Bundessozialgericht, Urteil vom 28.10.2014, Az. B 14 AS 36/13 R

14. Senat | REWIS RS 2014, 1823

© Bundessozialgericht, Dirk Felmeden

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Gegenstand

(Grundsicherung für Arbeitsuchende - Einkommens- oder Vermögensberücksichtigung - Zufluss von Überbrückungsgeld nach Haftentlassung vor Antragstellung - Rückwirkung des Antrags auf den Ersten des Monats - Berücksichtigung der Zweckbestimmung des § 51 Abs 1 StVollzG)


Leitsatz

Der für die Abgrenzung zwischen Einkommen und Vermögen maßgebliche Antrag auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB 2 wirkt auch dann auf den Ersten des Antragsmonats zurück, wenn für die Zeit vor Antragstellung kein Leistungsanspruch besteht.

Tenor

Auf die Revision des [X.] wird das Urteil des [X.] vom 16. April 2013 geändert und der Beklagte unter Änderung des Bescheides vom 19. Juni 2012 in der Fassung der [X.] vom 30. Juli 2012 und 14. August 2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22. August 2012 verurteilt, dem Kläger für Juli 2012 weitere 67,87 Euro und für August bis November 2012 monatlich jeweils weitere 192,54 Euro zu zahlen.

Im Übrigen wird die Revision des [X.] zurückgewiesen.

Der Beklagte hat dem Kläger zwei Drittel der Kosten des Rechtsstreits für beide Instanzen zu erstatten.

Tatbestand

1

Streitig ist die Höhe des dem Kläger zustehenden Arbeitslosengeldes II ([X.]) für den [X.]raum vom 13.6.2012 bis 30.11.2012 unter Berücksichtigung von Überbrückungsgeld nach dem Strafvollzugsgesetz (StVollzG).

2

Der 1962 geborene, alleinstehende Kläger wurde am 12.6.2012 aus der Strafhaft entlassen. Am [X.] erhielt er ein Überbrückungsgeld in Höhe von 1335,22 [X.] in bar ausgezahlt. Am 14.6.2012 beantragte der Kläger beim beklagten Jobcenter die Gewährung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem [X.] ([X.]). Hierauf bewilligte ihm der Beklagte durch (vorläufigen) Bescheid vom 19.6.2012 [X.] (nur Regelbedarfe) für den [X.]raum vom 12. bis 30.6.2012 in Höhe von 33,33 [X.] und für den [X.]raum vom [X.] bis 30.11.2012 in Höhe von monatlich 181,46 [X.]. Dabei berücksichtigte er das Überbrückungsgeld in voller Höhe als einmalige Einnahme, verteilte diese auf einen [X.]raum von sechs Monaten in Höhe von 222,54 [X.] monatlich und setzte hiervon im Juni 2012 eine anteilige [X.] in Höhe von 19 [X.] und in den Monaten Juli bis November 2012 in Höhe von jeweils 30 [X.] ab.

3

Der Kläger legte Widerspruch ein und teilte mit, dass er Ende Juli 2012 eine Wohnung beziehe, für die ab [X.] Aufwendungen für die Unterkunft und Heizung in Höhe von 180 [X.] monatlich entstünden. Hierauf bewilligte ihm der Beklagte durch Änderungsbescheid vom 30.7.2012 für den [X.]raum vom [X.] bis 30.11.2012 [X.] in Höhe von monatlich 361,46 [X.] (181,46 [X.] Regelbedarf und 180 [X.] Bedarfe für Unterkunft und Heizung). Durch einen weiteren Änderungsbescheid vom 14.8.2012 bewilligte der Beklagte dem Kläger für den [X.]raum vom 12. bis 30.6.2012 [X.] in Höhe von 44,33 [X.] (Erhöhung des Regelbedarfs um 11 [X.] aufgrund der nunmehr vollen Absetzung der [X.] in Höhe von 30 [X.] im Juni 2012) und wies durch Widerspruchsbescheid vom 22.8.2012 den Widerspruch als unbegründet zurück.

