Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 24.01.2013, Az. III ZR 98/12

III. Zivilsenat | REWIS RS 2013, 8692

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BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL
III ZR 98/12

Verkündet am:

24. Januar 2013

K i e f e r

Justizangestellter

als Urkundsbeamter

der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit

Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
ja
[X.]R:
ja

Ausfall des [X.]zugangs
[X.] § 249
Es kann einen ersatzfähigen Vermögensschaden darstellen, wenn dem Inhaber eines DSL-[X.]es die Möglichkeit genommen wird, seinen Zugang zum [X.] zu nutzen, ohne dass ihm hierdurch Mehraufwendungen entstanden oder Einnahmen entgangen sind.
[X.], Urteil vom 24. Januar 2013 -
III ZR 98/12 -
LG [X.]

[X.]
-

2

-

Der III.
Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom 24.
Januar 2013
durch den Vizepräsidenten
Schlick und die Richter
Dr.
[X.], [X.], [X.] und Dr. Remmert

für Recht erkannt:

Auf die Revision des [X.] wird das Urteil der 12. Zivilkammer des [X.] vom 7. März 2012 aufgehoben, soweit die Berufung des [X.] gegen das Urteil des Amtsgerichts
Montabaur vom 7. Dezember 2010 zurückgewiesen worden ist.

Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des [X.], an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand

Der Kläger verlangt von der [X.], einem Telekommunikationsun-ternehmen,
Schadensersatz, weil er seinen [X.]anschluss für längere [X.] nicht nutzen konnte. Der Kläger hatte mit der Rechtsvorgängerin der [X.]
(im Folgenden werden die Beklagte und ihre Rechtsvorgängerin einheitlich als Beklagte bezeichnet)
einen Vertrag über die Bereitstellung eines DSL-An-schlusses geschlossen, über den er auch seinen Telefon-
und Telefaxverkehr abwickelte (Voice und Fax over IP). Zum 15. Dezember 2008 vereinbarten die 1
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Vertragsparteien einen Tarifwechsel. Ab diesem Datum war der [X.] des [X.] jedoch unterbrochen. Nachdem es die Beklagte trotz mehrfacher [X.] nicht vermocht hatte, die Verbindung mit dem [X.] wieder herzustel-len, kündigte der Kläger den bestehenden Vertrag und wechselte zu einem an-deren Diensteanbieter. Dieser nahm die Aufschaltung des [X.]es an sein Netz am 16. Februar 2009 vor.

Der Kläger verlangt von der [X.] den Ausgleich der
Mehrkosten, die infolge des Vertragsschlusses mit
dem anderen Anbieter

und
für die Nutzung eines Mobiltelefons zwischen dem
15. Dezember 2008 und dem
16. Februar 2009 (30

anfielen. Zudem beansprucht er Schadensersatz für den Fortfall der Möglichkeit, seinen DSL-[X.] während dieses [X.]raums für
die Festnetztelefonie sowie für den Telefax-
und [X.]verkehr zu nutzen.
Hierfür verlangt er 50

insgesamt 3.150

Das Amtsgericht hat dem Kläger
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für das höhere, bei dem anderen Diensteanbieter anf[X.]de Entgelt sowie für die Kosten der Mobilfunknutzung
zuerkannt.
Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen. Die Berufung des [X.] und die [X.]berufung der [X.] sind ohne Erfolg geblieben. Mit [X.] vom Berufungsgericht für ihn zugelassenen Revision verfolgt der Kläger seinen auf Schadensersatz für die entgangenen Nutzungsmöglichkeiten seines DSL-[X.]es gerichteten Anspruch weiter.

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Entscheidungsgründe

Die zulässige Revision
ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des [X.] Urteils, soweit es den Kläger beschwert,
und zur Zurückverweisung der Sache an die Vorinstanz.

I.

