Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 21.04.2015, Az. VI ZR 245/14

VI. Zivilsenat | REWIS RS 2015, 12351

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BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL
VI [X.]

Verkündet am:

21. April 2015

Holmes

Justizangestellte

als Urkundsbeamtin

der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit

Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja

KUG §§ 22, 23
Zur Frage der Zulässigkeit der [X.] von Bildern, die eine sich zufällig in der Nähe eines Prominenten befindliche nicht prominente Person identifizierbar zeigen.
[X.], Urteil vom 21. April 2015 -
VI [X.] -
O[X.]

[X.]

-

2

-

Der VI.
Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom
21.
April 2015
durch den Vorsitzenden [X.], [X.], die Richterinnen [X.] und von [X.] und den Richter Offenloch
für Recht erkannt:
Die Revisionen gegen das Urteil des 6.
Zivilsenats des [X.] vom 14.
Mai 2014 werden zurückgewiesen.
Die Kosten des Revisionsverfahrens werden gegeneinander [X.].
Von Rechts wegen

Tatbestand:
Die Klägerin nimmt die [X.] wegen unzulässiger [X.] eines Fotos in Anspruch, das sie in Badekleidung (Bikini) auf einer Liege am [X.] von [X.] auf [X.] zeigt.
Die Print-Ausgabe der Zeitung "[X.]", deren Herausgeberin die Beklagte zu
1 ist, berichtete am 10.
Mai 2012 über einen Raubüberfall auf den [X.] in [X.] ("Am Ballermann"). Darin heißt es u.a.:
"Sonne, [X.], [X.]. Gestern sahen wir ... -
Star A. (25) in [X.] [X.] am Ballermann. Jetzt wurde er Opfer einer Straftat."
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-

3

-

Diesem Artikel war das beanstandete Foto beigefügt, das im [X.] am [X.] von [X.] vor einer Mülltonne zeigt, in die er einen
Eimer leert. In dem [X.], der die Mülltonne zeigt, findet sich der Text:
"Strohhut, dunkle Sonnenbrille: A. am [X.] von [X.]. Vorbildlich entsorgt er seinen Abfall".
Im Hintergrund sind mehrere Personen auf [X.]liegen zu
sehen. Am rechten Bildrand, auf der Liege unmittelbar hinter A.,
ist die Klägerin in einem Bikini zu erkennen.
Ein Artikel mit demselben Berichtsgegenstand
und einem größeren
Ausschnitt desselben Fotos wurde bis zum 9.
Mai 2013 im [X.]-Portal [X.] veröffentlicht, das von der [X.] zu
2 betrieben wird.
Die Klägerin
nahm zuletzt die Beklagte zu
1 wegen des in der Print-Ausgabe veröffentlichten Fotos auf Unterlassung und
wegen der Veröffentli-chung des Fotos im
[X.]-Portal der [X.] zu 2 beide [X.] auf Un-terlassung und Entfernung von der Webseite in Anspruch. Ferner begehrte
sie von der [X.] zu
1 wegen der [X.] in der Print-Ausgabe und von der [X.] zu
2 wegen der [X.] im [X.] die Zahlung [X.] angemessenen Entschädigung.
Das [X.] hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung der Kläge-rin hat das Berufungsgericht dem Unterlassungsbegehren stattgegeben, hin-sichtlich des im [X.] veröffentlichten Fotos jedoch nur gegenüber der [X.] zu
2. Die weitergehende Berufung hat es zurückgewiesen. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin
ihr Unterlas-sungsbegehren gegen die Beklagte zu
1 sowie ihr Begehren auf
Zahlung einer Entschädigung gegen beide [X.] weiter. Die [X.] erstreben mit
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-

ihren
Revisionen
die Wiederherstellung des die Klage insgesamt abweisenden Urteils
des [X.]s.