4

Das Sozialgericht ([X.]) hat die hiergegen erhobene Klage auf höheres [X.] abgewiesen. Der [X.]-Antrag des [X.] vom 14.6.2012 wirke auf den 1.6.2012 zurück, was sich aus § 37 Abs 2 Satz 2 [X.] ergebe. Da der Kläger sich bis zum 12.6.2012 in Haft befunden habe, habe er nach § 7 Abs 4 [X.] ab dem 12.6.2012 einen Leistungsanspruch. Deshalb sei das ihm an diesem Tag ausgezahlte Überbrückungsgeld Einkommen und als einmalige Einnahme für die [X.] vom 12.6.2012 bis 30.11.2012 leistungsmindernd zu berücksichtigen.

5

Der Kläger hat die vom [X.] zugelassene Sprungrevision eingelegt und rügt die Verletzung von § 37 Abs 2 Satz 2 [X.]. Rückwirkung auf den Monatsersten entfalte der [X.]-Antrag nur, wenn zu diesem [X.]punkt alle Leistungsvoraussetzungen vorlägen, was bei einem Ausschlusstatbestand wie nach § 7 Abs 4 [X.] nicht gegeben sei. Das Überbrückungsgeld sei deshalb (geschütztes) Vermögen und nicht zu berücksichtigendes Einkommen.

6

Der Kläger beantragt,
das Urteil des [X.] vom 16. April 2013 aufzuheben und den Beklagten unter Änderung des Bescheides vom 19. Juni 2012 in der Fassung der [X.] vom 30. Juli 2012 und 14. August 2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22. August 2012 zu verurteilen, ihm höheres [X.] für die [X.] vom 13. Juni 2012 bis 30. November 2012 ohne Anrechnung der ihm am 12. Juni 2012 ausgezahlten 1335,22 [X.] zu zahlen.

7

Der Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

8

Die zulässige Sprungrevision des [X.] ist teilweise begründet (§ 170 Abs 2 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz <[X.]G>). Zwar ist das ihm im Juni 2012 vor Antragstellung ausgezahlte Überbrückungsgeld als Einkommen zu berücksichtigen (dazu unter 3.), jedoch nur für die [X.] vom 13.6.2012 bis zum 10.7.2012 (dazu unter 4.). Aus dieser eingeschränkten Berücksichtigung ergeben sich die tenorierten Nachzahlungen (dazu unter 5.). Die weitergehende Revision des [X.] ist unbegründet und zurückzuweisen (§ 170 Abs 1 Satz 1 [X.]G).

9

1. Streitgegenstand sind das Urteil des [X.] vom 16.4.2013 und der Bescheid des Beklagten vom [X.] in der Fassung der [X.] vom 30.7.2012 und 14.8.2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22.8.2012, durch die der vom [X.]läger geltend gemachte Anspruch auf höheres [X.] im streitbefangenen [X.]raum vom 13.6.2012 bis 30.11.2012 abgelehnt worden ist. Die jeweils höchsten Leistungen regelte für Juni 2012 der Änderungsbescheid vom 14.8.2012, für Juli 2012 der Bescheid vom [X.] und für die Monate August bis November 2012 der Änderungsbescheid vom 30.7.2012, weshalb alle drei Bescheide in Gestalt des Widerspruchsbescheides Streitgegenstand sind.

2. Rechtsgrundlage für den vom [X.]läger geltend gemachten Anspruch auf höheres [X.] sind §§ 19 ff iVm § 7 [X.]B II in der im streitbefangenen [X.]raum geltenden Fassung seit dem 1.4.2011 (Bekanntmachung der Neufassung des [X.] vom 13.5.2011, [X.], die den zuletzt durch das Gesetz zur Ermittlung von [X.] und zur Änderung des [X.] und [X.] vom 24.3.2011, [X.], am 1.4.2011 erreichten Stand berücksichtigt). Denn in Rechtsstreitigkeiten über schon abgeschlossene Bewilligungsabschnitte ist das zum damaligen [X.]punkt geltende Recht anzuwenden.

Die Grundvoraussetzungen, um [X.] zu erhalten (§ 7 Abs 1 Satz 1 [X.]B II) - bestimmtes Alter, Erwerbsfähigkeit und ein gewöhnlicher Aufenthalt in [X.] -, erfüllte der [X.]läger im streitbefangenen [X.]raum; ebenso wenig lag ein Ausschlusstatbestand vor (vgl § 7 Abs 1 Satz 2, Abs 4 und 5 [X.]B II), wie sich aus dem Gesamtzusammenhang der Feststellungen des [X.] ergibt.

