Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 12.11.2015, Az. I ZR 168/14

I. Zivilsenat | REWIS RS 2015, 2438

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[X.]:[X.]:[X.]:2015:121115UIZR168.14.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF

IM NAMEN [X.]S VOLKES

URTEIL
I [X.]
Verkündet am:

12.
November 2015

Führinger

Justizangestellte

als Urkundsbeamtin

der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit

Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja

[X.] § 312b Abs. 1 Satz 1 und
2 in der Fassung vom 2. Dezember 2004, §
312d Abs. 1 in der Fassung vom 29. Juli 2009, § 355 Abs. 2 in der Fassung vom 2. Dezember 2004, § 425 Abs. 1 und 2
a)
Die Darlegungs-
und Beweislast für die ausschließliche Verwendung von [X.] beim Vertragsschluss trägt nach allgemeinen Grundsätzen der Verbraucher. So-weit die ausschließliche Verwendung von Fernkommunikationsmitteln beim Vertragsschluss feststeht, hat der Unternehmer darzulegen und gegebenenfalls zu beweisen, dass dem [X.] ein persönlicher Kontakt vorausgegangen ist, oder dass der Vertrag nicht im Rahmen eines für den Fernabsatz organisierten Vertriebs-
oder Dienstleistungssystems er-folgt ist.
b)
Die Vorschriften über [X.] finden auf Sicherungsgeschäfte wie den Schuld-beitritt eines Verbrauchers keine Anwendung, wenn nach den getroffenen Vereinbarungen der Unternehmer keine vertragscharakteristische Leistung schuldet. Dem steht nicht entge-gen, dass die Vorschriften über den Haustürwiderruf auf den von einem
Verbraucher erklär-ten Schuldbeitritt anwendbar sind und der Schuldbeitritt eines Verbrauchers zu einem Darle-hensvertrag nach den Vorschriften über den Verbraucherkredit widerrufen werden kann.
c)
Der Kläger genügt seiner hinsichtlich der Klageforderung bestehenden Darlegungslast im Prozess gegen einen Gesamtschuldner nicht automatisch dadurch, dass er das gegen einen anderen Gesamtschuldner ergangene rechtskräftige Urteil vorlegt.
d)
Aufgrund des Schuldbeitritts haftet der [X.] nur für Kosten der Rechtsverfolgung gegen den anderen Schuldner und für diesem gegenüber bestehende [X.], wenn derartige Ansprüche von der Beitrittserklärung umfasst sind.
[X.], Urteil vom 12. November 2015 -
I [X.] -
OLG München

[X.]

-
2
-
Der [X.]
Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhand-lung vom 12.
November 2015 durch [X.] Dr.
Büscher, [X.] Kirchhoff, [X.], die Richterin Dr.
[X.] und [X.] Fe[X.]ersen

für Recht erkannt:
Auf die Revision der [X.] wird der Beschluss des [X.] -
8. Zivilsenat -
vom 24.
Januar 2014 aufge-hoben.

Die Sache wird zur Verhandlung und neuen Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht [X.].

Von Rechts wegen

Tatbestand:

Die Klägerin und die [X.]

GmbH (im Folgenden: [X.]
),
beide unabhängige Versicherungsmakler, schlossen am 29./30.
März 2010 eine Vertriebsvereinbarung, durch die sich die [X.]

verpflichtete, Versicherungs-
und
Bausparverträge an oder über die Klägerin zu vermitteln. Hierfür sollte sie eine erfolgsabhängige Courtage
erhalten.

1
-
3
-
Die Beklagte war Geschäftsführerin der [X.]

und als deren Gesellschaf-
terin mit 8% am Stammkapital beteiligt. Sie unterzeichnete gleichzeitig mit der Vertriebsvereinbarung eine Haftungserklärung, mit der sie als Vertreterin und Schuldbeitretende
neben der [X.]

für alle bisher entstandenen und zukünftig
zur Entstehung gelangenden Verpflichtungen aus der
Vertriebsvereinbarung die persönliche Haftung übernahm. Die Haftungserklärung war mit einer
von der [X.] gesondert unterschriebenen Belehrung über das Widerrufsrecht
mit dem nachfolgenden
Inhalt versehen:

Sie können den Schuldbeitritt auf Grund vorgenannter Haftungserklärung [X.] von
zwei Wochen ohne Angabe von Gründen in Textform (zum Beispiel Brief, Telefax oder E-Mail)
widerrufen. Der Schuldbeitritt wird erst wirksam, wenn er nicht innerhalb der genannten Frist widerrufen wird. Die Frist beginnt frühestens am Tag nach Erhalt dieser
Belehrung. Zur Wahrung der Frist genügt die rechtzeitige Absendung des Widerrufs an folgende Anschrift ().

Die Klägerin erwirkte ein
rechtskräftiges
Urteil
des [X.], mit dem die [X.]

auf der Grundlage der Vertriebsvereinbarung vom
29./30.
März 2010 zum Ausgleich eines negativen Kontokorrentsaldos,
zur Rückzahlung eines als Vorschuss gewährten Erfolgsbonus
und zur Bezahlung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten verurteilt wurde. Die von der Klägerin aus diesem Urteil betriebene Vollstreckung blieb ohne Erfolg.

Die Klägerin begehrt auf der Grundlage der von der [X.] abgege-benen Haftungserklärung deren Verurteilung zur Zahlung der im Prozess gegen die [X.]

-

im Rechtsstreit
gegen die [X.]

festgesetzten Kosten in Höhe von 3.706,17

jeweils nebst Zinsen. Die Beklagte hat mit Schriftsatz vom
16. September 2013
den Widerruf der
Haftungserklärung erklärt.

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-
4
-
Das [X.] hat der Klage bis auf einen Teil der Zinsforderung statt-gegeben. Die dagegen gerichtete Berufung der [X.] hat das Berufungsge-richt durch
Beschluss gemäß §
522 Abs.
2 Satz 1 ZPO zurückgewiesen. Mit ihrer vom [X.] zugelassenen Revision, deren Zurückweisung die Klägerin [X.], verfolgt die Beklagte ihren Antrag auf Abweisung der Klage weiter.

