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PDF anzeigenNachschlagewerk: ja[X.]St: jaVeröffentlichung: jaStGB § 211 Abs. 2Mord aus niedrigen Beweggründen kann auch dann vorliegen, wenn der Täter indem Bewußtsein handelt, keinen Grund für eine Tötung zu haben oder zu brauchen,oder wenn er bewußt seine frustrationsbedingten Aggressionen an einem unbetei-ligten Opfer abreagiert.[X.], [X.]eil vom 19. Oktober 2001 - 2 [X.] - [X.] NAMEN DES VOLKESURTEIL2 [X.]vom19. Oktober 2001in der [X.] 3 -Der 2. Strafsenat des [X.] hat aufgrund der Verhandlung vom17. Oktober 2001 in der Sitzung vom 19. Oktober 2001, an denen teilgenom-men haben:Vizepräsident des [X.]esDr. [X.]als Vorsitzender,[X.] am [X.]. h.c. De[X.]r,[X.],[X.],Prof. Dr. [X.] als [X.],Oberstaatsanwalt beim [X.]als Vertreter der [X.],Rechtsanwalt in der Verhandlung als Verteidiger des Angeklagten [X.] ,Rechtsanwalt in der Verhandlung als Verteidiger des Angeklagten [X.] ,Rechtsanwalt in der Verhandlung als Verteidiger des Angeklagten [X.],Justizhauptsekretärin in der Verhandlung,Justizangestellte bei der [X.]als Urkundsbeamtinnen der Geschäftsstelle,fr Recht erkannt:- 4 - Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird das [X.]eil des Land-gerichts [X.] vom 20. November 2000 mit den Feststellungenaufgehoben.Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auchr die Kosten des Rechtsmi[X.]ls, an eine andere Jugendkam-mer des [X.] zurckverwiesen.Von Rechts [X.]:[X.] hat die Angeklagten des Totschlags schuldig gespro-chen und den Angeklagten [X.] zu einer Freiheitsstrafe von neun Jah-ren, den Angeklagten [X.] zu einer solchen von acht Jahren sowieden Angeklagten [X.] zu einer Jugendstrafe von sieben Jahren verurteilt.Gegen dieses [X.]eil richtet sich die zum Nachteil der Angeklagten ein-gelegte Revision der Staatsanwaltschaft, die vom [X.] ver-treten wird. Mit der [X.] insbesondere beanstandet, [X.] die [X.] Verurteilung der Angeklagten wegen Mordes aus niedrigen Beweggrn-den abgelehnt [X.] -Das Rechtsmi[X.]l hat Erfolg.I[X.] hat folgende Feststellungen getroffen:Die Angeklagten trafen sich am Morgen des 3. Juni 2000 mit dem ste-ren Tatopfer [X.]im [X.]in [X.], einem Treffpunkt vonArbeits- und Obdachlosen, an dem auch erheblich dem Alkohol zugesprochenwird. Sie tranken [X.] friedlich gemeinsam Schnaps und Bier. Zur Tatzeitgegen 13.00 Uhr ha[X.]n sie maximal folgende Blutalkoholkonzentrationen:[X.] 1,83%o, [X.] 2,2%o, [X.] 1,9%o und [X.]. Nachdem [X.]sich [X.] von den anderen entferntha[X.], begann [X.], den die Angeklagten bisher fr einen [X.] ge-halten ha[X.]n, der aber tatschlich [X.] war, auf [X.] zu fluchen. Hierrgeriet [X.] dermaûen in Wut, [X.] er [X.] zwei [X.] versetzte, worauf dieser sofort zu Boden ging. [X.] und [X.]- [X.]traten nun mehrfach gegen den Kopf - vor allem ins Gesicht - des reglosam Boden liegenden Opfers.[X.] dieses Gewaltausbruchs war nach den Feststellungen des[X.] bei dem Angeklagten [X.] , [X.] [X.] sich durch seinpolnisches Fluchen als jemand zu erkennen gegeben ha[X.], der innerhalb dereigenen [X.], arbeitslosen und Alkohol trinkenden gesellschaftli-chen Randgruppe zumindest intuitiv als sozial noch tiefer stehend angesehenwurde. Als Reflex auf das unbefriedigende Erleben seiner eigenen Situationentlud sich bei ihm in affektiver Art und Weise das aufgestaute Aggressi-onspotential. [X.] schloû sich der Miûhandlung vor einem lichenperslichen Hintergrund angesichts seiner Tendenz zum "Mitlfer" an.