Den Lebensunterhaltsbedarf des [X.] nach dem [X.]B II (Regelbedarf zur Sicherung des Lebensunterhalts in Höhe von 374 [X.] monatlich und Bedarfe für Unterkunft und Heizung ab 1.8.2012 in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen von 180 [X.] monatlich) haben der Beklagte und das [X.] zutreffend festgestellt.

3. Diesem Bedarf ist das dem [X.]läger am 12.6.2012 ausgezahlte Überbrückungsgeld als zu berücksichtigendes Einkommen gegenüberzustellen.

Seine Hilfebedürftigkeit (§ 7 Abs 1 Satz 1 Nr 3 [X.]B II) bestimmt sich danach, ob oder inwieweit er seinen Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus dem zu berücksichtigenden Einkommen oder Vermögen sichern konnte und die erforderliche Hilfe nicht von anderen erhielt (§§ 9, 11 bis 11b und 12 [X.]B II). Nach dem Gesamtzusammenhang der Feststellungen des [X.] erhielt der [X.]läger im streitbefangenen [X.]raum keine zu berücksichtigenden Hilfen anderer. Als zu berücksichtigendes Einkommen stand ihm nur das Überbrückungsgeld zur Verfügung. Andere Einnahmen erzielte und über anderes Vermögen verfügte der [X.]läger nach den bindenden Feststellungen des [X.] im streitbefangenen [X.]raum nicht.

a) Nach § 11 Abs 1 Satz 1 [X.]B II sind als Einkommen zu berücksichtigen Einnahmen in Geld oder Geldeswert abzüglich der nach § 11b [X.]B II abzusetzenden Beträge mit Ausnahme der in § 11a [X.]B II genannten Einnahmen. Nach § 12 Abs 1 [X.]B II sind als Vermögen alle verwertbaren Vermögensgegenstände zu berücksichtigen.

Maßgebliches Differenzierungskriterium für die Abgrenzung zwischen Einkommen und Vermögen ist grundsätzlich der [X.]punkt des tatsächlichen Zuflusses bereiter Mittel: Danach ist Einkommen iS des § 11 Abs 1 Satz 1 [X.]B II alles das, was jemand nach Antragstellung wertmäßig dazu erhält, und Vermögen iS des § 12 Abs 1 [X.]B II das, was jemand vor Antragstellung bereits hatte (modifizierte Zuflusstheorie: vgl nur B[X.] Urteil vom 30.7.2008 - [X.] AS 26/07 R - [X.] 4-4200 § 11 [X.] RdNr 23; B[X.] Urteil vom 22.8.2013 - [X.] [X.]/12 R - [X.] 4-4200 § 11 [X.] RdNr 27 mwN). An der Maßgeblichkeit dieses [X.] zwischen Einkommen und Vermögen ist auch für das Überbrückungsgeld nach § 51 [X.] festzuhalten. Denn vor der Haftentlassung und Auszahlung durch die Justizverwaltung kann der Gefangene über das Geld nicht frei verfügen; das Überbrückungsgeld-[X.]onto ist nicht einem Sparbuch vergleichbar, auf dem mit bereits erlangten Einkünften von dem Gefangenen ein gezielter "Vermögensaufbau" betrieben wurde (vgl dazu bereits B[X.] Urteil vom 22.8.2013 - [X.] [X.]/12 R - [X.] 4-4200 § 11 [X.] RdNr 28 bis 30 mwN).

b) Das dem [X.]läger am 12.6.2012 und damit vor Antragstellung am 14.6.2012 und auch vor dem beantragten Leistungsbeginn am 13.6.2012 ausgezahlte Überbrückungsgeld war zu diesem Auszahlungszeitpunkt zu berücksichtigendes Einkommen und kein (geschütztes) Vermögen. Denn entgegen der Ansicht des [X.] bewirkt § 37 Abs 2 Satz 2 [X.]B II, dass ein [X.]-Antrag grundsätzlich auf den [X.] der Antragstellung zurückwirkt und die in diesem Monat anfallenden Einnahmen auch vor Antragstellung nicht als Vermögen, sondern als Einkommen anzusehen sind.

