Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 25.04.2013, Az. 3 C 19/12

3. Senat | REWIS RS 2013, 6232

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VZOG

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Gegenstand

Vermögenszuordnung; Rücknahme des Zuordnungsbescheids; Beginn der Zwei-Jahres-Frist; Bestandskraft


Leitsatz

Die Zwei-Jahres-Frist des § 2 Abs. 5 Satz 1 VZOG beginnt auch bei der Heranziehung dieser Vorschrift im Rahmen einer Ermessensentscheidung nach § 48 VwVfG mit der Bestandskraft des zurückzunehmenden Zuordnungsbescheides (Bestätigung des Beschlusses vom 8. März 2010 - BVerwG 3 B 8.10 - ZOV 2010, 148).

Tatbestand

1

Die Klägerin wendet sich gegen einen Bescheid des [X.] offener Vermögensfragen, mit dem zugunsten einer Rechtsvorgängerin ergangene Zuordnungsentscheidungen zurückgenommen und die betroffenen Flurstücke zugleich der Beigeladenen zugeordnet werden.

2

Mit dem teilweise zurückgenommenen Bescheid vom 6. April 1992 hatte der Oberfinanzpräsident der [X.] festgestellt, dass zahlreiche, im Einzelnen bezeichnete Flurstücke nach Art. 21 Abs. 2 des [X.] - im Eigentum der [X.] stünden, weil sie wegen ihrer Nutzung als öffentliche Wege und Gräben an den maßgeblichen Stichtagen kommunalen Zwecken gedient hätten. Die [X.] war an dem Verfahren nicht beteiligt; ihr wurde der Bescheid nicht zugestellt. Die Gemeinde wurde am 3. Juni 1994 als Eigentümerin eingetragen; mittlerweile ist sie in die Klägerin eingemeindet worden.

3

Nachdem ihr die Zuordnung zugunsten der Rechtsvorgängerin der Klägerin eigenen Angaben zufolge am 11. Februar 2002 bekannt geworden war, beantragte die Beigeladene unter dem 3. Mai 2002, das [X.] hinsichtlich eines Teils der davon betroffenen Flurstücke wieder aufzugreifen und den Bescheid insoweit aufzuheben. Sie wies darauf hin, dass die Flächen weder als öffentliche Wege noch als Gräben genutzt worden seien und genutzt würden und ihr bereits durch Sammelzuordnungsbescheid des Präsidenten der [X.] - [X.] - vom 18. Juni 1996 zugesprochen worden seien.

4

Mit Bescheid vom 30. März 2005 nahm das [X.] offener Vermögensfragen den Bescheid vom 6. April 1992 im Hinblick auf 11 der der Rechtsvorgängerin der Klägerin zugeordneten Flurstücke zurück und stellte fest, dass die Beigeladene insoweit Eigentümerin geworden sei. Zur Begründung führte das Amt aus, Ermittlungen hätten ergeben, dass es sich bei den Flurstücken um Ackerflächen, Entwässerungsgräben ohne überörtliche Bedeutung sowie um Wirtschaftswege für die Land- und Forstwirtschaft handele, die gemäß Art. 22 Abs. 1 EV i.V.m. § 3 der [X.] - 3. DVO/[X.] - Eigentum der Beigeladenen seien. Die Zuordnungsentscheidung vom 6. April 1992 sei daher insoweit rechtswidrig und werde gemäß § 48 Abs. 1 des Verwaltungsverfahrensgesetzes - VwVfG - zurückgenommen. Die Rücknahme sei auch ermessensgerecht, weil das Vertrauen der Klägerin in den Bestand des Bescheides nicht schutzwürdig sei. Dabei sei zu berücksichtigen, dass die ursprüngliche Zuordnung auf den fehlerhaften Angaben der Gemeinde beruhe.