- 6 -Nunmehr kam auch [X.] zurck und beteiligte sich in einemspontanen Ausbruch von Gewaltbereitschaft an den weiteren Miûhandlungendes bereits bewuûtlosen Opfers, ohne den Anlaû fr die Tat zu kennen. [X.] Angeklagten traten mehrere Minuten auf den Hals und den Kopf des [X.] ein, wobei sie laut grlten. Nachdem sie kurz innegehalten ha[X.]n, hob[X.] das Opfer so hoch, [X.] dessen Kopf nach unten hing, woraufhin diebeiden Mitangeklagten mit ausholenden Bewegungen in das Gesicht des [X.] traten. Hierbei erkannten die Angeklagten die besondere Gefrlichkeitihres Tuns und nahmen den Tod des Opfers zumindest billigend in Kauf.Nachdem sie erneut innegehalten und das Opfer zu Boden gelassen ha[X.]n,traten sie weiter auf dessen Kopf und Hals ein, bevor sie schlieûlich von [X.]. [X.] erstic[X.] kurze Zeit ster an Blut, das ihm infolge [X.] und angesichts seiner Bewuûtlosigkeit in die [X.] gelaufen war.[X.], mit der das [X.] das Mordmerkmal der niedri-gen [X.] hat, begegnet hinsichtlich aller Angeklagterdurchgreifenden rechtlichen Bedenken. Die Kammer hat insoweit den Sachver-halt nicht erscfend gewrdigt, insbesondere nicht errtert, welche Motivebei den Angeklagten zum Zeitpunkt der mit Tötungsvorsatz [X.]enHandlungen vorgelegen haben.Nach [X.] Rechtsprechung des [X.] ist ein T-tungsbeweggrund niedrig, wenn er nach allgemeiner sittlicher Wrdigung auftiefster Stufe steht und deshalb besonders verachtenswert ist. Ob dies der Fallist, beurteilt sich auf Grund einer Gesamtwrdigung, welche die [X.], die Lebensverltnisse des [X.]s und seine Perslichkeit einschlieût([X.]St 35, 116, 127; [X.]R StGB § 211 Abs. 2 niedrige Beweggr- 7 -39). Bei einer Ttung aus Wut oder Verrgerung kommt es darauf an, ob dieseAntriebsregungen ihrerseits auf einer niedrigen Gesinnung beruhen ([X.]RStGB § 211 Abs. 2 niedrige Beweggr; [X.] StV 1987, 150, 151; Jn-ke in [X.]. § 211 Rdn. 31).1. Hinsichtlich des Angeklagten [X.] geht die Kammer zwar [X.] davon aus, [X.] hinreichende Anhaltspun[X.] fr Auslrhaû als [X.] nicht vorliegen. Eine verfestigte, zumindest gegen Menschen polnischerHerkunft gerichtete, auslrfeindliche Einstellung des Angeklagten lût sich- entgegen der Auffassung der Staatsanwaltschaft - den [X.]eilsfeststellungeninsgesamt nicht entnehmen. [X.] die Kammer insoweit die vorangegangeneVerurteilung des Angeklagten [X.] rsehen haben [X.], ist nach demGesamtzusammenhang der [X.], da sie die [X.] nicht nur festgestellt, sondern auch bei der Beweiswrdigung aus-drcklich herangezogen hat, so [X.] ihr dieser Gesichtspunkt bei der rechtli-chen Bewertung nicht entgangen sein kann.Die Kammer nimmt jedoch an, [X.] der Angeklagte seine Aggressionenan [X.] auslieû, weil er ihn wegen der Benutzung der [X.] Spracheals jemanden ansah, der in der [X.] Achtung noch tiefer stand als erselbst. Dennoch lehnt sie das Vorliegen eines niedrigen Beweggrundes ab,weil das Fluchen auf polnisch lediglich der ûere [X.] gewesen sei, [X.] selbst jedoch nicht von inneren Einstellungen, sondern von einem [X.] Ausbruch einer hohen affektiven Belastung geprt sei.Der vom [X.] unternommene Versuch einer Trennung zwischen"ûerem [X.]" und "innerer Triebfeder" ist gerade bei der hier gegebenenSachlage - bei der die Benutzung der [X.] Sprache dazu gefrt hat,[X.] der Angeklagte das Opfer als sozial niedriger ansah und deshalb seine- 8 -Aggressionen an ihm [X.] - rechtlich zu beanstanden. Auf welchem Weg eszu dieser stri[X.]n Trennung gelangt, wird nicht mitgeteilt. Sollte die [X.] gemeint haben, [X.] das Tatmotiv nicht in das Bewuûtsein des Angeklag-ten gedrungen ist - wofr die Verwendung des Wortes "intuitiv" sprechen[X.] - [X.] eine solche eher fernliegende Feststellung der [X.]