Entscheidungsgründe:

[X.] Das Berufungsgericht hat die geltend gemachten Ansprüche für [X.] erachtet, weil die Beklagte aufgrund der mit
der
Haftungserklärung übernommenen Verpflichtung für die titulierten Verbindlichkeiten
der [X.]

ein-
zustehen habe. Zur Begründung hat es ausgeführt:

In der von der [X.] unterzeichneten Haftungserklärung liege ein wirksamer Schuldbeitritt
und keine Bürgschaftserklärung. Der Schuldbeitritt
sei von der [X.] nicht wirksam widerrufen worden. Zum Zeitpunkt des [X.] sei die durch eine ordnungsgemäße Belehrung in Gang gesetzte Widerrufsfrist bereits abgelaufen gewesen. Die von der Klägerin verwendete Formulierung der Widerrufsbelehrung habe dem Muster der Anlage 2 zu §
14 Abs.
1 [X.] in der bis zum 11.
Juni 2010 geltenden Fassung entsprochen und sei damit ordnungsgemäß. Die Klägerin habe hinsichtlich der Höhe der Klageforderung ihrer Darlegungslast genügt, indem sie sich zumindest still-schweigend auf das Urteil in dem gegen die [X.]

geführten Rechtsstreit bezo-
gen und dies der Klageschrift
beigefügt habe.

I[X.] Diese Beurteilung hält den Angriffen der Revision nicht stand. Sie führ-ten
zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses
und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
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5
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1. Zutreffend ist das Berufungsgericht allerdings davon ausgegangen, dass die Beklagte mit der Unterzeichnung der Haftungserklärung einen Schuld-beitritt erklärt und sich zur Erfüllung aller gegen die [X.]

bestehenden und zu-
künftig entstehenden Forderungen aus der Vertriebsvereinbarung vom 29./30.
März 2010 verpflichtet hat. Die Auslegung von Individualvereinbarungen ist grundsätzlich Sache des Tatrichters. Dessen Auslegung unterliegt im Revisi-onsverfahren nur einer eingeschränkten Überprüfung im Hinblick darauf, ob gesetzliche Auslegungsgrundsätze, Denkgesetze oder Erfahrungssätze verletzt sind oder ob die Auslegung auf Verfahrensfehlern beruht, etwa weil wesentli-ches Auslegungsmaterial unter Verstoß gegen Verfahrensvorschriften außer [X.] gelassen worden ist
(st. Rspr.; vgl. [X.], Urteil vom 17.
März 2011
-
I [X.], GRUR 2011, 946 Rn. 17 f. = WRP 2011, 1302 -
KD; Urteil vom 17.
Juli 2013
I
ZR
52/12, [X.], 258 Rn. 11
= [X.], 178 -
Pippi-Langstrumpf-Kostüm). Solche Rechtsfehler werden von der Revision nicht gel-tend gemacht und sind auch nicht
ersichtlich.

2. Die Annahme des Berufungsgerichts, die formularmäßig vorgedruckte Haftungserklärung mache dem jeweiligen Unterzeichner nach Form und Inhalt deutlich, dass er sich selbst verpflichtet
und nicht nur eine Erklärung als Vertre-ter abgibt, so dass es an einem Verstoß gegen §
305 c Abs.
1 und §
309 Nr. 11 Buchst.
a [X.] fehlt, lässt Rechtsfehler nicht erkennen. Dies gilt auch für die Annahme des Berufungsgerichts, die Erklärung halte einer Inhaltskontrolle nach §
307 Abs.
1 Satz
2 [X.] stand. Dagegen wendet sich die Revision nicht.

3. Die Verurteilung der [X.] zur Zahlung im Umfang der gegen die [X.]

titulierten Beträge kann gleichwohl keinen Bestand haben. Zu Recht wen-
det sich die Revision
dagegen, dass das Berufungsgericht die [X.] der [X.] als verspätet angesehen hat.
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a) Das [X.], auf dessen Entscheidungsgründe das Berufungsge-richt in dem angefochtenen Beschluss Bezug genommen hat,
ist davon [X.], es habe sich bei der der Klägerin gegenüber abgegebenen Haftungs-erklärung der [X.] vom 29./30.
März 2010 um einen Fernabsatzvertrag im Sinne von §
312b [X.] gehandelt und der [X.] habe deshalb ein [X.]srecht zugestanden. Das Berufungsgericht hat angenommen, die [X.] habe ihre Haftungserklärung nicht mehr widerrufen können, da zu dem Zeit-punkt des erklärten Widerrufs die Frist zur Ausübung des dem Verbraucher nach § 312d Abs.
1 Satz
1 [X.] bei Fernabsatzverträgen zustehenden [X.] bereits abgelaufen gewesen sei. Die der [X.] nach §
355 Abs. 2
Satz 1 [X.] zu erteilende Widerrufsbelehrung
der Klägerin habe die nach § 355 Abs. 1 Satz 2 [X.] aF bestehende Frist von zwei Wochen für den Widerruf in Gang gesetzt. Ob die Belehrung den gesetzlichen Anforderungen entsprochen hat,
hat das Berufungsgericht offen gelassen. Es hat gemeint, die von der Klägerin verwendete Formulierung entspreche jedenfalls dem Muster der Anlage 2 zu § 14 Abs. 1 der [X.] aF in der bis zum 11. Juni 2010 gel-tenden Fassung
und erfülle deshalb die Anforderungen des §
355 Abs.
2 [X.]
aF. Diese Beurteilung hält einer rechtlichen Nachprüfung nicht stand.

b) Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts ist nach den bislang ge-troffenen Feststellungen nicht ausgeschlossen, dass
die Beklagte mit dem in der Klageerwiderung vom 16. September 2013 erklärten Widerruf ein ihr mög-licherweise zustehendes Widerrufsrecht rechtzeitig ausgeübt
hat.
Die von der Klägerin erteilte Widerrufsbelehrung genügte den Anforderungen des §
355 Abs. 2 Satz 1 [X.] nicht und konnte deshalb den Lauf der Widerrufsfrist nicht in Gang setzen.