5

Der dagegen erhobenen Klage, mit der die Klägerin unter anderem bestritten hat, dass es sich bei den in Rede stehenden Flächen nicht um öffentlich genutzte Wege und Gräben handele und gehandelt habe, hat das Verwaltungsgericht stattgegeben. Es hat im Wesentlichen ausgeführt: Die Rücknahmeentscheidung sei rechtswidrig, weil die Beklagte bei der Ausübung ihres Rücknahmeermessens die in § 2 Abs. 5 Satz 1 des Vermögenszuordnungsgesetzes - [X.] - enthaltene Wertung nicht in ihre Erwägungen einbezogen habe. Danach komme dem öffentlichen Interesse an der Beständigkeit auch fehlerhafter Zuordnungsentscheidungen nach Ablauf der dort bestimmten [X.] erhöhtes Gewicht zu. Da nicht ersichtlich sei, dass die Zuordnungsentscheidung die Beigeladene massiv in ihren Rechten verletzt habe oder der Mangel klar erkennbar gewesen sei, spreche der Umstand, dass der zurückgenommene Bescheid bereits mehr als 13 Jahre wirksam gewesen sei, schon grundsätzlich gegen eine Rücknahme. Die [X.] besage nicht nur, dass danach das öffentliche Interesse an der Beibehaltung einmal getroffener Zuordnungsentscheidungen das ebenfalls öffentliche Interesse an der Herbeiführung materiell rechtmäßiger Zustände regelmäßig überwiege, sondern auch, dass das Interesse an der Beibehaltung einmal getroffener Zuordnungsentscheidungen mit fortschreitender Zeit immer mehr an Bedeutung gewinne. Die Rechtswidrigkeit der Rücknahmeentscheidung begründe zugleich die Rechtswidrigkeit der geänderten Zuordnungsentscheidung; denn die Wirksamkeit der bisherigen Zuordnung stehe einer erneuten Zuordnung desselben Vermögenswertes entgegen. Daraus folge zugleich, dass die Zuordnung an die Beigeladene auch unabhängig von der Rechtswidrigkeit der Rücknahmeentscheidung rechtswidrig wäre, weil der Zuordnung der Flurstücke an die Beigeladene dann der Sammelzuordnungsbescheid vom 18. Juni 1996 entgegenstünde.

6

In einem von diesem Verfahren abgetrennten und vor dem [X.] geführten [X.] ([X.]) hat das [X.] und offene Vermögensfragen mit Schriftsatz vom 21. Dezember 2011 im Einvernehmen mit der Beigeladenen die Aufhebung des [X.] vom 18. Juni 1996 hinsichtlich der hier betroffenen Flurstücke erklärt.

7

Mit ihrer durch den Senat zugelassenen Revision, mit der sie die Aufhebung des verwaltungsgerichtlichen Urteils und die Abweisung der Klage erstrebt, trägt die Beigeladene im Wesentlichen vor: Das Urteil des [X.] verletze § 48 Abs. 1 Satz 1 VwVfG in der Ausprägung durch § 2 Abs. 5 Satz 1 [X.]. Das Verwaltungsgericht habe für den Beginn der dort genannten [X.] auf die Wirksamkeit des [X.] vom 6. April 1992 anstatt - wie vom [X.] vorgegeben - auf dessen Bestandskraft abgestellt. Ihr oder ihrer Rechtsvorgängerin sei jener Zuordnungsbescheid weder bekannt gegeben noch zugestellt worden. Eine Bekanntgabe nach § 41 Abs. 1 VwVfG setze einen Bekanntgabewillen voraus; ihr sei der Bescheid jedoch lediglich zur Kenntnis gelangt, weil er ihr im Rahmen ihrer Nachforschungen zu der Grundbucheintragung der Klägerin informatorisch überlassen worden sei. Eine reine Auskunftserteilung enthalte aber keinen Willen, eine Zustellungshandlung vorzunehmen. Ein mangelnder Bekanntgabe- oder [X.] lasse den Verwaltungsakt nicht wirksam werden. [X.] würden nicht in Gang gesetzt, insbesondere nicht die des § 58 Abs. 2 VwGO. Infolgedessen habe die Beklagte ihr Rücknahmeermessen frei ausüben könne. Das Urteil erweise sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig; denn der Bescheid sei ihr gegenüber auch nicht etwa deswegen bestandskräftig geworden, weil sie das Recht, sich gegen ihn zu wehren, verwirkt hätte. Erst als sie mit Überlassung des [X.] durch die [X.] im Februar 2002 die Grundlage der Zuordnung an die Klägerin erfahren habe, habe eine mögliche Verwirkungsfrist zu laufen beginnen können. Sie habe sich jedoch auf diese Mitteilung hin unverzüglich und jedenfalls innerhalb der [X.] des § 51 Abs. 3 Satz 1 VwVfG um eine Korrektur des Bescheides bemüht. Eine Vertrauensgrundlage für die Klägerin in den Bestand der ursprünglichen Zuordnung habe sie daher nicht geschaffen. Im Übrigen sei die Klägerin als Trägerin öffentlicher Verwaltung an den Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung gebunden und könne sich schon deswegen nicht auf den Fortbestand eines rechtswidrigen Zustandes berufen. Die Jahresfrist des § 48 Abs. 4 VwVfG sei eingehalten worden, weil die Beklagte noch Ende November 2004 mit der Sachaufklärung befasst gewesen sei und eine Stellungnahme der Klägerin noch ausgestanden habe.

