Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 11.06.2015, Az. V ZB 34/13

V. Zivilsenat | REWIS RS 2015, 9958

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BUNDESGERI[X.]HTSHOF

BES[X.]HLUSS

[X.]
V ZB
78/13
vom

11. Juni
2015

in dem Rechtsstreit

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2
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Der V.
Zivilsenat des [X.] hat am 11. Juni
2015
durch die
Vor-sitzende Richterin
Dr.
[X.], die Richterin Prof. Dr. [X.]t-Räntsch, den Richter
Dr. [X.], die Richterin Dr. Brückner
und den Richter Dr. Göbel
beschlossen:

Die Verfahren über die Rechtsbeschwerden des [X.] gegen die Beschlüsse der 7. Zivilkammer des [X.] vom 27. Februar 2013 ([X.]) und der 13. Zivilkammer des [X.] vom 26. April 2013 ([X.]) werden zur gemeinsamen Entscheidung verbunden; das Verfah-ren [X.] führt.

Auf die Rechtsbeschwerden des [X.] werden die vorbe-zeichneten Beschlüsse aufgehoben.

Die Sache
wird zur erneuten Entscheidung, auch über die Kosten der verbundenen Rechtsbeschwerdeverfahren, an das Landge-richt [X.]
zurückverwiesen.

Der Gegenstandswert des Rechtsbeschwerdeverfahrens
beträgt

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3
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Gründe:

I.

Die Parteien sind Mitglieder
einer Wohnungseigentümergemeinschaft. Der Kläger verlangt von dem [X.] die Räumung und Herausgabe des nä-her bezeichneten größeren Teils eines Raums im [X.] der Anlage, der ihm nach seiner Ansicht in der Teilungserklärung in diesem Umfang mit seinem Sondereigentum als Abstellraum zugewiesen ist, Verschaffung eines dauerhaf-den Zeitraum von Januar bis Dezember 2008 nebst Zinsen. Der Beklagte bean-sprucht den gesamten Raum für sich und gewährt dem Kläger keinen Zugang. Das Amtsgericht hat den [X.] mit diesem am 2. November 2012 zuge-stelltem Urteil unter Abweisung der Klage im Übrigen zur Räumung und Her-ausgabe des beanspruchten Teils des [X.]raums sowie zur Zahlung des [X.] nebst Zinsen verurteilt. Dagegen hat der Beklagte bei dem [X.] mit am 30. November 2012 eingegangenem
Schriftsatz [X.] eingelegt. Das [X.] hat die Berufung mangels
fristge-rechter Einlegung bei dem für [X.] durch dem [X.] am 8. März 2013 zugestellten Beschluss als unzulässig verworfen. Der Beklagte hat daraufhin mit am 11.
März 2013 eingegangenem
Schriftsatz bei dem [X.] erneut Berufung eingelegt und Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Berufungsfrist beantragt. Das [X.] hat die Berufung seinerseits mangels Zuständigkeit als unzulässig verworfen. Mit Rechtsbeschwerden
gegen beide Beschlüsse möchte der [X.] eine Sachentscheidung über seine Berufung erreichen.

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II.

Das [X.] hält sich für unzuständig, weil es sich bei dem Streit über die Zuordnung des
Abstellraums
im [X.] der Wohnungseigen-tumsanlage eine um Wohnungseigentumssache im Sinne von § 43 Nr. 1 [X.] handele. Hierfür sei nach § 72 Abs. 2 GVG das [X.] als das für den Sitz des [X.] zuständig. Dieses wiederum verweist auf das Urteil des Senats
vom 30. Juni 1995
(V [X.], [X.], 159, 164), wonach ein Streit über den Gegenstand und den Umfang des Sondereigentums keine Wohnungseigentumssache im Sinne von § 43 Nr. 1 [X.] sei und deshalb von dem allgemein für die Berufung zuständigen Landgericht, hier dem [X.],
zu entscheiden sei.

III.

Die verbundenen Rechtsmittel des [X.] haben Erfolg.

1. Die Rechtsbeschwerden sind nach § 574 Abs. 1 Satz
1 Nr. 1, § 522 Abs. 1 Satz 4 ZPO statthaft und auch im Übrigen zulässig. Eine Entscheidung des [X.] über beide Rechtsbeschwerden ist zur Siche-rung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich. Das zuerst angerufene,
allgemein für die Berufung zuständige [X.] hat nicht er-kannt,
dass der Streit um den Umfang des Sondereigentums nach der Recht-sprechung des Senats keine Wohnungseigentumssache nach § 43 Nr. 1 [X.] ist (vgl. Urteil vom 30. Juni 1995

V [X.], [X.], 159, 164 f.).
Das als zweites angerufene,
für [X.] zuständige Landge-richt [X.] hat die Berufung verworfen, obwohl sie bei dem nach
seiner Ansicht
zuständigen [X.] form-
und fristgerecht ein-2
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gelegt
und begründet und über die Verwerfung noch nicht rechtskräftig ent-schieden worden war. Es hat dadurch
dem [X.] den Zugang zu der an sich gegebenen Berufung unzumutbar erschwert (vgl. dazu Senat, Beschluss vom 20. Januar 2011 -
V [X.], [X.], 488 Rn. 7 mwN).