Entscheidungsgründe:
I.
Das Berufungsgericht hat einen Unterlassungsanspruch der Klägerin ge-gen die Beklagte zu 1 wegen
der [X.] des Fotos in der Print-Ausgabe der Zeitung
"[X.]"
vom 10.
Mai 2012 gemäß §
1004 [X.]. §
823 Abs.
1 und Abs.
2 BGB, §
22 KUG bejaht. Es hat sich die Überzeugung gebildet, dass die Klägerin auf dem Foto identifizierbar abgebildet ist. Da die Klägerin weder ausdrücklich noch konkludent in die [X.] des Fotos eingewilligt habe, sei die Zulässigkeit der [X.] nach dem abgestuf-ten Schutzkonzept der §§
22, 23 KUG zu beurteilen. Danach komme eine
Aus-nahme vom Erfordernis der Einwilligung grundsätzlich nur in Betracht, wenn die Berichterstattung ein Ereignis von zeitgeschichtlicher Bedeutung betreffe. [X.] könne im Hinblick auf die Klägerin nicht ausgegangen werden. Auch wenn man annehme, dass die
Abbildung des Fußballprofis nach §
23 Abs.
1 Nr.
1 KUG im Kontext des Berichts zulässig gewesen sei, sei damit noch nichts dar-über ausgesagt, ob auch die von der Klägerin beanstandete identifizierbare Ab-bildung ihrer Person rechtmäßig sei. Da die Klägerin
in keinerlei Beziehung zu dem Fußballspieler gestanden habe, lasse sich das öffentliche Interesse hiermit nicht begründen. Selbst wenn man mit der [X.] davon ausginge, dass sich der Ausnahmetatbestand des §
23 Abs.
1 Nr.
1 KUG auch auf unbekannte Personen beziehe, die zufällig mit relativen oder absoluten Personen der [X.] abgebildet würden, wäre -
das zeitgeschichtliche Ereignis unter-stellt
-
jedenfalls bei der erforderlichen Interessenabwägung dem
Recht der 10
-

5

-

Klägerin am eigenen Bild gegenüber dem Informationsinteresse der Öffentlich-keit der Vorrang einzuräumen. Das unterstellte Informationsinteresse der Öf-fentlichkeit an einer
Nachricht, dass der im Vordergrund abgebildete Fußball-profi, der
gestern noch am [X.] gewesen sei und dort vorbildlich seinen Abfall entsorgt habe, jetzt Opfer einer Straftat geworden sei, sei nicht von einem sol-chen Gewicht, dass
dahinter der Schutz der Persönlichkeit der Klägerin zurück-treten müsse. Die Aufnahme zeige die Klägerin im Urlaub, der selbst bei [X.] zum regelmäßig zu schützenden [X.]bereich der Privatsphäre gehöre. Insbesondere sei es für die Information
der Allgemeinheit nicht erforderlich ge-wesen, dass die völlig außerhalb des Geschehens stehende Klägerin identifi-zierbar abgebildet worden sei. Es
sei der [X.] zu
1 als Presseunterneh-men ohne Weiteres möglich gewesen, die Klägerin durch Verpixelung oder Au-genbalken
unkenntlich zu machen. Was dies an der Aussagekraft des Berichts im Sinne ihres Anliegens, die Urlaubsgestaltung des Fußballprofis zu illustrie-ren, geändert hätte, sei weder vorgetragen noch ersichtlich. Dabei falle auch ins Gewicht, dass die nur mit einem Bikini bekleidete Klägerin den Blicken des [X.] in einer deutlich intensiveren Weise preisgegeben werde als in anderen Situationen. Teile der Leserschaft hätten die [X.] auch zum Anlass für Spekulationen darüber nehmen können, ob es sich bei der Klägerin um die in dem Artikel genannte "pikante Frauenbegleitung" gehandelt habe. Die Bild-veröffentlichung sei auch nicht -
wie das [X.] angenommen habe
-
auf-grund einer analogen Anwendung des §
23 Abs.
1 Nr.
2 KUG gerechtfertigt. Eine unmittelbare Anwendung dieser Vorschrift scheitere bereits daran, dass nicht die Abbildung einer Örtlichkeit im Vordergrund gestanden habe, sondern die Person des Fußballers A.
Der teilweise vertretenen Auffassung, wonach auch Personen, die im zufälligen Zusammenhang mit einem zeitgeschichtlichen Ereignis abgebildet würden, sofern sie dadurch nicht schon selbst Teil des zeit-geschichtlichen Ereignisses geworden seien,
§
23 Abs.
1 Nr.
2 KUG in analoger -

