Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 08.02.2011, Az. VIII ZR 108/08

VIII. Zivilsenat | REWIS RS 2011, 9701

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[X.] [X.] ZR 108/08 vom 8. Februar 2011 in dem Rechtsstreit - 2 - Der [X.]. Zivilsenat des [X.] hat am 8. Februar 2011 durch den Vorsitzenden [X.], die Richterin [X.] sowie [X.], [X.] und [X.] beschlossen: Auf die Nichtzulassungsbeschwerde des [X.]n wird das Urteil des 8. Zivilsenats des [X.] vom 3. April 2008 aufgehoben. Der Rechtsstreit wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Beschwerdeverfahrens, an das [X.] zurückverwiesen. Der Streitwert für das [X.] wird auf 32.471,40 • festgesetzt. Gründe: [X.] Die Klägerin nimmt den [X.]n auf Zahlung von 41.937,11 • nebst Zinsen in Anspruch. Nach dem Vortrag der Klägerin habe der [X.] in [X.] für sein Bauvorhaben in [X.]

bestellt und nicht bezahlt. Der [X.] hat eine Bestellung in eigenem Namen bestritten. Er ha-be vielmehr einen Festpreis mit dem Streithelfer der Klägerin vereinbart. Die Bestellungen der Baumaterialien seien durch den Streithelfer erfolgt. 1 - 3 - Das [X.] hat die Klage nach Vernehmung der [X.], [X.]und [X.]
sowie der Zeugin [X.]

abgewiesen. Die Klägerin sei hin-sichtlich der von ihr behaupteten Anspruchsverpflichtung des [X.]n beweis-fällig geblieben. Schriftliche Aufträge des [X.]n lägen nicht vor. Die [X.] der Zeugen hätten hinsichtlich der von der Klägerin behaupteten Auftrags-erteilung durch den [X.]n kein eindeutiges Ergebnis gebracht. [X.] gehe aus den Aussagen der Zeugen nicht eindeutig hervor, wer jeweils die Aufträge erteilt habe. Die Zeugin [X.]

habe zudem bekundet, der [X.] habe einen Festpreis mit dem Streitverkündeten, der hierzu die Aussage ver-weigert habe, vereinbart. Auch wenn andere Handwerker vom [X.]n selbst bezahlt worden seien, lasse dies nicht den Schluss zu, dass der [X.] die streitgegenständlichen Lieferungen selbst bestellt habe. Der [X.] habe [X.] Zahlungsverpflichtung auch nicht anerkannt. Die Aussage des [X.]

hierzu sei zu ungenau; der Zeuge habe sich nicht an die offenstehenden Summen erinnern können. Außerdem habe der Zeuge am Ende seiner Einver-nahme bekundet, der [X.] habe gesagt, der Streitverkündete solle das [X.]. 2 Das [X.] hat - ohne selbst Beweis zu erheben - das erstin-stanzliche Urteil auf die Berufung der Klägerin unter Zurückweisung des Rechtsmittels im Übrigen geändert und den [X.]n verurteilt, an die Klägerin 32.471,40 • nebst Zinsen zu bezahlen; die weitergehende Klage hat es [X.]. Mit seiner Nichtzulassungsbeschwerde erstrebt der [X.] die Auf-hebung des Berufungsurteils und die Zurückverweisung des Rechtsstreits an das Berufungsgericht. 3 - 4 - I[X.] 4 Die Nichtzulassungsbeschwerde hat Erfolg. 5 1. Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt: 6 Soweit das [X.] die Klage wegen der fehlenden Passivlegitimati-on des [X.]n abgewiesen habe, überzeuge die Beweiswürdigung des [X.]s nicht und gebe das Ergebnis der Beweisaufnahme nicht [X.] wieder. Den Aussagen der von dem [X.] vernommenen Zeugen so-wie den übrigen Indizien sei zu entnehmen, dass die wesentlichen Aufträge zur Lieferung der Fenster, des Garagentores, der Innentüren und der Pflastersteine von dem [X.]n erteilt worden seien. So ergebe sich aus der Aussage des [X.] , dass der [X.] selbst die Fenster und das Garagentor bei der Klägerin ausgesucht habe und die entsprechenden Angebote auf seinen Namen ausgestellt worden seien. Auch die entsprechenden Rechnungen seien auf den Namen des [X.]n ausgestellt worden. Zwar habe der Zeuge ausgesagt, dass die Angebote an den Streithelfer der Klägerin zur Weiterleitung an den [X.]n übersandt worden seien. Allein daraus könne jedoch nicht entnommen werden, dass aus der maßgeblichen Sicht der Klägerin der Streithelfer der Klägerin Auftraggeber gewesen sei. Denn nach der Aussage des [X.] sei die Übersendung der Angebote an den Streithelfer der Klägerin nur zu dem Zweck erfolgt, dass Einigkeit zwischen ihm und dem [X.]n über die Auftragserteilung habe er-zielt werden sollen. Zudem habe der Zeuge B.

