Bundesgerichtshof, Urteil vom 21.04.2015, Az. VI ZR 245/14

6. Zivilsenat | REWIS RS 2015, 12363

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Gegenstand

Bildnisschutz: Unterlassungs- und Entschädigungsanspruch einer zufällig zusammen mit einem prominenten Fußballspieler am Strand aufgenommenen Frau in Badekleidung bei Veröffentlichung ihres Fotos in der Print- und in der Internet-Ausgabe einer Tageszeitung


Leitsatz

Zur Frage der Zulässigkeit der Veröffentlichung von Bildern, die eine sich zufällig in der Nähe eines Prominenten befindliche nicht prominente Person identifizierbar zeigen.

Tenor

Die Revisionen gegen das Urteil des 6. Zivilsenats des [X.] vom 14. Mai 2014 werden zurückgewiesen.

Die Kosten des Revisionsverfahrens werden gegeneinander aufgehoben.

Von Rechts wegen

Tatbestand

1

Die Klägerin nimmt die [X.] wegen unzulässiger [X.] eines Fotos in Anspruch, das sie in Badekleidung (Bikini) auf einer Liege am Strand von [X.] auf Mallorca zeigt.

2

Die Print-Ausgabe der Zeitung "[X.]", deren Herausgeberin die Beklagte zu 1 ist, berichtete am 10. Mai 2012 über einen Raubüberfall auf den Profifußballer [X.] in [X.] ("Am Ballermann"). Darin heißt es u.a.:

3

"Sonne, Strand, [X.]. Gestern sahen wir ... - [X.] (25) in pikanter [X.] am Ballermann. Jetzt wurde er Opfer einer Straftat."

4

Diesem Artikel war das beanstandete Foto beigefügt, das im [X.] am Strand von [X.] vor einer Mülltonne zeigt, in die er einen Eimer leert. In dem [X.], der die Mülltonne zeigt, findet sich der Text:

5

"Strohhut, dunkle Sonnenbrille: [X.] von [X.]. Vorbildlich entsorgt er seinen Abfall".

6

Im Hintergrund sind mehrere Personen auf Strandliegen zu sehen. Am rechten Bildrand, auf der Liege unmittelbar hinter [X.], ist die Klägerin in einem Bikini zu erkennen.

7

Ein Artikel mit demselben Berichtsgegenstand und einem größeren Ausschnitt desselben Fotos wurde bis zum 9. Mai 2013 im [X.]-Portal [X.] veröffentlicht, das von der [X.] zu 2 betrieben wird.

8

Die Klägerin nahm zuletzt die Beklagte zu 1 wegen des in der Print-Ausgabe veröffentlichten Fotos auf Unterlassung und wegen der [X.] des Fotos im [X.]-Portal der [X.] zu 2 beide [X.] auf Unterlassung und Entfernung von der Webseite in Anspruch. Ferner begehrte sie von der [X.] zu 1 wegen der [X.] in der Print-Ausgabe und von der [X.] zu 2 wegen der [X.] im [X.] die Zahlung einer angemessenen Entschädigung.

9

Das [X.] hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung der Klägerin hat das Berufungsgericht dem Unterlassungsbegehren stattgegeben, hinsichtlich des im [X.] veröffentlichten Fotos jedoch nur gegenüber der [X.] zu 2. Die weitergehende Berufung hat es zurückgewiesen. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihr Unterlassungsbegehren gegen die Beklagte zu 1 sowie ihr Begehren auf Zahlung einer Entschädigung gegen beide [X.] weiter. Die [X.] erstreben mit ihren Revisionen die Wiederherstellung des die Klage insgesamt abweisenden Urteils des [X.]s.

Entscheidungsgründe

I.