8

Die Klägerin beantragt, die Revision zurückzuweisen, und erwidert: Die [X.] habe ausweislich des Bescheides vom 6. April 1992 mit Wirkung für die ihr nachfolgende Beigeladene gegenüber der [X.] bestätigt, am [X.] nicht beteiligt zu sein; sie habe damit auf Ansprüche verzichtet, so dass hinsichtlich der betroffenen Flurstücke von einer Einigung nach § 2 Abs. 1 Satz 6 [X.] zu ihren - der Klägerin - Gunsten auszugehen sei. Unabhängig davon habe die [X.] jedenfalls erklärt, keine Verfahrensbeteiligung zu wünschen, so dass ihr gegenüber eine Zustellung des Bescheides nicht erforderlich gewesen sei und sie daher ihre Ansprüche auf die Flurstücke verwirkt habe. Schließlich hätten die Beklagte und die Beigeladene bisher nicht dargelegt oder unter Beweis gestellt, dass es sich bei den umstrittenen Flächen nicht um öffentlich genutzte Wege und Gräben gehandelt habe. Die vorgelegten Luftbilder dokumentierten nicht die Zustände an den maßgeblichen Stichtagen.

9

Die Beklagte beantragt die Aufhebung des verwaltungsgerichtlichen Urteils und die Zurückverweisung der Sache an das Verwaltungsgericht. Sie stellt sich wie die Beigeladene auf den Standpunkt, dass die [X.] des § 2 Abs. 5 Satz 1 [X.] mit der Bestandskraft des Bescheides zu laufen beginne und die zugunsten der Klägerin ergangene Zuordnung der Beigeladenen gegenüber mangels Bekanntgabe nicht bestandskräftig geworden sei. Der Rechtsstreit müsse an das Verwaltungsgericht zurückverwiesen werden, weil die Nutzung der betroffenen Flurstücke an den Stichtagen streitig sei und das Verwaltungsgericht insoweit keine Tatsachenfeststellungen getroffen habe.

Entscheidungsgründe

Die Revision ist begründet.

Das Urteil des [X.] verletzt [X.]undesrecht; denn es beruht auf einer fehlerhaften Heranziehung der in § 2 Abs. 5 Satz 1 [X.] enthaltenen Wertung. Der [X.] kann jedoch mangels der dazu erforderlichen tatsächlichen Feststellungen nicht abschließend darüber entscheiden, ob der Rücknahme- und Zuordnungsbescheid vom 30. März 2005 dennoch zu Recht aufgehoben worden ist oder ob die Klage hätte abgewiesen werden müssen. Das angegriffene Urteil muss daher nach § 144 Abs. 3 Satz 1 [X.]r. 2 VwGO aufgehoben und die Sache an das Verwaltungsgericht zurückverwiesen werden.

Das [X.] hat seinen Rücknahme- und Zuordnungsbescheid auf § 48 Abs. 1 [X.] gestützt. Danach kann ein rechtswidriger Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder die Vergangenheit zurückgenommen werden, ein begünstigender Verwaltungsakt - und um einen solchen handelt es sich bei dem teilweise zurückgenommenen Zuordnungsbescheid zugunsten der Klägerin - allerdings nur unter den Einschränkungen der Absätze 2 bis 4 des § 48 [X.].

