Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 12.05.2011, Az. RiZ (R) 4/09

Dienstgericht des Bundes | REWIS RS 2011, 6777

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BUNDESGE[X.]ICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES

U[X.]TEIL
[X.]iZ([X.]) 4/09
vom

12. Mai
2011

in dem Prüfungsverfahren

des [X.]s

Antragssteller
und [X.]evisionskläger,

gegen

Antragsgegner
und [X.]evisionsbeklagter,

wegen
Anfechtung einer Maßnahme der Dienstaufsicht
-
2
-
Der [X.] -
[X.] des Bundes
-
hat am 12.
Mai 2011 ohne mündliche Verhandlung durch den Vorsitzenden [X.] am [X.] Dr.
[X.], die [X.] am [X.] Dr.
Joeres und Prof.
Dr.
[X.], die [X.]in am [X.] [X.] und den [X.] am [X.] Pamp
für [X.]echt erkannt:
Auf die [X.]evision des Antragstellers wird unter Zurückweisung [X.] weitergehenden [X.]echtsmittels das Urteil des [X.] -
Bayerisches [X.] für [X.]
-
vom 16.
Juni 2009 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als die Anträge zu 2c, 3a, 5 und 10 zurückgewiesen worden sind.
Es wird festgestellt, dass
a)
die Äußerung "In unbegründeten Selbstablehnungen nimmt der [X.] immer
wieder auf das damalige Strafverfahren wegen [X.]echtsbeugung Bezug" im Schreiben des Präsiden-ten des [X.] an den Präsidenten des
[X.] vom 16.
Februar 2007;
b)
die Äußerung "Die von ihm gemachte (private) Erfahrung hat
der [X.] in einer anderen Bußgeldsache sofort her-angezogen (Bußgeldsache M.

)" im Gutachtensauf-trag des Präsidenten des [X.] an die [X.]egierung von [X.] vom 11.
April 2007;
c)
die Äußerung des Präsidenten des [X.] "Aber natürlich hat das Gericht ein Problem mit einem [X.]ich--
3
-
ter, der seit einem Jahrzehnt in [X.] verwickelt ist. Schließlich widerspricht dies dem richter-lichen Mäßigungsgebot" in einem Interview der Süddeut-schen Zeitung
vom 20.
September 2007;
d)
die Bescheidung des Widerspruchs des Antragstellers vom 15. Juni 2008 durch einen beauftragten [X.] (Wider-spruchsbescheid des Präsidenten des [X.] vom 10.
September 2008 -
[X.]. 2050/[X.]/12 -
512/2008)
unzulässig waren.
Von den Kosten des Verfahrens tragen der Antragsteller zwei Drit-tel und die Staatskasse ein Drittel.

Von [X.]echts wegen

Tatbestand:
Der Antragsteller war seit 16.
September 1979 im [X.]verhältnis auf Lebenszeit [X.] am Amtsgericht