Nach § 37 [X.]B II werden [X.]B II-Leistungen auf Antrag erbracht (Abs 1 Satz 1). Sie werden nicht für [X.]en vor der Antragstellung erbracht (Abs 2 Satz 1). Der Antrag auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts wirkt auf den [X.] zurück (Abs 2 Satz 2).

aa) Zwar konnte der [X.]läger die leistungsrechtliche Wirkung seines Antrags auf [X.] vom 14.6.2012 auf die [X.] ab 13.6.2012 beschränken. Hierfür kommt es nicht darauf an, ob seine Rechtsauffassung zutrifft, dass er am 12.6.2012, dem [X.], noch nach § 7 Abs 4 Satz 2 [X.]B II von [X.]-Leistungen ausgeschlossen war und erst ab 13.6.2012 die Leistungsvoraussetzungen erfüllte. Denn der Antragsteller auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem [X.]B II kann im Rahmen seiner Dispositionsfreiheit ([X.]) durch seinen Antrag bestimmen, ab welchem [X.]punkt er einen Leistungsanspruch geltend macht (vgl zur den Verfahrensgegenstand begrenzenden Funktion des Antrags [X.] in BeckO[X.] [X.]B II, § 37 RdNr 4, 4a, Stand 1.9.2014; vgl zur Rücknahme eines Antrags [X.] in [X.], [X.]B II, 3. Aufl 2013, § 37 RdNr 20).

Die Zulässigkeit einer Bestimmung, ab welchem [X.]punkt ein Leistungsanspruch geltend gemacht wird, folgt aus dem gesetzlichen Antragsgrundsatz und -erfordernis selbst. Leistungen werden nicht ohne Rücksicht auf ein konkretes Leistungsbegehren erbracht. Mit der Erbringung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts sind zudem nicht nur Rechte, sondern auch Pflichten für den Leistungsempfänger verbunden. Die Entscheidung über die Inanspruchnahme von Leistungen und den damit verbundenen Eintritt in den Pflichtenkreis des [X.]B II bleibt dem Antragsteller vorbehalten, der grundsätzlich auch über den Beginn der [X.] bestimmen kann.

Es ist eine im Einzelfall zu entscheidende Frage, ob diese Bestimmung rechtlich beachtlich ist. Jedenfalls die zeitliche Beschränkung eines Leistungsantrags - wie hier auf den Tag nach Haftentlassung - auf einen Leistungsbeginn im [X.] zwischen dem Ersten dieses Monats und dem [X.] und nach Wegfall eines Leistungsausschlusstatbestandes ist nach § 37 [X.]B II rechtlich beachtlich. Dass der frühestmögliche Leistungsbeginn nach Wegfall eines Leistungsausschlusstatbestandes beantragt wird, ist nicht erforderlich.

bb) Durch diese zulässige leistungsrechtliche Beschränkung seines Antrags auf die [X.] ab 13.6.2012 konnte der [X.]läger indes nicht die hiervon zu unterscheidende weitere Wirkung seines Antrags, dass für die Abgrenzung zwischen Einkommen und Vermögen der Erste des Monats der Antragstellung maßgeblich ist, ausschließen.

Die Maßgeblichkeit des Monatsersten ergibt sich aus dem Wortlaut des § 37 Abs 2 Satz 2 [X.]B II, der Gesetzessystematik, der Entstehungsgeschichte dieser Vorschrift und deren Sinn und Zweck. Der Wortlaut, nach dem der Antrag auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts auf den [X.] zurückwirkt, ist knapp und bedingungslos formuliert. Er bietet keinen Anknüpfungspunkt dafür, dass dem Antrag diese Rückwirkung nur unter bestimmten Voraussetzungen zukommt. Insbesondere lässt sich dem Wortlaut des § 37 Abs 2 Satz 2 [X.]B II nicht entnehmen, dass die Rückwirkung auf den Monatsersten das Bestehen eines Leistungsanspruchs oder auch nur das Fehlen von [X.] am Monatsersten voraussetzt.

