Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 01.02.2011, Az. 1 StR 408/10

1. Strafsenat | REWIS RS 2011, 9903

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[X.]IM NAMEN DES VOLKES URTEIL 1 StR 408/10 vom 1. Februar 2011 in der Strafsache gegen wegen Verdachts des Mordes - 2 - Der 1. Strafsenat des [X.] hat in der Sitzung vom 1. Februar 2011, an der teilgenommen haben: [X.] am [X.] [X.] und [X.] am [X.] Dr. Wahl, Dr. Graf, Prof. Dr. [X.], Prof. Dr. [X.], Staatsanwältin als Vertreterin der [X.], Rechtsanwalt als Verteidiger, Rechtsanwältin als Vertreterin der Nebenkläger, Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle, für Recht erkannt: - 3 - Auf die Revisionen der Staatsanwaltschaft sowie der [X.]und [X.]sowie [X.]wird das Urteil des [X.] vom 26. Januar 2010 mit den Feststellungen aufgehoben, soweit der Angeklagte freige-sprochen worden ist. Die Sache wird im Umfang der Aufhebung zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittel, an eine andere Strafkammer des [X.] zurückverwiesen. Von Rechts wegen Gründe: Das [X.] hat den Angeklagten vom Vorwurf des Mordes freige-sprochen und im Übrigen wegen sexuellen Missbrauchs von Kindern in zehn Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren verurteilt. Die allein gegen den Freispruch gerichteten Revisionen der Staatsanwaltschaft und der [X.] haben mit der Sachrüge Erfolg. 1 I. 1. Die Staatsanwaltschaft hat, soweit es die Revisionen betrifft, dem [X.] zur Last gelegt, er habe am 5. März 1999 zwischen 7.33 Uhr und 7.36 Uhr die später getötete Arzthelferin M. in der Tiefgarage ihres Arbeitsplatzes abgepasst, um sie davon abzubringen, seine Tochter [X.] 2 - 4 - mittags nach der Schule abzuholen, wie es diese miteinander am vorangegan-genen Abend vereinbart hatten. Der Angeklagte habe befürchtet, dass seine Tochter der M.
- welche die Patenschaft für die Tochter übernom-men hatte - bei diesem Treffen von seinen sexuellen Handlungen ihr gegenüber berichten könnte. Bei dem Zusammentreffen in der Tiefgarage sei es zunächst zu einer verbalen, dann aber körperlichen Auseinandersetzung gekommen, worauf der Angeklagte nunmehr in Tötungsabsicht mit einem Messer mehrfach auf M. einstach, so dass sie kurze [X.] später noch am [X.] ih-ren Verletzungen erlag. 2. Demgegenüber hat das [X.] folgende Feststellungen getrof-fen: 3 Am Abend des 4. März 1999 besuchte die später getötete M.

etwa gegen 17.15 Uhr überraschend den Angeklagten und dessen Kinder in dessen Wohnung. Sie hatte entweder kurz vor dem Besuch oder erst während des Besuchs den Entschluss gefasst, ohne Wissen des Angeklagten zwischen der geschiedenen Ehefrau des Angeklagten und deren Tochter [X.]am 5. März 1999 ein Treffen zu arrangieren, weil es bisher immer Schwierigkeiten bezüglich des Umgangsrechts gab. 4 Während des Besuches kam es zwischen dem Angeklagten und