; dort war er seit 1999 in [X.], Vormundschafts-
und Pflegschaftssachen für Minderjährige sowie in Verschollenheitssachen eingesetzt. Mit Ablauf des 8. März 2011 ist der [X.] auf seinen Antrag in den [X.]uhestand versetzt worden.
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-
4
-
Der Präsident des [X.] gab dem Antragsteller am 11.
April 2007 -
nach vorheriger Anhörung
-
einen der [X.]egierung von [X.] zugeleiteten Gutachtensauftrag zur Erstellung eines amtsärztlichen Zeug-nisses zu einer möglichen dauerhaften Dienstunfähigkeit des Antragstellers [X.].
Der Antragsteller erhob gegen die Untersuchungsanordnung Wider-spruch, der mit Bescheid des Präsidenten des [X.] vom 16.
Juli 2007 zurückgewiesen wurde. Daraufhin beantragte der [X.] am 31.
Juli 2007 beim [X.] -
Bayerisches [X.] für [X.]
-
die Aufhebung der Anordnung. Das [X.] verwies das [X.] an das [X.]. Dieses wies die gegen die [X.] des [X.] gerichtete Klage mit Urteil vom 1.
August 2008 ab und verpflichtete den [X.] auf ei-nen Hilfsantrag des Antragstellers zugleich zu einer Neubescheidung seines Antrags auf Aufhebung der Untersuchungsanordnung.
Mit Verfügung vom 20.
Oktober 2008 hob der Präsident des [X.] die Untersuchungsanordnung mit der Begründung auf, es lägen keine Krankheitstage mehr vor und auch sonst hätten sich keine Auffälligkeiten mehr gezeigt.
In einem anderen Verfahren vor dem Verwaltungsgericht, in dem der [X.] mit seiner Klage eine Verletzung der Fürsorgepflicht geltend gemacht hatte,
erklärte der Präsident des [X.] am 2.
Februar 2009 "die Angelegenheit für erledigt"; eine Wiederholungsgefahr bestehe nicht. Das Verfahren wurde eingestellt, soweit der Antragsteller Klageanträge zurückge-nommen oder die Parteien die Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt hatten; im Übrigen wurde die Klage abgewiesen.
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-
5
-
Zuvor hatte sich der Antragsteller mit einer Eingabe vom 16.
Oktober 2007, die er durch weitere Schreiben ergänzte, an den [X.] gewandt. Das [X.] nahm hierzu gegenüber dem Präsidenten des [X.]s mit Schreiben vom 29.
Januar 2008 und 26.
Juni 2008 Stellung. In dem Schreiben vom 29.
Januar 2008 war unter anderem ausgeführt, die Behauptung des Petenten, er habe seine Arbeit beanstandungsfrei geführt, sei unzutreffend. Nach Auskunft des Präsidenten des [X.] sei es seit Jahren zu einer Vielzahl von [X.] und Beanstandungen seiner Tätigkeit wegen verzögerter Sachbehandlung gekommen. Zudem sei die Nichterreichbarkeit des [X.]s seit Jahren ein Dauerproblem.
In dem Schreiben vom 26.
Juni 2008 hieß es unter anderem, es sei auf-grund der ungewöhnlich hohen Zahl von Abwesenheitstagen des Antragstellers wiederholt zu Nachfragen und Beschwerden wegen verzögerter Sachbehand-lung und Nichterreichbarkeit gekommen. Bis zur Untersuchungsanordnung [X.] fünf schriftliche [X.] wegen zögerlicher Sachbe-handlung vorgelegen. Der diesen Beschwerden zugrunde liegende Sachverhalt und die hierzu ergangene Entscheidung des Präsidenten des [X.] waren in dem Schreiben vom 26.
Juni 2008 kurz
dargestellt.
Mit Schreiben vom 15.
Juni 2008 an den Präsidenten des [X.] beantragte der Antragsteller die Durchführung eines Vorverfah-rens/Widerspruchsverfahrens für einen Antrag an das [X.]. In diesem einzelne Passagen des vorliegenden Prüfungsverfahrens betreffenden Antrag begehrte er zu erkennen, dass Schreiben des Präsidenten des [X.] im Zusammenhang mit der Untersuchungsanordnung und dem [X.] ihn in seiner richterlichen Unabhängigkeit [X.]. Mit Widerspruchsbescheid des Präsidenten des Oberlandesge-6
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richts Bamberg vom 10.
September 2008 wurde der Widerspruch des [X.]s vom 15.
Juni 2008, ergänzt durch Schreiben vom 18.
Juni 2008,
zu-rückgewiesen. Das Schreiben war von [X.] am Oberlandesgericht Bamberg Dr.
S. mit dem Zusatz "i. A." unterzeichnet. [X.] am Oberlandesgericht Dr.
S. war nach der vom Präsidenten des [X.] angeordneten Geschäftsverteilung für die Verwaltungsabteilung des [X.] mit der abschließenden Bearbeitung aller Widerspruchsverfahren betraut, die sich gegen Entscheidungen der Präsidenten der [X.] richteten, und [X.] zur Unterzeichnung auch der abschließenden Bescheide befugt.
Mit Schreiben vom 22.
Juli 2008 und vom 14.
August 2008 erhob der [X.] wegen der weiteren verfahrensgegenständlichen Beanstandungen Widerspruch, der mit Bescheid des Präsidenten des [X.] Bam-berg vom 21.
Oktober 2008 und des [X.] vom gleichen Tag zurückgewiesen wurde.
Mit Schreiben vom 12.
September 2008 hat der Antragsteller beim Land-gericht [X.]