bekundet, dass der [X.] bei einem Gespräch mit dem Geschäftsführer der Komplementär-GmbH der Klägerin zugesichert habe, den zunächst angebotenen Preis für die Fenster zu zahlen. Darin sei ein deklaratorisches Anerkenntnis zu sehen. Bezüglich der 7 - 5 - Türen habe der Zeuge [X.]bekundet, dass der [X.] die Türen bei der Klägerin ausgesucht habe und bei dem Aufmaß der Türen zugegen gewesen sei. Der [X.] habe allein über die Preise verhandelt. Außerdem sei die ent-sprechende Auftragsbestätigung auf den Namen des [X.]n ausgestellt worden. Auch sei mit dem Zeugen vereinbart worden, dass die Rechnungen auf den Namen des [X.]n hätten ausgestellt werden sollen. Gleiches gelte für die Lieferung der Pflastersteine und Bordsteine. Nach der Aussage des Zeugen [X.] habe der [X.] diese Steine bei der Klägerin ausgesucht; danach sei ihm ein Angebot gemacht worden, aufgrund dessen er selbst die [X.] bestellt habe. Der Streithelfer der Klägerin sei bei der Bestellung nicht in Erscheinung getreten. Soweit das [X.] aus der Aussage der geschiedenen Ehefrau des [X.]n, es sei zwischen dem Streithelfer der Klägerin und dem [X.]n ein Festpreis vereinbart worden, gefolgert habe, dass dies gegen eine [X.] durch den [X.]n spreche, könne dem nicht gefolgt werden. Das [X.] habe es insbesondere versäumt, eine Würdigung der [X.] des Streithelfers der Klägerin vorzunehmen. Aber selbst wenn ein Festpreis mit dem Streithelfer der Klägerin vereinbart worden sei, folge [X.] nicht zwingend, dass der Streithelfer der Klägerin die Handwerker und [X.] im eigenen Namen beauftragt habe. Vielmehr sei die Festpreisabrede dahin zu deuten, dass der [X.] von den über den Festpreis hinausgehen-den Forderungen der Handwerker freizustellen sei. Auch spreche der unstreiti-ge Umstand, dass der [X.] einige der streitgegenständlichen Rechnungen beglichen habe, dafür, dass er die Lieferungen bei der Klägerin im eigenen Namen in Auftrag gegeben habe. 8 - 6 - 2. Die Nichtzulassungsbeschwerde ist statthaft und auch im Übrigen zu-lässig (§ 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2, § 544 ZPO; § 26 Nr. 8 EGZPO). Sie ist auch begründet und führt gemäß § 544 Abs. 7 ZPO zur Aufhebung des angefochte-nen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht. Das Berufungsgericht hat die erstinstanzlich vernommenen Zeugen entgegen § 529 Abs. 1 Nr. 1, § 398 Abs. 1 ZPO nicht erneut vernommen, obwohl es deren [X.] anders gewürdigt hat als das [X.]. Diese rechtsfehlerhafte An-wendung des § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO verletzt den Anspruch des [X.]n auf rechtliches Gehör nach Art. 103 Abs. 1 GG (Senatsurteil vom 10. Februar 2010 - [X.] ZR 343/08, NJW-RR 2010, 737 Rn. 18 f.; Senatsbeschluss vom 14. Juli 2009 - [X.] ZR 3/09, NJW-RR 2009, 1291 Rn. 4; jeweils mwN). 9 Nach § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO ist das Berufungsgericht grundsätzlich an die Tatsachenfeststellungen des erstinstanzlichen Gerichts gebunden. Bei Zweifeln an der Richtigkeit und Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen ist eine erneute Beweisaufnahme durch das Berufungsgericht geboten. Insbesondere muss das Berufungsgericht die bereits in erster Instanz vernommenen Zeugen nochmals gemäß § 398 Abs. 1 ZPO vernehmen, wenn es deren Aussagen anders würdigen will als die Vorinstanz. Die nochmalige Vernehmung eines Zeugen kann allenfalls dann unterbleiben, wenn sich das Rechtsmittelgericht auf solche Umstände stützt, die weder die Urteilsfähigkeit, das Erinnerungsvermögen oder die Wahrheitsliebe des Zeugen noch die Voll-ständigkeit oder Widerspruchsfreiheit seiner Aussage betreffen (Senatsbe-schluss vom 14. Juli 2009 - [X.] ZR 3/09, aaO Rn. 5; Senatsurteil vom 10. Februar 2010 - [X.] ZR 343/08, aaO Rn. 19). Ein solcher Ausnahmefall liegt hier nicht vor. 10 Das [X.] hat die Aussagen der von ihm vernommenen Zeugen dahingehend gewürdigt, dass aus diesen Aussagen kein eindeutiger Schluss 11 - 7 - auf die Auftragserteilung durch den [X.]n gezogen werden könne. Dem Berufungsgericht haben die Aussagen der vom [X.] vernommenen Zeugen indes genügt, um sich die Überzeugung von der Auftragserteilung durch den [X.]n zu verschaffen. Somit hat das Berufungsgericht die [X.] von der Entscheidung des [X.]s inhaltlich abweichend gewürdigt, ohne sich durch erneute Vernehmung der Zeugen einen eigenen Eindruck zu verschaffen. Das angefochtene Urteil beruht auf diesem Verfah-rensverstoß. Es ist nicht auszuschließen, dass das Berufungsgericht zu einer abweichenden Entscheidung gelangt wäre, wenn es die Zeugen erneut ver-nommen hätte. 3. Da das Berufungsgericht den Anspruch des Beschwerdeführers auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) in entscheidungserheblicher Weise ver-letzt hat, kann das Berufungsurteil keinen Bestand haben. Es ist aufzuheben; der Rechtsstreit ist zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das [X.] zurückzuverweisen (§ 544 Abs. 7 ZPO). 12 Ball [X.] [X.] [X.] [X.] Vorinstanzen: [X.], Entscheidung vom 14.11.2007 - 12 O 3233/06 - [X.], Entscheidung vom 03.04.2008 - 8 U 228/07 -

Meta

VIII ZR 108/08

08.02.2011

Bundesgerichtshof VIII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 08.02.2011, Az. VIII ZR 108/08 (REWIS RS 2011, 9701)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2011, 9701

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