M. zu einer Meinungsverschiedenheit bzw. einem Streit wegen der Ausübung des Umgangsrechts der geschiedenen Ehefrau des Angeklagten mit den gemeinsamen Kindern [X.]und [X.]. Bevor M. die [X.] verließ, vereinbarte sie mit der Tochter [X.] für den folgenden Tag (dem Tattag 5. März 1999), dass sie [X.] von der Schule abholen wird. [X.] Verabredung bekam der Angeklagte nicht mit. 5 - 5 - Am Morgen des [X.] war die Tiefgarage am [X.] noch nahezu leer. Etwa um 7.30 Uhr hielt sich im zweiten Unterge-schoss dieser Tiefgarage eine unbekannte männliche Person auf, welche ihr helles Fahrzeug der Mittelklasse im hinteren Teil der Garage mit der Front zur Garagenwand abgestellt hatte. [X.] hielt sich zu diesem [X.]punkt - kurze [X.] vor dem eigentlichen Tatgeschehen - hinter sei-nem Pkw am geöffneten Kofferraumdeckel auf. 6 Kurz darauf fuhr M. mit Ihrem Pkw in die Tiefgarage ein und stellte ihr Auto nahe bei dem Stellplatz des Pkws der unbekannten männlichen Person ab. Sie verließ ihr Fahrzeug, um sich über das nahe gelegene [X.] zu ihrer Arbeitsstätte zu begeben. 7 Unmittelbar danach, zwischen 7.33 Uhr und 7.36 Uhr, kam es zwischen [X.] und M. zunächst zu einer handgreiflichen Auseinandersetzung, wobei er dieser mehrere Schläge gegen den Kopf bzw. ins Gesicht versetzte. Sodann hielt die unbekannte männliche Person M. ein größeres feststehendes Messer mit einer Klingenlänge von etwa 18 cm gegen den Hals, um sein Opfer zu bedrohen. In der Folge stach der [X.] mit dem Messer mindestens zweimal auf M. wuchtig in den Be-reich der Brust und zweimal in den Rücken ein. Einer der beiden Stiche im Be-reich der Brust eröffnete sowohl den Herzbeutel als auch die große Körper-schlagader und durchtrennte die [X.]. M. erlag ihren Verletzungen noch am [X.]. 8 Der Täter verließ anschließend fluchtartig mit seinem Fahrzeug die Tief-garage, wobei er beim Herausfahren das einfahrende Fahrzeug eines Zeugen 9 - 6 - behinderte und bei der Weiterfahrt beinahe eine weitere Zeugin überfuhr, [X.] die [X.] überquerte. Der Angeklagte war zum Tatzeitpunkt Halter eines Pkws der Marke [X.], Farbe weiß, welcher ein ähnliches Aussehen aufweist wie das von den Zeugen beschriebene Fahrzeug des [X.] in der Tiefgarage. 10 Trotz umfangreicher Ermittlungen konnte die Tat zunächst nicht [X.] werden. Etwa acht Jahre später, im Mai 2007, gab es einen Hinweis einer Zeugin, wonach der Angeklagte sich eines sexuellen Missbrauchs zum Nachteil seiner Tochter [X.] schuldig gemacht haben sollte. In diesem Zusammen-hang wurden auch die Ermittlungen wegen des Tötungsdelikts wieder [X.]. 11 3. Das [X.] hat den Angeklagten vom Vorwurf des Mordes aus tatsächlichen Gründen freigesprochen, weil es sich von der [X.]chaft des [X.] nicht mit der —erforderlichen Sicherheitfi überzeugen konnte. 12 Zwar habe seine damalige Lebensgefährtin [X.]