Das Berufungsgericht hat gemeint, eine Nutzungsentschädigung für den Ausfall seines Telekommunikationsanschlusses stehe dem
Kläger nicht zu. [X.] derartige Entschädigung sei dem Geschädigten nur dann zu gewähren, wenn ihm Güter, deren Verfügbarkeit für die eigenwirtschaftliche Lebenshaltung von zentraler Bedeutung seien, nicht zur Verfügung stünden. Dies gelte auch für vertragliche Nutzungsmöglichkeiten. Die tägliche Verfügbarkeit eines Faxge-räts sei im Privatbereich
nicht als [X.] für die eigenwirtschaftliche Lebensführung anzusehen, weil es nicht allzu häufig erforderlich sei. Anders könne es sich mit dem [X.] und dem [X.]zugang ver-halten. Insoweit sei es durchaus diskutabel, die überragend wichtige Bedeutung für die eigenwirtschaftliche Lebensführung zu bejahen. Jedoch
habe der Kläger ein Mobiltelefon als Ersatz für den ausgef[X.]en [X.] eingesetzt und die hierdurch entstandenen Kosten als Schadensposition geltend gemacht.
Ein so genanntes Handy -
zumindest neuere Modelle -
böten auch die Möglichkeit, das
[X.]
zu nutzen und insbesondere
E-Mails zu senden und zu empfangen. Auch wenn der Handyersatz für den Nutzer weniger
komfortabel sei, sei es, ähnlich wie der Mietwagen für das beschädigte und dadurch ausgef[X.]e Kraft-fahrzeug, eine Möglichkeit, den Ausfall des Festnetzanschlusses und des [X.] aufzufangen. Ein Schaden entstehe dem Kunden
daher nicht, weil 4
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die erforderlichen Mehrkosten zu ersetzen seien. Unabhängig davon, dass nach diesen Erwägungen ein Ersatz schon dem Grunde nach ausscheide, sei die geltend gemachte
Höhe der Forderung erheblich überzogen. Diese habe sich
bei Ausfall
von Festnetz-
und [X.]anschluss an dem Betrag der monatlich für einen solchen [X.] aufgewandten Gebühren zu orientieren. Dies sei hier die von den Parteien vereinbarte monatliche Flat-Monat.

II.

Dies hält der rechtlichen Nachprüfung nicht in [X.] Punkten stand.

1.
Da das Berufungsgericht die Revision beschränkt auf die Schadenshöhe zugelassen hat, hat
der Senat bei seiner Entscheidung ohne weiteres davon auszugehen, dass der Kläger dem Grunde nach einen Schadensersatzan-spruch gemäß § 280 [X.] hat, weil die Beklagte ihre vertraglich vereinbarten Pflichten schuldhaft verletzte, indem
sie die ihr obliegende Leistung im [X.]raum vom 15. Dezember 2008 bis zum 16. Februar 2009 nicht erbrachte.

2.
Der Auffassung der Vorinstanz,
der Kläger könne für den durch die Un-terbrechung
des DSL-[X.]es verursachten
Fortfall der Möglichkeit, das Festnetztelefon, das Telefaxgerät und mittels seines Computers das [X.] zu nutzen,
keinen Schadensersatz verlangen, der über den Ersatz der Mehrkosten für den [X.] bei dem anderen Diensteanbieter und für den Einsatz
des Mobiltelefons
hinausgehe, vermag der Senat nicht beizutreten.