1. Das Verwaltungsgericht hat offen gelassen, ob der zurückgenommene Zuordnungsbescheid vom 6. April 1992 rechtswidrig gewesen ist, weil dessen Rücknahme unabhängig davon wegen des [X.]ablaufs seit Erlass des zurückgenommenen [X.]escheides ermessensfehlerhaft und damit rechtswidrig sei. Der vermeintliche Ermessensfehler ist jedoch nicht erkennbar, insbesondere ergibt er sich nicht unter Heranziehung der in § 2 Abs. 5 Satz 1 [X.] enthaltenen Regelungen.

a) [X.]ach dieser Vorschrift ist für das [X.] das Verwaltungsverfahrensgesetz anzuwenden, § 51 jenes Gesetzes jedoch nur, wenn die in dessen Absatz 1 [X.]r. 1 und 2 vorausgesetzten Umstände nicht später als zwei Jahre nach Eintritt der [X.]estandskraft eingetreten sind. Der [X.] hat dieser [X.]estimmung die gesetzgeberische Wertung entnommen, dass nach Ablauf der dortigen [X.] dem öffentliche Interesse an der [X.]eständigkeit auch fehlerhafter Zuordnungsentscheidungen erhöhtes Gewicht zukommt (Urteil vom 27. April 2006 - [X.]VerwG 3 [X.] 23.05 - [X.]VerwGE 126, 7 Rn. 25). Insoweit hat die Vorschrift über ihren unmittelbaren Anwendungsbereich hinaus für die nach § 48 [X.] zu treffenden Entscheidungen eine ermessensverdichtende Funktion. Der Regelungszweck des § 2 Abs. 5 Satz 1 [X.] - zu verhindern, dass sich [X.] unendlich fortsetzen (vgl. [X.]TDrucks 12/6228 [X.]) - begrenzt das Rücknahmeermessen im Sinne einer Ermessensdirektive. Die in dieser Vorschrift genannte [X.] knüpft allerdings nach dem unzweideutigen Wortlaut des Gesetzes an die [X.]estandskraft des [X.]escheides an ([X.]eschluss vom 8. März 2010 - [X.]VerwG 3 [X.] 8.10 - [X.] 2010, 148). Dazu stehen die Ausführungen des angegriffenen Urteils im Widerspruch.

Zwar äußert sich das Verwaltungsgericht nicht ausdrücklich zum [X.]eginn des Laufs der [X.] und auch nicht dazu, ob und wann der zurückgenommene [X.]escheid bestandskräftig geworden ist. Da es aber die gesetzliche Wertung des § 2 Abs. 5 Satz 1 [X.] unter [X.]erufung auf die genannte Rechtsprechung des [X.]s heranzieht und darlegt, dass diese Wertung nach Ablauf von 13 Jahren der Rücknahme des [X.]escheides entgegenstehe, sowie an anderer Stelle darauf hinweist, dass der [X.]escheid im [X.]punkt der Rücknahme bereits mehr als 13 Jahre wirksam gewesen sei, können diese Ausführungen nur so verstanden werden, dass es den ursprünglichen Zuordnungsbescheid als auch gegenüber der [X.]eigeladenen im Jahre 1992 wirksam erlassen ansieht und von einem [X.]eginn der Frist zu diesem [X.]punkt ausgeht. Dies ist rechtsfehlerhaft. Zu Recht weist die [X.]eklagte darauf hin, dass [X.] nach § 2 Abs. 5 Satz 1 [X.] nach den Vorschriften des [X.] zuzustellen sind. Eine solche Zustellung hat gegenüber der [X.], der seinerzeitigen Rechtsvorgängerin der [X.]eigeladenen, nicht stattgefunden; denn sie hätte die [X.]ekanntgabe des [X.]escheides in der Form erfordert, wie sie in § 2 Abs. 1 des [X.] - [X.] - vom 3. Juli 1952 ([X.]G[X.]l I S. 379) bestimmt war. Eine Zustellung gegenüber der [X.] war auch nicht deswegen entbehrlich, weil sie - wie die Klägerin meint - auf eine Verfahrensbeteiligung verzichtet hätte; denn einen solchen Verzicht hat die Rechtsvorgängerin der [X.]eigeladenen weder hinsichtlich ihrer [X.] erklärt noch hinsichtlich des damit verbundenen Anspruchs auf Verfahrensbeteiligung als Zuordnungsprätendentin. Die im Zuordnungsbescheid erwähnte [X.]estätigung der [X.], auf die die Klägerin sich für den vermeintlichen Verzicht beruft, bedeutet nicht mehr, als dass der Präsident der [X.] seine Zuständigkeit als Zuordnungsbehörde verneint hat. Das [X.]ähere dazu wird unten unter 2. b) bei der Erörterung der materiellen Zuordnungsberechtigung dargelegt.