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-

aa) Nach §
355 Abs. 2 Satz 1 [X.] in der im Streitfall maßgeblichen, bis zum 10.
Juni 2010 geltenden Fassung begann die Widerrufsfrist mit dem Zeit-punkt, zu dem dem Verbraucher eine deutlich gestaltete Belehrung über sein Widerrufsrecht, die ihm entsprechend den Erfordernissen des eingesetzten Kommunikationsmittels seine Rechte deutlich macht, in Textform mitgeteilt [X.] ist, die auch Namen und Anschrift desjenigen, gegenüber dem der Widerruf
zu erklären ist, und einen Hinweis auf den Fristbeginn und die Regelung des §
355 Abs.
1 Satz
2 [X.] enthält. Nach §
355 Abs.
1 Satz
2 [X.] muss der [X.] keine Begründung enthalten und ist in Textform oder durch Rücksendung der Sache innerhalb von zwei Wochen gegenüber dem Unternehmer zu erklä-ren; zur Fristwahrung genügt die rechtzeitige Absendung.
Nach §
355 Abs.
3 Satz
1 [X.] erlischt das dem Verbraucher nach §
312d Abs.
1 Satz
1 [X.] bei Fernabsatzverträgen zustehende Widerrufsrecht spätestens sechs [X.] nach Vertragsschluss. Dies gilt nach §
355 Abs.
3 Satz
3
[X.] jedoch nicht, wenn der Verbraucher nicht ordnungsgemäß über sein Widerrufsrecht belehrt worden ist.

[X.]) Die von der Klägerin erteilte Widerrufsbelehrung enthält in Satz 3 den Hinweis, dass die Frist für den Widerruf "frühestens am Tag nach Erhalt dieser Belehrung"
beginnt.
Nach der ständigen Rechtsprechung des [X.] ist eine solche Belehrung unzureichend, da sie den Verbraucher nicht ein-deutig über den Beginn der Widerrufsfrist aufklärt. Die Verwendung des Wortes "frühestens"
ermöglicht es dem Verbraucher nicht, den Fristbeginn ohne [X.] zu erkennen. Er vermag der Formulierung lediglich zu entnehmen, dass die Widerrufsfrist "jetzt oder später"
beginnen, der Beginn
des Fristablaufs also ge-gebenenfalls noch von weiteren Voraussetzungen abhängen soll. Der [X.] wird jedoch im Unklaren gelassen, welche etwaigen Umstände dies sind (vgl. nur [X.], Urteil vom 19. Juli 2012 -
III ZR 252/11, [X.]Z 194, 150 Rn. 13;
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Urteil vom 15. August 2012 -
VIII ZR 378/11, [X.]Z 194, 238 Rn. 9, jeweils mwN).

cc) Da schon dieser Mangel die
Widerrufsbelehrung fehlerhaft macht, kommt es nicht auf die von der Revision aufgeworfene Frage an, ob die Beleh-rung Hinweise auf die rechtlichen Folgen eines erklärten Widerrufs hätte enthal-ten müssen oder ob eine solche Belehrung im Falle
des von der [X.] er-klärten Schuldbeitritts ausnahmsweise entbehrlich war
(vgl. [X.], Urteil vom 2.
Februar 2011 -
VIII ZR 103/10, NJW-RR 2011, 785 Rn. 17 ff., 24). Nicht ent-schieden werden muss ferner, ob die Widerrufsbelehrung der Klägerin als un-missverständlich angesehen werden kann, obwohl die Angabe zum Fristbeginn in Satz 3 lediglich auf den "Erhalt dieser Belehrung"
abstellt, ohne den Zusatz "in Textform"
zu verwenden
(vgl. hierzu [X.], Urteil vom 9. Dezember 2009
-
VIII ZR 219/08, [X.], 989 Rn. 14).

[X.]) Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts entspricht die Beleh-rung über das Widerrufsrecht nicht gemäß §
14 Abs.
1 [X.] in der zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses gültigen Fassung den Anforderungen des §
355 Abs.
2 [X.]. Zwar genügt nach dieser Bestimmung der [X.]-Infor-mationspflichten-Verordnung die Belehrung über das Widerrufsrecht den [X.] des §
355 Abs.
2 [X.] und den diesen ergänzenden Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs, wenn das Muster der Anlage
2 in [X.] wird. Das ist vorliegend jedoch nicht geschehen.

(1) Nach der Rechtsprechung des [X.] kann sich ein Un-ternehmer auf die Schutzwirkung des §
14 Abs.
1 [X.] aF nur berufen, wenn die Widerrufsbelehrung dem Muster der Anlage
2 zu dieser Bestimmung in der jeweils maßgeblichen Fassung sowohl inhaltlich als auch in der äußeren Gestaltung vollständig entspricht ([X.]Z 194, 150 Rn. 15; [X.], Urteil vom 16
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18.
März 2014 -
II ZR 109/13, NJW 2014, 2022 Rn. 15, jeweils mwN).
Bei voll-ständiger Verwendung kann sich der Unternehmer
auf die in §
14 Abs.
1 und 3 [X.] aF geregelte Fiktion auch dann berufen, wenn das Muster fehlerhaft ist und den gesetzlichen Anforderungen des §
355 Abs.
2 [X.] an eine [X.] nicht genügt ([X.]Z 194, 238 Rn. 14; [X.], NJW 2014, 2022 Rn. 15). [X.] der Verwender
den Text der [X.] dagegen einer eigenen inhaltlichen Bearbeitung, so bleibt die mit der un-veränderten Übernahme der [X.] verbundene Schutzwirkung nicht erhalten ([X.], Urteil vom 28. Juni 2011 -
XI [X.], [X.], 1858 Rn. 39; Urteil vom 1. März 2012 -
III ZR 83/11, [X.] 2012, 427 Rn. 17). Das gilt unab-hängig vom konkreten Umfang der vorgenommenen inhaltlichen Änderungen, da sich schon mit Rücksicht auf die Vielgestaltigkeit möglicher individueller Ver-änderungen des Musters keine verallgemeinerungsfähige bestimmte Grenze ziehen lässt, bei deren Einhaltung eine Schutzwirkung noch gelten und ab de-ren Überschreitung sie bereits entfallen soll ([X.], [X.], 1858 Rn. 39; [X.], [X.] 2012, 427 Rn. 17). Unerheblich ist deshalb auch, ob die Abwei-chungen von der [X.] nur in der Aufnahme von zutreffenden Zu-satzinformationen zugunsten des Belehrungsempfängers bestehen ([X.], NJW 2014, 2022 Rn. 16).