Bayerisches [X.] für [X.]

eine dienstgerichtli-che Entscheidung wegen Verletzung seiner richterlichen Unabhängigkeit durch Äußerungen und sonstige Maßnahmen des Präsidenten des [X.] im Zusammenhang mit der Untersuchungsanordnung beantragt. Er hat sich dabei auch gegen Äußerungen in einem am 20.
September 2007 in der [X.] erschienenen Artikel gewandt, in dem die auf eine Pres-seanfrage in Bezug auf den Antragsteller erteilte Auskunft des Präsidenten des [X.] zitiert wurde: "Aber natürlich hat das Gericht ein Problem mit einem [X.], der seit einem Jahrzehnt in Nachbarschaftsstreitigkeiten [X.]." Außerdem hat er beanstandet, dass im [X.]ahmen der Bearbeitung von [X.], die gegen ihn erhoben worden waren, der Präsi-9
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-
dent des [X.] in mehreren Fällen den [X.] am Amtsgericht [X.]. beigezogen und ihm hierzu die jeweiligen Akten überlassen hatte.
Im Einzelnen hat der Antragsteller folgende Ausführungen und Maßnah-men beanstandet:
1. im Schreiben vom 18.
März 2008 an das [X.] im Verfahren B
5 K
07.1220: "Das gilt auch für die Tatsache, dass es beim [X.] immer wieder zu [X.] gekommen ist" und
2. im Schreiben vom 16. Februar 2007 an den Präsidenten des [X.]s Bamberg PA I

134:
a) "Herr W.

Ärzten, Pflege-
und Betreu-ungspersonal";
b) "Auch beim [X.] kommt es immer wieder zu Unzuträglichkei-

Vorkehrungen getroffen werden, um einen ordnungsgemä-ßen Ablauf zu gewährleisten und Eigenwilligkeiten von Herrn W.

aufzufangen" und
c) "In unbegründeten Selbstablehnungen nimmt der [X.] immer wieder auf das damalige Strafverfahren wegen [X.]echtsbeugung Bezug" (Anlagen 6
a und 6
b).
3.
im Schreiben vom 11. Februar 2007 an die [X.]egierung von [X.] (Gutachtensauftrag):
a) "Die von ihm gemachte (private) Erfahrung hat der [X.] in einer anderen Bußgeldsache sofort herangezogen (Bußgeldsache
M.

)";
b) "Beispielhaft für die Selbstablehnungen des [X.]s und die hierfür gegebenen Begründungen verweise ich auf Anlage [X.]";
c) "In dem Verfahren [X.] 0700/04 lehnte der [X.] sich ab, weil er nicht bereit sei, gegenüber derart unverschämten Leuten als [X.]ich-ter eine Entscheidung zu treffen. Gemeint war nicht ein [X.]sbeteiligter, sondern ein möglicher Käufer des Anwesens, der in 11
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Bezug auf die Person des [X.]s einen Leserbrief geschrieben hat (Anlage XV)";
"In dem Verfahren [X.] 857/05 begründete der [X.] seine Selbstablehnung u.a. mit Äußerungen eines Betroffenen über sein (des [X.]s) Strafverfahren und die ausgebliebene [X.]ehabilitation (Anlage XVI)";
4.
im Schreiben vom 19. November 2007 an das [X.] für [X.] in [X.] im Verfahren [X.]/2007:
a) "Die Behauptung, der Antragsteller
habe seine Arbeit beanstan-dungsfrei geführt, ist unzutreffend. Es kam seit Jahren zu einer Vielzahl von Beschwerden und Beanstandungen seiner Tätigkeit. Ich verweise beispielhaft auf das Schreiben der [X.] im Landkreis und der [X.] Bayreuth vom 26.
Februar 2007, auf die anliegenden Schreiben (Anlage IV) und die Dienstaufsichtsbeschwerde des Oberbürgermeisters der [X.] Bayreuth vom 28.
September 2007 wegen verzögerter Sachbe-handlung";
b) "Dass das [X.] des Antragstellers halbwegs funktio-nierte, ist auf den übermäßigen Einsatz der Vertreter zurückzufüh-ren und kein Verdienst des Antragstellers";
c) "Die Nichterreichbarkeit des [X.]s ist seit Jahren ein Dauerprob-lem und findet auch in den Schreiben der Betreuungsstelle bzw. des Chefarztes des [X.] vom 5.
Oktober 2007 (Anlage VII) ihren Niederschlag";
5.
im Artikel der [X.] vom 20. September 2007: "Aber natürlich hat das Gericht ein Problem mit einem [X.], der seit einem Jahrzehnt in Nachbarschaftsstreitigkeiten verwickelt ist. Schließlich [X.] dies dem richterlichen Mäßigungsgebot";
6.
die im Schreiben des [X.] vom 29. Januar 2008 ([X.]) gemachten Ausführungen: "Auch
ist die Behauptung des
Petenten, er habe seine Arbeit 'beanstan-dungsfrei'
geführt, unzutreffend. Nach Auskunft des Präsidenten des [X.] kam es seit Jahren zu einer Vielzahl von [X.] und Beanstandungen seiner Tätigkeit wegen verzögerter Sachbehandlung. Zudem sei die Nichterreichbarkeit des [X.]s seit Jahren ein Dauerproblem";
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7.
die im Schreiben des [X.] vom 26.
Juni 2008, [X.]. [X.] gemachten Ausführungen: "zu den Auswirkungen der Fehlzeiten auf sein richterliches
Dienstverhält-nis ist darauf hinzuweisen, dass es aufgrund der ungewöhnlich hohen Zahl von Abwesenheitstagen wiederholt zu Nachfragen und [X.] wegen verzögerter Sachbehandlung und Nichterreichbar-keit wegen Nichterreichbarkeit des Petenten kam" unter Benennung der Betreuungsverfahren [X.]
155/96, [X.]
107/03, [X.]
689/03 und [X.]
419/04 sowie die Bezugnahme auf aktenmäßig nicht dokumen-tierte angebliche persönliche oder telefonische Ansprachen;
8.
die im Widerspruchsbescheid des Präsidenten des [X.] vom 16. Juli 2007 ([X.] 962 -
IV b/12) gemachten Ausführungen: "Diese Wertung (Erkenntnisse über Anzeichen einer Erkrankung) steht im in von ihm geführten Betreuungsverfahren";
9.
die Überlassung von Akten aus der richterlichen Zuständigkeit des [X.]s an einen anderen [X.] des Amtsgerichts