Nichts anderes folgt aus einer Betrachtung der Gesetzessystematik. Zwar bestimmt § 37 Abs 2 Satz 1 [X.]B II, dass Leistungen nach dem [X.]B II nicht für [X.]en vor der Antragstellung erbracht werden. Eben hierzu enthält indes der speziellere § 37 Abs 2 Satz 2 [X.]B II, der von den Leistungen nach dem [X.]B II nur die Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts betrifft, eine Ausnahme. Dass § 37 Abs 2 Satz 2 [X.]B II eine gegenüber der allgemeinen Regelung des § 37 Abs 2 Satz 1 [X.]B II speziellere Regelung ist, erhellt auch aus § 37 Abs 2 Satz 3 [X.]B II, der durch das Gesetz zur Änderung des [X.] und anderer Gesetze vom [X.] ([X.] 1167) mit Wirkung vom [X.] nach dem hier streitbefangenen [X.]raum Eingang in das [X.]B II gefunden hat. Denn danach wirkt der Antrag auf Leistungen für die Bedarfe nach § 28 Abs 7 [X.]B II, soweit daneben andere Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts erbracht werden, auf den Beginn des aktuellen Bewilligungszeitraums nach § 41 Abs 1 Satz 4 bzw 5 [X.]B II zurück. Damit ist dem alle Leistungen nach dem [X.]B II erfassenden § 37 Abs 2 Satz 1 [X.]B II eine weitere Regelung hinzugefügt, die nur eine bestimmte Leistung nach dem [X.]B II betrifft. Im Anwendungsbereich der Spezialregelung des § 37 Abs 2 Satz 2 [X.]B II geht dieser der allgemeinen Regelung nach § 37 Abs 2 Satz 1 [X.]B II vor. Für die Erbringung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts kommt es statt auf den [X.] auf den [X.] der Antragstellung an.

Dies stimmt systematisch zusammen mit dem im [X.]B II geltenden und in der Rechtsprechung des B[X.] bereits mehrfach betonten [X.] (vgl zum [X.] des [X.]B II B[X.] Urteil vom 9.4.2014 - [X.] [X.]/13 R - zur Veröffentlichung vorgesehen in [X.] 4-4200 § 22 [X.] RdNr 27 mwN): Der in einem Monat gestellte Antrag auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts wirkt auf den [X.] zurück (§ 37 Abs 2 Satz 2 [X.]B II). Der Monat wird mit 30 Tagen berechnet (§ 41 Abs 1 Satz 2 [X.]B II). Der Regelbedarf wird als monatlicher Pauschalbetrag berücksichtigt (§ 20 Abs 1 Satz 3 [X.]B II). Laufende Einnahmen sind für den Monat zu berücksichtigen, in dem sie zufließen (§ 11 Abs 2 Satz 1 [X.]B II). Einmalige Einnahmen sind in dem Monat, in dem sie zufließen, zu berücksichtigen (§ 11 Abs 3 Satz 1 [X.]B II). Es sind nach dieser Systematik die Bedarfe eines Monats den [X.] dieses Monats gegenüberzustellen. Eine Unterdeckung begründet den Leistungsanspruch für diesen Monat.

Diese monatsweise Betrachtung dient, wie auch ein Blick auf die Entstehungsgeschichte bestätigt, nicht nur der Verwaltungsvereinfachung. Denn sie soll verhindern, dass durch die zeitliche Verschiebung des Antrags in einem Monat in diesem Monat zur Verfügung stehende [X.] unberücksichtigt bleiben. Anders als die grundsätzlich zulässige leistungsrechtliche Verschiebung der Antragswirkung durch den Antragsteller auf einen bestimmten Leistungsbeginn soll der für die Abgrenzung von Einkommen und Vermögen maßgebliche [X.]punkt der Antragstellung auf den [X.] der Antragstellung fixiert sein. Zur Nachrangsicherung der Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem [X.]B II soll durch § 37 Abs 2 Satz 2 [X.]B II die Abgrenzungswirkung der Antragstellung mit Blick auf Einkommen und Vermögen der Disposition des Antragstellers im [X.] entzogen sein. Entsprechend ist in der Begründung des Gesetzentwurfs ausgeführt, dass mit § 37 Abs 2 Satz 2 [X.]B II dem geltenden Nachranggrundsatz stärker als bislang Rechnung getragen wird: "Einnahmen, die vor Antragstellung im [X.] zufließen, sind als Einkommen bei der Feststellung des Leistungsanspruchs zu berücksichtigen" (BT-Drucks 17/3404 [X.] zu § 37; ebenso [X.] zu § 11).