2. Die Rechtsbeschwerden sind auch begründet. Die Berufung des [X.]n durfte nicht nach § 522 Abs. 1 ZPO verworfen werden, weil sie bei dem zuerst angerufenen [X.] form-
und fristgerecht eingelegt und begründet worden ist.

a) Das [X.] ist für die Entscheidung über die Beru-fung zuständig, weil der Streit der Parteien keine Wohnungseigentumssache im Sinne von § 43 Nr. 1 [X.] ist.

aa) Zu den [X.] gehören nach dieser Vorschrift Streitigkeiten über die sich aus der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer und aus der Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums ergebenden Rechte und Pflichten der Wohnungseigentümer untereinander. Hier streiten die [X.] nicht um die Ausübung ihrer Rechte aus dem
Sondereigentum oder um die Nutzung des Gemeinschaftseigentums, sondern darüber, ob der streitige Teil des [X.]s im Sondereigentum des [X.] oder in dem des [X.] steht. Das Sondereigentum ist indes
kein Recht aus dem [X.], sondern Teil seiner sachenrechtlichen
Grundlagen.

bb) Der Streit über die sachenrechtlichen Grundlagen
der
Wohnungsei-gentümergemeinschaft gehört nach der Rechtsprechung des Senats nicht zu den [X.] nach § 43 Nr. 1 [X.]; er ist vielmehr eine all-gemeine Zivilsache (Urteile
vom 30. Juni 1995

V [X.], [X.], 159, 5
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164 f., vom 26. Oktober 2012

[X.], [X.] 2013, 377 Rn.
8 und vom 19.
Dezember 2013

V ZR 96/13, [X.] 2014, 255 Rn. 6). Dafür macht es kei-nen Unterschied, ob abstrakt über den Inhalt des Sondereigentums gestritten wird oder über die sich aus dem Sondereigentum ergebenden Ansprüche (Urteil vom 30. Juni 1995

V [X.], [X.], 159, 164 f.). Diese Rechtspre-chung
hat
fast einhellige
Zustimmung gefunden (KG, NJW-RR 2002, 590; [X.], [X.] 2011, 222; [X.], [X.], 295, 296; [X.]/[X.]/[X.], [X.], 3. Aufl., § 43 [X.] Rn. 11; [X.] in Bärmann, [X.], 12.
Aufl., § 43 Rn. 55; [X.]/[X.], [X.], 14. Aufl., § 43 [X.] Rn. 3; Jenni-ßen/Suilmann, [X.], 4. Aufl., § 43
Rn. 11;
JurisPK/[X.], [X.], 7.
Aufl., § 43 [X.] Rn. 21; MüKo[X.]/[X.], 6. Aufl., § 43 [X.] Rn. 6; [X.] in [X.]/Kümmel/Vandenhouten, [X.], 11. Aufl., § 43 Rn. 56; NK-[X.]/[X.], 2. Aufl., § 43 [X.] Rn. 3; [X.]/[X.]/Abramenko, [X.], 4. Aufl., § 43 Rn. 10;
Sauren, [X.], 6. Aufl., § 43 Rn. 7; [X.]/[X.], [X.], 2. Aufl., § 43 Rn. 9 f.

Stichwort sachenrechtliche Grundlagen; [X.]/[X.], [X.] [2005], § 43 [X.] Rn. 20; [X.], Wohnungseigen-tumsrecht, 3. Aufl.,
Rn. 1732; aM: [X.]/[X.], [X.], 2. Aufl., § 43 Rn. 139

Stichwort: sachenrechtliche Grundlagen; [X.]/Mansel, [X.] 9. Aufl., §
43 Rn. 8 Abs. 2). Schwierigkeiten bei der Rechtsanwendung, die Anlass ge-ben könnten, die Rechtsprechung zu überdenken, haben sich auch nach der Umstellung des Verfahrens in [X.] auf das Verfahren nach der Zivilprozessordnung und nach der Verlagerung der Rechtsmittelzu-ständigkeit auf die in § 72 Abs. 2 GVG bezeichneten Landgerichte nicht erge-ben.

b) Das nach der Verwerfung
der zuerst eingereichten Berufung als zwei-tes angerufene,
für [X.] zuständige Landgericht [X.]
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-
furt am [X.] war für die Entscheidung über die Berufung zwar nicht zuständig. Es durfte sie aber dennoch nicht verwerfen.

aa) Dem [X.] steht gegen das Urteil des Amtsgerichts ein einziges Rechtsmittel, nämlich die Berufung zu. Auch wenn er dieses Rechtsmittel mehrmals und bei verschiedenen Gerichten einlegt, ändert das nichts daran, dass es sich um ein einheitliches Rechtsmittel handelt. Dieses einheitliche Rechtsmittel darf nur verworfen werden, wenn keine der Einlegungen
erfolg-reich war.

bb) Das später angerufene Gericht darf deshalb eine mehrfach [X.] Berufung nicht schon dann verwerfen, wenn sie bei ihm selbst nicht form-
und fristgerecht eingelegt worden ist. Es muss vielmehr prüfen, ob eine
frühere Einlegung
der Berufung
erfolgreich war. Vor einer rechtskräftigen Entscheidung

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über die erste Einlegung der Berufung durfte es über die zweite Einlegung [X.] nicht entscheiden
(vgl. [X.], Urteil vom 29. Juni 1966 -
IV ZR 86/65, [X.]Z 45, 380, 383).

[X.]

[X.]t-Räntsch

[X.]

Brückner

Göbel
Vorinstanzen:
[X.],

Entscheidung vom 29.10.2012 -
93 [X.] 6606/11 (78) -

LG [X.],

Entscheidung vom 27.02.2013 -
7 [X.]/12 -

LG [X.],
Entscheidung vom 26.04.2013 -
2-13 S 47/13

Meta

V ZB 34/13

11.06.2015

Bundesgerichtshof V. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 11.06.2015, Az. V ZB 34/13 (REWIS RS 2015, 9958)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2015, 9958

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V ZB 193/10

V ZR 57/12

V ZR 96/13

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