. Die Handlungsantriebe sind hier insgesamt von so einfacher Struktur,[X.] re Darlegung nicht zu verstehen ist, warum der Angeklagte [X.] dieser Umsticht bewuût gewesen sein sollte (vgl. [X.]R [X.] 211 Abs. 2 niedrige Beweggr). Die Ausfrungen des [X.]lassen die erforderliche Gesamtwrdigung aller fr die Handlungsantriebemaûgeblicûeren und inneren Faktoren (vgl. dazu [X.]R StGB § 211Abs. 2 niedrige Beweggr 34) vermissen. Die Kammer [X.] sich insbeson-dere auch damit auseinander setzen mssen, [X.] die Ttung eines anderenallein deshalb, weil er in der Wertvorstellung des [X.]s als geringer eingeord-net wird, nach allgemeiner sittlicher Wrdigung auf tiefster Stufe steht und [X.] verachtenswert ist (vgl. [X.] NJW 1971, 571, 574; [X.]R StGB § 211Abs. 2 niedrige Beweggr 23). Dabei wre auf die Motivation des Ange-klagten zum Zeitpunkt der mit Tötungsvorsatz begangenen Handlungen abzu-stellen gewesen (vgl. [X.] NStZ 1981, 100, 101).2. Dieser Rechtsfehler liegt auch beim Angeklagten [X.] J. vor. Denn er hat sich nach den Feststellungen der Kammer dem Tatentschluûdes [X.] als Mitlfertyp vor einem lichen perslichen Hintergrundangeschlossen, so [X.] die obigen Ausfrungen fr ihn entsprechend gelten.Aus niedrigen Beweggrlt auch derjenige, der sich die [X.] Beweggrrer zu eigen macht (vgl. u.a. [X.], [X.]. [X.] September 1993 - 5 [X.] -3. Der Angeklagte [X.] hat allerdings nach den [X.] [X.] nicht mitbekommen, sich vielmehr in einem spontanenAusbruch von Gewaltbereitschaft den Tathandlungen der anderen angeschlos-sen. Die Kammer geht davon aus, [X.] bei ihm - abgesehen von dem offenkun-digen Willen zur Gewaltaus - ein Motiv fr die Tat fehlt. Sie lehnt [X.] eines niedrigen Beweggrundes ab, da bei ihm gruppendynamischeEffe[X.] zum Tragen gekommen seien. Auch insoweit weist das [X.]eil einen [X.] auf.Da das [X.] insbesondere hinsichtlich des Angeklagten V. [X.]- aber auch [X.] der beiden anderen Angeklagten - meinte, keinMotiv fr die Ttung des [X.] feststellen zu k, [X.] es sich [X.] damit auseinandersetzen mssen, [X.] ein niedriger Beweggrund auchdann gegeben sein kann, wenn der [X.] in dem Bewuûtsein handelt, keinenGrund fr eine Ttung zu haben oder zu brauchen. Eine solche Einstellung, beider der [X.] meint, nach eigenem [X.] das Leben des [X.], steht auf sittlich tiefster Stufe und ist besonders verach-tenswert.Der [X.] hat bereits entschieden, [X.] die Ttung einesMenschen, zu der der [X.] weder durch das Verhalten des Opfers noch durchsonstige, auûerhalb seiner Person liegende [X.] worden ist, inder Regel auf das Vorliegen von niedrigen Beweggrschlieûen lût([X.], [X.]