Dieser Sinn und Zweck des § 37 Abs 2 Satz 2 [X.]B II, der auch in der Begründung des Gesetzentwurfs seinen Ausdruck gefunden hat, spricht dafür, die Vorschrift beim Wort zu nehmen: Der Antrag auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts wirkt auf den Monatsersten zurück, ohne dass diese Rückwirkung zur Voraussetzung hat, dass am Monatsersten ein Leistungsanspruch besteht oder auch nur ein Leistungsausschlusstatbestand nicht eingreift.

Die für die Abgrenzung zwischen Einkommen und Vermögen maßgebliche Rückwirkung des Antrags auf den [X.] der Antragstellung gilt auch dann, wenn am Monatsersten noch ein Leistungsausschlusstatbestand - wie vorliegend die Strafhaft des [X.] aufgrund von § 7 Abs 4 Satz 2 [X.]B II - eingreift. Dass Leistungen erst bei Vorliegen der Leistungsvoraussetzungen und Nichtvorliegen von Leistungsausschlussgründen gewährt und damit ggf erst ab einem späteren [X.]punkt als dem Monatsersten der Antragstellung beansprucht werden können, hindert nicht die Anknüpfung an den [X.] der Antragstellung für die Abgrenzung zwischen Einkommen und Vermögen. Hierfür kommt es allein auf das tatsächliche Ereignis der Antragstellung in diesem Monat an (vgl zur Antragsrückwirkung und deren Folgen für die Abgrenzung zwischen Einkommen und Vermögen [X.] in jurisP[X.]-[X.]B II, Online-Ausgabe, § 37 RdNr 11, 30, 30.1, 46, 46.1, Stand: [X.]; [X.] in [X.], [X.]B II, § 37 RdNr 59, Stand Dezember 2013; [X.] in [X.], [X.]B II, 3. Aufl 2013, § 37 RdNr 40; [X.] in [X.], [X.]B II, 5. Aufl 2013, § 37 RdNr 20; Spellbrink/[X.] in [X.]/Waltermann, [X.]ommentar zum Sozialrecht, 3. Aufl 2013, §§ 36-45 [X.]B II RdNr 2 bis 3; [X.] in [X.]/[X.], [X.]B II, [X.] § 37 RdNr 8, 38, Stand IV/2014).

4. Das Überbrückungsgeld ist nur für die [X.] vom 13.6.2012 bis zum 10.7.2012 als Einkommen leistungsmindernd zu berücksichtigen, weil das Überbrückungsgeld nach § 51 Abs 1 [X.] der öffentlich-rechtlichen Zweckbestimmung unterliegt, dass es den notwendigen Lebensunterhalt des Gefangenen und seiner Unterhaltsberechtigten für die ersten vier Wochen nach seiner Entlassung sichern soll.

a) Das dem [X.]läger am [X.] ausgezahlte Überbrückungsgeld ist eine einmalige Einnahme iS des § 11 Abs 3 [X.]B II. Bei diesen Einnahmen erschöpft sich das Geschehen in einer einzigen Leistung, anders als bei laufenden Einnahmen, die auf demselben Rechtsgrund beruhen und regelmäßig erbracht werden (vgl zum Begriff der einmaligen Einnahme B[X.] Urteil vom 21.12.2009 - [X.] AS 46/08 R - Juris RdNr 14; vgl zum Überbrückungsgeld als einmaliger Einnahme B[X.] Urteil vom 22.8.2013 - [X.] [X.]/12 R - [X.] 4-4200 § 11 [X.] RdNr 35 ff).