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-

Anwendung unterfielen, sei nicht zu folgen. Denn damit würden Personen, die rein zufällig mit einer prominenten Person abgebildet würden, ohne diese zu begleiten, schlechter gestellt als Begleitpersonen von prominenten Personen, bei denen eine alltägliche Begleitsituation nicht ohne Weiteres die Veröffentli-chung des [X.] rechtfertige. Da
bereits die Anwendung des §
23 Abs.
1 Nr.
1 KUG zu interessengerechten Ergebnissen führe, liege insoweit auch keine Lücke vor. Die Klägerin habe auch gegen die Beklagte zu
2 aus §
1004 [X.]. §
823 Abs.
2 BGB, §
22 KUG einen Anspruch auf Unterlas-sung der [X.] des auf der von der [X.] zu
2 betriebenen Webseite seit dem 10.
Mai 2012 verbreiteten Fotos. Das Persönlichkeitsrecht der Klägerin sei hier noch in stärkerer Weise betroffen als durch die Veröffentli-chung der Print-Ausgabe. Bei dem in der Print-Ausgabe abgedruckten Foto handele es sich lediglich um einen Ausschnitt des auf der [X.]seite der [X.] zu
2 vollständig veröffentlichten Fotos, welches auch die unbekleideten Beine der Klägerin zeige. Da der dazu veröffentlichte Text sich nicht erheblich von dem
der Print-Ausgabe unterscheide, könne die Abwägung zu keinem an-deren
Ergebnis führen als bei der Print-Ausgabe der [X.] zu
1. Der hin-sichtlich
der [X.]veröffentlichung geltend gemachte Anspruch bestehe nicht gegen die Beklagte zu
1. Diese sei unstreitig nicht
Betreiberin der [X.]seite. Eine Haftung ergebe sich
auch nicht -
wie die Klägerin meine
-
aus Rechts-scheinsgesichtspunkten. Störer sei lediglich, wer willentlich und adäquat kausal zur Persönlichkeitsrechtsverletzung beitrage. Davon könne hier nicht [X.] werden. Die [X.] hätten unwidersprochen vorgetragen, dass we-der die Beklagte zu
2 entscheiden könne, welche Publikation in den Medien der [X.] zu
1 erschienen, noch dass dies
umgekehrt der Fall sei. Ein
An-spruch auf Zahlung einer Geldentschädigung wegen der beanstandeten [X.] stehe der Klägerin nicht zu, da es sich nicht um einen so -

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-

schwerwiegenden Eingriff handele, dass
eine Geldentschädigung gerechtfertigt sei.