. vom 26. Juli 1979 - 4 StR 298/79). Denn derjenige, der einen ande-ren Menschen zum Objekt seiner Wut und Gereiztheit, an deren Entstehungder andere nicht den geringsten Anteil hat, macht, beweist ein auûerordentli-ches [X.] der krperlichen Integritt seines Opfers. [X.] eine Gesinnung zum Ausdruck, die Lust an krperlicher Miûhandlung- 10 -und willkrliches Aufwerfen zum Herrr die krperliche Unversehrtheit an-derer zum Inhalt hat und deshalb sittlich auf tiefster Stufe stehend, somit alsniedrig gewertet werden [X.] ([X.] NStZ 1981, 100, 101).Das bewuûte [X.] von frustrationsbedingten Aggressionen des[X.]s an einem unbeteiligten Opfer steht dem gleich. Der [X.] miûachtet da-bei vollstig den personalen Eigenwert eines Opfers und spielt sich aus [X.] zum Herrr Leben und Tod auf, was als sittlich besonders ver-werflich und somit als niedriger Beweggrunde zu qualifizieren ist (vgl. [X.]RStGB § 211 Abs. 2 niedrige Beweggr; [X.] NJW 1971, 571,572; Beschl. vom 2. Mrz 1995 - 4 StR 67/95).Soweit die Kammer hinsichtlich der Angeklagten [X.] und [X.][X.] (hilfsweise) das Vorliegen der subjektiven Voraussetzungen [X.] der niedrigen [X.] hat, sind die [X.] ebenfalls zu beanstanden. In subjektiver Hinsicht [X.] zwar hinzu-kommen, [X.] sich der [X.] bei der Tat der [X.] ist, die seineBeweggrls niedrig erscheinen lassen, und, soweit geflsmûige odertriebhafte Regungen in Betracht kommen, diese gedanklich beherrschen undwillensmûig steuern kann ([X.]St 28, 210, 212; [X.] StV 1984, 72; [X.]RStGB § 211 Abs. 2 niedrige Beweggr 15).Insoweit sind die Errterungen der Kammer jedocûerst knapp [X.] stellen-den Anforderungen nicht. Das [X.] setzt sich zum einem nicht damitauseinander, [X.] nach den [X.]eilsfeststellungen keine kurze Spontantat vor-lag, sondern ein lr andauerndes Geschehen, wrenddessen die Ange-klagten zeitweise innehielten und die Position ihres Opfers verrten. [X.]ihnen auch dabei die Umst, die den Antrieb zum Handeln als besonders- 11 -verwerflich erscheinen lassen, nicht ins Bewuûtsein gekommen sind, [X.]- wie der Senat oben bereits [X.] hat - rer Darlegung bedurft. [X.] hat die Kammer nicht bercksichtigt, [X.] die [X.],der [X.] habe seine Antriebe gedanklich beherrschen und willensmûig steu-ern k, umso niedriger ist, je schwerwiegender die Ttungstat ist (vgl.[X.]R StGB § 211 Abs. 2 niedrige Beweggr 26 und 39). Zum anderen hatdas [X.] schon deshalb keine umfassende Wrdigung vorgenommen,weil es nicht erkannt hat, [X.] weitere als niedrig zu bewertende Beweggrin Betracht kommen.Das [X.]eil war daher hinsichtlich aller drei Angeklagter aufzuheben. [X.] Tatrichter wird den Fall unter den vom Senat aufgezeigten Gesichts-pun[X.]n neu zu prfen haben.Sollte er aufgrund der erneuten Hauptverhandlung zur Feststellung ei-nes dire[X.]n Ttungsvorsatzes der Angeklagten kommen, wird er sich zudemmit dem Mordmerkmal der Mordlust zu befassen haben. Aus Mordlust [X.]tderjenige, bei dem der Tod des Opfers als solcher der einzige Zweck der Tatist, insbesondere der allein aus Freude an der Vernichtung eines Menschen- 12 -handelt ([X.]St 34, 59, 61; [X.] NJW 1994, 2629, 2630). Nach der Recht-sprechung des [X.] sollen mit diesem Mordmerkmal Flle er-faût werden, bei denen weder ein in der Person des Opfers oder in der beson-deren [X.] liegender Anlaû noch [X.] den [X.] selbst hin-ausgehender Zweck die Tat bestimmt ([X.]St 34, 59, 61).Jke De[X.]r Bode [X.] [X.]
Meta
19.10.2001
Bundesgerichtshof 2. Strafsenat
Sachgebiet: StR
Zitiervorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 19.10.2001, Az. 2 StR 259/01 (REWIS RS 2001, 974)
Papierfundstellen: REWIS RS 2001, 974
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