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a) Ersatz für den Ausfall der Nutzungsmöglichkeit eines Wirtschaftsguts kommt für einen der vermögensmehrenden, erwerbswirtschaftlichen Verwen-dung vergleichbaren eigenwirtschaftlichen, vermögensmäßig erfassbaren Ein-satz der betreffenden Sache
in Betracht. Der Ersatz für den Verlust der Mög-lichkeit zum Gebrauch einer Sache
muss grundsätzlich Fällen vorbehalten blei-ben, in denen die Funktionsstörung sich typischerweise als solche auf die mate-riale Grundlage der Lebenshaltung signifikant auswirkt. Andernfalls bestünde die Gefahr, unter Verletzung des § 253 [X.] die Ersatzpflicht auf [X.] auszudehnen. Auch würde dies mit den Erfordernissen von Rechtssicherheit und Berechenbarkeit des Schadens in Konflikt geraten (z.B. [X.], Urteil vom 10. Juni 2008 -
VI [X.], NJW-RR 2008, 1198 Rn. 7). Deshalb beschränkt sich der [X.] auf Sachen,
deren ständige Verfügbarkeit für die eigenwirtschaftliche Lebenshaltung typischerweise
von zentraler Bedeutung ist ([X.], Großer Senat für Zivilsachen, Beschluss vom 9.
Juli 1986 -
GSZ 1/86, [X.]Z 98, 212, 222
f; [X.],
Urteil vom 10. Juni 2008 aaO) und bei denen die Nutzungseinbußen an objektiven Maßstäben gemes-sen werden können
([X.], Urteil vom 10. Juni 2008 aaO). Der Tatrichter soll den Schadensersatz nicht an unkontrollierbaren subjektiven Wertschätzungen festmachen müssen, die ihm der Geschädigte angibt, sondern an Werten, die der Verkehr dem Interesse
an der konkreten Nutzung beimisst ([X.] aaO; vgl. auch [X.], Großer Senat für Zivilsachen aaO
S.
222 ff). Hierzu kann auf die Verkehrsanschauung abgehoben werden, wenn diese auch nicht darüber [X.] kann, wo die Grenze des § 253 [X.] verläuft ([X.], Urteil vom 10.
Juni 2008
aaO; vgl. auch [X.], Urteil vom 15. November 1983 -
VI [X.], [X.]Z 89, 60, 62
f
mwN).

Bei der Prüfung, ob nach der Verkehrsauffassung der vorübergehende Verlust der Nutzungsmöglichkeit eines
Gegenstandes als wirtschaftlicher Scha-9
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den gewertet werden kann, ist ein strenger Maßstab anzulegen. Das verlangt die in § 253 [X.] getroffene gesetzgeberische Entscheidung, wonach [X.] nur ausnahmsweise, nämlich in den gesetzlich geregelten Fäl-len,
zu ersetzen ist
([X.], Urteil vom 10. Juni 2008 aaO
Rn. 9). Dieser restrikti-ve
Maßstab hat dazu geführt, dass der [X.] mehrfach für den Nutzungsausfall von Gegenständen
eine Entschädigungspflicht verneint hat (vgl. Urteile vom 10. Juni 2008 aaO
Rn. 10 ff
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Wohnmobil; 15. November 1983 aaO
S. 64
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Motorsportboot; vom 15. Dezember 1982
-
VIII [X.], [X.]Z 86, 128 -
Wohnwagen; vom 28. Februar 1980 -
VII ZR 183/79, [X.]Z 76, 179
-
privates Schwimmbad
und vom 12. Februar 1975 -
VIII ZR 131/73, [X.]Z 63, 393 -
Pelzmantel). In den genannten Fällen ist die Zuerkennung eines Entschä-digungsanspruchs für den [X.] letztlich daran gescheitert, dass sich der zeitweise Verlust unter Berücksichtigung der Verkehrsauffassung nicht als wirtschaftlicher Schaden dargestellt hat, sondern als individuelle Genussschmä-lerung und damit als nicht vermögensrechtlicher Schaden. Demgegenüber hat der [X.] eine Entschädigung für den Fortfall der [X.] etwa von Kraftfahrzeugen (st. Rspr. z.B. Senatsurteil vom 30. [X.] 1963 -
III ZR 137/62, [X.]Z 40, 345, 348
ff; [X.], Urteile vom 10. Juni 2008 aaO
Rn.6 mwN und vom 15. April 1966 -
VI [X.], [X.]Z 45, 212, 215), Wohnhäusern
(z.B. [X.], Großer Senat für Zivilsachen aaO
S.
224) und [X.] (z.B. [X.], Urteil vom 16.
September 1987 -
IVb [X.], [X.]Z 101, 325, 334) bejaht. In der Rechtsprechung der Instanzgerichte wurde darüber hinaus ein [X.] zum Beispiel für Kücheneinrichtun-gen ([X.], NJW-RR 1999, 349; [X.] NJW-RR 1996, 559), [X.] (KG, NJW-RR 1993, 1438) sowie
Fernsehgeräte
([X.] NJW-RR 2010, 1112, 1113) zuerkannt und für einen Personal Computer und einen Lap-top
für möglich gehalten ([X.], [X.], 1229, 1230).

