Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 04.07.2002, Az. 3 StR 64/02

3. Strafsenat | REWIS RS 2002, 2481

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[X.] DES VOLKESURTEIL3 [X.]in der Strafsachegegenwegen Mißhandlung von [X.]- 2 -Der 3. Strafsenat des [X.] hat in der Sitzung vom 4. Juli 2002,an der teilgenommen haben:Richter am [X.] [X.]als Vorsitzender,die Richter am [X.] Dr. [X.], [X.], von [X.], [X.]als beisitzende Richter,Staatsanwältin als Vertreterin der [X.],[X.]als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,für Recht erkannt:- 3 -Auf die Revision der Angeklagten wird das Urteil des [X.] vom 23. Mrz 2001 mit den zugehörigen Fest-stellungen aufgehoben, soweit die Angeklagte verurteilt wordenist.Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlungund Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, aneine andere [X.] des [X.] zurückverwiesen.Von Rechts wegenGründe:Das [X.] hat die Angeklagte wegen "Mißhandlung von [X.] durch Unterlassen" zu einer [X.]eiheitsstrafe von drei Jahren verur-teilt und sie von einem weiteren Fall der Mißhandlung von [X.]freigesprochen. Gegen ihre Verurteilung wendet sich die Angeklagte mit derallgemeinen Sachrüge. Das Rechtsmittel hat Erfolg.1. Nach den Feststellungen wohnte die Angeklagte vom 22. [X.] zusammen mit ihrer am 14. Februar 1999 geborenen [X.]bei ihrer Halbschwester und deren wegen Mißhandlung von Schutzbe-fohlenen vorbestraften [X.]n [X.] in einer Zwei-zimmerwohnung in [X.] . Sie hielt sich wrend dieses [X.]raums, soweitdas Kind nicht statir behandelt wurde, "immer in dessen [X.]; insbe-sondere war [X.] mit [X.]nie allein ([X.] 14)".- 4 -a) Wahrscheinlich kurz nach ihrer Ankunft in [X.], nicht aus-schlieûbar auch wenige Tage zuvor, wirkte wahrscheinlich die Angeklagte,möglicherweise aber auch eine andere Person unter im einzelnen nicht fest-stellbaren Umstmit massiver Gewalt auf den Kopf des Kleinkindes ein,so [X.] dieses eine Kalottenfragmentfraktur rechts mit einem Hmatom undeine [X.]hwellung erlitt. [X.] der anschlieûenden statiren [X.] informierte eine Klinikrztin die Angeklagte ausdrcklicr den [X.]. Das [X.] hat die Angeklagte insoweitvom Vorwurf der Miûhandlung von [X.] freigesprochen, weil nichtsicher habe festgestellt werden können, [X.] sie selbst ihrer Tochter die Verlet-zungen zugeft habe; möglicherweise sei sie von den Gewaltttigkeiten eineranderen Person gegen das [X.] worden, so [X.] sie diese nicht ha-be abwenden [X.]) Im [X.]raum zwischen 28. April und 8. Mai 2000 erlitt [X.]auf imeinzelnen nicht mehr feststellbare Art und Weise sechs Hmatome im Lenden-wirbelbereich und ein Hmatom am Kopf. Die [X.] hat nicht sicher[X.]önnen, [X.] diese Verletzungen durch Strze des Kindes [X.] wurden. [X.] des folgenden Krankenhausaufenthaltes erhoben diebehandelnden Ärztr der Angeklagten wiederum den Vorwurf [X.]. Diesen Tatvorwurf hat die [X.] gemû § 154Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 StPO vorlfig eingestellt.c) In der [X.] vom 20. bis zum 27. Juni 2000 wirkte eine Person minde-stens zweimal bewuût mit sehr massiver, flchenhafter Gewalt auf den [X.] Kleinkindes ein. Dieses erlitt dadurch einen Bruch des [X.], ein H-matom an der Stirn und einen [X.] im Bereich des rechten Hinter-kopfes. Wegen dieser Verletzungen wurde [X.] ca. vier Wochen lang im- 5 -Krankenhaus behandelt. Ihren Zustand sctzten die Ärzte zeitweise als le-bensbedrohlich ein. Das [X.] konnte nicht klren, auf welche Art [X.] im einzelnen gegen das Kind Gewalt aust worden war, wobei es zuGunsten der Angeklagten davon ausging, [X.] beide Sclbrche und [X.] nur durch eine Gewalthandlung entstanden und weitere diagnosti-zierte Verletzungen mlicherweise auf Strze zurckzufren sind. Die [X.] ist der Überzeugung, [X.] die Angeklagte im Juni 2000 entweder ihreTochter selbst in einer deren Leiden bewuût miûachtenden Gesinnung ver-letzte oder das Kind in derselben Gesinnung wissentlich dem Zugriff einer an-deren Person aussetzte, von der sie wuûte, [X.] durch diese die Sclbr-che herbeigefrt werden kten.2. Bei der Beweiswrdigung ist das [X.] davon ausgegangen,[X.] die Angeklagte zumindest den [X.] vom Mrz 2000 und [X.] vom Juni 2000 sowie die damit zusammKopfver-letzungen ihrer Tochter mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit jeweils eiigund mit direktem Vorsatz zugeft habe. Es verblieben jedoch Zweifel, weileine andere Person, insbesondere die Halbschwester der Angeklagten und vorallem deren einschlig vorbestrafter [X.] als [X.] nicht sicherausgeschlossen werden konnten. Da die