II.
Das Berufungsurteil hält revisionsrechtlicher Nachprüfung stand.
A)
Revisionen
der [X.]:
Das Berufungsgericht hat
ohne Rechtsfehler
einen
Unterlassungsan-spruch
der Klägerin gegen die Beklagte zu 1
aus §
1004 und §
823 Abs.
2 [X.]. §
22, 23 KUG bejaht.
1. Dabei ist es zutreffend davon ausgegangen, dass die Zulässigkeit von [X.] nach der gefestigten Rechtsprechung des erkennenden Senats nach dem abgestuften Schutzkonzept der §§
22, 23 KUG zu beurteilen ist (vgl. grundlegend Senatsurteile vom 6. März 2007 -
VI
ZR 51/06, [X.]Z 171, 275 Rn.
9 ff.; vom 18. Oktober 2011 -
VI
ZR 5/10, [X.], 116 Rn.
8 f.; vom 22. November 2011 -
VI
ZR 26/11, [X.], 192 Rn. 23 f.; vom 18.
September 2012 -
VI
ZR 291/10, [X.], 1403 Rn.
26,
vom 28. Mai 2013 -
VI
ZR 125/12, [X.], 1178 Rn.
10, und vom 8. April 2014 -
VI
ZR 197/13, [X.], 890
Rn. 8;
jeweils mwN), das sowohl mit verfassungs-rechtlichen Vorgaben
(vgl. [X.] 120, 180, 210) als auch mit der Rechtspre-chung des [X.] im Einklang steht (vgl. [X.], 2647
Rn. 57 ff.; 2006, 591
Rn. 37 ff.,
sowie NJW 2012, 1053 Rn. 95 ff., und 1058
Rn. 75 ff.). Danach dürfen Bildnisse einer Person grundsätzlich nur mit deren Einwilligung verbreitet werden (§ 22 Satz 1 KUG). Die [X.] des Bildes von einer Person begründet grundsätzlich
eine rechtfertigungsbedürftige Beschränkung ihres allgemeinen Persönlichkeits-11
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rechts
(vgl. [X.] NJW 2011, 740 Rn.
52 mwN). Die nicht von der Einwilligung des Abgebildeten gedeckte Verbreitung seines Bildes ist nur zulässig, wenn dieses Bild dem Bereich der Zeitgeschichte oder einem der weiteren Ausnah-metatbestände des § 23 Abs. 1 KUG positiv zuzuordnen ist und berechtigte In-teressen des Abgebildeten nicht verletzt werden (§ 23 Abs. 2 KUG). Dabei ist schon bei der Beurteilung, ob ein Bild dem Bereich der Zeitgeschichte zuzuord-nen ist, eine Abwägung zwischen den Rechten des Abgebildeten aus Art. 1 Abs. 1, Art.
2 Abs. 1 GG, Art. 8 Abs. 1 [X.] einerseits und den Rechten der Presse aus Art. 5 Abs. 1 GG, Art. 10 [X.] andererseits vorzunehmen (vgl. z.B. Senatsurteil vom 19.
Juni 2007 -
VI
ZR 12/06, [X.], 1135 Rn.
17; ausführlich dazu v. [X.], [X.], 20, 23 f.).
a) Nach den von den
Revisionen
nicht angegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts hat die Klägerin in die [X.] der Fotos nicht ein-gewilligt (§ 22 Satz 1 KUG).
b) Das Foto ist auch nicht dem Bereich der Zeitgeschichte (§
23 Abs.
1 Nr.
1 KUG) zuzuordnen.
Maßgebend für die Frage, ob es sich um ein Bildnis aus dem Bereich der Zeitgeschichte handelt, ist der Begriff des Zeitgesche-hens.
aa) Der Begriff des Zeitgeschehens darf nicht zu eng verstanden werden. Im Hinblick auf den Informationsbedarf der Öffentlichkeit umfasst er nicht nur Vorgänge von historisch-politischer Bedeutung, sondern ganz allgemein das Zeitgeschehen, also alle Fragen von allgemeinem gesellschaftlichem Interesse. Er wird mithin vom Interesse der Öffentlichkeit bestimmt. Zum [X.] der Presse-
und der Meinungsbildungsfreiheit gehört es, dass die Presse innerhalb der ge-setzlichen Grenzen einen ausreichenden Spielraum besitzt, in dem sie nach ihren publizistischen Kriterien entscheiden kann, was öffentliches Interesse be-15
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ansprucht, und dass sich im Meinungsbildungsprozess herausstellt, was eine Angelegenheit von öffentlichem Interesse ist, wobei unterhaltende Beiträge da-von nicht ausgenommen sind (vgl. [X.] 101, 361, 389 ff.; [X.], [X.], 163, 166 f. Nr. 61 ff.; Senatsurteile vom 19. Juni 2007 -
VI
ZR 12/06,
aaO; vom 3.
Juli 2007 -
VI
ZR 164/06,
aaO und vom 24. Juni 2008 -
VI
ZR 156/06, [X.]Z 177, 123 Rn. 15 ff.; jeweils mwN).
bb) Nach diesen Grundsätzen ist die Beurteilung des Berufungsgerichts,
die [X.] eines Fotos, das einem Millionenpublikum die
-
identi-fizierbar abgebildete
-
Klägerin im Bikini zeigt, sei durch den Anlass der Be-richterstattung nicht gerechtfertigt, nicht zu beanstanden. Die veröffentlichten Bilder zeigen die Klägerin in einer erkennbar privaten Situation, die in keinem Zusammenhang mit einem zeitgeschichtlichen Ereignis steht (vgl. -
zu einer ähnlichen Fallgestaltung
-
Senatsurteil vom 19. Juni 2007 -
VI
ZR 12/06, [X.], 1135
Rn.
26).
cc) Soweit die Revisionen
meinen, das Berufungsgericht habe nicht ge-prüft, wie der Leser den Bericht interpretiere,
sondern ausschließlich auf das Foto abgestellt und den Zusammenhang zum zugehörigen Text ignoriert,
aus welchem sich ergebe, dass sich die Abbildung allein auf den Fußballer [X.],
kann dem nicht gefolgt werden. Das Bildnis zeigt auch die Klägerin, wie sie sich mit dem Betrachter halb zugewandtem Gesicht auf der [X.]liege sonnt.
dd) Entgegen der Auffassung der Revisionen
der [X.] hat das Be-rufungsgericht auch nicht den Begriff des zeitgeschichtlichen Ereignisses im Sinne von §
23 Abs.
1 Nr.
1 KUG verkannt und diesen Begriff zu eng gefasst. Das beanstandete Foto als solches
hatte mit dem Umstand, dass der bekannte
Fußball-Star A. am "Ballermann" überfallen und ausgeraubt wurde, ersichtlich 18
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10