zur Wahrnehmung allein dem Präsidenten des [X.] als [X.] vorbehaltener
Tätigkeit im [X.]ahmen der Dienstaufsicht.
Ferner beantragte er festzustellen (Antrag zu 10),
dass der Widerspruchsbescheid des Präsidenten des [X.] vom 10. September 2008 (Aktenzeichen: 2050/[X.]/12-512/2008) ihn in seiner richterliche Unabhängigkeit verletzt.
Das [X.] -
Bayerisches [X.] für [X.] -
hat diesen Antrag durch das angefochtene Urteil zurückgewiesen. Hinsichtlich der Beanstandungen zu 1 bis 5 und 7 bis 9 hat es den Antrag als unzulässig, im Übrigen (Beanstandungen zu 6 und 10) hat es ihn als unbegründet angesehen.
Dagegen richtet sich die [X.]evision des Antragstellers, mit der er [X.], das Urteil des [X.]s aufzuheben und nach seinen Anträgen ers-ter Instanz zu entscheiden. Der Antragsgegner beantragt, die [X.]evision [X.].
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-
10
-
Beide Parteien haben ihr Einverständnis mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung erklärt.

Entscheidungsgründe:
Die gemäß Art.
73 Abs.
2 Bay[X.]iG, §
79 Abs.
2, § 80 Abs.
2 D[X.]iG zuläs-sige [X.]evision ist nur in dem aus dem [X.] ersichtlichen Umfang begrün-det; im Übrigen ist sie unbegründet.
1.
Entgegen der Ansicht des [X.]s fehlt es hinsichtlich der [X.], 7 bis 9 nicht an einem Feststellungsinteresse des [X.]s; sein Begehren ist daher insoweit zu Unrecht als unzulässig zurückgewie-sen worden.
a) Die genannten Anträge sind nicht unzulässig, weil der Antragsteller, wie das [X.] angenommen hat, schon nicht ausreichend dargelegt ha-be, worin hinsichtlich der damit beanstandeten Maßnahmen eine Beeinträchti-gung seiner Unabhängigkeit im Sinne von § 26 Abs. 3 D[X.]iG liegen könnte.
Ein [X.] ist zwar nur dann zulässig, wenn nachvollziehbar dargelegt ist, dass eine Maßnahme der Dienstaufsicht im Sinne des § 26 Abs. 3 D[X.]iG vorliegt und diese Maßnahme die richterliche Unabhängigkeit beeinträch-tigt ([X.], Urteil vom 20. Januar 2011 -
[X.]iZ([X.])
1/10 [X.]n. 22, juris; Urteil vom 3.
November 2004 -
[X.]iZ([X.]) 2/03, [X.], 905 mwN). Nach ständiger [X.]echt-sprechung des [X.]s des Bundes genügt jedoch die schlichte