(2) Das Berufungsgericht ist zwar im Ansatz zu
Recht
davon ausgegan-gen, dass auf das streitgegenständliche Schuldverhältnis gemäß Art. 229 § 22 Abs.
2 EG[X.] das Bürgerliche Gesetzbuch und die Verordnung über Informa-tions-
und Nachweispflichten nach bürgerlichem Recht in der bis zum 10.
Juni 2010 geltenden Fassung anzuwenden sind, da die Beklagte die Haftungserklä-rung vor dem genannten Datum abgegeben hat. Maßgeblich ist danach die [X.] der Anlage 2 zu §
14 Abs.
1 und 3 [X.] in der vom 4.
August 2009 bis zum 10.
Juni 2010 geltenden Fassung. Nach dieser Fassung des Musters
für die Widerrufsbelehrung beginnt die Frist für die [X.]
-
10
-
übung des Widerrufs für den Verbraucher nach Erhalt der Belehrung in Text-form.

(3) Das Berufungsgericht hat seiner Beurteilung rechtsfehlerhaft jedoch nicht die nach den vorstehenden Ausführungen maßgebliche Fassung der [X.] zugrunde gelegt, sondern die bis zum 31.
März 2008 geltende Fassung. Dies ergibt sich daraus, dass das Berufungsgericht die [X.] der [X.] hinsichtlich der Verwendung des Wortes "frühes-tens" in der von der Klägerin verwendeten Widerrufsbelehrung erwähnt und in-soweit
die Auffassung vertreten hat, die Widerrufsbelehrung der Klägerin ent-spreche der [X.] in der Anlage 2 zu §
14 Abs.
1 und 3 [X.]-Info[X.] Die [X.] in der Anlage 2 zu §
14 Abs.
1 und 3 [X.] enthielt allerdings nur
bis zum 31.
März 2008 den Hinweis, dass die Widerrufsfrist "frühestens"
mit dem Erhalt der Belehrung
beginnt.

(4) Da die von der Klägerin verwendete Widerrufsbelehrung nicht der im Zeitpunkt der Abgabe der Haftungserklärung durch die Beklagte am 29./30.
März 2010 maßgeblichen
[X.] entsprach, kommt der Klägerin die Fiktion nach
§
14 Abs. 1 [X.] nicht zugute.

II[X.] Die angegriffene Entscheidung ist danach auf die Revision der [X.] aufzuheben. Die Sache ist zur Verhandlung und neuen Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückzuverwei-sen (§
563 Abs.
1 ZPO). Der [X.] kann in der Sache nicht selbst abschließend entscheiden, weil sie nicht zur Endentscheidung reif ist (§
563 Abs.
3 ZPO).

1. [X.] weist zu Recht darauf hin, dass aufgrund der vom [X.] getroffenen Feststellungen, auf die in dem angefochtenen Be-schluss des Berufungsgerichts Bezug genommen wird, nicht angenommen 20
21
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-
11
-
werden
kann, dass der [X.] überhaupt ein gesetzliches Widerrufsrecht nach dem Fernabsatzrecht zugestanden hat.

a)
Dem Verbraucher stand
nach §
312d Abs.
1 Satz
1 [X.] in der bis zum 11. Juni 2010 geltenden Fassung bei einem Fernabsatzvertrag ein Wider-rufsrecht nach §
355 [X.] zu. Nach
§
312b
Abs. 1 Satz 1 [X.] in der im [X.] anzuwendenden Fassung vom 2. Dezember 2004 sind Fernabsatzverträge Verträge über die Lieferung von Waren oder über die Erbringung von Dienst-leistungen, einschließlich Finanzdienstleistungen, die zwischen einem
Unter-nehmer und einem Verbraucher unter ausschließlicher Verwendung von [X.] abgeschlossen werden, es sei denn, dass der Vertrags-schluss nicht im Rahmen eines für den Fernabsatz organisierten Vertriebs-
oder Dienstleistungssystems erfolgt. Fernkommunikationsmittel sind nach §
312b
Abs.
2 [X.] Kommunikationsmittel, die zur Anbahnung oder zum Abschluss eines Vertrags zwischen einem Verbraucher und einem Unternehmer ohne gleichzeitige körperliche Anwesenheit der Vertragsparteien eingesetzt werden können, insbesondere Briefe, Kataloge, Telefonanrufe, [X.], E-Mails [X.], Tele-
und Mediendienste.

b)
Die Beklagte ist in Bezug auf die von ihr abgegebene Willenserklärung als Verbraucherin im Sinne des §
13 [X.]
anzusehen. Dieser Beurteilung steht nicht entgegen, dass sie als Gesellschafterin und Geschäftsführerin der [X.]

eine persönliche Haftung für eine Gesellschaftsschuld übernommen hat (vgl. [X.], Urteil vom 5. Juni 1996 -
VIII ZR 151/95, [X.]Z 133, 71, 77; Urteil vom 10.
Juli 1996 -
VIII ZR 213/95, [X.]Z 133, 220, 223).

c) Die von der Klägerin angenommene Haftungserklärung der [X.] ist jedoch kein Fernabsatzvertrag im Sinne von §
312b Abs. 1 Satz 1 [X.].