Das Berufungsgericht hat einen Unterlassungsanspruch der Klägerin gegen die Beklagte zu 1 wegen der [X.] des Fotos in der Print-Ausgabe der Zeitung "[X.]" vom 10. Mai 2012 gemäß § 1004 BGB i.V.m. § 823 Abs. 1 und Abs. 2 BGB, § 22 KUG bejaht. Es hat sich die Überzeugung gebildet, dass die Klägerin auf dem Foto identifizierbar abgebildet ist. Da die Klägerin weder ausdrücklich noch konkludent in die [X.] des Fotos eingewilligt habe, sei die Zulässigkeit der [X.] nach dem abgestuften Schutzkonzept der §§ 22, 23 KUG zu beurteilen. Danach komme eine Ausnahme vom Erfordernis der Einwilligung grundsätzlich nur in Betracht, wenn die Berichterstattung ein Ereignis von zeitgeschichtlicher Bedeutung betreffe. Davon könne im Hinblick auf die Klägerin nicht ausgegangen werden. Auch wenn man annehme, dass die Abbildung des Fußballprofis nach § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG im Kontext des Berichts zulässig gewesen sei, sei damit noch nichts darüber ausgesagt, ob auch die von der Klägerin beanstandete identifizierbare Abbildung ihrer Person rechtmäßig sei. Da die Klägerin in keinerlei Beziehung zu dem Fußballspieler gestanden habe, lasse sich das öffentliche Interesse hiermit nicht begründen. Selbst wenn man mit der [X.] davon ausginge, dass sich der Ausnahmetatbestand des § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG auch auf unbekannte Personen beziehe, die zufällig mit relativen oder absoluten Personen der Zeitgeschichte abgebildet würden, wäre - das zeitgeschichtliche Ereignis unterstellt - jedenfalls bei der erforderlichen Interessenabwägung dem Recht der Klägerin am eigenen Bild gegenüber dem Informationsinteresse der Öffentlichkeit der Vorrang einzuräumen. Das unterstellte Informationsinteresse der Öffentlichkeit an einer Nachricht, dass der im Vordergrund abgebildete Fußballprofi, der gestern noch am Strand gewesen sei und dort vorbildlich seinen Abfall entsorgt habe, jetzt Opfer einer Straftat geworden sei, sei nicht von einem solchen Gewicht, dass dahinter der Schutz der Persönlichkeit der Klägerin zurücktreten müsse. Die Aufnahme zeige die Klägerin im Urlaub, der selbst bei Prominenten zum regelmäßig zu schützenden [X.]bereich der Privatsphäre gehöre. Insbesondere sei es für die Information der Allgemeinheit nicht erforderlich gewesen, dass die völlig außerhalb des Geschehens stehende Klägerin identifizierbar abgebildet worden sei. Es sei der [X.] zu 1 als Presseunternehmen ohne Weiteres möglich gewesen, die Klägerin durch Verpixelung oder Augenbalken unkenntlich zu machen. Was dies an der Aussagekraft des Berichts im Sinne ihres Anliegens, die Urlaubsgestaltung des Fußballprofis zu illustrieren, geändert hätte, sei weder vorgetragen noch ersichtlich. Dabei falle auch ins Gewicht, dass die nur mit einem Bikini bekleidete Klägerin den Blicken des Publikums in einer deutlich intensiveren Weise preisgegeben werde als in anderen Situationen. Teile der Leserschaft hätten die [X.] auch zum Anlass für Spekulationen darüber nehmen können, ob es sich bei der Klägerin um die in dem Artikel genannte "pikante Frauenbegleitung" gehandelt habe. Die Bildveröffentlichung sei auch nicht - wie das [X.] angenommen habe - aufgrund einer analogen Anwendung des § 23 Abs. 1 Nr. 2 KUG gerechtfertigt. Eine unmittelbare Anwendung dieser Vorschrift scheitere bereits daran, dass nicht die Abbildung einer Örtlichkeit im Vordergrund gestanden habe, sondern die Person des Fußballers [X.] teilweise vertretenen Auffassung, wonach auch Personen, die im zufälligen Zusammenhang mit einem zeitgeschichtlichen Ereignis abgebildet würden, sofern sie dadurch nicht schon selbst Teil des zeitgeschichtlichen Ereignisses geworden seien, § 23 Abs. 1 Nr. 2 KUG in analoger Anwendung unterfielen, sei nicht zu folgen. Denn damit würden Personen, die rein zufällig mit einer prominenten Person abgebildet würden, ohne diese zu begleiten, schlechter gestellt als Begleitpersonen von prominenten Personen, bei denen eine alltägliche Begleitsituation nicht ohne Weiteres die [X.] des [X.] rechtfertige. Da bereits die Anwendung des § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG zu interessengerechten Ergebnissen führe, liege insoweit auch keine Lücke vor. Die Klägerin habe auch gegen die Beklagte zu 2 aus § 1004 BGB i.V.m. § 823 Abs. 2 BGB, § 22 KUG einen Anspruch auf Unterlassung der [X.] des auf der von der [X.] zu 2 betriebenen Webseite seit dem 10. Mai 2012 verbreiteten Fotos. Das Persönlichkeitsrecht der Klägerin sei hier noch in stärkerer Weise betroffen als durch die [X.] der Print-Ausgabe. Bei dem in der Print-Ausgabe abgedruckten Foto handele es sich lediglich um einen Ausschnitt des auf der [X.]seite der [X.] zu 2 vollständig veröffentlichten Fotos, welches auch die unbekleideten Beine der Klägerin zeige. Da der dazu veröffentlichte Text sich nicht erheblich von dem der Print-Ausgabe unterscheide, könne die Abwägung zu keinem anderen Ergebnis führen als bei der Print-Ausgabe der [X.] zu 1. Der hinsichtlich der [X.]veröffentlichung geltend gemachte Anspruch bestehe nicht gegen die Beklagte zu 1. Diese sei unstreitig nicht Betreiberin der [X.]seite. Eine Haftung ergebe sich auch nicht - wie die Klägerin meine - aus [X.]. Störer sei lediglich, wer willentlich und adäquat kausal zur Persönlichkeitsrechtsverletzung beitrage. Davon könne hier nicht ausgegangen werden. Die [X.] hätten unwidersprochen vorgetragen, dass weder die Beklagte zu 2 entscheiden könne, welche Publikation in den Medien der [X.] zu 1 erschienen, noch dass dies umgekehrt der Fall sei. Ein Anspruch auf Zahlung einer Geldentschädigung wegen der beanstandeten [X.] stehe der Klägerin nicht zu, da es sich nicht um einen so schwerwiegenden Eingriff handele, dass eine Geldentschädigung gerechtfertigt sei.