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b) Gemessen an den vorstehenden abstrakten Kriterien und unter Be-rücksichtigung der hierzu ergangenen Rechtsprechung ist die Frage, ob dem Kläger für den zeitweisen Fortfall der in Rede stehenden Nutzungsmöglichkei-ten Schadensersatz zu leisten ist, differenziert zu beantworten.

aa) Keinen Ersatz kann er für die entf[X.]e Möglichkeit, sein Telefaxge-rät zu nutzen, beanspruchen. Ein solcher Apparat
ist zumindest im privaten Be-reich bei Anwendung des gebotenen strengen Maßstabs kein Wirtschaftsgut, dessen
ständige Verfügbarkeit für den Einzelnen
bei seiner eigenwirtschaftli-chen Lebenshaltung typischerweise von zentraler Bedeutung
ist
und dessen Funktionsstörung sich
als solche auf die materiale Grundlage der Lebenshal-tung signifikant auswirkt. Das Telefaxgerät
dient der Fernübertragung von [X.], zu denen insbesondere
auch Texte gehören. Die Übermittlung
der Bilder
mittels Signalen über Telekommunikationsnetze (vgl. § 3 Nr. 24, 27 TKG) ersetzt dabei die Versendung von Ausdrucken oder Datenträgern
auf dem her-kömmlichen Post-
oder Kurierweg. Die [X.] weist gegenüber diesem den Vorteil auf, dass der Versand weniger aufwändig ist, da das Einlegen in Umschläge, das Adressieren, das Frankieren und der Einwurf in einen Briefkas-ten beziehungsweise Übergabe an einen Kurierdienst entf[X.]. Zudem erfolgt
der Transport erheblich schneller,
und durch den Ausdruck eines Sendeberichts kann sich der Absender leichter als bei Nutzung der gewöhnlichen Post [X.], ob
die Sendung den Adressaten
erreicht hat. Für den Empfänger einer Fernkopie hingegen wirkt sich lediglich der [X.]gewinn aus. Die Vorteile des Telefaxverkehrs
gegenüber der Inanspruchnahme
der klassischen Transport-wege
stellen lediglich Erleichterungen dar, die sich in einem höheren Komfort für die Versender
und einer Beschleunigung der Übermittlung
erschöpfen. Fällt der Fernkopierer
aus,
ist damit für den Nutzer lediglich ein vergleichsweise ge-ringes Maß an Umständlichkeit verbunden, das sich nicht signifikant auf seine
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-

Lebensgestaltung auswirkt. Hinzu tritt, dass die Nutzung des Telefaxes mittler-weile
an Bedeutung verliert, weil es zunehmend -
und zwar auch im Rechtsver-kehr beim Abschluss von ([X.] des täglichen Lebens (vgl. § 126b [X.]) -
durch die Versendung von Text-
und Bilddateien
mit elektroni-scher Post verdrängt
wird.

bb) Zumindest im Ergebnis ist dem Berufungsgericht auch darin [X.], dass der Kläger keinen Anspruch auf Schadensersatz hat, soweit er sein Festnetztelefon infolge der Unterbrechung des DSL-[X.]es
nicht nut-zen konnte.

Dass
die Nutzungsmöglichkeit des Telefons
ein Wirtschaftsgut ist, des-sen ständige Verfügbarkeit für die Lebensgestaltung von zentraler Bedeutung ist, versteht sich allerdings seit Jahrzehnten von selbst und bedarf keiner nähe-ren Begründung
(vgl. nur Erwägungsgründe Nr. 4, 7
bis 10 und insbesondere 14 der Richtlinie 2002/22/[X.] und des Rates vom 7. März 2002 über den Universaldienst und Nutzerrechte bei elektronischen Kommunikationsnetzen und -diensten -
Universaldienstrichtlinie -, ABl. [X.] vom 24. April 2002, Nr. L 108/51).