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12
-
aa)
Die Darlegungs-
und Beweislast für die ausschließliche Verwendung von Fernkommunikationsmitteln beim Vertragsschluss trägt nach allgemeinen Grundsätzen der Verbraucher (vgl. zum Vorliegen der Voraussetzungen eines Haustürgeschäfts
im Sinne des § 312 Abs.
1 Satz 1 Nr. 1 [X.] [X.], Urteil vom 22. Mai 2012 -
II ZR 14/10, [X.], 155 Rn. 19 mwN). Nach den vom Berufungsgericht in Bezug genommenen nicht angegriffenen Feststellungen des [X.]s haben sich die Parteien über den Inhalt der Haftungserklä-rung ohne gleichzeitige Anwesenheit beider Vertragsparteien durch [X.] geeinigt.

[X.]) Anders als die Revisionserwiderung meint, scheitert die Qualifikation der Haftungserklärung als Fernabsatzvertrag nicht an fehlendem Vortrag der [X.] dazu, dass auch die Vertragsanbahnung ohne Anwesenheit beider Parteien erfolgt ist. Zwar ist es denkbar, die Phase der Vertragsanbahnung in die Beurteilung der Frage einzubeziehen, ob ein Vertrag unter ausschließlicher Verwendung von Fernkommunikationsmitteln
abgeschlossen wird. Es mag der Annahme eines Fernabsatzvertrages im Hinblick auf den gesetzlichen Schutz-zweck im Einzelfall entgegenstehen, wenn es während der Vertragsanbahnung zu einem persönlichen Kontakt zwischen den Vertragsparteien gekommen ist (vgl. [X.].[X.]/[X.], 6. Aufl., §
312b Rn. 53 f.;
[X.]/Grüne-berg, [X.], 75.
Aufl., § 312c Rn. 4). Soweit allerdings -
wie im Streitfall -
die ausschließliche Verwendung von Fernkommunikationsmitteln beim Vertrags-schluss feststeht, hat der Unternehmer darzulegen und gegebenenfalls zu [X.], dass dem
Vertragsschluss ein persönlicher Kontakt vorausgegangen ist (vgl. [X.].[X.]/[X.] aaO § 312b Rn. 67 f.; [X.]/[X.] aaO § 312c Rn. 4). Entsprechendes gilt für den gesetzlich als Ausnahmetatbe-stand formulierten Fall, dass der Vertrag nicht im Rahmen eines für den Fern-absatz organisierten Vertriebs-
oder Dienstleistungssystems erfolgt ist (vgl.
[X.].[X.]/[X.] aaO §
312b Rn.
68; [X.]/[X.] aaO 27
28
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13
-
§
312c Rn. 6). Dass die danach darlegungs-
und beweisbelastete Klägerin sol-che Umstände vorgetragen hätte, macht die Revisionserwiderung nicht geltend.

cc) Zu der -
im Streitfall nach altem Recht anhand der §§
312b, 312d [X.] zu beurteilenden -
Frage, ob die Vorschriften über [X.] auf Sicherungsgeschäfte wie den im Streitfall erklärten Schuldbeitritt Anwen-dung finden, hat der [X.] bisher nicht Stellung genommen. Nach der nahezu einhelligen Ansicht in der instanzgerichtlichen Rechtsprechung und im Schrifttum, der der [X.] zustimmt,
ist die Frage zu verneinen (vgl. zur [X.], [X.], 521
ff.; [X.], [X.], 121, 124; [X.]/[X.], [X.], 13. Aufl., §
312b Rn. 3; [X.].[X.]/[X.] aaO Vorbem. zu §§
765
ff.
Rn. 9; [X.].[X.]/[X.] aaO §
312b Rn. 40 f.; [X.]/[X.], [X.],
73.
Aufl., § 312b Rn. 10c; BeckOK
[X.]/[X.], Stand: 1. November 2011, § 312b Rn. 22; [X.]/
[X.], [X.], Neubearbeitung 2012, § 312b Rn. 19; vgl. auch von [X.], NJW 2014, 1409, 1410; [X.], [X.], 1157, 1158 mwN; aA wohl
[X.].[X.]/Masuch aaO § 355 Rn.
30).

[X.]) [X.] sind dadurch gekennzeichnet, dass Anbieter und Verbraucher sich nicht physisch begegnen und der Verbraucher die vom Unternehmer angebotene Ware oder Dienstleistung in der Regel nicht vor [X.] in Augenschein nehmen kann. Um der daraus erwachsenden Ge-fahr von Fehlentscheidungen des Verbrauchers zu begegnen, wird ihm ein [X.]srecht eingeräumt
(vgl. zu § 3 FernAbsG [X.], Urteil vom 19. März 2003
-
VIII ZR 295/01, [X.]Z 154, 239, 242 f.; Urteil vom 3. November 2010 -
VIII ZR 337/09, [X.]Z 187, 268 Rn. 23; [X.]/[X.] 355 Rn. 8 mwN).
Die Annahme eines Fernabsatzvertrages setzt damit die Lieferung einer Ware oder die Erbringung einer Dienstleistung durch den Unternehmer voraus, so dass es nicht ausreicht, wenn nach den getroffenen Vereinbarungen lediglich ein Ver-29
30
-
14
-
braucher eine
vertragscharakteristische Leistung schuldet (vgl. [X.].[X.]/[X.] aaO § 312b Rn. 39
f.). Vor diesem Hintergrund kommt ein
Widerrufsrecht aufgrund eines unter ausschließlicher Verwendung von Fernkommunikationsmitteln abgeschlossenen Schuldbeitritts
nicht in Betracht, weil der Schuldbeitretende
keinen Anspruch auf die Lieferung einer Ware oder die Erbringung einer Dienstleistung erwirbt,
sondern einseitig die Haftung für die Erfüllung einer durch einen Vertrag Dritter begründeten Verbindlichkeit über-nimmt. Eine von einem Verbraucher bestellte Sicherheit stellt deshalb auch [X.] Finanzdienstleistung im Sinne des §
312b Abs. 1 Satz 2 [X.] dar (vgl. BeckOK [X.]/[X.] aaO
§
312b Rn. 22).