Angeklagte das Kind nie lre [X.]allein gelassen habe, habe sie nach den schweren Kopfverletzungen vom [X.] gewuût, von wem und in welcher Situation diese verursacht wordenseien.Hinsichtlich der im Juni 2000 zugeften Verletzungen hat die Ange-klagte nach Ansicht des [X.] ihre Tochter zumindest durch [X.] roh miûhandelt und dabei das Kind in die Gefahr einer schweren Gesund-heitsbescigung durch [X.] einer erheblichen Scigung der- 6 -krperlichen und seelischen Entwicklung gebracht (§ 225 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 3Nr. 1 2. Alt., [X.], § 13 StGB). Sie habe auf Grund der elterlichen Sorge [X.] und auch die Mlichkeit gehabt, das Kind von der gefrlichen Person,die ihr durch die [X.] ersten [X.]s im Mrz 2000 bekanntgewesen sei, fernzuhalen und dadurch weitere Miûhandlungen zu verhindern.Das Unterlassen sei mit direktem Vorsatz erfolgt.3. [X.] nicht stand. Dabei gehtdie [X.] zwar zutreffend davon aus, [X.] die Tatmodalitt des "rohenMiûhandelns" in § 225 Abs. 1 StGB auch durch Unterlassen begangen [X.] (vgl. [X.], 234; [X.] in [X.]/[X.], StGB 26. Aufl.§ 225 Rdn. 11). Sie hat aber bei der von ihr als mlich angesehenen Alterna-tive, die Angeklagte habe die Miûhandlung ihrer Tochter durch eine anderePerson lediglich nicht verhindert, deren Handlungspflicht auf eine nicht tragf-hige Schluûfolgerung gesttzt.Das [X.] hat nicht feststellen k, ob die [X.] durch Verletzungshandlungen der Angeklagten oder einer anderenPerson herbeigefrt wurden. [X.] die letztgenannte Alternative begrt eseine [X.]schaft der Angeklagten durch Unterlassen damit, diese habe [X.] der Miûhandlung vom Mrz 2000 gewuût, [X.] dem Kind durch die an-dere Person Gefahr drohe. Diese Schluûfolgerung wre jedoch nur dann trag-fig, wenn die Verletzungshandlungen vom Mrz und Juni 2000 jeweils durchdieselbe Person begangen worden wren. Dies ist indes nicht festgestellt.Vielmehr kommt nach den getroffenen Feststellungen in Betracht, [X.] fr bei-de Vorflle unterschiedliche [X.] verantwortlich sind. [X.] die erste Tat [X.] hat das Tatgericht eine Miûhandlung durch die Angeklagte frwahrscheinlich gehalten und nicht einmal [X.], [X.] diese- 7 -zeitlich bereits vor dem Einzug der Angeklagten in die Wohnung ihrer Halb-schwester in [X.] erfolgt war. Bei diesen Fallgestaltungen kann das [X.] vom Mrz 2000 weder der Halbschwester noch deren Lebensgefr-ten angelastet werden. Hatte die Angeklagte oder eine weitere, bislang unbe-kannte Person die erste Miûhandlung begangen, bestand keine [X.] Angeklagten, ihre Tochter vor ihrer Halbschwester oder deren Lebensge-frten zu sctzen, weil nach ihrem Kenntnisstand dem Kind von diesen Per-sonen keine Gefahr drohte.4. [X.] die neue Hauptverhandlung weist der Senat auf folgendes hin:a) Bei der Beweiswrdigung zu der Tat vom Juni 2000 ist die zur Ent-scheidung berufene [X.] an die dem rechtskrftigen [X.]eispruch zuGrunde liegenden Feststellungen nicht gebunden (vgl. BGHSt 43, 106, 107;Rieû in [X.], [X.]. [X.]. [X.]. 103 f. m. w. N.). Sie wirdsich in ihr aber mit den [X.] [X.]eispruchs auseinandersetzen [X.]) Sollte sie zu dem Ergebnis kommen, die Angeklagte habe geboteneHandlungspflichten zum Schutze ihrer Tochter vor einer drohenden Miûhand-lung durch einen [X.] unterlassen, wird sie sich bei der Prfung dessubjektiven Tatbestandes (vgl. dazu [X.]/[X.]/[X.], StGB 25. Aufl. § 15 Rdn. 98) mit deren [X.] die Fol-gen der [X.] befassen mssen. Wenn die Angeklagte weitere Miûhand-lungen ihrer Tochter durch einen [X.] lediglich fr mlich gehalten habensollte, ist eine Abwf Grund aller objektiven und subjektiven Tatum-strforderlich, ob sie diese billigend in Kauf nahm und deshalb bedingterVorsatz zu bejahen ist oder ob sie auf ihr Ausbleiben ernsthaft vertraute und ihrdeshalb nur Fahrlssigkeit vorgeworfen werden kann (vgl. BGHSt 36, 1, 10;Trle/[X.], StGB 50. Aufl. § 15 Rdn. 9 ff.).- 8 -c) Bei der [X.]age, ob das durch Unterlassen begangene Miûhandeln [X.] Sinne des § 225 Abs. 1 StGB war, sind vor allem die Schwere des drohen-den krperlichen Angriffes auf das hilflose Kleinkind, in der sich die gefllose,fremde Leiden miûachtende Gesinnung widerspiegelt, aber auch die [X.] der Angeklagten und deren Motivation von Bedeutung (vgl. BGHSt 25,277, 278, 280; [X.] in [X.]. § 225 Rdn. 14).[X.] [X.] [X.] von [X.]

Meta

3 StR 64/02

04.07.2002

Bundesgerichtshof 3. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 04.07.2002, Az. 3 StR 64/02 (REWIS RS 2002, 2481)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2002, 2481

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