. dem Angeklagten [X.] ein falsches Alibi gegeben und behauptet, dieser sei zur Tatzeit mit ihr im Bett gelegen, obgleich er tatsächlich mit seinem Pkw unterwegs gewesen war. Jedoch seien am [X.] keine Spuren festgestellt worden, die den [X.] Schluss zugelassen hätten, dass der Angeklagte die unbekannte männliche Person gewesen sei, welche sich zur Tatzeit in der Tiefgarage auf-hielt und M. tötete. Auch konnte das [X.] nicht feststellen, dass die am [X.] aufgefundene Messerscheide, welche einer Messerscheide ähnelte, die der Angeklagte jedenfalls noch im [X.] besaß, die des Ange-klagten war. Die am [X.] festgestellten Fahrzeugspuren seien dem Fahrzeug 13 - 7 - des Angeklagten nicht zuzuordnen. Weiterhin sei eine zusammen mit [X.]n-schmutz unter den Fingernägeln der Hände der Getöteten gesicherte geringfü-gige männliche DNA-Spur nicht dem Angeklagten zuordenbar. Schließlich seien bei der frühestens fünf Stunden nach der Tat durchgeführten Durchsuchung der Wohnung und des Pkws des Angeklagten keine Spuren aufgefunden worden, die auf ihn als Täter hindeuteten. II. Die Beweiswürdigung hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand. Sie [X.] einen durchgreifenden Erörterungsmangel bei der Beurteilung des Beweis-werts der [X.] des Angeklagten. 14 1. Das Revisionsgericht hat es grundsätzlich hinzunehmen, wenn das Tatgericht einen Angeklagten freispricht, weil es Zweifel an seiner [X.]chaft nicht zu überwinden vermag. Die Beweiswürdigung ist Sache des Tatgerichts. Es kommt nicht darauf an, ob das Revisionsgericht angefallene Erkenntnisse anders gewürdigt oder Zweifel überwunden hätte. Die revisionsgerichtliche Prü-fung beschränkt sich darauf, ob dem Tatgericht Rechtsfehler unterlaufen sind. Dies ist in sachlich-rechtlicher Hinsicht der Fall, wenn die Beweiswürdigung wi-dersprüchlich, unklar oder - wie hier - lückenhaft ist oder gegen Denkgesetze oder gesicherte Erfahrungssätze verstößt. [X.] ist es auch, wenn sich das Tatgericht bei seiner Beweiswürdigung darauf beschränkt, die [X.] Belastungsindizien gesondert zu erörtern und auf ihren jeweiligen Beweis-wert zu prüfen, ohne eine Gesamtabwägung aller für und gegen die [X.]chaft sprechenden Umstände vorzunehmen. Der revisionsgerichtlichen Überprüfung unterliegt auch, ob überspannte Anforderungen an die für die Verurteilung er-forderliche Gewissheit gestellt worden sind (st. Rspr.; [X.], Urteile vom 1. Juli 15 - 8 - 2008 - 1 [X.], Rn. 18; vom 27. April 2010 - 1 [X.], [X.], 108, 109). 2. Bezüglich der [X.] ist das Urteil lückenhaft; das [X.] hat nicht geprüft, ob es sich hierbei um eine Vorwegverteidigung mit [X.]wissen gehandelt hat. Folgendes ist dazu festgestellt: 16 Am Tattag war die Polizei bereits ab 12.30 Uhr in der Wohnung des [X.] anwesend ([X.], 24). Danach wurde der Angeklagte auf die [X.] —vorgeladen bzw. mitgenommenfi. [X.] (als Zeuge, [X.]) fand zwischen 14.00 und 15.00 Uhr statt. Dort behauptete er ein Alibi ([X.]). Welche konkreten Angaben er zu sei-nem Alibi machte, ist nicht festgestellt ([X.]). Jedenfalls benannte er seine damalige Lebensgefährtin [X.]. als Alibizeugin, die allerdings —mit Wissen des Angeklagtenfi falsche Angaben gegenüber der Polizei machte. 17 Die Zeugin [X.]