ee) Der Umstand, dass der von der [X.] erklärte Schuldbeitritt sei-nem Wesen nach die Rechtsnatur der Forderung teilt, zu der er erklärt wird, ([X.], Urteil vom 7.
Mai 2015 -
III
ZR 304/14, [X.]Z 205, 260 Rn. 24 mwN; vgl. [X.]/Sprau
aaO
Einf.
vor §
765 Rn. 15),
rechtfertigt keine andere Beurtei-lung. Die zwischen der Klägerin und der [X.]

am 29./30. März 2010 abge-
schlossene
Vertriebsvereinbarung erfüllt nicht die Voraussetzungen eines Fernabsatzgeschäfts, weil danach eine vertragscharakteristische Leistung von der Klägerin nicht geschuldet ist, vielmehr allein die [X.]

Dienstleistungen für
die Klägerin zu erbringen hatte. Gegen die Annahme des Bestehens eines [X.] der [X.] spricht auch, dass
die von der [X.]

übernommene
Verpflichtung,
als gewerbliche Versicherungsmaklerin unter anderem [X.] zu vermitteln,
nach §
312b Abs. 3 Nr.
3 [X.]
aF
ausdrücklich vom Anwendungsbereich des Fernabsatzrechts ausgenommen war.

ff) Der vorstehenden Beurteilung steht nicht entgegen, dass nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der [X.] und des [X.] die Vorschriften über den Haustürwiderruf auf von Verbrauchern be-stellte -
akzessorische wie nicht akzessorische -
Sicherheiten, und damit auch 31
32
-
15
-
auf einen Schuldbeitritt,
anwendbar sind (vgl. [X.], Urteil vom 17. März 1998

[X.]/96, [X.]. 1998, [X.] = NJW 1998, 1295 Rn. 22 f.; [X.], Urteil vom 26.
September 1995 -
XI ZR 199/94, [X.]Z 131, 1, 4
f.; Urteil vom 14. Mai 1998 -
IX ZR 59/95, [X.]Z 139, 21, 24 f.; Urteil vom 10. Januar 2006 -
XI ZR 169/05, [X.]Z 165, 363, 367; Urteil vom 2. Mai 2007 -
XII [X.], NJW 2007, 2110
Rn. 27). Das
für den Fall eines Haustürgeschäfts vorgesehene Widerrufsrecht dient
dem Schutz der Verbraucher vor der Gefahr, bei der Anbahnung eines Vertrages in einer ungewöhnlichen räumlichen Situation überrumpelt und zu einem unüberlegten Geschäftsabschluss veranlasst zu werden (vgl. [X.], Urteil vom 27. Januar 2004 -
XI ZR 37/03, NJW 2004, 1376, 1378; [X.]Z 165, 363, 367). Diese Situation trifft auf einen Sicherungsgeber, der einen Beitritt zu einer fremden Schuld unter Verwendung von Fernkommunikationsmitteln erklärt, nicht zu.

gg) Die
Vorschriften über [X.] sind auf einen von einem Verbraucher erklärten Schuldbeitritt
nicht deshalb anwendbar, weil der Schuld-beitritt eines Verbrauchers zu einem Darlehensvertrag in entsprechender An-wendung von §
495 Abs.
1 [X.] ebenso wie ein Verbraucherdarlehensvertrag widerrufen werden kann (vgl.
[X.]Z 133, 71, 75; [X.]Z 133, 220, 222 f.; [X.], Urteil vom 12. November 1996 -
XI ZR 202/95, [X.]Z 134, 94, 96; Urteil vom 30. Juli 1997
VIII
ZR
244/96, NJW 1997, 3169, 3170; [X.]/Weidenkaff
aaO
§ 491 Rn.
10). Anders als §
312b [X.] knüpfen die Vorschriften
über den Verbraucherkredit nicht an die Art und Weise des Vertragsschlusses an, son-dern bezwecken einen Schutz vor einem für den Verbraucher riskanten
Ver-tragsinhalt (vgl. [X.].[X.]/[X.] aaO § 312b Rn. 41 mwN).

2. Auf der Grundlage der bislang vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen kann auch nicht davon ausgegangen werden, dass andere ge-setzliche Widerrufsrechte bestehen.
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34
-
16
-

3. Das Berufungsgericht wird im wiedereröffneten Berufungsrechtszug
der Frage nachzugehen haben, ob die Klägerin, indem sie der [X.] eine Widerrufsbelehrung erteilt hat, dieser ein vertragliches Widerrufsrecht einräu-men wollte.

a)
In der Rechtsprechung und im Schrifttum
ist anerkannt, dass ein [X.]srecht nicht nur von Gesetzes wegen bestehen, sondern vertraglich ein-geräumt werden
kann. Danach können Vertragspartner -
als Ausprägung der Vertragsfreiheit -
ein Widerrufsrecht vereinbaren und für die nähere Ausgestal-tung sowie die Rechtsfolgen grundsätzlich auch auf die §§
355, 357 [X.] ver-weisen
(vgl. [X.], Urteil vom 6.
Dezember 2011 -
XI [X.], NJW 2012, 1066 Rn. 15; Urteil vom 6. November 2012 -
II ZR 176/12, juris Rn. 12; [X.], [X.], 155 Rn. 30; [X.].Großkommentar [X.]/[X.], Stand 16.
Februar 2015, § 355 Rn. 31; BeckOK [X.]/Christmann,
Stand 1. November 2014, § 355 Rn. 6; [X.]/[X.]
aaO
Vorb v § 355 Rn. 5; [X.]/
Kaiser
aaO § 355 Rn. 13). Das Berufungsgericht wird zur Klärung dieser Frage die streitgegenständliche Widerrufsbelehrung auszulegen
haben (vgl. auch [X.], Urteil vom 7.
Dezember 2010 -
XI
ZR 3/10, [X.]Z 187, 360 Rn. 29 mwN).