Für die Berücksichtigung einmaliger Einnahmen schreibt § 11 Abs 3 [X.]B II einen besonderen Anrechnungsmodus vor. Danach sind sie in dem Monat, in dem sie zufließen, zu berücksichtigen (Satz 1). Sofern für den Monat des Zuflusses bereits Leistungen ohne Berücksichtigung der einmaligen Einnahme erbracht worden sind, werden sie im Folgemonat berücksichtigt (Satz 2). [X.] der Leistungsanspruch durch die Berücksichtigung in einem Monat, ist die einmalige Einnahme auf einen [X.]raum von sechs Monaten gleichmäßig aufzuteilen und monatlich mit einem entsprechenden Teilbetrag zu berücksichtigen (Satz 3).

b) Von diesem gesetzlich normierten Anrechnungsmodus nach § 11 Abs 3 [X.]B II für einmalige Einnahmen ist jedoch für das Überbrückungsgeld nach § 51 Abs 1 [X.] abzuweichen. Dies folgt seit der Neufassung der §§ 11 ff [X.]B II mit Wirkung vom 1.4.2011 aus § 11a Abs 3 Satz 1 [X.]B II, wonach Leistungen, die aufgrund öffentlich-rechtlicher Vorschriften zu einem ausdrücklich genannten Zweck erbracht werden, nur so weit als Einkommen zu berücksichtigen sind, als die Leistungen nach dem [X.]B II im Einzelfall demselben Zweck dienen.

Diese gegenüber der allgemeinen Regelung in § 11 [X.]B II speziellere Bestimmung über die einnahmeartenspezifische Abgrenzung von zu berücksichtigendem und nicht zu berücksichtigendem Einkommen gilt auch für einmalige Einnahmen (vgl zur Abweichung vom Anrechnungsmodus für einmalige Einnahmen auf der Grundlage des vor der Neufassung geltenden Rechts B[X.] Urteil vom 22.8.2013 - [X.] [X.]/12 R - [X.] 4-4200 § 11 [X.] RdNr 35 bis 37). §§ 11a und 11b [X.]B II insgesamt enthalten Regelungen, die sowohl für laufende als auch für einmalige Einnahmen relevant sein können; Regelungen insbesondere für einmalige Einnahmen sind zB § 11a Abs 2, § 11b Abs 1 Satz 2 [X.]B II. Im Rahmen dieser Systematik erfasst auch § 11a Abs 3 Satz 1 [X.]B II, der weder ausdrücklich noch der Sache nach nur auf eine der beiden Einnahmeformen angewendet werden kann, laufende ebenso wie einmalige Einnahmen. Die durch § 11a Abs 3 Satz 1 [X.]B II bewirkte einnahmeartenspezifische Ausgrenzung von Leistungen, die aufgrund öffentlich-rechtlicher Vorschriften zu einem ausdrücklich genannten Zweck erbracht werden, vom zu berücksichtigenden Einkommen gilt, soweit sie greift, neben den allgemeinen Berücksichtigungsregeln sowohl für laufende Einnahmen nach § 11 Abs 2 [X.]B II als auch für einmalige Einnahmen nach § 11 Abs 3 [X.]B II.

Das Überbrückungsgeld ist aufgrund der öffentlich-rechtlichen Vorschrift des § 51 [X.] eine Leistung, die iS des § 11a Abs 3 Satz 1 [X.]B II zu einem ausdrücklich genannten Zweck erbracht wird. Denn das Überbrückungsgeld soll nach § 51 Abs 1 [X.] "den notwendigen Lebensunterhalt des Gefangenen und seiner Unterhaltsberechtigten für die ersten vier Wochen nach seiner Entlassung sichern". Damit dient es demselben Zweck wie das [X.] als eine der Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem [X.]B II (vgl dazu B[X.] Urteil vom 22.8.2013 - [X.] [X.]/12 R - [X.] 4-4200 § 11 [X.] RdNr 34 mwN).

Indes dient das Überbrückungsgeld demselben Zweck wie das [X.] nur für die ersten vier Wochen nach Haftentlassung. Es ist deshalb nur "so weit" iS des § 11a Abs 3 Satz 1 [X.]B II als Einkommen zu berücksichtigen, soweit auch in zeitlicher Hinsicht die [X.] von Überbrückungsgeld und [X.] reicht. Hieraus ergibt sich vorliegend eine Anrechnungszeit für die ersten vier Wochen der begehrten [X.]-Leistungen nach Haftentlassung am 12.6.2012, dh für die 28 Tage vom 13.6.2012 bis zum 10.7.2012.