Der Zustellungsmangel ist auch nicht dadurch geheilt worden, dass die [X.]eigeladene nach eigenen Angaben am 11. Februar 2002 Kenntnis von dem [X.]escheid erhalten hat, weil die [X.] eine Kopie des [X.]escheides auf eine [X.]itte der [X.]eigeladenen hin einem anderen an diese gerichteten Schreiben beifügt hatte, und zwar unter bloßem Hinweis in einem Kurzmitteilungsformular auf "Gewünschtes". Dabei mag dahingestellt bleiben, ob eine solche Heilung hier bereits deshalb ausscheidet, weil sie zumindest einen Zustellungswillen voraussetzt (so auch Urteil vom 19. Juni 1963 - [X.]VerwG 5 [X.] 198.62 - [X.]VerwGE 16, 165 <166 f.>; [X.]/App, [X.], 9. Aufl. 2011, § 8 Rn. 1 m.w.[X.]; [X.], [X.], 7. Aufl. 2010, § 8 Rn. 29) und ein solcher Wille jedenfalls dann fehlt, wenn eine Kopie des [X.]escheides ohne jedes Anschreiben übersandt wird (vgl. [X.], a.a.[X.]), es der [X.]ehörde also gar nicht darum geht, den Adressaten als einen von der Regelung möglicherweise [X.]etroffenen zu unterrichten, sondern nur darum, einem Informationsbegehren Rechnung zu tragen; denn unabhängig davon ist zu berücksichtigen, dass nach § 9 Abs. 2 [X.] in der damals geltenden Gesetzesfassung die Heilungsbestimmung des Absatzes 1 nicht anzuwenden war, wenn mit der Zustellung eine Frist zur Klageerhebung begann. Erst nach Aufhebung des Absatzes 2 mit Wirkung vom 1. Juli 2002 durch Art. 2 [X.]r. 3 b) des [X.] vom 25. Juni 2001 ([X.]G[X.]l I S. 1206) war auch in solchen Fällen eine Heilung von Zustellungsmängeln möglich.

Allerdings hat die [X.]eigeladene die ihr übersandte [X.]escheidkopie zum Anlass genommen, mit Schreiben vom 3. Mai 2002 das Wiederaufgreifen des Verfahrens zu beantragen, ohne sich gegen die unterlassene Zustellung des [X.]escheides zu wenden. Damit dürfte sie zwar nicht für die Vergangenheit auf das Recht, die fehlerhafte [X.]ekanntgabe zu rügen, verzichtet haben (vgl. dazu [X.], in: [X.]/[X.]onk/Sachs, [X.], 7. Aufl. 2008, § 41 Rn. 238 m.w.[X.].); sie hat damit aber die sie betreffende Regelungswirkung anerkannt, so dass der Verwaltungsakt ihr gegenüber, allerdings frühestens ab diesem [X.]punkt, als wirksam angesehen werden muss. In [X.]estandskraft erwachsen konnte er jedoch mangels ordnungsgemäßer, d.h. aktualisierter Rechtsbehelfsbelehrung (der [X.]escheid belehrt über eine Klagemöglichkeit vor dem [X.]) gemäß § 58 Abs. 2 VwGO frühestens ein Jahr nach dem so ermittelten [X.]ekanntgabezeitpunkt. Das bedeutet, dass der der Klägerin am 26. April 2005 zugestellte [X.] ihr binnen zweier Jahre seit der Anfang Mai 2003 eingetretenen [X.]estandskraft zugegangen ist, so dass der Rechtsgedanke des § 2 Abs. 5 Satz 1 [X.] schon deswegen nicht greift.

Angesichts dessen braucht nicht mehr darauf eingegangen zu werden, dass der Antrag der [X.]eigeladenen auf Wiederaufgreifen des Verfahrens gestellt worden ist, bevor der zurückgenommene [X.]escheid in [X.]estandskraft erwachsen war, so dass Vieles dafür spricht, dass sich ein schutzwürdiges Interesse an der [X.]eständigkeit dieses [X.]escheides von vornherein nicht entwickeln konnte.

b) Die auf den Ablauf von 13 Jahren seit Erlass der ursprünglichen Zuordnungsentscheidung gestützten Erwägungen des [X.] lassen sich auch nicht damit rechtfertigen, dass das Recht der [X.]eigeladenen, sich gegen den [X.]escheid zu wehren, unabhängig von der [X.] des § 2 Abs. 5 Satz 1 [X.] nach allgemeinen Rechtsgrundsätzen als verwirkt angesehen werden musste. Dafür reicht der [X.]ablauf seit 1992 allein nicht aus, solange die [X.]eigeladene keinen darüber hinausgehenden Vertrauenstatbestand gesetzt hatte. Dafür ist bislang nichts erkennbar, und ohne greifbare Anhaltspunkte dafür gibt es insoweit auch keinen weiteren Aufklärungsbedarf.

