 20.20 Uhr unmittelbar vor dem linken Seiteneingang des- 6 -Firmengebäudes durch zwei Schüsse aus einer Schrotwaffe, die maximal auseiner Entfernung von 10 cm abgegeben worden waren, getötet. [X.] Uhr forderte der Angeklagte telefonisch über die Notrufnummer 112 ei-nen Rettungswagen und Rettungskräfte [X.] Das [X.] hat sich von der Täterschaft des Angeklagten, derbestreitet auf [X.] geschossen zu haben, nicht zu überzeugen ver-mocht. Es hat hierbei im wesentlichen folgende den Angeklagten be- und ent-lastende Umstände berücksichtigt:Gegen den Angeklagten spreche zunächst, daß er in Anbetracht [X.] und der Tatzeit —über die idealen Voraussetzungen [verfügte], um [X.] zu begehenfi. Ein zufälliges Zusammentreffen des [X.] mit [X.], etwa mit einem Dieb oder Einbrecher, sei angesichts der ungewöhnli-chen Tatwaffe und des Umstandes, daß bei dem Tatopfer Bargeld in Höhe vonüber 690.- DM vorgefunden werden konnte, äußerst unwahrscheinlich. [X.] im [X.] des Angeklagten, etwa zur optischen undakustischen Wahrnehmung der Schüsse, sowie sein Bestreben, den Tatver-dacht durch unwahre Behauptungen auf einen [X.] zu lenken, könnten fürdessen Täterschaft sprechen. Als —[X.] hat es das [X.] zudem [X.], daß der Angeklagte um ca. 20.19 Uhr und nochmals um [X.] Uhr jeweils aus seinem Büro [X.] angerufen hat, um nach [X.] Ihres Ehemannes zu fragen, zumal da er spätestens um 20.20 [X.] ihm bekannten Pkw des [X.]vor der Firma geparkt wahrgenom-men hatte und damit jedenfalls vor dem zweiten Gespräch wußte, daß [X.] eingetroffen sein mußte. Schließlich sei auch als belastendes Indiz zuwerten, daß der Angeklagte sich in —auffälliger zeitlicher Nähe vor dem [X.] -schehenfi Bargeld in Höhe von 120.000 DM verschafft habe. Die - [X.] - Erklärungen, die der Angeklagte zur Verwendung dieses Geldes abge-geben hat, hat das [X.] hierbei sämtlich für widerlegt erachtet. Es istvielmehr zu dem Schluß gekommen, daß —gewichtige Anhaltspunktefi dafürsprächen, daß die Beschaffung des Geldbetrages in Verbindung mit der Tatgestanden habe. Die [X.] wie das [X.] ausführt [X.] naheliegendste Mög-lichkeit, daß das Geld als [X.] für die Tötung des [X.] durcheinen [X.] benötigt wurde, hat es jedoch letztlich als —eher fernliegendfi [X.], da der Angeklagte sich in unmittelbarer [X.] aufgehalten [X.] der Zweck der Beauftragung eines [X.] gerade darin liege, daß der [X.] sich zur Tatzeit unter Verschaffung eines Alibis fern vom [X.] auf-halte.Gegen eine Täterschaft des Angeklagten spreche, daß ein Motiv für [X.] nicht ersichtlich sei. Insbesondere habe ein Liebesverhältnis zwischen ihmund der Ehefrau des Opfers nicht bestanden. Daß der Angeklagte einseitig an[X.] interessiert und möglicherweise heimlich in sie verliebt war, kön-ne nicht als ein plausibles Motiv für die Tat angesehen werden. Zudem seienunmittelbare Beweismittel und Tatspuren bei dem Angeklagten nicht [X.] worden. So hätten [X.] trotz sofortiger und intensiver Nachsuche [X.] weder [X.]waffe aufgefunden werden noch bei einer [X.] durch den Ange-klagten zu erwartende Schmauchspuren an dessen Händen oder - in [X.] der kurzen Schußentfernung [X.] serologische Anhaftungen des Opfers anseiner Kleidung oder seinen Schuhen festgestellt werden können. Zu [X.] Angeklagten spreche auch, daß es von [X.] stets sein ausdrückli-cher Wunsch gewesen sei, daß [X.] und [X.]ebenfalls zu dem Terminerscheinen sollten. Unter der Voraussetzung, daß der Angeklagte erst seit dem- 8 -Telefonat um 19.58 Uhr sicher davon ausgehen konnte, daß [X.]alleinzu dem Treffen erscheinen werde, habe er zudem nur einen kurzen [X.]raumvon ca. einer Viertelstunde bis zur Tatbegehung zur Verfügung gehabt. [X.] Täterschaft des Angeklagten spreche schließlich auch der von [X.] aufgelöste, von Panik gekennzeichnete Zustand des [X.] der Tat sowie der Umstand, daß die brutale, einer Hinrichtung gleich-kommende Tat für den nach Zeugenaussagen weichen, gefühlsbetonten undbisher nicht durch Gewalttätigkeit auffälligen Angeklagten eher persönlich-keitsfremd sei.Zusammenfassend ist das [X.] zu dem Ergebnis gelangt, [X.] eine Vielzahl von Indizien für die Täterschaft des Angeklagten spräche,jedoch weder jedes einzelne Indiz noch deren Gesamtheit den sicheren Schlußauf die Schuld des Angeklagten zuließen, —wenngleich die dafür sprechendeWahrscheinlichkeit ... auch hoch [[X.] ([X.]). Letztlich seien die gegen [X.] des Angeklagten sprechenden Umstände aber auch nicht von sountergeordnetem Gewicht, daß darauf gestützt nicht letzte Zweifel an [X.] des Angeklagten [X.] Spricht der Tatrichter einen Angeklagten frei, weil er Zweifel an seinerTäterschaft nicht überwinden kann, so ist dies vom Revisionsgericht in der [X.] hinzunehmen; denn die Beweiswürdigung ist grundsätzlich Sache des [X.]. Der revisionsrechtlichen Beurteilung unterliegt insoweit nur, ob [X.] bei der Beweiswürdigung Rechtsfehler unterlaufen sind. Das ist insachlichrechtlicher Hinsicht der Fall, wenn die Beweiswürdigung widersprüch-lich, unklar oder lückenhaft ist (st. Rspr.; vgl. nur BGHR StPO § 261 Beweis-würdigung 16 m.w.N.). Insbesondere muß die Beweiswürdigung erschöpfend- 9 -sein: Der Tatrichter muß sich mit allen festgestellten Umständen auseinander-setzen, die den Angeklagten be- oder entlasten (BGHR StPO § 261 [X.] Hieran gemessen hält die dem Freispruch zugrundeliegende Beweis-würdigung der rechtlichen Nachprüfung nicht stand, da sie in einem wesentli-chen Punkt lückenhaft und nicht erschöpfend ist.Das [X.] ist zu dem Ergebnis gelangt, gewichtige Anhaltspunktesprächen dafür, daß die Beschaffung des Geldbetrages von 120.000.- [X.] den Angeklagten in Verbindung mit der Tat gestanden habe. Die vom[X.] selbst zunächst als am naheliegendsten bezeichnete Möglichkeit,daß es sich um den [X.] für die Tatbegehung durch einen [X.] ge-handelt haben könnte, hat es schließlich allein aufgrund des Umstandes [X.], daß der Angeklagte [X.] was für eine Auftragstat untypisch sei - sich [X.] in [X.] aufgehalten habe. Diese Argumentation greift zu kurz; [X.] den Besonderheiten des Falles nicht gerecht.Das [X.] hat nämlich insoweit nicht bedacht, daß der [X.] andere Weise als durch eine Abwesenheit vom [X.] versucht habenkönnte, sich für die Tatzeit ein Alibi zu verschaffen. Hierauf könnte die [X.] auchvom [X.] als —[X.] bezeichnete [X.] Häufung von [X.], die der Angeklagte in der als Tatzeit in Betracht kommenden [X.]