II.

Das Berufungsurteil hält revisionsrechtlicher Nachprüfung stand.

A) Revisionen der [X.]:

Das Berufungsgericht hat ohne Rechtsfehler einen Unterlassungsanspruch der Klägerin gegen die Beklagte zu 1 aus § 1004 und § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 22, 23 KUG bejaht.

1. Dabei ist es zutreffend davon ausgegangen, dass die Zulässigkeit von [X.] nach der gefestigten Rechtsprechung des erkennenden Senats nach dem abgestuften Schutzkonzept der §§ 22, 23 KUG zu beurteilen ist (vgl. grundlegend Senatsurteile vom 6. März 2007 - [X.], [X.], 275 Rn. 9 ff.; vom 18. Oktober 2011 - [X.], [X.], 116 Rn. 8 f.; vom 22. November 2011 - [X.], [X.], 192 Rn. 23 f.; vom 18. September 2012 - [X.], [X.], 1403 Rn. 26, vom 28. Mai 2013 - [X.], [X.], 1178 Rn. 10, und vom 8. April 2014 - [X.], [X.], 890 Rn. 8; jeweils mwN), das sowohl mit verfassungsrechtlichen Vorgaben (vgl. [X.] 120, 180, 210) als auch mit der Rechtsprechung des [X.] im Einklang steht (vgl. [X.], 2647 Rn. 57 ff.; 2006, 591 Rn. 37 ff., sowie [X.], 1053 Rn. 95 ff., und 1058 Rn. 75 ff.). Danach dürfen Bildnisse einer Person grundsätzlich nur mit deren Einwilligung verbreitet werden (§ 22 Satz 1 KUG). Die [X.] des Bildes von einer Person begründet grundsätzlich eine rechtfertigungsbedürftige Beschränkung ihres allgemeinen Persönlichkeitsrechts (vgl. [X.] NJW 2011, 740 Rn. 52 mwN). Die nicht von der Einwilligung des Abgebildeten gedeckte Verbreitung seines Bildes ist nur zulässig, wenn dieses Bild dem Bereich der Zeitgeschichte oder einem der weiteren Ausnahmetatbestände des § 23 Abs. 1 KUG positiv zuzuordnen ist und berechtigte Interessen des Abgebildeten nicht verletzt werden (§ 23 Abs. 2 KUG). Dabei ist schon bei der Beurteilung, ob ein Bild dem Bereich der Zeitgeschichte zuzuordnen ist, eine Abwägung zwischen den Rechten des Abgebildeten aus Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1 GG, Art. 8 Abs. 1 [X.] einerseits und den Rechten der Presse aus Art. 5 Abs. 1 GG, Art. 10 [X.] andererseits vorzunehmen (vgl. z.B. Senatsurteil vom 19. Juni 2007 - [X.], [X.], 1135 Rn. 17; ausführlich dazu v. [X.], [X.], 20, 23 f.).