Als Ergebnis ist festzuhalten, dass weder § 2 Abs. 5 Satz 1 [X.] noch der allgemeine Rechtsgedanke der Verwirkung der Rücknahmeentscheidung entgegenstehen.

2. Ob die Klage gegen den Rücknahme- und Zuordnungsbescheid daher hätte abgewiesen oder ob der angefochtene [X.]escheid dennoch aus anderen Gründen hätte aufgehoben werden müssen und das angegriffene Urteil sich im Ergebnis als richtig erweist, kann der [X.] nicht abschließend entscheiden. Maßgeblich für diese Entscheidung ist, welcher der [X.]eteiligten einen Anspruch auf Zuordnung der Flächen hat. Dies hängt von der seinerzeitigen [X.]utzung der Flurstücke ab, die bislang nicht geklärt ist.

a) In dem zurückgenommenen [X.]escheid sind der Klägerin die Flurstücke gemäß Art. 21 Abs. 2 EV als kommunales Verwaltungsvermögen zugeordnet worden, weil sie "an den Stichtagen" als öffentliche Wege und Gräben genutzt worden seien. [X.] diese [X.]utzungsangabe zu, wäre die Zuordnung jedenfalls im Ergebnis rechtmäßig, weil die Flurstücke dann zu den in [X.]etracht kommenden [X.]punkten - sei es der 1. Oktober 1989 für Verwaltungsvermögen, sei es der 3. Oktober 1990 für Finanzvermögen - kommunalen Zwecken gedient hätten. Dann könnte auch offenbleiben, ob sie als kommunales Verwaltungsvermögen (was eine entsprechende öffentlich-rechtliche Sicherung voraussetzen würde, vgl. [X.]VerwG, Urteil vom 16. Dezember 2003 - [X.]VerwG 3 [X.] 50.02 - [X.]VerwGE 119, 349 <350> m.w.[X.].) oder als kommunales Finanzvermögen einzuordnen wären, weil der Zuordnungsanspruch sich im zweiten Fall aus Art. 22 Abs. 1 EV ergäbe. Ausschlaggebend ist in beiden Fällen, ob die im [X.]escheid angegebene [X.]utzung den Tatsachen entspricht, was die [X.]eklagte in Abrede stellt und darauf ihre Rücknahmeentscheidung stützt. Da die Klägerin dem entgegenhält, [X.]eklagte und [X.]eigeladene hätten bislang nicht bewiesen, dass die Flächen zu der damaligen [X.] anders genutzt worden seien als in der ursprünglichen Zuordnungsentscheidung zugrunde gelegt werde, ist das Verwaltungsgericht zur Klärung der seinerzeitigen [X.]utzungsverhältnisse aufgerufen.

b) Eine Zurückverweisung des Rechtsstreits erübrigt sich auch nicht deswegen, weil die [X.]eteiligten sich - wie die Klägerin meint - der Sache nach auf eine Zuordnung zu ihren Gunsten geeinigt hätten. Sie beruft sich darauf, dass [X.]und, Land und Kreis erklärt hätten, keine [X.] geltend zu machen, und auch die [X.] als Rechtsvorgängerin der [X.]eigeladenen bestätigt habe, nicht am Verfahren beteiligt zu sein.

