Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 08.03.2010, Az. 3 B 8/10

3. Senat | REWIS RS 2010, 8720

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Gegenstand

Vermögenszuordnung; Beschränkung des Rücknahmeermessens; Fristbeginn


Tenor

Die Beschwerde der Beigeladenen gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des [X.] vom 14. Oktober 2009 wird zurückgewiesen.

Die Beigeladene trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Gründe

1

Die Klägerin wendet sich gegen einen Bescheid des [X.] und offene Vermögensfragen vom 22. Mai 2007, mit dem unter teilweiser Rücknahme eines zu ihren Gunsten ergangenen Vermögenszuordnungsbescheides aus dem [X.] eine 8 ha große Teilfläche eines ihr seinerzeit zugeordneten ca. 54 ha großen Buchgrundstücks der beigeladenen [X.] zugeordnet wurde. Das Verwaltungsgericht hat ihrer Klage stattgegeben, weil nach der Rechtsprechung des [X.] aufgrund der Regelung des § 2 Abs. 5 Satz 1 des Vermögenszuordnungsgesetzes - [X.] - eine Rücknahme nach der in dieser Vorschrift genannten [X.] nur noch dann in Betracht komme, wenn höhergewichtige öffentliche Belange für eine Korrektur der fehlerhaften Zuordnung sprächen. Derart bedeutende Belange seien hier nicht ersichtlich, obwohl die Beigeladene an dem ursprünglichen [X.] nicht beteiligt gewesen sei. Dies sei jedoch auch nicht erforderlich gewesen, weil der seinerzeitige Zuordnungsbescheid das gesamte 54 ha große Buchgrundstück zum Gegenstand gehabt habe, ohne hiervon die umstrittene landwirtschaftlich genutzte Teilfläche abzuspalten.

2

Mit ihrer Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in diesem Urteil beruft sich die Beigeladene auf die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO.

3

Die Beschwerde hat keinen Erfolg. Die von der Beigeladenen als klärungsbedürftig bezeichnete Frage,

"ob § 2 Abs. 5 Satz 1 [X.] im Rahmen des § 48 Abs. 1 VwVfG auch dann ermessenslenkend einer Rücknahme entgegensteht, wenn die ursprüngliche Zuordnungsentscheidung offensichtlich rechtswidrig ist, und ob die Frist des § 2 Abs. 5 Satz 1 [X.] nicht erst mit wirksamer Bekanntgabe an den eigentlichen Zuordnungsberechtigten zu laufen beginnt",

rechtfertigt nicht die Zulassung der Revision, weil sie - soweit es um den ersten Teil der Frage geht - nicht generell beantwortet werden kann und - soweit der Beginn der Frist des § 2 Abs. 5 Satz 1 [X.] in Rede steht - ihre Beantwortung nicht der Durchführung eines Revisionsverfahrens bedarf.

4

1. Der Senat hat in seinem vom Verwaltungsgericht herangezogenen Urteil vom 27. April 2006 - BVerwG 3 C 23.05 - (BVerwGE 126, 7 = [X.] § 2 [X.] Nr. 16) dargelegt, dass die in § 2 Abs. 1 Satz 5 [X.] zum Ausdruck kommende gesetzgeberische Wertung das Rücknahmeermessen der [X.] nach § 48 Abs. 1 Satz 1 VwVfG im Sinne einer Ermessensdirektive beschränkt, allerdings im Einzelfall öffentliche Belange von derart hohem Gewicht für die Korrektur einer fehlerhaften Zuordnung streiten können, dass sie sich auch noch nach Ablauf der [X.] durchsetzen. Diese Ausführungen verdeutlichen, dass insoweit die Umstände des Einzelfalls maßgeblich sind. Zu diesen Umständen zählt selbstverständlich auch das Maß der Fehlsamkeit der Zuordnungsentscheidung und damit die Erkennbarkeit des Mangels. Selbst eine offensichtlich rechtswidrige Zuordnungsentscheidung muss jedoch nicht zwangsläufig dazu führen, dass sich trotz Ablaufs der Frist das Korrekturinteresse gegenüber dem Interesse an der Beständigkeit auch rechtsfehlerhafter Zuordnungsentscheidungen durchsetzt; vielmehr handelt es sich um einen, wenn auch nicht unbedeutenden Gesichtspunkt, der in die Ermessensentscheidung über die Rücknahme einzustellen ist.

5

2. Die Frage nach dem Beginn der Frist des § 2 Abs. 1 Satz 5 [X.] rechtfertigt nicht die Zulassung der Revision, weil sie durch das Gesetz unzweideutig mit dem Eintritt der Bestandskraft des [X.] beantwortet wird. Von diesem Fristbeginn geht offenbar auch das Urteil des [X.] aus. Es steht allerdings auf dem Standpunkt, die Beigeladene habe an dem Verwaltungsverfahren nicht beteiligt werden müssen, weil das ungeteilte Buchgrundstück Gegenstand der Zuordnung gewesen sei und es sich bei der umstrittenen Teilfläche nur um einen unselbständigen Teil dieses Grundstücks gehandelt habe. Es ist daher augenscheinlich von der Bestandskraft des [X.] auch gegenüber der Beigeladenen ausgegangen, obwohl dieser der Bescheid weder bekannt gegeben noch zugestellt worden war und obwohl das Verwaltungsgericht selbst die Beigeladene als Zuordnungsberechtigte hinsichtlich der Teilfläche und damit den Zuordnungsbescheid als insoweit rechtswidrig angesehen hat. Dieser Rechtsfehler des [X.] begründet jedoch keinen über den Fall hinausweisenden Klärungsbedarf hinsichtlich des Fristbeginns.

6

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 und 3 VwGO. Gerichtskosten werden gemäß § 6 Abs. 3 Satz 1 [X.] nicht erhoben. Wegen des [X.] wird auf § 6 Abs. 3 Satz 2 [X.] hingewiesen.

Meta

3 B 8/10

08.03.2010

Bundesverwaltungsgericht 3. Senat

Beschluss

Sachgebiet: B

vorgehend VG Chemnitz, 14. Oktober 2009, Az: 4 K 837/07, Urteil

§ 2 Abs 1 S 5 VZOG, § 48 Abs 1 S 1 VwVfG

Zitier­vorschlag: Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 08.03.2010, Az. 3 B 8/10 (REWIS RS 2010, 8720)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2010, 8720

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