-

nichts zu tun. Das Berufungsgericht hat gleichwohl zugunsten der [X.] unterstellt, dass die [X.] des Bildnisses von [X.] im Kontext des Berichts zulässig war und für die Entscheidung des [X.] zutreffend darauf abgestellt, ob der Gegenstand dieses Berichts auch die [X.] einer Abbildung der Klägerin rechtfertigt. Dies hat es mit Recht
verneint. Denn es besteht außer dem zufälligen Zugegensein keine Verknüpfung zwischen der als "Urlauberin" gezeigten Klägerin und dem -
unterstellt
-
als Ereignis der [X.] zu qualifizierenden Raubüberfall auf den Nationalspieler A.
ee)
Der
Revisionen
der [X.] ist
weiter nicht darin zu folgen, dass im Hinblick auf das Informationsinteresse der Öffentlichkeit an einem Bericht über ein zeitgeschichtliches Ereignis die Interessen von unbekannten Personen, die zufällig mit
abgebildet werden, stets zurücktreten müssen. Vielmehr ist auch in solchen Fällen grundsätzlich eine Interessenabwägung erforderlich, bei der ins-besondere der Informationswert für die Öffentlichkeit, die berechtigten Erwar-tungen des Betroffenen und die Möglichkeiten einer das Persönlichkeitsrecht wahrenden Modifikation des Fotos zu berücksichtigen
sind. Dies steht in [X.] mit der Rechtsprechung des Senats, nach der selbst die Abbildung von Begleitpersonen nicht ohne Weiteres zulässig ist. Wollte man dies anders se-hen, würde dies zu dem (widersinnigen) Ergebnis führen, dass [X.], die in einem gewissen Zusammenhang mit dem Gegenstand der Bericht-erstattung stehen
(vgl. etwa Senatsurteil vom 19. Juni 2007 -
VI
ZR 12/06, [X.], 1135
Rn.
28), vor einer [X.]
eher geschützt
wären, als Personen, die ohne jeden Zusammenhang Gegenstand
einer "zufälligen" Bild-aufnahme geworden sind.
c)
Entgegen der Auffassung der Revisionen
der [X.] hat das [X.] auch ohne Rechtsfehler
im Streitfall
eine unmittelbare oder analo-ge Anwendung des §
23 Abs.
1 Nr.
2 KUG verneint.
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-