a) Nach den von den Revisionen nicht angegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts hat die Klägerin in die [X.] der Fotos nicht eingewilligt (§ 22 Satz 1 KUG).

b) Das Foto ist auch nicht dem Bereich der Zeitgeschichte (§ 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG) zuzuordnen. Maßgebend für die Frage, ob es sich um ein Bildnis aus dem Bereich der Zeitgeschichte handelt, ist der Begriff des Zeitgeschehens.

aa) Der Begriff des Zeitgeschehens darf nicht zu eng verstanden werden. Im Hinblick auf den Informationsbedarf der Öffentlichkeit umfasst er nicht nur Vorgänge von historisch-politischer Bedeutung, sondern ganz allgemein das Zeitgeschehen, also alle Fragen von allgemeinem gesellschaftlichem Interesse. Er wird mithin vom Interesse der Öffentlichkeit bestimmt. Zum [X.] der Presse- und der Meinungsbildungsfreiheit gehört es, dass die Presse innerhalb der gesetzlichen Grenzen einen ausreichenden Spielraum besitzt, in dem sie nach ihren publizistischen Kriterien entscheiden kann, was öffentliches Interesse beansprucht, und dass sich im Meinungsbildungsprozess herausstellt, was eine Angelegenheit von öffentlichem Interesse ist, wobei unterhaltende Beiträge davon nicht ausgenommen sind (vgl. [X.] 101, 361, 389 ff.; [X.], [X.], 163, 166 f. Nr. 61 ff.; Senatsurteile vom 19. Juni 2007 - [X.], aaO; vom 3. Juli 2007 - [X.], aaO und vom 24. Juni 2008 - [X.], [X.], 123 Rn. 15 ff.; jeweils mwN).

bb) Nach diesen Grundsätzen ist die Beurteilung des Berufungsgerichts, die [X.] eines Fotos, das einem Millionenpublikum die - identifizierbar abgebildete - Klägerin im Bikini zeigt, sei durch den Anlass der Berichterstattung nicht gerechtfertigt, nicht zu beanstanden. Die veröffentlichten Bilder zeigen die Klägerin in einer erkennbar privaten Situation, die in keinem Zusammenhang mit einem zeitgeschichtlichen Ereignis steht (vgl. - zu einer ähnlichen Fallgestaltung - Senatsurteil vom 19. Juni 2007 - [X.], [X.], 1135 Rn. 26).

cc) Soweit die Revisionen meinen, das Berufungsgericht habe nicht geprüft, wie der Leser den Bericht interpretiere, sondern ausschließlich auf das Foto abgestellt und den Zusammenhang zum zugehörigen Text ignoriert, aus welchem sich ergebe, dass sich die Abbildung allein auf den [X.] beziehe, kann dem nicht gefolgt werden. Das Bildnis zeigt auch die Klägerin, wie sie sich mit dem Betrachter halb zugewandtem Gesicht auf der Strandliege sonnt.

dd) Entgegen der Auffassung der Revisionen der [X.] hat das Berufungsgericht auch nicht den Begriff des zeitgeschichtlichen Ereignisses im Sinne von § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG verkannt und diesen Begriff zu eng gefasst. Das beanstandete Foto als solches hatte mit dem Umstand, dass der bekannte [X.] am "Ballermann" überfallen und ausgeraubt wurde, ersichtlich nichts zu tun. Das Berufungsgericht hat gleichwohl zugunsten der [X.] unterstellt, dass die [X.] des Bildnisses von [X.] im Kontext des Berichts zulässig war und für die Entscheidung des [X.] zutreffend darauf abgestellt, ob der Gegenstand dieses Berichts auch die [X.] einer Abbildung der Klägerin rechtfertigt. Dies hat es mit Recht verneint. Denn es besteht außer dem zufälligen Zugegensein keine Verknüpfung zwischen der als "Urlauberin" gezeigten Klägerin und dem - unterstellt - als Ereignis der Zeitgeschichte zu qualifizierenden Raubüberfall auf den Nationalspieler A.