Die Ersatzpflicht des Schädigers für die entgangene
Möglichkeit, Nut-zungsvorteile aus einem Wirtschaftsgut zu ziehen, entfällt
jedoch, wenn dem Geschädigten ein in etwa gleichwertiger Ersatzgegenstand zur Verfügung steht und ihm die gegebenenfalls entstehenden Kosten für dessen Anmietung ersetzt werden
([X.], Urteil vom 4. Dezember 2007 -
VI [X.], [X.], 913 Rn. 10), da es in diesem Fall an der notwendigen fühlbaren Beeinträchtigung
während des maßgeblichen
[X.]raums fehlt
(siehe hierzu z.B. Senatsurteil vom 13. Dezember 1965 -
III ZR 62/64, NJW 1966, 589, 590; [X.], Urteil vom 4.
De-13
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zember 2007 aaO
sowie
Urteile
vom 28. Januar 1975 -
VI [X.], NJW 1975, 922, 923 und vom 15. April 1966 -
VI [X.], [X.]Z 45, 212, 219).
Eine solche Konstellation liegt nach der von Rechts wegen nicht zu [X.] tatrichterlichen Würdigung des Berufungsgerichts vor. Das vom Kläger genutzte Mobilfunkgerät konnte das ausgef[X.]e Festnetztelefon vollständig ersetzen,
soweit er selbst Verbindungen zu anderen Teilnehmern
herstellte. Allerdings war die Erreichbarkeit des [X.] behindert. Er
musste, da er das Mobiltelefon samt SIM-Karte nach den
Feststellungen der Vorinstanzen erst aus Anlass der Unterbrechung seines [X.]zugangs beschafft hatte, seinen potentiellen Anrufern nach dem 15. Dezember 2008 zunächst
seine Mobilfunk-nummer
übermitteln, um angerufen werden zu können. Dies war
sicherlich mit einer
nicht unerheblichen
Lästigkeit verbunden, die
es auch gerechtfertigt
hätte, einen Telefonvertrag aus wichtigem Grund zu kündigen (§ 626
Abs. 1 [X.]). Bei der Beurteilung, ob ein vorhandener Ersatzgegenstand gleichwertig ist, ist jedoch eine objektivierte, typisierende Betrachtungsweise geboten. Da auch im privaten Bereich die Nutzung von Mobilfunkgeräten mittlerweile nahezu flä-chendeckend neben den Gebrauch des Festnetztelefons tritt und diesen teil-weise sogar ersetzt, sind innerhalb des
Verwandten-, Freundes-
und
Bekann-tenkreises
in aller Regel auch die Mobilfunknummern
verbreitet. Ebenso
wer-den sie im geschäftlichen Verkehr (auch) von Verbrauchern -
sofern überhaupt die Telefonnummer abgefragt oder mitgeteilt wird -
häufig zusätzlich oder alter-nativ zur Nummer des Festnetzanschlusses angegeben. Danach
ist die [X.] Erreichbarkeit bei Ausfall des Festnetztelefons im Allgemeinen nur geringfügig
eingeschränkt. Ein Mobilfunkgerät ist deshalb bei der erforderli-chen, von den subjektiven Besonderheiten des einzelnen Geschädigten losge-lösten Betrachtung ein im Wesentlichen gleichwertiger Ersatz
für die Unterbre-chung der Festnetztelefonverbindung.

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cc) Demgegenüber kann der Kläger Schadensersatz für den Fortfall der Möglichkeit verlangen, seinen
[X.]zugang
für weitere
Zwecke als für den Telefon-
und Telefaxverkehr zu nutzen.