. gab bei dieser polizeilichen Vernehmung - die genaue Uhrzeit ist nicht festgestellt - an, sie habe zusammen mit dem Angeklagten im Bett gelegen und beide hätten bis 8.00 Uhr geschlafen. Vom Vortag der Tat um 23.00 Uhr bis 9.00 Uhr am Tattag seien sie zusammen im Schlafzimmer gewe-sen. Diese Angaben erweiterte sie bei ihrer nochmaligen Vernehmung am 22. März 1999 dahin, dass sie um 5.00 Uhr und nochmals um 7.00 Uhr aufge-wacht sei; dabei sei der Angeklagte immer neben ihr im Bett gelegen. Zwischen 9.00 Uhr und 9.30 Uhr seien sie aufgestanden ([X.]). Außerdem sei der Angeklagte zwischen 8.00 Uhr und 8.30 Uhr auf seinem Mobiltelefon angerufen worden. 18 - 9 - Nachdem die Zeugin in der Hauptverhandlung wegen des Verdachts der uneidlichen Falschaussage festgenommen worden war, räumte sie ein, dass diese Angaben unrichtig gewesen seien. Sie könne nur noch sagen, der Ange-klagte habe neben ihr im Bett gelegen, als sie —vor 9.00 [X.] aufwachte. Sie habe keinen Anhaltspunkt zu der Annahme gehabt, dass der Angeklagte zuvor das Bett verlassen und sich danach wieder zu ihr gelegt habe ([X.], 42). 19 Zu den falschen Angaben sei sie —vom Angeklagten bzw. dessen Bruder veranlasstfi worden ([X.]). Am Tattag - die Uhrzeit dieses Kontakts und die Umstände, wie dieser Kontakt zustande gekommen ist, sind nicht festgestellt - habe der Bruder des Angeklagten auf sie eingeredet, weshalb sie gegenüber der Polizei am Tattag —entsprechende Angabenfi gemacht habe. Die erweiterten Angaben am 22. März 1999 seien auf eine entsprechende Absprache mit dem Angeklagten zurückzuführen. 20 3. Diese [X.] war, wie der Angeklagte später sogar selbst einräumte, falsch. Vielmehr war er zur Tatzeit gerade nicht zu Hause, sondern mit seinem Pkw unterwegs ([X.], 36, 40) und sein Mobiltelefon war [X.] 6.00 Uhr und 8.45 Uhr ausgeschaltet. Wo er sich in dieser [X.] aufgehal-ten hat, konnte das [X.] nicht feststellen. Frühestens —vor 9.00 [X.] war er wieder zu Hause ([X.]). 21 Dass der Angeklagte kein Alibi hat und versucht hat, sich später ein fal-sches Alibi zu verschaffen, spreche zwar - so das [X.] - —zunächstfi für seine [X.]chaft. Bei näherer Betrachtung der ihn belastenden Umstände [X.] deren Gewicht allerdings relativiert. Bezüglich der [X.] hält es das [X.] nämlich nicht für ausgeschlossen, dass der Angeklagte, der bei seiner polizeilichen Vernehmung —erkennbar unter [X.] stand, mit der [X.] - 10 - gabe des falschen Alibis —schlicht die aus seiner Sicht Erfolg versprechende Verteidigungsmethode wählte, um sich gegen den ihn offenbar erhobenen [X.] zu verteidigenfi ([X.]). 4. Mit dieser Bewertung ist der Beweiswert der falschen, nämlich erloge-nen [X.] indes nur unzureichend erörtert. Die [X.] wur-de nämlich nicht nur widerlegt; der Angeklagte hat sich vielmehr mit Hilfe der Alibizeugin [X.]. —ein falsches Alibi verschafftfi ([X.]). 23 Das [X.] hat sich zwar damit auseinandergesetzt, dass die Zeu-gin [X.]. dem Angeklagten für die Tatzeit zunächst ein falsches Alibi gegeben hat. Deren Aussage erfolgte —mit Wissen des Angeklagtenfi und wurde —vom Angeklagten bzw. dessen Bruder veranlasstfi. Zu den näheren Umständen der Entstehung der Aussage der Zeugin [X.].