nach-vollziehbare
-
Behauptung einer Beeinträchtigung der richterlichen Unabhän-gigkeit (vgl. nur [X.], Urteil vom 3. Dezember 2009 -
[X.]iZ([X.]) 1/09 [X.]n. 44, juris; Urteil vom 24. November 1994 -
[X.]iZ([X.]) 4/94,
NJW 1995, 731, 732 mwN). Der Antragsteller hat hinreichend dargelegt, dass es sich bei den beanstandeten 14
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Maßnahmen um solche der Dienstaufsicht handelt und er dadurch veranlasst sein könnte, eine Verfahrens-
oder Sachentscheidung künftig anders zu treffen. Die Frage, ob die beanstandeten Maßnahmen die richterliche Unabhängigkeit beeinträchtigen können, ist eine Frage der Begründetheit des [X.]s.
Die vom Antragsteller angefochtenen Äußerungen stellen Maßnahmen der Dienstaufsicht dar. Der Begriff der Maßnahme der Dienstaufsicht im Sinne von § 26 Abs. 3 D[X.]iG ist im Interesse eines wirkungsvollen Schutzes der rich-terlichen Unabhängigkeit weit auszulegen. Er umfasst nicht nur unmittelbare Eingriffe, sondern auch alle Einflussnahmen einer für die Dienstaufsicht in [X.] kommenden Stelle, die sich auf die Tätigkeit des [X.]s nur mittelbar auswirken oder darauf abzielen ([X.], Urteil vom 16. November 1990 -
[X.]iZ 2/90, [X.]Z 113, 36, 38; Urteil vom 20. Januar 2011 -
[X.]iZ([X.]) 1/10 [X.]n. 14,
juris).
Die beanstandeten Äußerungen haben durchweg kritische Stellungnah-men oder Beschreibungen des dienstlichen -
teilweise auch des außerdienstli-chen
-
Verhaltens des Antragstellers zum Gegenstand, überwiegend die [X.] seiner Sachbearbeitung im [X.]ahmen der ihm als Betreuungsrichter zu-gewiesenen Geschäftsaufgabe. Der dienstgerichtlichen Überprüfung unterlie-gen auch solche Maßnahmen der Dienstaufsicht, die das außerdienstliche [X.] eines [X.]s betreffen ([X.], Urteil vom 11.
Februar 1969, [X.]iZ([X.]) 5/68, [X.]Z 51, 363, 367 f.).
b) Das [X.]echtsschutzinteresse für das Prüfungsverfahren gemäß §
26 Abs. 3 D[X.]iG ist hinsichtlich der Anträge zu 2 bis 4 nicht dadurch entfallen, dass die Untersuchungsanordnung des Präsidenten des [X.] vom 11.
April
2007 durch Verfügung vom 20.
Oktober 2008 aufgehoben wurde. Durch eine einseitige Erklärung des Antragsgegners, die Angelegenheit sei "er-19
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-
12
-
ledigt", entfällt das [X.]echtsschutzinteresse an der Feststellung, eine Maßnahme der Dienstaufsicht habe unzulässig in den Bereich richterlicher Unabhängigkeit eingegriffen, nicht.
c) Das [X.]echtsschutzbedürfnis ist vorliegend unter Berücksichtigung von Art und Inhalt der angegriffenen Maßnahmen der Dienstaufsicht auch nicht dadurch entfallen, dass der Antragsteller mit Ablauf des 8.
März 2011 auf sei-nen Antrag in den [X.]uhestand versetzt wurde (vgl. [X.], Urteil vom [X.] 1976 -
[X.]iZ([X.]) 3/75, juris [X.]n. 19; insoweit in [X.]Z 67, 184 nicht abge-druckt).
2. Entgegen der Ansicht des [X.]s sind die mit den Anträgen zu 2c, 3a, 5 und 10 beanstandeten Maßnahmen unzulässig, weil sie die [X.] im Sinne von § 26 Abs. 3 D[X.]iG beeinträchtigen.
a) Nach ständiger [X.]echtsprechung sind dienstaufsichtliche Maßnahmen gegenüber [X.]n, soweit sie die äußere Ordnung des Geschäftsablaufs und des [X.] betreffen, grundsätzlich zulässig und im Kernbereich der [X.]echtsprechung grundsätzlich unzulässig (vgl. [X.], Urteil vom 23. Oktober 1963 -
[X.]iZ 1/62, [X.]Z 42, 163, 169 f.; Urteil vom 4. Juni 2009
-
[X.]iZ([X.]) 5/08, [X.]Z 181, 268 [X.]n. 16 f.; Urteil vom 20. Januar 2011 -
[X.]iZ([X.]) 1/10 [X.]n. 15,
juris). Zum Kernbereich richterlicher Tätigkeit zählen neben der richterlichen Sachentscheidung selbst grundsätzlich auch Maßnahmen der [X.], der Termins-
und Fristbestimmung, des Umgangs mit Parteien und [X.] sowie Erklärungen in [X.] (vgl. im Einzelnen Schmidt-[X.]äntsch, D[X.]iG, 6. Aufl., §
26 [X.]n. 28 ff.). Im Kernbereich der [X.]echt-sprechung sind der Dienstaufsicht lediglich evidente Fehlgriffe und offensicht-lich unvertretbare Entscheidungen zugänglich (vgl. [X.], Urteil vom 4. Juni 2009 -