(1) Die Nutzbarkeit des [X.]s ist ein Wirtschaftsgut, dessen ständige Verfügbarkeit seit längerer, jedenfalls vor dem hier maßgeblichen [X.] 2008/2009 beginnender
[X.] auch im privaten Bereich für die eigenwirt-schaftliche Lebenshaltung typischerweise von zentraler Bedeutung ist und bei dem sich eine
Funktionsstörung
als solche auf die materiale Grundlage der Le-benshaltung signifikant auswirkt.
Das [X.] stellt
weltweit umfassende Infor-mationen in Form von Text-, Bild-, Video-
und Audiodateien zur Verfügung. Da-bei werden
thematisch nahezu alle Bereiche abgedeckt und verschiedenste qualitative Ansprüche befriedigt. So sind
etwa Dateien mit leichter
Unterhaltung ebenso abrufbar wie Informationen zu Alltagsfragen bis hin zu hochwissen-schaftlichen Themen.
Dabei ersetzt das [X.] wegen der leichten Verfügbar-keit der Informationen immer mehr andere Medien, wie zum Beispiel Lexika, [X.]schriften
oder
Fernsehen. Darüber hinaus ermöglicht es
den weltweiten Austausch zwischen seinen Nutzern, etwa über E-Mails, Foren, Blogs und so-ziale Netzwerke. Zudem wird es zunehmend zur Anbahnung und zum [X.],
zur
Abwicklung von Rechtsgeschäften und zur Erfüllung öffentlich-rechtlicher
Pflichten genutzt (von der unübersehbaren
Vielfalt z.B.
nur:
Fernabsatzkäufe, Hotel-, Bahn-
und Flugbuchungen, Erteilung von Über-weisungsaufträgen,
Abgabe von Steuererklärungen, An-
und Abmeldung der Strom-, Gas-
und Wasserversorgung sowie der Müllabfuhr, Verifikation von Be-scheinigungen). Nach
dem unbestritten gebliebenen Sachvortrag des [X.]
bedienen sich nahezu 70 % der Einwohner
Deutschlands
des [X.]s, wobei
dreiviertel hiervon es sogar täglich nutzen. Damit hat sich das [X.] zu einem die Lebensgestaltung eines Großteils der Bevölkerung entscheidend mitprä-16
17
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genden Medium entwickelt, dessen Ausfall sich signifikant im Alltag bemerkbar macht. Die Unterbrechung des [X.]zugangs hat typischerweise Auswirkun-gen, die in ihrer Intensität mit dem Fortfall der Möglichkeit, ein Kraftfahrzeug zu nutzen, ohne weiteres vergleichbar sind.

(2) Das Berufungsgericht hat die grundsätzliche Ersatzfähigkeit des Nut-zungsausfalls eines [X.]zugangs unterstellt, den insoweit vom Kläger erho-benen Schadensersatzanspruch jedoch mit der Begründung scheitern lassen, diesem habe mit dem Mobiltelefon ein Ersatz zur Verfügung gestanden. Dies hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.

Im Ausgangspunkt zutreffend ist zwar, dass die Ersatzpflicht des [X.] für die entgangene Möglichkeit, Nutzungsvorteile aus einem Wirtschaftsgut zu ziehen, entfällt, wenn dem Geschädigten ein in etwa gleichwertiger Ersatz-gegenstand zur Verfügung steht und ihm die gegebenenfalls entstehenden Kos-ten für dessen Anmietung ersetzt werden (siehe oben [X.]. bb). Richtig ist ferner, dass mit bestimmten Mobilfunkgeräten auch eine einigermaßen komfor-table [X.]nutzung möglich ist (etwa mit so genannten Smartphones). Die Feststellung des Berufungsgerichts, das von dem Kläger im maßgeblichen [X.]-raum verwendete Mobilfunkgerät sei internetfähig gewesen und habe daher den unterbrochenen Festnetzzugang
ersetzen können, beruht jedoch, wie die Revi-sion mit Recht rügt, auf einem Verfahrensfehler. Weder dem Sachvortrag des [X.] noch dem der [X.] ist zu entnehmen, dass das
vom Kläger
er-satzweise verwendete
Mobiltelefon
über diese Funktion verfügte. Insbesondere der von der Revisionserwiderung insoweit angeführte Schriftsatz vom 31. Mai 2011
enthält keinen Vortrag zu den Funktionalitäten und insbesondere zur In-ternetfähigkeit des Mobilfunkgeräts.