hat das [X.] hingegen keine Feststellungen getroffen, obwohl sich deren Erörterung hier aufdrängte. Für den Beweiswert der erlogenen [X.] war nämlich erörterungsbedürftig, zu welchem [X.]punkt und aus welchen Gründen die Zeugin sich zu der fal-schen [X.] veranlasst sah. Gerade diese Fragen sind aber ent-scheidend dafür, ob ihrer [X.] Wissen hinsichtlich der Tatzeit zu-grunde lag, welches ihr der Angeklagte dann vermitteln konnte, wenn er selbst der Täter war. 24 Deshalb hätte es insbesondere auch näherer Feststellungen bedurft, zu welchem konkreten [X.]punkt die Zeugin [X.]. erstmals zugunsten des Ange-klagten die falsche [X.] aufstellte. 25 Sofern die Zeugin die [X.] bereits beim Eintreffen der Polizei in der Wohnung des Angeklagten in der Mittagszeit des [X.] vorgebracht 26 - 11 - hat, kann dies darauf zurückzuführen sein, dass sie bereits zuvor von Tat und Tatzeit Kenntnis hatte, namentlich zuvor schon vom Angeklagten zu der fal-schen Behauptung veranlasst wurde. Falls die Angabe der Zeugin [X.]. zutreffen sollte, der Bruder des [X.] habe sie zur Falschangabe gegenüber der Polizei gedrängt, wäre hingegen denkbar, dass diese Angabe erst am Nachmittag des [X.] erfolgt ist, weil der Bruder bis zum ersten Eintreffen der Polizei und der Mitnahme des Angeklagten zur Vernehmung noch nicht anwesend war. In diesem Fall bliebe allerdings weiter offen, wie und weshalb der Bruder des Angeklagten - ohne eigene Kenntnis der Tatumstände - sie zu ihrer Aussage veranlasst hat. 27 Hinzu kommt: Wenn der Angeklagte der Täter war und deshalb Kenntnis von [X.] und Ort der Tat hatte und zudem um die erforderliche Fahrzeit von der Wohnung zum [X.] von etwa 30 Minuten ([X.]) wusste, konnte es Sinn machen, auf die Zeugin einzuwirken, die [X.] in der Vernehmung vom 22. März 1999 weiter zu —präzisierenfi: Zusätzlich noch für den [X.]punkt 7.00 Uhr, als auch für den nachfolgenden [X.]raum zwischen 8.00 Uhr und 8.30 Uhr. Wenn der Angeklagte hingegen nicht der Täter war und mit der falschen [X.] lediglich eine —Erfolg versprechende [X.] gewählt hätte, hätte schon die Bestätigung ausgereicht, dass er beim [X.] kurz vor 9.00 Uhr neben der Zeugin im Bett gelegen habe. 28 Hätte der Angeklagte danach über den [X.]punkt der Tatbegehung [X.]wissen gehabt und hätte er die Zeugin [X.]. zur Falschaussage veranlasst und sie sodann als Alibizeugin benannt, noch bevor ihm die Tatzeit bekannt sein konnte, dann wäre die so erlogene [X.] ein stärkeres Belas-tungsindiz. Es käme ernsthaft in Betracht, dass es sich hierbei um eine [X.] - 12 - wegverteidigung mit [X.] handelte (vgl. [X.], Urteil vom 31. März 1999 - 5 [X.], [X.], 423, 424) und nicht bloß - wie vom [X.] an-genommen - um ein Verteidigungsverhalten, zu dem auch ein Unschuldiger Zu-flucht nehmen kann. Der [X.] kann deshalb nicht ausschließen, dass die Ge-samtwürdigung des [X.] mit den übrigen [X.] anders ausgefallen wäre, wenn Grund für die [X.] eine Vorwegverteidigung mit [X.] gewesen wäre. 5. Darüber hinaus ist die Feststellung, der Angeklagte habe nicht [X.], dass die später Getötete seine Tochter [X.] am folgenden Tag von der Schule abholen wollte, nicht tragfähig begründet. 30 Insoweit hat das [X.] nämlich nur festgestellt, die Tochter des Angeklagten habe angegeben, sie wisse nicht, ob sie ihrem Vater etwas von der Verabredung mit M. gesagt habe. Es könne durchaus sein, dass diese Verabredung beim Hinausgehen nach dem Besuch am Abend vor der Tat getroffen wurde und ihr Vater davon nichts mitbekommen habe ([X.]). Danach ist allenfalls offen geblieben, ob der Angeklagte von dem Tref-fen wusste und ob er dementsprechend eine Motivation haben konnte, dieses Treffen am Tattag zu verhindern, weil er möglicherweise befürchten musste, 31 - 13 - dass seine Tochter der
M. von den sexuellen Missbrauchshand-lungen des Angeklagten berichten könnte. Damit ist die Feststellung der Nicht-kenntnis des Angeklagten nicht tragfähig begründet. Der neue Tatrichter wird Gelegenheit haben, auch diesen Umstand näher aufzuklären. 6. Der Freispruch unterliegt daher der Aufhebung. 32 [X.] Wahl Graf [X.] [X.]

Meta

1 StR 408/10

01.02.2011

Bundesgerichtshof 1. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 01.02.2011, Az. 1 StR 408/10 (REWIS RS 2011, 9903)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2011, 9903

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