[X.]iZ([X.]) 5/08, [X.]Z 181, 268 [X.]n. 16 mwN).
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-
13
-
b) Bei der Anwendung dieser allgemeinen Grundsätze auf den vorlie-genden Fall hat die Bestimmung der
Grenze zwischen Dienstaufsicht und [X.] Unabhängigkeit den Besonderheiten [X.]echnung zu tragen, die sich [X.] ergeben, dass die vom Antragsteller beanstandeten Maßnahmen in dem vom Dienstvorgesetzten in Gang gesetzten Verfahren zur Überprüfung der Dienstfähigkeit des Antragstellers getroffen wurden. Die Überprüfung ist [X.] worden, weil aus der Sicht des Dienstvorgesetzten über einen Zeitraum von mehreren Jahren ernst zu nehmende Anhaltspunkte dafür gegeben waren, dass die Dienstfähigkeit des Antragstellers aus gesundheitlichen -
soweit er-sichtlich: psychischen
-
Gründen auf Dauer erheblich eingeschränkt oder [X.] sein könnte. Diese Einschätzung des Dienstvorgesetzten war auf [X.] tatsächliche Anhaltspunkte gestützt. Es entsprach daher nicht zuletzt auch seiner Fürsorgepflicht, eine Klärung herbeizuführen; die Anordnung der Unter-suchung der Dienstfähigkeit des Antragstellers war sachgerecht und willkürfrei.
Wenn sich -
wie im vorliegenden Fall
-
Auffälligkeiten im Verhalten des [X.]s nach dem Eindruck des Dienstvorgesetzten im Wesentlichen auf psy-chische Dispositionen, [X.]eaktionen oder sonstige Besonderheiten stützen, ist es unerlässlich und überschreitet die Grenze zur unzulässigen Einwirkung in den Bereich richterlicher Unabhängigkeit nicht, wenn der Dienstvorgesetzte in dem Verfahren zur Anordnung der Untersuchung sowie in Verfahren, die aufgrund von [X.]echtsbehelfen hiergegen geführt werden, diejenigen tatsächlichen [X.] mitteilt, aus denen sich eine mögliche Dienstunfähigkeit des [X.]ich-ters ergeben könnte. Die Befugnis zu solchen Angaben kann nicht auf Tatsa-chen aus dem Bereich der äußeren Ordnung der dienstlichen Tätigkeit des [X.]s sowie auf offenkundig unvertretbare Fehlgriffe im Einzelfall beschränkt sein, sondern muss sich grundsätzlich auch auf unterhalb dieser Grenze lie-gende auffällige Besonderheiten bei der Verfahrensgestaltung, im Umgang mit Verfahrensbeteiligten oder im Gang der Entscheidungsfindung erstrecken. Die 25
26
-
14
-
insoweit notwendige Abgrenzung zwischen dem der Aufsicht und Einflussnah-me entzogenen Bereich richterlicher Unabhängigkeit und der der Aufsichts-
und Fürsorgepflicht entspringenden Verpflichtung des Dienstvorgesetzten, nicht fern liegenden Zweifeln an der psychischen Gesundheit und Dienstfähigkeit eines [X.]s im Interesse der [X.]echtssuchenden und des Ansehens der [X.]echtspfle-ge in der Öffentlichkeit sowie im eigenen Interesse des [X.]s nachzugehen, muss sich maßgeblich danach richten, ob eine Äußerung -
als Maßnahme der Dienstaufsicht
-
geeignet und geboten ist, um die Aufklärung der Frage der Dienstfähigkeit zu ermöglichen oder zu erleichtern. Äußerungen, die hierüber hinausgehen, deren Inhalt für die Beurteilung der Dienstfähigkeit keine Bedeu-tung hat oder die in den Kernbereich richterlicher Tätigkeit eingreifen, ohne in einem notwendigen inneren Zusammenhang mit möglichen Ursachen einer zu prüfenden Dienstunfähigkeit zu stehen, beeinträchtigen die richterliche Unab-hängigkeit und sind unzulässig.
c) Nach Maßgabe der vorgenannten Kriterien erweisen sich
die mit den Anträgen zu 2c, 3a, 5 und 10 beanstandeten Äußerungen und Maßnahmen als unzulässig.
aa) Soweit im Schreiben des Präsidenten des [X.] vom 16.
Februar 2007 darauf hingewiesen wird, der Antragsteller nehme in "unbegründeten" Selbstablehnungen immer wieder auf ein früher gegen ihn geführtes Strafverfahren wegen [X.]echtsbeugung Bezug, überschreitet diese Bewertung des Inhalts der richterlichen Entscheidung, zu der das Ablehnungs-verfahren gehört (vgl. [X.], Urteil vom 18. April 1980 -
[X.]iZ([X.]) 1/80, [X.]Z 77, 70, 72; Urteil vom 8. August 1986