ee) Der Revisionen der [X.] ist weiter nicht darin zu folgen, dass im Hinblick auf das Informationsinteresse der Öffentlichkeit an einem Bericht über ein zeitgeschichtliches Ereignis die Interessen von unbekannten Personen, die zufällig mit abgebildet werden, stets zurücktreten müssen. Vielmehr ist auch in solchen Fällen grundsätzlich eine Interessenabwägung erforderlich, bei der insbesondere der Informationswert für die Öffentlichkeit, die berechtigten Erwartungen des Betroffenen und die Möglichkeiten einer das Persönlichkeitsrecht wahrenden Modifikation des Fotos zu berücksichtigen sind. Dies steht in Einklang mit der Rechtsprechung des Senats, nach der selbst die Abbildung von Begleitpersonen nicht ohne Weiteres zulässig ist. Wollte man dies anders sehen, würde dies zu dem (widersinnigen) Ergebnis führen, dass Begleitpersonen, die in einem gewissen Zusammenhang mit dem Gegenstand der Berichterstattung stehen (vgl. etwa Senatsurteil vom 19. Juni 2007 - [X.], [X.], 1135 Rn. 28), vor einer [X.] eher geschützt wären, als Personen, die ohne jeden Zusammenhang Gegenstand einer "zufälligen" Bildaufnahme geworden sind.

c) Entgegen der Auffassung der Revisionen der [X.] hat das Berufungsgericht auch ohne Rechtsfehler im Streitfall eine unmittelbare oder analoge Anwendung des § 23 Abs. 1 Nr. 2 KUG verneint.

aa) Nach § 23 Abs. 1 Nr. 2 KUG ist die [X.] eines Bildnisses ohne Einwilligung der abgebildeten Person grundsätzlich zulässig, wenn diese Person nur als "Beiwerk" neben einer Landschaft oder sonstigen Örtlichkeit erscheint. Hiervon kann nach dem Sinn und Zweck der Vorschrift nur dann ausgegangen werden, wenn die Abbildung einer Landschaft oder sonstigen Örtlichkeit das Bild prägt und nicht selbst "Beiwerk" ist. Im Streitfall bezog sich die Abbildung indes - wovon die Revisionen der [X.] selbst ausgehen - in erster Linie auf [X.] Das Strandleben am "Ballermann" bildete lediglich den Hintergrund des Fotos.

Die Erwägungen der Revisionen der [X.] zu der Frage, ob eine Abbildung von Badegästen im Zusammenhang mit einer Schilderung des [X.] zulässig wäre, sind im Streitfall unerheblich. Im unmittelbaren Anwendungsbereich von § 23 Abs. 1 Nr. 2 KUG kann ein Interesse an der Wiedergabe einer Landschaft oder sonstigen Örtlichkeit zwar unabhängig von einem konkreten Ereignis der Zeitgeschichte bestehen. Die Revisionen der [X.] gehen jedoch selbst davon aus, dass Zweck des Bildes die Berichterstattung über den [X.] im Zusammenhang mit dem auf diesen erfolgten Überfall gewesen sei.

bb) Entgegen der Auffassung der Revisionen kommt eine entsprechende Anwendung des § 23 Abs. 1 Nr. 2 KUG nicht in Betracht. Es fehlt bereits an einer Gesetzeslücke als Voraussetzung einer analogen Anwendung dieser Vorschrift. Denn dem von den Revisionen der [X.] angeführten Interesse an der Berichterstattung über eine bestimmte Person unter Einbeziehung von Abbildungen anderer "zufällig" anwesender Personen wird bereits durch § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG und die dort erforderliche Interessenabwägung hinreichend Rechnung getragen.

d) Selbst wenn eine entsprechende Anwendung des § 23 Abs. 1 Nr. 2 KUG in Betracht käme, erstreckte sich die Befugnis nicht auf eine Verbreitung und Schaustellung, durch die ein berechtigtes Interesse des Abgebildeten verletzt wird (§ 23 Abs. 2 KUG).