b)
Sollte das Berufungsgericht zu dem Ergebnis gelangen, dass die Klä-gerin der [X.] unabhängig vom Bestehen eines gesetzlichen Widerrufs-rechts
ein vertragliches Widerrufsrecht eingeräumt
hat, wird es auch
der Frage nachzugehen haben, ob die Beklagte dieses Recht mit dem durch ihren Pro-zessbevollmächtigten am 16.
September 2013
erklärten Widerruf fristgerecht ausgeübt hat. Die Beklagte kann, wenn von der Einräumung eines Widerrufs-rechts mit der in der Widerrufsbelehrung beschriebenen Ausgestaltung auszu-gehen sein sollte, den von ihr
erklärten
Schuldbeitritt nur widerrufen, wenn sich die Klägerin ihr gegenüber auch verpflichtet hat, alle im Falle eines gesetzlichen 35
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-
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-
Widerrufsrechts einzuhaltenden gesetzlichen [X.] erfüllen zu wollen und ihr bei deren Nichteinhaltung ein unbefristetes Widerrufsrecht [X.]. Wenn ein Unternehmer einem Verbraucher, ohne dazu gesetzlich ver-pflichtet zu sein, ein Widerrufsrecht eingeräumt hat, bedarf es konkreter [X.] in der getroffenen Vereinbarung dafür, dass zwar das Widerrufs-recht als solches von den gesetzlichen Voraussetzungen unabhängig sein, die für die Ausübung des Widerrufsrechts vereinbarte Frist gleichwohl nur dann in Gang gesetzt werden soll, wenn der Unternehmer dem Verbraucher zusätzlich eine Belehrung erteilt hat, die den Anforderungen für ein gesetzliches Wider-rufsrecht entspricht (vgl. [X.], [X.], 155 Rn. 36; [X.], Urteil vom 6.
November 2012 -
II
ZR 176/12, juris Rn.
18;
BeckOK [X.]/Christmann aaO §
355 Rn. 7; [X.].Großkommentar [X.]/[X.] aaO §
355 Rn.
31; [X.]/Kaiser
aaO §
355 Rn.
13). Maßgebend für die Voraussetzungen und die Rechtsfolgen des Widerrufs ist der vom Tatrichter durch Auslegung zu er-mittelnde Vertragsinhalt (vgl. [X.]/[X.]
355 Rn.
13
mwN; [X.], NJW 2011, 1029, 1031).
Allein der Umstand, dass sich die Klägerin bei den Formulierungen der in der Haftungserklärung enthaltenen Widerrufsbelehrung an den Vorgaben des gesetzlichen Widerrufsrechts orientiert hat, genügt nicht für die Annahme, dass die Klägerin nicht bestehende [X.] über-nehmen und erfüllen wollte (vgl. [X.], [X.], 155 Rn.
38; [X.], Urteil vom 6.
November 2012 -
II
ZR 176/12, juris Rn. 20).

4. Sollte sich im wiedereröffneten Berufungsverfahren
erneut
ergeben, dass die Beklagte den Schuldbeitritt nicht wirksam widerrufen hat, wird das Be-rufungsgericht zu prüfen haben, ob die Klägerin die Klageforderung hinreichend dargetan hat.

a) Das Berufungsgericht hat angenommen, die Klägerin habe sehr knapp, aber ausreichend ihrer Darlegungslast insoweit genügt, indem sie sich 38
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-
18
-
zumindest stillschweigend auf das gegen die [X.]

ergangene, rechtskräftige
Urteil bezogen und dieses mit der Klageschrift vorgelegt habe. Gegenstand des Verfahrens gegen die [X.]

sei eine Saldoforderung der Klägerin gewesen. An-
gesichts der in der Vertriebsvereinbarung enthaltenen Saldovereinbarung brau-che die Klägerin im Rechtsstreit gegen die Beklagte nicht darzulegen, welche einzelnen Forderungen in die saldierte Forderung eingeflossen seien. Die re-gelmäßig erstellten Sollsalden seien ausweislich des gegen die [X.]

ergange-
nen Urteils anerkannt worden. Die Beklagte habe nicht vorgetragen, dass die [X.]

der letzten Saldoabrechnung widersprochen habe. Dem kann nicht zuge-
stimmt werden.

b) Das Berufungsgericht hat nicht berücksichtigt, dass derjenige, der aufgrund eines Schuldbeitritts Gesamtschuldner wird, nicht wie ein Bürge ak-zessorisch für die Begleichung einer fremden Hauptschuld haftet, sondern eine eigene Verbindlichkeit eingeht, die eigene Wege gehen kann (vgl. [X.]/
[X.] aaO
vor §
414 Rn. 4). Nach §
425 Abs.
1 [X.] gilt -
von den in den Vorschriften der §§ 422 bis 424 [X.] genannten Tatsachen mit Gesamtwirkung abgesehen -
der Grundsatz der Einzelwirkung. Danach wirken Tatsachen nur für und gegen den Gesamtschuldner, in dessen Person sie eintreten, soweit sich nicht aus dem Schuldverhältnis ein anderes ergibt. Dies gilt insbesondere von der Kündigung, dem Verzug, dem Verschulden, von der Unmöglichkeit der Leistung in der Person eines Gesamtschuldners, von der Verjährung, deren Neubeginn, Hemmung und Ablaufhemmung, von der [X.] mit der Schuld und von dem rechtskräftigen Urteil (§
425 Abs.
2 [X.]). Auf das von der Klägerin gegen die [X.]

ergangene rechtskräftige Urteil kann des-
halb nicht abgestellt werden. Ein rechtskräftiges Urteil gegen einen Gesamt-schuldner hat keine Wirkungen für und gegen einen anderen Gesamtschuldner ([X.], Urteil vom 15.
Juni 1993 -
XI
ZR 133/93, NJW-RR
1993, 1266, 1267).