[X.]iZ([X.])
2/86, D[X.]iZ 1986, 423, 424), die Grenze des §
26 Abs. 1 D[X.]iG. Für die vom Dienstvorgesetzten [X.] Auffälligkeit, deren Erwähnung hier grundsätzlich geboten und bedenkenfrei 27
28
-
15
-
ist, spielt die Frage, ob Selbstanzeigen des Antragstellers wegen Befangenheit in der Vergangenheit begründet waren, eine allenfalls untergeordnete [X.]olle.
bb) Der Hinweis im Untersuchungsauftrag vom 11.
April 2007 an die [X.]e-gierung von [X.], der
Antragsteller habe eine private Erfahrung bei der Begründung einer Entscheidung in einer Bußgeldsache herangezogen, ist in der geäußerten Form nicht geeignet, den Untersuchungsauftrag zu erläutern oder zu fördern. Sie greift vielmehr in den dem Dienstvorgesetzten entzogenen Bereich richterlicher Entscheidungsfindung ein. Dass es sich um ein Beispiel eines offenkundigen, unvertretbaren Fehlgriffs handelt, ist in dem Schreiben nicht ausgeführt und auch nicht ersichtlich.
cc) Die Äußerung gegenüber der "[X.]", das außer-dienstliche Verhalten des Antragstellers widerspreche dem richterlichen Mäßi-gungsgebot, stellt wegen ihres missbilligenden Charakters eine Dienstauf-sichtsmaßnahme dar, die der Nachprüfung im Verfahren nach §
26 Abs.
3 D[X.]iG unterliegt (vgl. [X.], Urteil vom 31.
Januar 1984 -
[X.]iZ([X.]) 4/83, [X.]Z 90, 34, 37). Diese in der (Presse-)Öffentlichkeit geäußerte Missbilligung des
(außerdienstlichen) Verhaltens des Antragstellers war weder durch den [X.] geboten noch aus anderen Gründen zulässig.
dd) Begründet ist die [X.]evision schließlich auch, soweit sie sich gegen die Bearbeitung und Unterzeichnung des Widerspruchsbescheids des Präsidenten des [X.] vom 10.
September 2008 durch einen beauf-tragten [X.] wendet.
Der Erlass des Widerspruchsbescheids, mit dem im [X.]ahmen eines [X.] für einen [X.] an das [X.] über die Beanstan-dung einer Maßnahme der Dienstaufsicht als Beeinträchtigung der richterlichen Unabhängigkeit im Sinne von § 26 Abs. 3 D[X.]iG entschieden wird, ist selbst 29
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16
-
wiederum eine Maßnahme der Dienstaufsicht. Sie kann daher nur von demjeni-gen vorgenommen werden, dem die entsprechende Befugnis zur Dienstaufsicht zusteht. Andere Amtsträger als der Dienstvorgesetzte können mit der [X.] bestimmter Aufgaben der Dienstaufsicht im Einzelfall nur in der Weise beauftragt werden, dass sie mit inhaltlich ganz bestimmten Weisungen für die zu treffende Maßnahme zu versehen sind, die eine eigene Entscheidung über das "Ob"
und
"Wie"
ausschließen und den Beauftragten jedenfalls nur als [X.] und nicht als entscheidendes Organ in Erscheinung treten lassen ([X.], Urteil vom 9. März 1967 -
[X.]iZ([X.]) 2/66, [X.]Z 47, 275, 284; Urteil vom 11. Februar 1969 -
[X.]iZ([X.]) 5/68, [X.]Z 51, 363, 370; Urteil vom 31. Januar 1984 -
[X.]iZ([X.]) 4/83, [X.]Z 90, 34, 40). Macht sich der Dienstvorgesetzte die von einem von ihm beauftragten Amtsträger vorgenommene Maßnahme im Prüfungsverfahren nachträglich zu Eigen, wird der Zulässigkeitsmangel dadurch nicht behoben ([X.], Urteil vom 31. Januar 1984 -