Zwar trifft es zu, dass der [X.] unter ähnlichen Voraussetzungen von einer Einigung im Sinne des § 2 Abs. 1 Satz 6 [X.] ausgegangen ist (vgl. Urteil vom 18. Juli 2002 - [X.]VerwG 3 [X.] 30.01 - [X.]uchholz 428.2 § 2 [X.] [X.]r. 13; dazu auch Urteil vom 15. [X.]ovember 2012 - [X.]VerwG 3 [X.] 12.12 - bisher nicht veröffentlicht), bei deren Wirksamkeit es für die Rechtmäßigkeit des zugunsten der Klägerin ergangenen [X.]escheides nicht darauf ankäme, ob die gesetzlichen Zuordnungskriterien erfüllt waren. Hier sind jedoch die tatsächlichen Anforderungen für eine solche Einigung nicht erfüllt. [X.] Feststellungen des [X.] für die darauf zielenden [X.]ehauptungen der Klägerin gibt es nicht. Allerdings gibt die [X.]egründung des [X.]escheides vom 6. April 1992, der [X.]estandteil der vom Verwaltungsgericht in [X.]ezug genommenen Verwaltungsvorgänge ist, die Erklärungen der [X.]eteiligten, auf die die Klägerin ihre Annahme einer Einigung gründet, in dem von der Klägerin behaupteten Wortlaut wieder. Fraglich ist jedoch, ob diese Erklärungen in dem Sinne zu verstehen sind, den die Klägerin ihnen beigibt. Dies ist hinsichtlich der Stellungnahmen von [X.]und, Land und Kreis ohne Weiteres zu bejahen; ihr Wortlaut, der sich auch den in den Verwaltungsvorgängen enthaltenen Schriftstücken entnehmen lässt, lässt keinen Zweifel daran aufkommen, dass sie keine Ansprüche erheben und auf weitere Verfahrensbeteiligung verzichten. Anders verhält es sich mit dem - bereits oben unter 1. a) angesprochenen - vermeintlichen Verzicht der [X.] als Rechtsvorgängerin der [X.]eigeladenen. Deren Erklärung wird schon nicht in demselben Kontext des [X.]escheides erwähnt, in dem auf die Verzichtserklärungen der übrigen [X.]eteiligten verwiesen wird, sondern vorab, eingangs des [X.]escheides, im [X.] an die Aufzählung der [X.]eteiligten. Dementsprechend ist auch nicht die Rede von einem Verzicht, sondern nur von einer [X.]estätigung, nicht "am Verfahren beteiligt" zu sein. Was damit gemeint ist, erschließt sich aus der Seite 1 eines in den Verwaltungsvorgängen abgehefteten Exemplars des Zuordnungsantrages der Gemeinde vom 11. Februar 1991 ([X.]l. 2 f. der Verwaltungsvorgänge), das den gestempelten und unterschriebenen Vermerk trägt: "Zuständigkeit der [X.] nicht gegeben". Dieser Vermerk ist offenbar Grundlage der im Zuordnungsbescheid erwähnten [X.]estätigung. Dem klaren Inhalt des Vermerks nach ging es nicht um den Verzicht auf [X.] und damit zusammenhängende [X.]eteiligungsrechte. Vielmehr - darauf weist die [X.]eigeladene zu Recht hin - zielte die Erklärung allein darauf, dass die [X.], gemeint ist der Präsident der [X.] als Zuordnungsbehörde, sich nach § 1 Abs. 1 Satz 1 [X.]r. 1 [X.] nicht als für die Antragsbearbeitung zuständig gehalten hat. Dem lag zwar bei [X.]erücksichtigung des Wortlauts der Zuständigkeitsvorschrift notwendigerweise die Auffassung zugrunde, dass es nicht um Vermögenswerte ging, deren Eigentum oder Verwaltung der [X.] "kraft Gesetzes oder Verordnung" übertragen war (so noch der seinerzeitige Text des § 1 Abs. 1 Satz 1 [X.]r. 1 [X.]; die in Anführungszeichen gesetzten Worte sind durch Art. 16 [X.]r. 2 a) aa) des [X.] vom 20. Dezember 1993 <[X.]G[X.]l I S. 2182> gestrichen worden). Dennoch konnte der Verneinung der Zuständigkeit nicht die verbindliche Feststellung entnommen werden, dass eine Zuordnung der Flächen an die [X.] nicht in [X.]etracht kam; anderenfalls würde man eine Pflicht annehmen, bereits im Rahmen der Zuständigkeitsprüfung abschließend zu klären, wer Zuordnungsberechtigter ist. Dies geht jedoch an Sinn und Zweck der Zuständigkeitsvorschrift vorbei, der sich darin erschöpft zu regeln, wer über die Zuordnungsberechtigung entscheiden soll. Die Zuständigkeit nach § 1 Abs. 1 Satz 1 [X.]r. 1 und 2 [X.] kann sich daher nicht danach richten, wem nach den Vorschriften des Einigungsvertrages der Anspruch auf das volkseigene Vermögen tatsächlich zusteht; denn dies steht erst am Ende des [X.]s fest (vgl. [X.]/Hiestand, in: [X.] in der ehemaligen [X.], [X.] 170 [X.] § 1 Rn. 6). Die Zuständigkeit bestimmt sich vielmehr allein nach dem Inhalt des gestellten Antrages, also danach, wer Antragsteller ist und aus welchen Umständen er seine Zuordnungsberechtigung ableitet. Deswegen wäre die Annahme verfehlt, aus der Verneinung der Zuständigkeit ergebe sich zugleich ein Verzicht der [X.] auf [X.]. Der Antrag der Gemeinde war auf die Zuordnung von "Wegen, Straßen und Gräben" als gemeindliches Finanzvermögen gerichtet; die [X.], oder - richtig - der Präsident der [X.], musste daher keine Veranlassung haben, seine Zuständigkeit für das Verfahren anzunehmen. Die Prüfung, ob und inwieweit diese [X.]utzungsangabe den Tatsachen entsprach und daher das Zuordnungsverlangen der Klägerin berechtigt war, war Gegenstand des nach § 1 Abs. 1 Satz 1 [X.]r. 2 [X.] von dem Oberfinanzpräsidenten zu bearbeitenden Verfahrens.