11

-

aa) Nach §
23 Abs.
1 Nr.
2 KUG ist die [X.]
eines Bildnisses ohne Einwilligung der abgebildeten Person grundsätzlich
zulässig, wenn diese
Person
nur als "Beiwerk" neben einer Landschaft oder sonstigen Örtlichkeit er-scheint. Hiervon
kann nach dem Sinn und Zweck der Vorschrift nur dann
aus-gegangen werden, wenn die Abbildung einer Landschaft oder sonstigen Ört-lichkeit
das Bild prägt
und nicht selbst
"Beiwerk" ist. Im Streitfall bezog sich die Abbildung
indes -
wovon die Revisionen
der [X.] selbst ausgehen
-
in erster Linie auf [X.] Das [X.]leben am "Ballermann" bildete
lediglich den Hintergrund des Fotos.
Die Erwägungen der Revisionen
der [X.] zu der Frage, ob eine Abbildung von Badegästen im Zusammenhang mit einer Schilderung des [X.]lebens zulässig wäre, sind im Streitfall unerheblich. Im unmittelbaren Anwendungsbereich von §
23 Abs.
1 Nr.
2 KUG kann ein Interesse an der [X.] einer Landschaft oder sonstigen Örtlichkeit zwar unabhängig von ei-nem konkreten Ereignis der Zeitgeschichte bestehen. Die Revisionen
der [X.] gehen
jedoch selbst davon aus, dass Zweck des Bildes die [X.] über den Fußballer A. im Zusammenhang mit dem auf diesen erfolgten Überfall gewesen sei.
bb) Entgegen der Auffassung der Revisionen
kommt
eine entsprechende Anwendung des §
23 Abs.
1 Nr.
2 KUG nicht
in Betracht. Es fehlt
bereits an einer
Gesetzeslücke als Voraussetzung einer analogen Anwendung dieser Vor-schrift. Denn
dem von den
Revisionen
der [X.] angeführten Interesse an der Berichterstattung über eine bestimmte Person unter Einbeziehung von [X.] anderer "zufällig" anwesender
Personen wird bereits durch §
23 Abs.
1 Nr.
1 KUG und die dort erforderliche
Interessenabwägung hinreichend Rechnung getragen.
23
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-