5. Aus der Berücksichtigung des Überbrückungsgeldes als einmalige Einnahme nur für die [X.] vom 13.6.2012 bis zum 10.7.2012 ergeben sich die tenorierten Nachzahlungen von 67,87 [X.] für Juli 2012 und jeweils 192,54 [X.] für August bis November 2012. Diese errechnen sich im Einzelnen wie folgt:

Im Juni 2012 betrug der rechnerische Bedarf des [X.] 224,40 [X.] (monatlicher Regelbedarf 374 [X.] für die 18 Tage vom 13. bis 30.6.2012). Aufgrund des für die [X.] vom 13. bis 30.6.2012 zu berücksichtigenden Überbrückungsgeldes (18/28 von 1335,22 [X.] = 858,36 [X.], abzüglich der hier allein abzusetzenden [X.] von 30 [X.] insgesamt 828,36 [X.]) ergibt sich in diesem Monat kein Leistungsanspruch. Dass dem [X.]läger für Juni 2012 vom Beklagten 44,33 [X.] bewilligt und gezahlt worden sind, ist für die hier vorzunehmende Berechnung der jeweils monatlichen Höhe des Leistungsanspruchs im streitbefangenen [X.]raum ohne Belang.

Im Juli 2012 betrug der rechnerische Bedarf des [X.] 374 [X.] (Regelbedarf; keine Bedarfe für Unterkunft und Heizung), hiervon für die 10 Tage vom 1. bis 10.7.2012 anteilig 124,67 [X.]. Aufgrund des nur für die [X.] vom 1. bis 10.7.2012 zu berücksichtigenden Überbrückungsgeldes (10/28 von 1335,22 [X.] = 476,86 [X.], abzüglich der hier allein abzusetzenden [X.] von 30 [X.] insgesamt 446,86 [X.]) ergibt sich in diesem Monat kein Leistungsanspruch vom 1. bis 10.7.2012 und für die 20 Tage vom 11. bis 31.7.2012 (vgl § 41 Abs 1 Satz 2 [X.]B II) ein Leistungsanspruch in Höhe von 249,33 [X.] (374 [X.] - 124,67 [X.]). Da dem [X.]läger für Juli 2012 vom Beklagten nur 181,46 [X.] bewilligt und gezahlt worden sind, sind aufgrund des [X.]s weitere 67,87 [X.] zu zahlen.

Für August bis November 2012 betrug der monatliche Bedarf des [X.] 554 [X.] (374 [X.] Regelbedarf, 180 [X.] Bedarfe für Unterkunft und Heizung). Überbrückungsgeld ist in diesen Monaten nicht zu berücksichtigen. Da dem [X.]läger für diese Monate vom Beklagten jeweils nur 361,46 [X.] bewilligt und gezahlt worden sind, sind jeweils weitere 192,54 [X.] zu zahlen.

6. Die [X.]ostenentscheidung folgt aus § 193 [X.]G.

Meta

B 14 AS 36/13 R

28.10.2014

Bundessozialgericht 14. Senat

Urteil

Sachgebiet: AS

vorgehend SG Halle (Saale), 16. April 2013, Az: S 34 AS 4524/12, Urteil

§ 11 Abs 1 S 1 SGB 2, § 11 Abs 3 SGB 2, § 11a Abs 3 S 1 SGB 2, § 37 Abs 2 S 2 SGB 2, § 7 Abs 4 S 2 SGB 2, § 51 Abs 1 StVollzG

Zitier­vorschlag: Bundessozialgericht, Urteil vom 28.10.2014, Az. B 14 AS 36/13 R (REWIS RS 2014, 1823)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2014, 1823

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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Grundsicherung für Arbeitsuchende - Antrag auf Arbeitslosengeld II für die Zeit nach Haftentlassung noch während …


B 14 AS 76/12 R (Bundessozialgericht)

Grundsicherung für Arbeitsuchende - Einkommensberücksichtigung - Erbschaft - Aufteilung der einmaligen Einnahme auf Verteilzeitraum - …


B 14 AS 94/10 R (Bundessozialgericht)

(Grundsicherung für Arbeitsuchende - Einkommens- oder Vermögensberücksichtigung - Überbrückungsgeld gem § 51 StVollzG für Haftentlassene …


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