Das Revisionsgericht ist auch befugt, den [X.]escheid insoweit einschließlich der von der [X.] abgegebenen Erklärung eigenständig auszulegen (vgl. Urteil vom 12. Dezember 2001 - [X.]VerwG 8 [X.] 17.01 - [X.]VerwGE 115, 302 <309> m.w.[X.]; [X.], in: [X.], VwGO, 13. Aufl. 2010, Rn. 68 f. zu § 137). Einerseits hat das Verwaltungsgericht sich mit dem von der Klägerin behaupteten Verzicht der [X.] nicht befasst; andererseits drängt sich trotz der unrichtigen, zumindest aber ungenauen Wiedergabe der Erklärung der [X.] in den Gründen des [X.]escheides aus der Anordnung dieser Gründe und dem Wortlaut des Vermerks auf dem Antragsformular der tatsächliche Erklärungsinhalt auf, ohne dass weitere Tatsachenermittlungen erforderlich sind.

c) Das Argument des [X.], der angegriffene [X.]escheid sei auch deswegen rechtswidrig, weil einer Zuordnung zugunsten der [X.]eigeladenen entgegenstehe, dass ihr die Flurstücke bereits mit einem Sammelzuordnungsbescheid vom 18. Juni 1996 zugeordnet worden seien, ist durch die zwischenzeitliche Aufhebung der Sammelzuordnung hinsichtlich der hier betroffenen Flurstücke überholt. Abgesehen davon verkennt das Verwaltungsgericht, dass es sich bei jener Sammelzuordnung ohnehin nicht um eine Vermögenszuordnung im Rechtssinne handelte (vgl. dazu Urteil des [X.]s vom 21. Juni 2007 - [X.]VerwG 3 [X.] 27.06 - [X.]uchholz 111 Art. 21 EV [X.]r. 58).

Meta

3 C 19/12

25.04.2013

Bundesverwaltungsgericht 3. Senat

Urteil

Sachgebiet: C

vorgehend VG Greifswald, 6. Oktober 2011, Az: 6 A 1153/05, Urteil

Art 21 Abs 2 EinigVtr, Art 22 Abs 1 EinigVtr, § 1 Abs 1 S 1 Nr 1 VZOG, § 1 Abs 1 S 1 Nr 2 VZOG, § 2 Abs 1 VZOG, § 2 Abs 5 S 1 VZOG, § 3 TreuhGDV 3, § 41 VwVfG, § 48 Abs 1 VwVfG, § 51 VwVfG, § 2 Abs 1 VwZG vom 01.01.1964, § 9 Abs 1 VwZG vom 01.01.1964, § 9 Abs 2 VwZG vom 01.01.1964

Zitier­vorschlag: Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 25.04.2013, Az. 3 C 19/12 (REWIS RS 2013, 6232)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2013, 6232

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