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-

d) Selbst wenn eine entsprechende Anwendung des § 23 Abs. 1 Nr. 2 KUG in Betracht käme, erstreckte sich die Befugnis nicht auf eine Verbreitung und Schaustellung, durch die ein berechtigtes Interesse des
Abgebildeten ver-letzt wird (§ 23 Abs. 2 KUG).
Das Berufungsgericht
hat bei seiner Beurteilung
mit Recht nicht nur auf das Foto, sondern auch auf den dazugehörigen Text abgestellt und dabei
an-genommen, dass die Erwähnung einer "pikanten Frauenbegleitung" zumindest bei einem Teil der Leserschaft zum Anlass für Spekulationen
in Bezug auf die Klägerin genommen werden könnte. Eine andere Beurteilung ist auch nicht im Hinblick auf die Formulierung geboten: "Gestern sahen wir ... -
Star A. (25) in pikanter [X.] am Ballermann. Jetzt wurde er Opfer einer Straftat."
Denn die Revisionen
der [X.] zeigen
keinen (übergangenen) Sachvortrag
dazu
auf, dass das Foto vom Folgetag stamme und dies für den Leser ersicht-lich gewesen sei.
e) Das Berufungsgericht hat auch zutreffend die
Unkenntlichmachung der Klägerin durch Verpixelung oder Augenbalken für möglich und den [X.] zumutbar erachtet. Die Revisionen
berufen
sich demgegenüber ohne Erfolg
auf angebliche Redaktionsabläufe und die Gefahr der
Verhinderung einer at-mosphärischen Illustration.
Eine Verpixelung hätte an der Aussagekraft des [X.] im Hinblick auf das Anliegen der [X.], die Urlaubsgestaltung des Fußballprofis zu illustrieren, nichts geändert. Darüber hinaus hat die Beklagte zu 2 nach den Feststellungen des Berufungsgerichts bei den im [X.] im Zu-sammenhang mit der vorliegenden Berichterstattung veröffentlichten
Bildern
die Gesichter anderer
dort mit dem Fußballprofi abgebildeter
Frauen gepixelt, was dagegen spricht, dass ihr eine entsprechende Vorgehensweise im Hinblick auf die Abbildung der Klägerin nicht möglich oder
unzumutbar gewesen wäre.
26
27
28
-

13

-

B) Revision der Klägerin:
Die Revision der Klägerin ist ebenfalls unbegründet.
1. Das Berufungsgericht
hat mit Recht eine Haftung
der [X.] zu
1 hinsichtlich der [X.] der beanstandeten Bilder im [X.] abge-lehnt, weil nicht ersichtlich sei, dass die Beklagte zu
1 willentlich und adäquat kausal durch die [X.] der -
rechtlich selbständigen
-
[X.] zu
2 im [X.] zu einer Persönlichkeitsrechtsverletzung der Klägerin beigetragen hätte. Allein die Tatsache, dass beiden [X.] dieselben Lichtbilder zugäng-lich waren, vermag noch keine wechselseitige Haftung hinsichtlich der Veröf-fentlichung der
Fotos zu begründen. Die Revision der Klägerin zeigt keinen vom Berufungsgericht übergangenen Sachvortrag auf, wonach die Beklagte zu
1 der [X.] zu
2
die Lichtbilder zur Verfügung gestellt hat.
Die von der Revision der Klägerin in Bezug genommene Entscheidung
des I.
Zivilsenats vom 11. März 2009 (I
ZR 114/06, [X.]Z 180, 134
Rn. 16 ff.) betrifft eine
andere Fallge-staltung
(Verletzung von Schutzrechten durch Pflichtverletzung des Kontoinha-bers bei der Verwahrung von Zugangsdaten).
2. Entgegen der Auffassung der Revision der Klägerin hat das [X.] auch ohne Rechtsfehler den Antrag der Klägerin auf Zahlung einer Geldentschädigung für unbegründet erachtet.
a) Nach der ständigen Rechtsprechung des erkennenden Senats be-gründet eine Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts einen Anspruch auf eine Geldentschädigung, wenn es sich um einen schwerwiegenden Eingriff handelt und die Beeinträchtigung nicht in anderer Weise befriedigend aufgefan-gen werden kann. Ob eine schwerwiegende Verletzung des Persönlichkeits-rechts vorliegt, die die Zahlung einer Geldentschädigung erfordert, hängt insbe-sondere von der Bedeutung und Tragweite des Eingriffs, ferner von Anlass und 29
30
31
32
33
-