Das Berufungsgericht hat bei seiner Beurteilung mit Recht nicht nur auf das Foto, sondern auch auf den dazugehörigen Text abgestellt und dabei angenommen, dass die Erwähnung einer "pikanten Frauenbegleitung" zumindest bei einem Teil der Leserschaft zum Anlass für Spekulationen in Bezug auf die Klägerin genommen werden könnte. Eine andere Beurteilung ist auch nicht im Hinblick auf die Formulierung geboten: "Gestern sahen wir ... - [X.] (25) in pikanter [X.] am Ballermann. Jetzt wurde er Opfer einer Straftat." Denn die Revisionen der [X.] zeigen keinen (übergangenen) Sachvortrag dazu auf, dass das Foto vom Folgetag stamme und dies für den Leser ersichtlich gewesen sei.

e) Das Berufungsgericht hat auch zutreffend die Unkenntlichmachung der Klägerin durch Verpixelung oder Augenbalken für möglich und den [X.] zumutbar erachtet. Die Revisionen berufen sich demgegenüber ohne Erfolg auf angebliche Redaktionsabläufe und die Gefahr der Verhinderung einer atmosphärischen Illustration. Eine Verpixelung hätte an der Aussagekraft des Berichts im Hinblick auf das Anliegen der [X.], die Urlaubsgestaltung des Fußballprofis zu illustrieren, nichts geändert. Darüber hinaus hat die Beklagte zu 2 nach den Feststellungen des Berufungsgerichts bei den im [X.] im Zusammenhang mit der vorliegenden Berichterstattung veröffentlichten Bildern die Gesichter anderer dort mit dem Fußballprofi abgebildeter Frauen gepixelt, was dagegen spricht, dass ihr eine entsprechende Vorgehensweise im Hinblick auf die Abbildung der Klägerin nicht möglich oder unzumutbar gewesen wäre.

B) Revision der Klägerin:

Die Revision der Klägerin ist ebenfalls unbegründet.

1. Das Berufungsgericht hat mit Recht eine Haftung der [X.] zu 1 hinsichtlich der [X.] der beanstandeten Bilder im [X.] abgelehnt, weil nicht ersichtlich sei, dass die Beklagte zu 1 willentlich und adäquat kausal durch die [X.] der - rechtlich selbständigen - [X.] zu 2 im [X.] zu einer Persönlichkeitsrechtsverletzung der Klägerin beigetragen hätte. Allein die Tatsache, dass beiden [X.] dieselben Lichtbilder zugänglich waren, vermag noch keine wechselseitige Haftung hinsichtlich der [X.] der Fotos zu begründen. Die Revision der Klägerin zeigt keinen vom Berufungsgericht übergangenen Sachvortrag auf, wonach die Beklagte zu 1 der [X.] zu 2 die Lichtbilder zur Verfügung gestellt hat. Die von der Revision der Klägerin in Bezug genommene Entscheidung des [X.] vom 11. März 2009 ([X.], [X.], 134 Rn. 16 ff.) betrifft eine andere Fallgestaltung (Verletzung von Schutzrechten durch Pflichtverletzung des Kontoinhabers bei der Verwahrung von Zugangsdaten).

2. Entgegen der Auffassung der Revision der Klägerin hat das Berufungsgericht auch ohne Rechtsfehler den Antrag der Klägerin auf Zahlung einer Geldentschädigung für unbegründet erachtet.