[X.]iZ([X.]) 4/83, [X.]Z 90, 34, 41).
Die Befugnis zum Erlass des Widerspruchsbescheids als Maßnahme der Dienstaufsicht stand hier dem Präsidenten des [X.] als obere Dienstaufsichtsbehörde oder seinem Vertreter im Amt zu (Art. 20 Abs.
1 Satz 1 Nr. 2 [X.]; §§
83, 65 Abs. 1 D[X.]iG; §
73 Abs. 1 Satz 2 Nr.
1 VwGO). Die Übertragung dieser Befugnis an einen [X.] am [X.] im [X.]ahmen der Geschäftsverteilung für die Verwaltungsabteilung des [X.] war nicht zulässig.
3. Im Übrigen ist die [X.]evision unbegründet.
a) Die in den Anträgen zu 1, 2a, 2b, 3b, 3c, 4a, 4b, 4c, 6, 7 und 8 ge-nannten Äußerungen beziehen sich sämtlich auf die Klärung der Dienstfähigkeit des Antragstellers. Sie beschränken sich darauf, augenfällige Besonderheiten 33
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17
-
im dienstlichen Verhalten des Antragstellers, namentlich bei der Gestaltung des [X.], in neutraler Form darzulegen. Ein Eingriff in den [X.] richterlicher Unabhängigkeit liegt hierin ersichtlich nicht. Dass es in einer Vielzahl von Fällen über einen langen Zeitraum zu erheblichen [X.] des Antragstellers mit Verfahrensbeteiligten und zu einer Vielzahl von Beschwerden über verzögerte Sachbehandlung oder Nichterreichbarkeit des Antragstellers als Betreuungsrichter gekommen war, ist von ersichtlich erhebli-cher Bedeutung für die Beurteilung einer möglichen Einschränkung der Dienst-fähigkeit aus psychischen Gründen.
b) Dass der Präsident des [X.] zur Vorbereitung von Entschei-dungen im [X.]ahmen der Dienstaufsicht einen anderen [X.] für Zuarbeiten hinzugezogen und diesem Akten aus der Zuständigkeit des Antragstellers zur Auswertung überlassen hat (Antrag zu 9), stellt keinen Eingriff in die richterliche Unabhängigkeit dar. Der Dienstvorgesetzte kann sich zur Vorbereitung seiner eigenen, höchstpersönlichen Entscheidung über die Vornahme einer Maßnah-me der Dienstaufsicht der Zuarbeit durch einen anderen [X.] bedienen ([X.], Urteil vom 11. Februar 1969 -
[X.]iZ([X.]) 5/68, [X.]Z 51, 363, 370). Es ist nicht ersichtlich, dass die Zuarbeit des vom Präsidenten des [X.] bei-gezogenen [X.]s hier über die zulässige Vorbereitung der Entscheidung hin-ausging.
4.
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus §
80 Abs.
1 Satz
1 D[X.]iG, §
155 Abs.
1 Satz 1 VwGO.
36
37
-
18
-
Der Wert des Streitgegenstands wird für das [X.]evisionsverfahren auf 5.000 Euro festgesetzt (§
47 Abs. 1 Satz 1, §
52 Abs. 2, §
71 Abs. 1 Satz 2 GKG).

[X.]

Joeres

[X.]

[X.]

Pamp
Vorinstanzen:
LG [X.], Entscheidung vom 16.06.2009 -
[X.]/08 -

38

Meta

RiZ (R) 4/09

12.05.2011

Bundesgerichtshof Dienstgericht des Bundes

Sachgebiet: False

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 12.05.2011, Az. RiZ (R) 4/09 (REWIS RS 2011, 6777)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2011, 6777

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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