14

-

Beweggrund des Handelnden sowie von dem Grad seines Verschuldens ab (vgl. Senatsurteile
vom 15. November 1994 -
VI
ZR 56/94, [X.]Z 128, 1, 12; vom 30. Januar 1996 -
VI
ZR 386/94, [X.]Z 132, 13, 27; vom 5. Oktober 2004
-
VI
ZR 255/03, [X.]Z 160, 298, 306; vom 24. November 2009 -
VI
ZR 219/08, [X.]Z 183, 227
Rn. 11; vom 17. Dezember 2013 -
VI
ZR 211/12, [X.]Z 199, 237 Rn. 38 ff.; vom 22. Januar 1985 -
VI
ZR 28/83,
VersR 1985, 391, 393; vom 15. Dezember 1987 -
VI
ZR 35/87 -
VersR 1988, 405; vom 12.
Dezember 1995 -
VI
ZR 223/94,
VersR 1996, 341
f.; vgl. auch [X.],
NJW 2004, 591, 592). Ob ein derart schwerer Eingriff anzunehmen und die dadurch verursachte nicht vermögensmäßige Einbuße auf andere Weise nicht hinreichend ausgleichbar ist, kann nur aufgrund der gesamten Umstände des Einzelfalles beurteilt wer-den (vgl.
Senatsurteile
vom 15. November 1994 -
VI
ZR 56/94, aaO, 13; vom 24. November 2009 -
VI
ZR 219/08, aaO;
vom 17. Dezember 2013
-
VI
ZR 211/12, aaO Rn. 38;
vom 17. März 1970 -
VI
ZR 151/68,
VersR 1970, 675, 676; vom 25. Mai 1971 -
VI
ZR 26/70,
VersR 1971, 845, 846; Senatsbe-schluss vom 30. Juni 2009 -
VI
ZR 340/08,
juris Rn. 3). Bei der gebotenen Ge-samtwürdigung ist ein erwirkter Unterlassungstitel zu berücksichtigen, weil die-ser und die damit zusammenhängenden Ordnungsmittelandrohungen den Geldentschädigungsanspruch beeinflussen und im Zweifel sogar ausschließen können (vgl. Senatsurteil vom
25. Mai 1971
-
VI
ZR 26/70, [X.] 1971, 1660,
1661; Senatsbeschluss vom 30. Juni 2009 -
VI
ZR 340/08,
aaO). Die Gewäh-rung einer Geldentschädigung hängt demnach nicht nur von der Schwere des Eingriffs ab, es kommt vielmehr auf die gesamten Umstände des Einzelfalles an, nach denen zu beurteilen ist, ob ein anderweitiger befriedigender Ausgleich für die Persönlichkeitsrechtsverletzung fehlt (vgl. Senatsurteile vom 15.
Novem-ber 1994 -
VI
ZR 56/94, aaO, 12 ff.; vom 24. November 2009 -
VI
ZR 219/08, aaO; Senatsbeschluss vom 30. Juni 2009 -
VI
ZR 340/08,
aaO).
-

15

-

b) Eine schwerwiegende Verletzung des Persönlichkeitsrechts der Kläge-rin hat das Berufungsgericht unter Würdigung der besonderen Umstände des [X.] mit Recht verneint. Selbst wenn man -
was das Berufungsgericht offengelassen hat
-
zugunsten der Klägerin ihre Behauptung, sie sei im Zu-sammenhang mit der [X.] von mehreren Personen angesprochen und ihr sei von "mehreren Männern" Geld für ein Treffen angeboten worden, als richtig unterstellt, vermag dies keine andere Beurteilung zu rechtfertigen. Denn das Berufungsgericht weist insoweit zutreffend darauf hin, dass die beanstan-dete [X.] des [X.]bildes mit
der Klägerin
keine Veranlassung
zu der Annahme gab, dass die Klägerin käuflich sei.
Galke

[X.]
[X.]

v. [X.]
Offenloch
Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 16.04.2013 -
3 O 477/12 -

O[X.], Entscheidung vom 14.05.2014 -
6 [X.]/13 -

34

Meta

VI ZR 245/14

21.04.2015

Bundesgerichtshof VI. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 21.04.2015, Az. VI ZR 245/14 (REWIS RS 2015, 12351)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2015, 12351

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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VI ZR 245/14

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