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-

Die Zurückverweisung gibt den Parteien die Gelegenheit, ihren Sachvor-trag zu diesem Punkt zu ergänzen, und dem Berufungsgericht
sodann die Mög-lichkeit, die notwendigen Feststellungen nachzuholen.

3.
Für das weitere Verfahren
weist der Senat hinsichtlich der Höhe des dem Kläger möglicherweise zustehenden Ersatzanspruchs auf Folgendes hin:

Bei der Bemessung des Schadensersatzes kann nicht ohne Weiteres der Betrag zugrunde gelegt werden, den der Eigentümer für die Anmietung
einer Ersatzsache zur
Überbrückung der Ausfallzeit hätte aufbringen müssen, weil es nicht um das [X.], sondern um das [X.] geht. Dieses richtet
sich nicht danach, was der Eigentümer an Kosten erspart hat, sondern danach, was die Einsatzfähigkeit der Sache für den Eigenge-brauch dem Verkehr in Geld wert ist ([X.], Großer Senat für Zivilsachen, Be-schluss vom 9. Juli 1986 -
[X.]Z 98, 212, 225; [X.], Urteil vom 16. September 1987 -
IVb [X.], [X.]Z 101, 325, 335).
Neben den anteiligen Vorhaltekos-ten, die im vorliegenden Fall allerdings wohl keinen
geeigneten Maßstab [X.] dürften, können der [X.] im Ausgangspunkt gleichwohl Wertmaßstäbe des Verkehrs für eine entgeltliche Gebrauchsüberlassung zu-grunde gelegt werden ([X.], Großer Senat für Zivilsachen, aaO S. 225 f; [X.], Urteil vom 16. September 1987 aaO). Als Maßstab bei dem Entzug von Sachen ist hiernach der fiktive Mietpreis anzusetzen, der jedoch von [X.] auf [X.] gerichteten und sonstigen, eine erwerbswirtschaftliche Nutzung be-treffenden
Wertfaktoren zu bereinigen ist ([X.], Urteil vom 16. September 1987 aaO). Auf die vorliegende Fallgestaltung übertragen bedeutet dies, dass der Kläger
einen Betrag verlangen kann, der sich nach den marktüblichen, durch-schnittlichen Kosten richtet, die für die Bereitstellung eines DSL-[X.]es mit der vereinbarten Kapazität ohne Telefon-
und Faxnutzung für den
betreffen-20
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14

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den [X.]raum angef[X.] wären, abzüglich der vorgenannten Positionen (vgl. [X.]/[X.]/[X.], [X.], 3. Aufl., § 249 Rn.
32, 38; MünchKomm[X.]/
[X.], 6. Aufl., § 249 Rn. 79; [X.]/[X.], [X.], 71. Aufl., § 249 Rn.
52). [X.] ist das Entgelt, das der Kläger während des Ausfalls des [X.]es der [X.] gemäß § 326
Abs. 1 Satz 1 [X.] nicht zu leis-ten brauchte. Bei der Berechnung der Differenz wird zu beachten
sein, dass die Tarife
für einen lediglich kurzzeitig
bereit gestellten DSL-[X.] pro Tag re-gelmäßig erheblich über denjenigen liegen, die bei einer langfristigen Vertrags-bindung, wie sie die Parteien
eingegangen sind, vereinbart werden.

Schlick
[X.]

[X.]

[X.]

Remmert
Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 07.12.2010 -
5
C 442/10 -

LG [X.], Entscheidung vom 07.03.2012 -
12 [X.]/11 -

Meta

III ZR 98/12

24.01.2013

Bundesgerichtshof III. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 24.01.2013, Az. III ZR 98/12 (REWIS RS 2013, 8692)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2013, 8692

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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III ZR 98/12

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