-spanne vom [X.] in seinem Büro aus geführt hat. Nach den [X.] gegen 19.58 Uhr das Tatopfer auf dessen Handy an([X.]). Er wußte damit, daß [X.]sich zu diesem [X.]punkt schon [X.] befand. Bereits um ca. 20.15 Uhr folgte ein weiterer Anruf des [X.] -geklagten auf denselben Handy-Anschluß, den Uwe S. [X.] möglicherweiseweil er —zu diesem [X.]punkt seinem Mörder bereits gegenüber standfi [X.] nichtmehr entgegennahm ([X.]). Den Grund dieses Anrufs konnte das [X.] nicht —sicher [X.] Einige Minuten später, um ca. 20.19 Uhr, rief [X.] nunmehr die Ehefrau des [X.], [X.], auf deren Fest-netzanschluß an, —möglicherweise um ihr mitzuteilen, daß [X.]immernoch nicht eingetroffen seifi ([X.]). Obgleich das Gespräch nach kurzer [X.]wegen des für den Angeklagten unerwarteten Eintreffens des Zeugen [X.]beendet werden mußte, blieb die Verbindung zum Festnetzanschluß[X.]für die Dauer von weiteren 13 Minuten und 52 Sekunden aufrechter-halten, —wobei der Grund hierfür nicht aufgeklärt werden konntefi ([X.] 19).Schließlich rief der Angeklagte gegen 20.36 Uhr erneut Birgit [X.]an. [X.] dieses Anrufes hat das [X.] als —nur schwerlich [X.] ([X.] 52), zumal da der Angeklagte nach seiner eigenen Einlassungdas ihm bekannte Fahrzeug des [X.]bereits um 20.20 Uhr [X.] hatte, mithin zum [X.]punkt des Anrufes bereits wußte, daß [X.]auf dem Firmengelände eingetroffen war.Aufgrund dieser Auffälligkeiten hätte daher das [X.] bei derPrüfung der Frage, ob die Tat im Auftrag des Angeklagten durch einen [X.]begangen worden ist, in seine Überlegungen die Möglichkeit miteinbeziehenmüssen, daß der Angeklagte bestrebt war, sich durch die festgestellten zahl-reichen Telefonanrufe, deren fernmeldetechnische Erfassung und Aufzeich-nung ihm naheliegend bekannt war, für den in Betracht kommenden Tatzeit-raum ein Alibi zu konstruieren. In diesem Zusammenhang hätte gegebenenfallsauch der Umstand berücksichtigt werden können, daß der Angeklagte seit [X.] ein starkes Interesse an der Ermittlungstätigkeit der Polizei [X.] über Kriminalfälle anlegte, sich einen Spurensicherungskoffer ver-schaffte und durch Straftaten zum Nachteil seines früheren Arbeitgebers [X.] provoziert hat, um anschließend —als [X.] die [X.] beobachten zu können ([X.] 4/5).Der Senat kann nicht ausschließen, daß das [X.], das in seinerzusammenfassenden Würdigung die Wahrscheinlichkeit einer Täterschaft [X.] als hoch bezeichnet hat, bei Berücksichtigung dieser Gesichts-punkte seine Zweifel an der Schuld des Angeklagten überwunden und eineStrafbarkeit als (Mit-) Täter oder jedenfalls als Anstifter bejaht hätte. Dies [X.] mehr, als einer Reihe von Umständen, die das [X.] als entla-stend gewertet hat, - wie etwa das Nichtauffinden der Tatwaffe, das Fehlen [X.] am Körper und an der Kleidung des Angeklagten und die als eherpersönlichkeitsfremd gewertete Art der Tatausführung - bei Ausführung der Tatdurch einen [X.] entweder überhaupt kein oder aber nur ein geringeres Ge-wicht zukommen würde.Die Sache bedarf daher der erneuten Verhandlung und Entscheidung.[X.] Maatz [X.]

Meta

4 StR 173/02

25.09.2002

Bundesgerichtshof 4. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 25.09.2002, Az. 4 StR 173/02 (REWIS RS 2002, 1458)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2002, 1458

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