40
-
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-
c) Dies hat zur Folge, dass der Kläger, der einen Gesamtschuldner auf Zahlung in Anspruch nimmt, seiner hinsichtlich der Klageforderung [X.] Darlegungslast im Prozess grundsätzlich nicht dadurch
genügt, dass er ohne nähere Erläuterungen das gegen einen anderen Gesamtschuldner ergan-gene Urteil vorlegt.
Dies gilt jedenfalls dann, wenn -
wie im Streitfall
-
aus die-sem Urteil allein nicht nachvollziehbar ist, aus welchem Grund der verurteilte Gesamtschuldner in welcher Höhe den ausgeurteilten Betrag schuldet. Aus dem von der Klägerin gegen die [X.]

erwirkten rechtskräftigen Urteil ergibt sich
zwar, dass die [X.]

auf der Grundlage der Vertriebsvereinbarung zur Rückzah-
lung gezahlter Courtagen in Höhe von 30.217aufgrund einer Zusatz-vereinbarung vom 30.
März 2010 zur Rückgewähr
einer weiteren, als [X.] [X.]

ergangene Urteil lässt jedoch nicht erkennen, welcher
Saldo
in welcher
Höhe zu welchem Stichtag die Klageforderung gegen die [X.]

gerechtfertigt
haben soll. Nach dem Tatbestand dieses Urteils spricht darüber hinaus einiges dafür, dass es nicht um einen zu einem bestimmten Stichtag anerkannten Saldo gehandelt hat, sondern um unstreitig von der Klägerin an die [X.]

geleistete Provisionszahlungen. Zu den vertragli-
chen Grundlagen, aufgrund derer die [X.]

zur Erstattung einer [X.]zahlung
verpflichtet wäre, hat die Klägerin im Rechtsstreit gegen die Beklagte weder etwas vorgetragen noch hierzu mit der [X.]

getroffene Vereinbarungen vorge-
legt.

5.
Nach den bislang getroffenen Feststellungen des Berufungsgerichts kann nicht angenommen werden, dass die Beklagte der Klägerin zur
Erstattung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten, die dieser
bei der Rechtsverfolgung ge-genüber der [X.]

entstanden sind, und der
zugunsten der Klägerin aufgrund
der Kostengrundentscheidung des rechtskräftigen Urteils gegen die [X.]

fest-
gesetzten Kosten des Rechtsstreits
verpflichtet ist. Es ist auch nichts dafür er-41
42
-
20
-
sichtlich, dass die Beklagte Zinsen auf die gegen die [X.]

titulierte Forderung
für denselben Zeitraum wie die [X.]

schuldet.

a) Ein Bürge haftet nicht nur nach dem Bestand der jeweiligen Hauptver-bindlichkeit, sondern nach §
767 Abs.
2 [X.] auch auf Erstattung von Kosten der Rechtsverfolgung, die dem Gläubiger bei der Inanspruchnahme des [X.] entstanden sind. Die Übernahme einer Bürgschaft durch die [X.] haben die Parteien jedoch nach den Feststellungen des Berufungsgerichts nicht vereinbart. Vielmehr hat die Beklagte durch die Unterzeichnung der [X.] vom 29./30.
März 2010 einen Schuldbeitritt erklärt
und ist dadurch neben der [X.]

Gesamtschuldnerin für solche Verbindlichkeiten der
[X.]

geworden, die von der Haftungsklärung umfasst werden.

b) Die Beklagte ist nur dann als Gesamtschuldnerin verpflichtet, der Klä-gerin die Kosten der Rechtsverfolgung gegenüber der [X.]

zu erstatten, wenn
sich eine entsprechende Verpflichtung aus der
vom Berufungsgericht rechtsfeh-lerfrei als Schuldbeitritt ausgelegten
Haftungserklärung der [X.] ergeben würde. Hierzu hat das Berufungsgericht bislang keine Feststellungen getroffen. Werden von der Schuldbeitrittserklärung der [X.] durch die [X.] gegenüber der [X.]

verursachte Kosten nicht umfasst, kann die Verurtei-
lung der [X.] zu deren Erstattung keinen Bestand haben. Gegen die [X.]

bestehende materiell-rechtliche Kostenerstattungsansprüche haben ihre Grund-lage in
deren Verzug (§
280 Abs.
1 und 2 in Verbindung mit §
286 [X.]). Dieser wirkt nach §
425 Abs.
2 [X.] nicht gegen die Beklagte.

c) Entsprechendes gilt für die von der Klägerin gegen die Beklagte gel-tend gemachten [X.], die die Klägerin ausschließlich damit begrün-det hat, diese seien gegenüber der [X.]

rechtskräftig tituliert. Für Zinsansprü-
che der Klägerin gegen die [X.]

haftet die Beklagte nur dann, wenn sie von der
43
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-
21
-
Haftungserklärung vom 29./30.
März 2010 erfasst werden. Kann dies nicht fest-gestellt werden, schuldet die Beklagte nur dann Zinsen, wenn sie sich mit der Klägerin geschuldeten Zahlungen selbst im Verzug befunden hätte. Die Kläge-rin hat nicht dargelegt, dass dies vor Einleitung des vorliegenden Rechtsstreits (vgl. §
286 Abs.
1 Satz
2 [X.]) der Fall gewesen wäre.

Büscher
Kirchhoff
Löffler

[X.]
Fe[X.]ersen
Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 18.10.2013 -
4 O 495/13 -

OLG München, Entscheidung vom 24.01.2014 -
8 U 4250/13 -

Meta

I ZR 168/14

12.11.2015

Bundesgerichtshof I. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 12.11.2015, Az. I ZR 168/14 (REWIS RS 2015, 2438)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2015, 2438

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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