a) Nach der ständigen Rechtsprechung des erkennenden Senats begründet eine Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts einen Anspruch auf eine Geldentschädigung, wenn es sich um einen schwerwiegenden Eingriff handelt und die Beeinträchtigung nicht in anderer Weise befriedigend aufgefangen werden kann. Ob eine schwerwiegende Verletzung des Persönlichkeitsrechts vorliegt, die die Zahlung einer Geldentschädigung erfordert, hängt insbesondere von der Bedeutung und Tragweite des Eingriffs, ferner von Anlass und Beweggrund des Handelnden sowie von dem Grad seines Verschuldens ab (vgl. Senatsurteile vom 15. November 1994 - [X.], [X.], 1, 12; vom 30. Januar 1996 - [X.], [X.], 13, 27; vom 5. Oktober 2004 - [X.], [X.], 298, 306; vom 24. November 2009 - [X.], [X.], 227 Rn. 11; vom 17. Dezember 2013 - [X.], [X.], 237 Rn. 38 ff.; vom 22. Januar 1985 - [X.], [X.], 391, 393; vom 15. Dezember 1987 - [X.] - [X.], 405; vom 12. Dezember 1995 - [X.], [X.], 341 f.; vgl. auch [X.], NJW 2004, 591, 592). Ob ein derart schwerer Eingriff anzunehmen und die dadurch verursachte nicht vermögensmäßige Einbuße auf andere Weise nicht hinreichend ausgleichbar ist, kann nur aufgrund der gesamten Umstände des Einzelfalles beurteilt werden (vgl. Senatsurteile vom 15. November 1994 - [X.], aaO, 13; vom 24. November 2009 - [X.], aaO; vom 17. Dezember 2013 - [X.], aaO Rn. 38; vom 17. März 1970 - [X.], [X.], 675, 676; vom 25. Mai 1971 - [X.], [X.], 845, 846; Senatsbeschluss vom 30. Juni 2009 - [X.], juris Rn. 3). Bei der gebotenen Gesamtwürdigung ist ein erwirkter Unterlassungstitel zu berücksichtigen, weil dieser und die damit zusammenhängenden Ordnungsmittelandrohungen den Geldentschädigungsanspruch beeinflussen und im Zweifel sogar ausschließen können (vgl. Senatsurteil vom 25. Mai 1971 - [X.], [X.] 1971, 1660, 1661; Senatsbeschluss vom 30. Juni 2009 - [X.], aaO). Die Gewährung einer Geldentschädigung hängt demnach nicht nur von der Schwere des Eingriffs ab, es kommt vielmehr auf die gesamten Umstände des Einzelfalles an, nach denen zu beurteilen ist, ob ein anderweitiger befriedigender Ausgleich für die Persönlichkeitsrechtsverletzung fehlt (vgl. Senatsurteile vom 15. November 1994 - [X.], aaO, 12 ff.; vom 24. November 2009 - [X.], aaO; Senatsbeschluss vom 30. Juni 2009 - [X.], aaO).

b) Eine schwerwiegende Verletzung des Persönlichkeitsrechts der Klägerin hat das Berufungsgericht unter Würdigung der besonderen Umstände des [X.] mit Recht verneint. Selbst wenn man - was das Berufungsgericht offengelassen hat - zugunsten der Klägerin ihre Behauptung, sie sei im Zusammenhang mit der [X.] von mehreren Personen angesprochen und ihr sei von "mehreren Männern" Geld für ein Treffen angeboten worden, als richtig unterstellt, vermag dies keine andere Beurteilung zu rechtfertigen. Denn das Berufungsgericht weist insoweit zutreffend darauf hin, dass die beanstandete [X.] des [X.] mit der Klägerin keine Veranlassung zu der Annahme gab, dass die Klägerin käuflich sei.

[X.]                     Wellner                        [X.]

            v. [X.]                     Offenloch

Meta

VI ZR 245/14

21.04.2015

Bundesgerichtshof 6. Zivilsenat

Urteil

Sachgebiet: ZR

vorgehend OLG Karlsruhe, 14. Mai 2014, Az: 6 U 55/13, Urteil

§ 22 KunstUrhG, § 23 Abs 1 Nr 1 KunstUrhG, § 23 Abs 1 Nr 2 KunstUrhG, § 23 Abs 2 KunstUrhG, § 823 Abs 2 BGB, § 1004 BGB, Art 1 Abs 1 GG, Art 2 Abs 1 GG, Art 5 Abs 1 GG, Art 8 Abs 1 MRK, Art 10 MRK

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Urteil vom 21.04.2015, Az. VI ZR 245/14 (REWIS RS 2015, 12363)

Papier­fundstellen: NJW 2015, 2500 REWIS RS 2015, 12363

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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